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Samstag. 20. Zkebruar

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1904.

Balkan-Trübsal

(Nachdruck verboten.)

Die Allarmmeldungen von der Balkanhalbinsel hänfen sich. Man braucht ja die Sensations-Geschichten, die von dort iu englischen Zeitungen erzählt werden, ebenso wenig zu tragisch zn nehmen, wie dir kostbaren Spezial-Telegramme derselben Blätter aus Ostafteu, nach welchen, wenn man die Zahl der untergegangenen Schiffe und umgekommenen Soldaten zusammrnrechnet, der größte Teil der russischen und japanischen Streitkräfte bereits vernichtet worden wäre, aber es darf auch nicht verheimlicht werden, daß zum Früh­ling, wo die Bäume autzschlagen, auch die meiste» Bulgaren und Mazedonier und viele Serben und Griechen alle Lust haben, auf die Türken loezuschlagen. Bei den Muha- medanern im Orient ist, trocken heraus gesagt, das treibende Motiv für viele Handlungen der Backschisch, das Trinkgeld, bei den Christen im Orient find es die Schulde». Serben, Bulgaren und Griechen haben Schulden, wie Heu, rin glück­licher oder aucb ein durch eine fremde Intervention ver­hinderter unglücklicher Krieg bildet immer eine Ableitung, und unter Umständen ist dabei etwas zu gewinnen. Alle orientalischen Christen sie taugen in der Mehrheit jam­mervoll wenig, wir Jeder weiß, der aus eigenen Erfah­rungen diese Gesellschaft kennen gelernt hat, find fest davon überzeugt, daß die Großmächte, d. h. in diesem Falle Ruß­land, niemals dulden wird, daß die Türken in einem Kriege zu weit gehen, daß also ein Krieg trotz aller vorherigen Mahnungen und Warnungen keine so furchtbar ernste Sache ist. In Aufstandsversuchen und geheimen Putschen schlägt man sich ja doch tot, also kann es auch im regelrechten Kriege geschehen, der doch gewisse Chancen gibt. Aus diesen Stimmungen heraus erklären sich die immer wieder von neuem auftaucheudeu Warmgeschichten und Kriegsgelüste und Aufstands-Gefechte, und wenn man daran denkt, wie Rußland s. Z. seine Hand über die Griechen und Kretenser hielt, so kann man nicht anders, als die Anschauungen der ouruhigen Balkanvölker solche zu nennen, die mit wirklichen Tatsachen rechnen.

Der Türke ist im Durchschnitt nicht schlechter, son­dern besser, wie der orientalische Christ, die türkische Ver­waltung ist auch nicht so sehr viel schlechter, als die ser­bische oder bulgarische oder griechische Lotterwirtschaft es gewesen ist, aber Alles das kann dem Türken nicht zum Heil gereichen! Auch ein Blinder kann es sehen, die Türken­herrschaft in Europa geht unrettbar ihrem Ende entgegen, sie verträgt sich nicht mehr mit den immer mehr erstarken­den nichttürkischen Nationalitäten auf der Balkanhalbinsel. Alles Reden, alle Bemühungen helfen da nichts mehr, ein Stein nach dem andern bröckelt vom osmanischen Reiche ab, und es geht nicht einmal mehr langsam, der ganze Bau kracht in seinen Fngen. Die Serben, Bulgaren, Griechen, Mazedonier usw., die das alle Tage beobachten, sollten das nicht merken? Selbstverständlich! Unter einander leben sie wie Katze und Hund, die politischen Morde find nichts Seltenes, ist doch selbst der Begründer der bulgarischen Un­abhängigkeit, Stambulow, der bulgarische Bismarck, einem Meuchelmord erlegen, aber der Haß gegen die Türken ist's, der Alle verbindet. Und dieser Haß wächst von Jahr zu Jahr.

