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1904.
Mr. 26.
Donnerstag. 18. Jevrrrar
Tagespolitik.
(Die Hetze gegen das Heer.) In letzter Zeit hat sich bei uns in Wort und Bild eine Richtung breit gemacht, die es als ihre Aufgabe betrachtet, unser volkstümliches Heer und vor allem sein Offizierkorps verächtlich zu machen. Das ist kein Ruhm für das deutsche Volk, weil fast alles, was Deutschland in nationaler und politischer Beziehung seit dem Jahre 1864 errungen hat, in erster Liuie der Kraft seines Schwertes zu verdanken ist. Ohne die Siege auf dem Schlachtfelde würde selbst Bismarcks Riesenarbeit vergeblich gewesen sein. Die Grundlage der heeresfeindlichen literarischen Bewegung bildet das Haschen nach Sensation um jeden Preis. Ihre praktischen Ergebnisse decken sich im großen und ganzen mit den Bestrebungen der Sozialdemokratie unser Heer herabzusetzen. Deshalb werden auch auf dieser Seite derartige literarische Erzeugnisse mit größtem Behagen breit getreten und agitatorisch gehässig ausgeschlachtet. Das ist begreiflich bei einer Partei, über deren revolutionäre, staats- und volksverderbende Ziele nur die im Zweifel find, die nicht alle werden. Tag für Tag wird in der radikalen Presse gegen die Mannszucht gehetzt. Bei dieser, in ein System gebrachten Wühlarbeit leisten mittelbar alle Organe der bürgerlichen Presse Helfersdienste, die jene Machwerke für ernst und sogar wohlgemeint nehmen. Wenn das so weiter geht, daun werden wir in Deutschland bald eine Spezialitätenlitcratur haben, die die Schmähung der Offiziere als geschäftsmäßigen Sport betreibt. Die Anfänge hierzu sind schon vorhanden und es beweist wenig gesunden Sinn und Geschmack in gewissen gebildeten Kreisen, daß solche gehässige und verlogene Stimmungsmacherei fruchtbaren Boden findet. In der Hetze gegen das Heer liegt eine große Gefahr. Es kann nicht ausbleiben, daß die Wehrpflichtigen sich ungern dem Heeresdienst unterziehen. Sie bringen schon von Hause aus ein festgewurzeltes Mißtrauen gegen die Ehrenhaftigkeit, Tüchtigkeit und Gcrcchtigkeitsliebe ihrer Vorgesetzten mit zur Fahne — alles auf Grund vereinzelnder betrübender Geschehnisse, die in der heeresfeindlichen Literatur verallgemeinert und in raffinierter Weise zur Hetzerei ausgearbeitet werden. Die unbedingt notwendige Strenge des militärischen Dienstes, die unter allen Umständen im Interesse der Armee und des Landes aufrecht zu erhaltende Marmszucht, werden den mit Vorurteilen und Verdächtigungen gefütterten Elementen schließlich als Ausflüsse der Willkür oder mangelnden Einsicht der Vorgesetzten erscheine». Daß Leute, die so auf den Heeresdienst vorbereitet sind, den HauPtbestanNeil der innerlich aufsässigen Mannschaften bilden, liegt in der Natur der Sache. Ebenso sicher ist, daß dieser „schlechte Geist" vielfach die mittelbare Ursache bildet für die Ausschreitungen der durch dieWider- harrigkeit der Untergebenen gereizten Vorgesetzten. Diese Ausschreitungen sind natürlich stets zu verurteilen und strafbar. Aber als ungleich verwerflicher müssen die Auswüchse auf dem Gebiete der Literatur nnd Presse bezeichnet werden, die bezwecken, den guten Ruf des deutschen Heeres im Jn- und Auslande zu untergraben. Den schlimmsten Schaden davon hat das deutsche Volk selbst.
