Aervsprecher Ar. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage »Der Sonntags- Gast".

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Wr. 28.

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undMlerhaltungzblatt

Amtsblatt für MlgemeimssAiyeize

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Sonntag. 2t. Jebruar

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

Tagespolitik.

Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg und Reichs­kanzler Graf Bälow haben gemeinschaftlich folgenden, von zahlreichen hohen Staatsbeamten und hervorragenden Par­lamentariern Unterzeichneten Aufruf erlaffen :Ein schweres Verhängnis ist über unsere Kolonie Südwestafrika herein- gebrochen. Leben und Eigentum vieler Ansiedler ist aufs schwerste bedroht; durch den Aufstand der Hereros werden die Früchte jahrelanger, mühseliger Arbeit vernichtet. Es ist Pflicht des deutschen Volkes Hilfe zu bringen und das Los der vom Unglück betroffenen Landsleute nach Kräften zn lindern. Daher richten wir an alle Vaterlandsfreunde die dringende Bitte, sowohl selbst dazu beizutragen, daß der Not unserer Volksgenossen in Südwestafrika gesteuert werde, als auch in ihren Bekanntenkreisen Geldsammlungen für diesen Zweck zu veranstalten. Schnelle Hilfe ist dringend geboten, auch die kleinste Gabe ist willkommen ! Die Geber werden gebeten, ihre Spenden an eine der Unterzeichnete» Banken und Bankfirmen gelangen lassen zu wolle». Nach Abschluß der Sammlungen wird ein aus der Zahl der Unterzeichneten zusammentretender Ausschuß die Verteilung

der Gelder übernehmen." ^

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Der Verlästerung der deutschen Offiziere tritt der Romanschriftsteller Theodor v. Zobeltitz entgegen. Er schreibt in derN. Fr. Pr.": »ImSimplicifsimus", in denLustigen Blättern", im .Ulk" fast in der gesamten illustrierten satierischen Presse erscheint der deutsche Offizier immer nur als der ausgeblasene Fant, der sich za einer »besseren Menschheit" rechnet, voll Dünkel aus das Zivilistenvolk herabschaut und im berühmtenAeh-äh"-Ton erhabenen Blödsinn spricht, der auf Gottes weiter Welt nichts anderes zu tun hat, als sich auf dem Parkett, hinter den Kulissen, auf dem Rennplatz und am Spieltisch herum­zutreiben, der eigentlich das überflüssigste Subjekt im Staat« ist; jede seiner Aeußerungen ist von unerträglicher Flachheit oder ist roh und zynisch, oder ist eine schlüpfrige Gemein­heit; sein ganzes Wesen strömt einen Faden Hochmut aus, sein ganzes Sichgeben ist eine große Grimasse. Aber wo gibt es solche Offiziere wo in so überwiegender Mehr­zahl, daß man daraus die Berechtigung ableiten könnte, daraus eine Grundform zu bilden? Der deutsche Offizier in seiner Gesamtheit tst ein ernster Arbeiter. Der ihn aber abkonterfeit, fitzt behaglich an seinem Zeichentisch ; den .Offizier ruft schon in früher Morgenstunde der Dienst, jagt ihn in die Reitbahn und auf den Exerzierplatz, von den Rekruten zum Appell, von der Jnftruktionsstunde zum Kriegsspiel, vom Drill in das Bureau; seine Mußestunden gehören der Vorbereitung zur Kriegsakademie und zum Generälstab, der Winterarbeit, dem Sprachstudium und der Fachwissenschaft; seine Mußestunden gehören freilich auch der Geselligkeit, und wer da weiß, welche ungeheuren An­forderungen der Dienst heutzutage an seine Fähigkeiten stellt, der kann nur erstaunt darüber sein, mit welcher Elastizität sich unser Offizier nach des Tages Arbeit noch auf dem Parkett bewegt. Der deutsche Offizier von heute ist auch ein durch und durch gebildeter Mann. Die meisten Offiziere haben das Abiturientenexamen absolviert; das Kadettenkorps hat den Rang eines Realgymnasiums. Vor­urteile hat jeder Berus und jeder Stand; aber die lächer­liche Uebrrhebung, die dem Offizier in den Witzblättern angedichtet wird, ist höchstens in vereinzelten Ausnahme- sällen zu finden und sicher nicht größer als beispielsweise der Gelehrtendünkel, wie er zuweilen an manchen Orten zum Schaden der Wissenschaft un des geselligen Verkehrs sich breit macht. Gerade in unseren kleinen Garnisonen (es ist nicht jede ein Forbach) stehen Offizierskorps und Zivil in bestem Verhältnis zueinander. Ich verkehre viel in Ofstzierskreisen und kann nur sage«, daß mich dort im Gegensatz zu dem krastgenialischen Treiben mancher anderen Kreise die Jnnehaltung der guten Form selbst in ihrer überkommenen Starrheit immer sehr angenehm berührt hat. Den Leutnantston der Witzblätter habe ich überhaupt noch nicht gehört. Und das ist eben das Ueble: der Offizier der Witzblätter bürgert sich ein. DieFliegenden Blätter" haben in nichtsahnender Harmlosigkeit die Urform erfunden, und die Politisch-satierische Presse hat sie verschärft und ausgebaut. Ich glaube getrost fagen zu können: im Lust­spiel wird der deutsche Offizier unterschätzt, im Drama ver­zeichnet, in der Karrikatur geflissentlich gefälscht.