Wen» die Katze nicht zu Hause ist. springen die Mäuse über Tisch und Bänke! Die Katze ist zwar nicht fern, wenn wir die Rede auf die Balkan-Berhältnisfe über­tragen, kann Rußland nicht aufmerken, so besorgt das Oester- reich-Ungaro, aber die Katze hat zu oft mit dem Fressen ge­droht, und doch nicht gefressen, als daß sie noch ernstlich gefürchtet würde. Selbstverständlich genügen 23 Armee­korps fremder Truppen, den kleinen Gernegroßen im Bal­kan die Ueberhebung auszutreibeu, aber die Ruhe wird nicht länger schließlich aahalten, bis die fremden Bajonette blitzen. Das wird nicht von heute auf morgen sein, aber einmal wird es ganz sicher eintreffen. Man denke nur da­ran, wie es überall im östlichen Wetterwinkel glüht, in den christlichen Staaten und in den eigenen türkischen Pro­vinzen, mit den Mazedoniern denken die Albanesen um die Wette an ihre Selbständigkeit, und wenn man die schwie­rigen Verhältnisse, den Mangel an schnellen Verbindungen ins Auge faßt, dann wird man erkennen, daß .es recht sauer werden dürfte, dem Türken Verlegenheiten zu er­sparen. SiekönnensogarimLenz1904scho» recht groß werden!

Deutscher WeichsLag.

" Aerti«, 16. Frbr. (Beteiligung des Reiches an der Weltausstellung in St. Louis.) Singer (Soz.) tritt für Berück­sichtigung der ausgeschiedenen Gegenstände ein. Henning (k.) gibt zu, daß bei der Auswahl der Kunstobjekte für St. Louis nicht ganz korrekt verfahren worden sei und tritt verschiede­nen Bemerkungen Singers entgegen. Staatssekretär Graf

Posadowsky: Ich kann für mich Persönlich erklären, daß niemand so kühl wie ich dem Streit der Kunstrichtungen gegeriüberstehe. Was entschieden abstoßend wirkt, ist viel­leicht ebenso schlimm, als hohle Konvention. Graf Oriola (n.-lib.) führt aus: Die Stellungnahme der Regierung in der Kunstfrage sei eine sehr unglückliche. Die Sezession hat unserer Kunst neue Ziele gesteckt. Liebermann ist ein großer Künstler. Der Franzose Manet war das Vorbild für die deutsche Kunst. Niemand, stände er noch so hoch im Reiche, kann der Kunst gebieten, andere Wege einzuschlagen, denn sie ist frei. Müller-Meiningen: Posadowsky sei, wie in vielen Sachen, so auch hier das reine Opferlamm (Heiter­keit.) Die schnöde Behandlung des Künftlerbundes sei zurückzuführen auf die antiföderative Kabinettslegierung. Hervorragende Künstler seien wie Schuljungen behandelt worden. Wer halte den ornamentalen Marmorsteinbruch vor dem Brandenburger Tor (Kaiser und Kaiserin-Friedrich- Denkmäler) überhaupt noch für künstlerisch diskutabel? Von dieser ganz verfehlten Stellungnahme hätten nur die ausländischen Künstler Vorteil. Die Geschichte zeige, daß die Kunst hinweggehe über Kaiser und Könige (lebh. Bei­fall). Kardorff (Rp.) führt aus, seine Partei stimme mit den übrigen Parteien darin überein, daß das Vorgehen der Regierung zu bedauern sei. Was habe denn die offi­zielle Kunst bisher in Berlin geleistet? Bei dem Anblick der meisten ihrer Denkmäler überfalle einen ein gewisses Angstgefühl. Würde Berlin einmal verschüttet, so würde man die Siegesallee kaum der Ausgrabung für wert halten. Kirsch (Z) führt aus, das Zentrum habe seine Ansichten über die Grenzen der Kunst, die es bei der Beratung der lex Heiuze ausgesprochen, nicht geändert. Im Falle St. Louis handle es sich aber darum, Gerechtigkeit walten zu lassen. Schließlich wird die Position betr. St. Louis genehmigt.