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Als im Jahre 1886 Fürst Alexander von Bulgarien in rücksichtsloser Weise aus seinem Land vertrieben wurde, nahm die öffentliche Meinung in Deutschland auf das schärfste für ihn und gegen Rußland Partei. Fürst Bismarck ließ es nicht an einer derben Abkanzelung dieser politischen Unklugheit fehlen, aber selbst seine Autorität vermochte den Schaden nicht ganz gut zu machen und die Stimmung der Russen gegen Deutschland blieb jahrelang getrübt. Aehnliche Erfahrungen hatte man beim und nach dem spauisch-amerikanischen und in und nach dem südamerikanischen Krieg zu machen. Während des spanisch-amerikanischen Krieges nahm die öffentliche Meinung in Deutschland vorwiegend für Spanien Partei, während des Buren- krieges ausschließlich für die Buren. Die Sympathie für die Buren war innerlich jedenfalls viel gerechtfertigter als die für das morsche spanische Kolonialreich, aber in beiden Fällen war das Ergebnis das gleiche: eine starke Abneigung in Amerika und England gegen Deutschland, eine Abneigung, die nicht nur wirtschaftliche Folge» für den deutschen Handel nach sich zog, sondern die sich auch unseren Landsleuten in den Bereinigten Staaten und in Südafrika sehr deutlich fühlbar machte. Natürlich sind derartige Verstimmungen auch nicht ganz gleichgültig für die Politischen Beziehungen zwischen den Ländern und ihren Regierungen. Wir wollen hoffen, daß in dem nun ausgebrochenen russisch-japanischen Kriege die öffentliche Meinung verständiger sein wird. Die Neutralität, die von der deut
schen Regierung geübt werden wird, sollte von der öffentlichen Meinung nachgeahmt werden. Wir müssen in Deutschland immer daran denken, daß wir zahllose Feinde haben, besonders an der Seine, an der Themse und am Hudson, Feinde, die mit der Raublust und der Scharfäugigkeit des Luchses auf jede Entgleisung der deutschen Presse Jagd machen. Selbst wenn also derartige „Entgleisungen" in Petersburg oder in Tokio übersehen werden sollten, so kann man sich doch mit Sicherheit darauf verlassen, daß sie von unseren Feinden dort zur Sprache gebracht werden.
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Das englische Unterhaus hat die schutzzöllnerischen Anträge des Liberalen Morley mit 327 gegen 276 Stimmen abgelehnt.
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In der offiziösen Pol. Korr, wird von russischer Seite eine längere Darstellung der maritimen Vorgänge auf dem Kriegsschauplatz veröffentlicht, die den Zweck hat, der Ansicht entgegenzutreten, als ob Japan nach den Erfolgen seiner Flotte bereits endgültig das Uebergewicht zur See erlangt hätte. Die Erklärung, um nicht zu sagen Rechtfertigung, für die kleine Schlappe bei dem nächtlichen japanischen Torpedo-Angriff auf Port Arthur liege darin, daß ein Angriff vor der Kriegserklärung nicht habe vorausgesehen werden können. Es sei daher nicht wahrscheinlich, daß sich eine derartige Unachtsamkeit im Laufe des Kriegs wiederholen könnte. Das Bombardement am nächsten Tage sei im Grunde genommen nur eine Demonstration der japanischen Flotte gewesen. Dabei hätten einige russische Schiffe sehr Havarien erlitten. Die beim Torpedoängriff beschädigten Panzer würden in 14 Tagen bezw. 3—4 Wochen ausgebessert sein. Vom japanischen Geschwader seien zwei große Schiffe beträchtlich beschädigt und drei Torpedoboote in den Grund gebohrt worden. Was die angebliche Seeschlacht von Tsche- mulpo anbelange, so sei das Kanonenboot Korejetz, das Stationsschiff der Gesandtschaft, von vornherein beim Ausbruch von Feindseligkeiten als preisgegeben angesehen worden. Der Kreuzer Warjag, der infolge einer bisher nicht aufgeklärten Unachtsamkeit im Hafen von Tschemulpo belassen wurde, sei von den Ereignissen überrascht worden. Der Verlust dieses Kreuzers sei bisher die einzige Verschiebung im Gleichgewichte der maritimen Streitkräfte der kriegführender Staaten, das, wenn man hievon absehe, in weniger als einem Monat wieder hergestellt sein werde, vorausgesetzt, daß die Schiffsausbesferunqen auf japanischer Seite keine längere Frist erfordern. Es scheine somit zum mindesten als verfrüht, von der durch Japan erlangten Aktionsfreiheit zu sprechen.