* *

(Zur Vorgeschichte des Krieges.) In Betreff des Schicksals der letzten Antwortnote Rußlands an Japan bringt die Zeitschrift Asten auf Grund von Informationen einer hochgestellten Persönlichkeit über die Vorgänge, die zum Bruch zwischen Rußland und Japan geführt haben, fol­

gende Mitteilungen: Noch im letzten Augenblick wurde von verschiedenen Seiten behauptet, die Kriegsgefahr werde be­seitigt werden. Tatsächlich befand sich die russische Ant­wortnote bereits am 4. Februar in den Händen des Generals Nlexejew in Port Arthur. Dem General war mit­geteilt, es solle noch eine kleine Abänderung daran vorge­nommen werden, falls er aber glaube, daß die Ueberreichung der Note dringend notwendig sei, so solle er sie sofort ab­senden. Alexejew teilte das sofort dem russischen Gesandten in Tokio, Baron Rosen, mit und erbat von ihm ein Tele­gramm für den Fall, daß die Abfindung nötig sein würde. Baron Rosen gab die Antwort, er glaube die Verant­wortung für einen Tag Verzögerung übernehmen zu können. Am gleichen Tage fand abends in Tokio der japanische Ministerrat statt, in dem der Abbruch der Verhandlungen und der diplomatischen Beziehungen beschlossen wurde. Der russische Gesandte erfuhr sofort, daß man kriegerisch gesinnt sti, und telegraphierte an Alexejew wegen der Note. Nicht die nach Japan telegraphierte Note wurde von den Japanern abgefangen, sondern die Depesche des Barons Rosen, die die Note forderte. Die Depesche wurde zurückgehalten. So erklärt es sich, daß der Zar am Vorabend des Krieges auf dem Hofball den japanischen Gesandten besonders aus- zeichncte und eine Aeußerung in Bezug auf dre Erhaltung des Friedens tat, während von Japans Seite bereits der Abbruch der diplomatischen Beziehungen beschlossen war. Die in dieser Note gemachten Zugeständnisse Rußlands find : 1. Rußland gesteht deu Japanern das Uebergewicht in Korea zu, indem es allen, bezüglich Koreas aufgestellten Forderungen zustimmt; 2. Rußland erkennt die Souverä­nität Chinas über die Mandschurei an; 3. Rußland er­kennt die Gültigkeit aller Verträge an, welche China für die Mandschurei eingegangen ist. und will allen Vertrags- staateu, also auch Japan, die sich aus den Verträgen er­gebenden Vorteile sichern; 4. Rußland betrachtet kein Er­eignis, das sich in Korea vollziehen mag, als Kriegsfall und würde auch die Besetzung Koreas durch Japan nicht als I Kriegsfall betrachten; Rußland ist bereit, diese Zugeständ- ' nisse in die Form eines Vertrages zu kleiden und ihnen / einen verbindlichen Charakter zu geben. Damit wäre aller­dings eine Lösung des Konflikts ungebahnt gewesen. Ob bei dem verhängnisvollen Aufschub, den die Absendung dieser Note erlitt, die russische Militärpartei die Hand im Spiel hatte, wird vielleicht später noch aufgeklärt werden.