* Aerkt«. 17. Februar. Der Gesetzentwurf betr. Aende- rung der Reichsschuldordnnng wird unverändert angenom­men. Singer (Soz.) bei der Position .zur Förderung der Herstellung von Kleinwohnangen für die Arbeiter und geringbesoldeten Beamten des Reiches" : Aus Reichsmitteln seien vielfach Mittel an Baugenossenschaften gegeben wor­den, welche Erwerbshäuser errichteten, nämlich Häuser, die später in den Besitz der Beamten übergehen. Für solche Zwecke dürfen Reichsmittel nicht verwendet werden. Staats­sekretär Posad owsky : Ein dauernder sozialpolitischer Zweck kann nur dann mit der Sache verbunden werden, wenn die Häuser billige Mietshäuser bleiben. Ausnahmen können nur in dringenden Fällen eintreten. Ich hoffe, nach Ostern eine eingehende Denkschrift über die Angelegenheit vorlegen zu können. Bei dem Gehalt des Staatssekretärs beklagt Gröber (Ztr.) den wachsenden Prozentsatz der Er­krankungen von Postbeamten. Das hänge mit der Ueber- lastung der Beamten zusammen. Das Nachtruhewesen be­dürfe der Besserung. Die Bestimmungen über die Sonntags­ruhe würden nicht immer durchgeführt, auch genügten sie überhaupt nicht. An den Sonntagen liege kein wirtschaft­liches Bedürfnis für die Paketbeftelluug und den Postan­weisungsdienst vor. Redner führt dann Klage über die vielfach zu niedrige Normierung der Gehälter. Ueberschäsfe der Postverwaltung auf Kosten der Beamten seien dem Reichstag nicht willkomntrn. Das System der gehobenen Unterbeamtenstellen gebe zu Bedenken Anlaß. Diese Stel­len kämen nur denjenigen zu gut, die sich beliebt zu ma­chen verständen und sei es auch nur durch Teppichaus- klopfen. (Heiterkeit.) Die Verwaltung müsse den Unterbe­amten dasselbe Koalitionsrecht einräumen, wie seinerzeit den Postasststenten. Staatssekretär Krätke: Die Verwaltung habe mit den Unterbeamtenvereineu keine günstigen Erfah­rungen gemacht. Man rufe vielfach die Unterbeamten zu­sammen, um ihnen zu sagen, daß ihre Vorgesetzten nichts taugen, und sie deshalb sich zusammenschließen müssen. Vor­läufig sei die Verwaltung nicht in der Lage, derartige Ver­eine zu gestatten. Das Verhältnis der etatsmäßigen Be­amten zu den nichtetatmäßigen sei 86,9 zu 13,1, das der Unterbeamten 72,8 zu 27,2. Bei den Kritiken über die gehobenen Stellen sei vielfach Neid im Spiele. Singer (Soz.) tritt dafür ein, daß die Ueberschüsfe der Poftoer- waltuug zum Teil für die Postbeamten verwendet werden sollten/ Die Verleihung der gehobenen Stellen geschehe nur »ach Laune und Willkür der Vorgesetzten. Die Unterbeamten hätten das Recht, sich zu koalieren. Staatssekretär Krätke bezeichnet die Einwendungen und Borwürfe des Vorredners als unbegründet. ES sei bezeichnend, daß Singer die agi­tatorische Tätigkeit des Herrn von Gerlach in den Postbe­amtenkreisen in Schutz nehme. Falsch sei die Behauptung, daß unter de» Beamten viele unehrliche Elemente seien und die Verwaltung die Schuld daran mittrage. Abg. Pazig (natl.) tritt für die Aufbesserung der Beamtengehälter ein.

LandesnachrichLen.

* Kktenffeig, 18. Febr. (Förderung des LehrlingSwesens durch staatliche Zuschüsse.) Der im Etat der Kgl. Zentral­stelle pro Jahr ausgewogene Betrag von 4000 Mark zur Unterstützung von Handwerkslehrlingeu und Lehrmeistern konnte im adgelaufeneu Jahre wegen Mangel an Bewerber« nicht ganz verausgabt werden. Darum möge auf diese Zu­wendungen aufmerksam gemacht und die Bedingungen mit­geteilt werden, unter denen diese Unterstützungen erfolgen. Zur Förderung einer allseitigen beruflichen Ausbildung der Lehrlinge, sowie ihrer körperliche», geistigen und sittlichen Entwicklung können besonders tüchtigen Handwerksmeistern, welche sich zur systematischen Unterweisung von Lehrlinge« in den Fertigkeiten ihres Gewerbes, sowie zur Erziehung derselbe» im häuslichen Verband verpflichten, staatliche Zu­schüsse gewährt werde«. Die betr. Lehrmeister haben sich bei der Kgl. Zentralstelle zu melden. Lehrherrn und Lehr­linge werden zu nichts weiter verpflichtet, als daß sie de« Bestimmungen der Gewerbeordnung über das Lehrlingswesen, die ja jetzt im Grunde genommen für alle Meister gelten, pünktlich Nachkommen. Die Lehrherrs erhalten daun für diese Tätigkeit auf dem Gebiete der Jugevdunterweisung ein von Fall zu Fall festgesetztes staatliches Lehrgeld. Daneben besteht nur noch die Pflicht, ihre Lehrlinge die alljährlich von der Zentralstelle veranstalteten Ausstellung von Lehr­lingsarbeiten an Stuttgart beschicken zu lassen, um eine ge­wisse Kontrolle zu haben und zugleich die jungen Leute auf- zumuntern. Es ist sogar die Möglichkeit vorgesehen, solche» Lehrmeistern die Anschaffung neuzeitlicher Maschinen u. s. w. aus den Mitteln der Kgl. Zentralstelle zu erleichtern. Melde sich darum jeder Handwerksmeister, dem es mit der Aus­bildung seiner Lehrlinge ernst ist, bei der Kgl. Zentralstelle an. Es wird zu seinem und des Lehrlings Vorteil sein.