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Zuerst hieß es, die Japaner hätten in der Nacht vom 8. auf 9. Febr. den ersten Schuß im Krieg bei Port Arthur abgefeuert. Bald darauf wurde aber bewiesen, daß die Russen schon am 8. Februar bei Tschemulpo „zu allererst" anfinqen. Als ob das von solch großer Wichtigkeit wäre! Entscheidend ist vielmehr der Umstand, daß Japan die diplomatischen Beziehungen abbrach; das war der erste offene feindselige Schritt. Noch gewichtiger ist die Tatsache, daß Japan den Krieg mit Bewußtsein und Energie vorbereitete. Auch Rußland hat ja gerüstet, und die Japaner behaupteten, die russischen Noten würden nur deshalb so hinausgezögert, damit diese Rüstungen beendet werden könnten; — aber Japan tat noch mehr als sein Gegner, es war schon erzbereit, als dieser noch zu rüsten hatte. Unerhörte Geldopfer hat es in den letzten Jahre» für Kriegszwecke gebracht. Im ganzen gab es seit dem Frieden von Simouo- seki ungefähr eine Milliarde für den Ausbau seiner Flotte und ungefähr eine Viertelmilliarde für Festungsbaute» aus und ebenso noch eine Viertelmilliarde für den Bau von strategischen Bahnen. Wie hoch diese Anforderungen find, mag man daraus ermessen, daß sie sich zu den Staatsaufwendungen für Industrie und Landwirtschaft verhalten wie 20:1. Diese ungeheuren Ausgaben waren dabei auf eiuen Zeitraum von nur acht Jahren verteilt. Die Rüstungen erreichten im Frühjahr dieses Jahres ihr Ende. Ungefähr um die gleiche Zeit wurden auch die nach Petersburg gerichteten Protestnoten wegen der Besetzung der Mandschurei dringender und drohender. Man sieht also deutlich, daß Japan zielbewußt vorging. Die scharfen diplomatischen Verhandlungen begann es erst, als es bereits imstande war, dem Wort das Schwert folge» zu lasfen, um seine Vormachtstellung im Stille» Ozean zu behaupten. Diese Vormachtstellung, nicht die Handelsfreiheit aller Völker in Ost- afien und die „Offene Tür" in China ist es, welche Japan von jeher im Auge hatte.
Deutscher Weichstag,
* Berlin, 15. Februar. Der Reichstag setzte die Etats- beratung beim Reichsamt des Innern fort. Zwischen v. Heyl (natl.), Stadthagen (soz.) u. a. Abgg. gab es wieder eine längere Polemik, wobei Vizepräsident Paasche de» Abg. Stadthagen zur Sache rief. Staatssekretär Graf von Posadowsky erklärte im Lauf der Debatte u. a.. es werde bei der großen Zahl der Rekurse, die das Reichs- verficherungsamt zu erledige» habe, zu erwägen sein, ob sich statt des Rekursverfahrens bei kleineren Beträgen nicht die Einführung der Revision empfehle. Da verschiedene Redner von der Villa Bebel gesprochen hatten, bemerkte der Staatssekretär, die bürgerlichen Parteien sollten sich doch freuen, wenn die Sozialdemokraten Villen besitzen, sie sollten auch Grundbesitzer werden, dann werden sie die Landwirtschaft anders beurteilen. Das Haus erledigte den Rest deS Kapitels und verwies das Kapitel „Kanalamt' an die Kommission zurück. — Beim Kapitel „Aufstchtsamt für Privatverficheruvgen" kam die Lebensverstcheruugsgesellschaft „Viktoria" zur Sprache. Staatssekretär Graf v. Posadowsky erklärte, er werde einen amtlichen Bericht über die „Viktoria" eiufordern. Die vierte Beitragsrate zu den Kosten des Ausbaues der Hohkönigsburg wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Freisinnigen Volks- Partei genehmigt. — Beim Titel Beteiligung des Reiches an der Weltausstellung in St. Louis nahm Spahn (Ztr.) das Wort: Die Kunstfrage scheine ihm über die Köpfe der Einzelstaaten hinaus geregelt worden zu sein. Die „Sezessionen" habe« ihre gute Berechtigung; für diesmal sei es zu spät, ihre Richtung mehr zur Geltung zu bringe», für das nächstemal fordere er Gleichberechtigung.