Deutscher Weichstag.

* Merkt», 18. Februar. Das Haus setzt die Beratung des Etats der Reichspost- und Lelegraphenverwaltung beim Titel: Gehall des Staatssekretärs fort. Drösch er l'kons.) spricht seine Anerkennung über die Vermehrung der Postasfistentenstellen aus und wünscht gleichmäßige Be­messung des Erholungsurlaubs nach gleichlautenden Be­stimmungen, Waran die urlauberteilenden Beamten gebunden sein sollten. Er wünscht ferner angemessene Entschädigung der Beamten für den Nachtdienst und Fortfall der Druck­sachenbestellung an den Sonntagen mit Ausnahme von Zeitungen. Redner empfiehlt Berücksichtigung der Wünsche der oberen Beamten, wie der Postinspektoren, die sie in einer Denkschrift ausgesprochen haben. Man könne der Postverwaltunq nicht ein Streben nach Plusmacherei vor­werfen. Wünschenswert sei eine Revision des Submissions- Wesens für die Postverwaltung. Bei Submissionen müßten die ortsansässigen Handwerker in erster Linie berücksichtigt werden. Eickhoff (Freis. Vp.) gibt seiner Genugtuung Ausdruck, daß der von ihm im vorigen Jahre ausgespro­chene Optimismus bezüglich des Überschusses der Postver­waltung berechtigt war, und bittet um Auskunft, ob die deutsch-niederländische Postunion in absehbarer Zeit in Kraft treten wird, sowie um Auskunft über den Stand ei­nes deutsch-schweizerische» Postübereinkommens. Eickhoff empfiehlt wieder eine Reform des Packetportos und der Fernsprechgebühren und empfiehlt gleichfalls Berücksichtigung der Wünsche der höheren Postbeamten. Notwendig sei eine Sta­tistik der Ursachen der Erkrankungen der Postunterbeamten. Schließlich spricht Redner sich gegen die Ostmarkenzulagen für die Postbeamten aus, da ihre Widerruflichkeit an das Wort von dem Zuckerbrot und der Peitsche erinnern und zur Korruption führen könne. Staatssekretär Krätke erklärt, er sei ein Freund des schnellen Avancements. Gegenwärtig liegen aber die Verhältnisse ungünstig, doch müsse er be­streiten, daß eine Notlage vorliege. Alle als Posteleven Eintretenden könnten doch nicht in die höchsten Stellen auf- rücken, die meisten sehen den Oberpostsekretär als das End­ziel der Karriere an. Nach den neuen Bestimmungen, wo­nach die Kandidaten daS zweite Examen zu einem gewissen Zeitpunkt abgelegt haben müssen, reichen nun wieder die