-n- Kvhanse», 18. Februar. Der seit dem 11. Januar in unserem Nachbarort Nothfelden bestehende sechs­wöchige Wanderkochkurs fand gestern seinen Abschluß. Nachmittags fand im Gasthaus z. Löwen ein Essen mit öO Gedecken statt, woran sich die mündliche Prüfung der 12 Teilnehmerinnen durch die Leiterin Frl. Härtner aus Tübingen anschloß. Sowohl das von den Mädchen zubereitete und aufgetragene Esse», wie die in der mündlichen Prüfung bekundeten Kenntnisse der Mädchen in der Haushaltungs­kunde und besonders iu der Zubereitung für Kraukeuspeiseu befriedigten die anwesenden Gäste, unter denen manche aus­wärtige waren, vollauf. Pfarrer Köhler würdigte das nützliche Institut der Kochkurse in einer launigen Ansprache und toastierte am Schluß auf die Kursleiterin Frl. Härtner. Pfarrer Sigwart von Emmingen brachte dem gemeiu- I schaftlichen Amt und dem Gemeinderat von Nothfelden ein Hoch und empfahl auch anderen Gemeinde« warm die Ein­führung von Kochkursen. Schultheiß Bühl er dankte den auswärtigen Gästen, daß sie sich trotz des schlechten Wet­ters doch so zahlreich bei dem Schlußesfen und der Prü­fung eingefunden haben.

* Isekshauseo, OA. Nagold, 17. Febr. Heute abend brach in der Scheuer des Fabrikarbeiters Renz Feuer aus. Die Scheuer und das angebaute Wohnhaus brannten ab. Die Ursache ist noch nicht bekannt.

* Stuttgart, 13. Februar. Eine Revision der Metzge­reien in Ravensburg hat der dortige Gemeiuderat durch eine besondere Kommission vornehmen lassen. Das Ergeb­nis der Revision wurde in der gestrigen Sitzung der bür­gerlichen Kollegien mitgeteilt. Es war derart, daß den Ravensburgern auf lange Zeit der Appetit auf Fleisch und Wurst vergehen könnte. Nur die Lokale von zwei Metz­gern gaben zu keinen Beanstandungen Anlaß. Von den übrigen aber heißt es in dem Bericht, daß die Zustände in ibnen einHohn auf die notwendige Reinlichkeit" seien. Bei einem Metzger liegt die Wurstküche über der Abort­grube, welche durch die Wurstküche entleert werden muß, bei anderen ist sie unmittelbar neben dem Schweinestall, bei mehreren ist das Wurstereilokal vollständig dunkel und ohne die nötige Luftzufuhr, so daß ein abscheulicher Geruch darin herrscht. Auch die Ladeneinrichtungen und Geräte sind mehrfach unreinlich und voll faulender Fleischteile ge­funden worden. Die Kommission beantragt, im Schlacht­haus Räumlichkeiten für die Verarbeitung des Fleisches zur Wurst zu errichten, und verlangt eine Beaufsichtigung der Wucstfabrikation, iu der so viel gesündigt werde.

* Zuffenhausen, 17. Febr. Die Wahl drS Stadtschult- heißen Gutekunst in Heimsheim zum Oltsvorsteher der hie­sigen Gemeinde ist von dem Ministerium des Innern, an das Gutekunst gegen den ablehnenden Bescheid der Königl. Kreisregierung appelliert hatte, nunmehr bestätigt worden.