vorhandenen Stellen für die Qualifizierten nicht aus. Das Dienstalterszulagensystem sei von sehr vernünftiger Wirkung. Im allgemeinen stehen die höheren Postbeamten, verglichen mit den Richtern und Oberlehrern, sehr günstig. Im nächsten Jahre werde es notwendig sein, eine bedeutende Anzahl neuer höherer Stellen durch den Etat zu erbitten. Fürst Radziwill (Pole) erkennt die maßvolle Art au, in der der Staatssekretär sein Ressort verwalte, wünscht aber, daß die Politik Preußens zur Stärkung des Deutschtums iu deu Ostmarken nicht die natürlichen Rechte der Pole» beein­trächtige. Als Redner auf die Gesetzentwürfe, (die dem preußischen Abgeordnetenhaus zugegangen sind, eingeht, ruft ihn der Vizepräsident Graf Stolberg zur Sache. Redner verlangt für die polnische» Landesteile solche Be­amte, die polnische Briefadresseu lesen können. Schräder (Freis. Vgg) sagt, man könne im Allgemeinen mit der Postverwaltung sowohl bezüglich der Verkehrsangelegen­heiten als auch bezüglich der Gehaltsverhältnisse znfrieden sein, aber ein höherer Wohnungsgeldzuschuß sei dringend erforderlich. Die Erklärung des Staatssekretärs über die Sonntagsruhe der Beamten sei nicht befriedigend. Redner protestiert schließlich gegen die Behauptung Krätkes, daß sei» Parteifreund von Gerlach in Postunterbeamtenver­sammlungen hetzerische Reden gehalten habe. Böcklsr (Wirtschaft!. Vgg.) weist auf die zunehmende Sympathie der Postunterbeamten für die Sozialdemokratie hin. Dann müsse durch Erhöhung der Gehälter und des Woh - uungsgeldzuschusfes entgegengearbeitet werden. Die An­stellung weiblicher Beamten sei durchaus zu verwerfe». Man nehme damit vielen Männern das Brot. Das führe zur Verminderung der Eheschließungen und damit zur Gefährdung der Sittlichkeit. Die Oftmarkenzulage« müssen unwiderruflich sein. Bedauerlich sei, daß die Post- verwaltuag Uniformen bei Warenhäusern bestellte. Stock­mau n (Rp.) bezeichnet die absolute Sonntagsruhe der Postbeamten als undurchführbar. Jauuez (Elf.) bleibt auf der Tribüne unverständlich. Hug (Ztr.) befürwortet die Erhöhung des Wohnnngsgeldzuschusfes der Unterbe­amten. von Tre uenfels (kons.) wünscht Aufbesserung der Bezüge der Postagenten. Weiterberatuug morgen.

LcmdesnachrichLen.

* ßakw, 17. Febr. Heute mittag wurde ein hiesiger Geschäftsmann wegenreligiöser Anfechtungen" irrsinnig. Der Unglückliche warf alle Geräte aus dem Zimmer auf die Straße und konnte nur mit größter Anstrengung be­zwungen und in die Tobzelle des Krankenhauses verbracht werde».

ff Irendeustadt, 19. Febr. Das Projekt der Erricht­ung einer Lungenheilstätte in Büchenberg ist lautGrenzer" fallen gelassen. Es stützt sich dies allerdings zunächst nur auf verschiedene Privatnachrichten der letzten Tage, allein dieselben finde» ihre Bestätigung durch das bis jetzt nicht in die Ocffentlichkeit gedrungene Ergebnis der von den bürgerliche» Kollegien von Loßburg und Freudcnstadt ge­meinsam ein geleiteten Schritte und Audienzen bei den maß­gebenden höheren Stellen in Stuttgart.

ff Areudenüadt, 19. Febr. Die Gewerbebank Freuden- stadt hatte im Jahre 1903 bei 1365 Mitgliedern einen Ge­samtumsatz von 14171 645 Mk. Der Reinertrag beläuft sich auf 49 033 Mk., von dem 33 403 Mk. als Dividende (6figO/o) verteilt werden. Der Reservefond ist auf 122 000 Mark angewachsen.

* Au den württembergische» Gerichten sind nach dem Stand vom 1. Januar d. Jrs. insgesamt 263 Rechtsan­wälte zngelasfen und zwar am Oberlandesgericht 26, am Landgericht in Stuttgart 78, iu Heilbronn und Tübingen je 20, iu Rottweil 19, iu Ellwangen 17, Hall 14, Ulm 36 Ravensburg 27, nur bei Amtsgerichten sind 6 Rechtsan­wälte zugelassen.

* (Verschiedenes.) Die Löwenbrauerei Wasseral­fingen (J.chaber A. Ebert und I. Schabei) kaufte den Gasthof zumAdler" in Neresheim mit über 100 Morgen Gütern um 83 000 Mk. Die Restauration zur Eisenbahn m Melkers h^m wurde an die Bierbrauerei von Cluß m He>l^ o;'n um 50 000 Mk. verkauft. Fabrikant Wil-

Sucher in Gmünd, der sich durch einen Sturz eine schadelverletzunz zugezogeu hatte, ist dieser nun erlegen.

* Purk-rH, 17. Febr. Gestern nachmittag brachte sich

der Oberamtsnchter a. D. K. Wielaudt imWeißen R-nnle", Gemarkung Durlach, durch einen Revolverschuß am Kopf eine schwere Verletzung bei, so daß der Tod um 9 Uhr abends emtral Ueber die Beweggründe zu dieser Tat ist näheres nicht bekannt. '