Landesnachrichten.
* Simmersfeld, 15. Febr. Seit zwei Tagen haben wir außerordentlichen Schueefall. Gestern mußte sowohl hier als auch in den Gemeinden Besenfeld und Enztal der Bahnschlitten geschleift werden.
Bfahgrafeuweiker, 15. Februar. Am gestrigen Sonntag hielt der hiesige Kirchenchor von 7 Uhr ab im „Schwaneusaal" seinen Familienabeud. Die musikalische Unterhaltung wurde eröffnet durch den von Herrn Schullehrer Kühefuß und Uuterlehrer Fischer vorgetragenen „Huiarenritt." Nun wurde das Programm rasch abgewickelt, das in buntem Wechsel gemischte Chöre, Männerchöre, Duette und Sopransolos bot. Die Darbietungen ließen die auf die Einübung der einzelnen Nummern verwendete Sorgfalt und Mühe wohl erkennen und ernteten reichen Beifall. Besondere Anerkennung verdienen neben Frl. Amalie Rühle und Chr. Gnei- ting noch die Leistungen der Frl. Lina Rühle, welche wir als eine vorzügliche Sopransängerin kennen lernten, die über eine reine, volltönende Stimme verfügt. Den Schluß bildete ein Klavierstück zu vier Händen „Großer Zapfenstreich." H.
* Ein bedauerlicher Unglücksfall hat sich am Samstag in AnlerreiSeuSach durch das Scheuwerden von Pferden zugetragen. Ein Knecht fuhr einen Wagen voll Holz von der Betz'schen Sägmühle durchs Dorf, als die Pferde unruhig wurden und durchgingen. Dabei wurden sowohl der Knecht, als auch die Besitzerin des Holzes, Frau Pfrommer, überfahren. Der Knecht, der 40 Jahre alte Kärcher von Liebenzell, der in vier Wochen Hochzeit halten wollte, ist so schwer, besonders am Kopfe, verletzt, daß man an seinem Wiederaufkommen zweifelt. Die Frau hat einen Fuß zweimal gebrochen.
* Stuttgaä, 15. Februar. In einer längeren von ihm selbst Unterzeichneten Erklärung wendet sich im .Staatsanzeiger' der Minister des Innern Dr. von Pischek gegen die vom ReichSlagsabg. Dr. Wolfs in der Reichstagssitzung vom 18. Januar aufgestellte Behauptung, daß ein Vertreter der württ. Regierung die gelegentliche Bemerkung gemacht habe, daß von dem im Zolltarif vorgesehenen Zoll auf Vieh und Fleisch allerhöchstens ein Viertel in die Handelsverträge kommen würde." Abg. Dr. Wolfs hat bekanntlich vor Kurzem in einem Ulmer Blatt die Mitteilung gemacht, daß die Biehzölle auf Angaben des verstorbenen Domänenpächters Lempp vom Berkheimer Hof beruhen, der die fragliche Aeußerung aus dem Munde des Herrn Ministers des Innern in Geislingen auf der Wanderversammlung der württ. Landwirte selbst gehört und dem Abg. Wolfs, dem Abg. Vogt-Hall, Schnnd-Platzhof und anderen gegenüber seinem lebhaften Befremden über die Anschauung wiederholt Ausdruck gegeben habe. Demgegenüber erklärt nun Minister Dr. von Pischek, daß er in Geislingen mit dem Domäuen- pächter Lempp, mit dem er seines Wissens überhaupt niemals in persönlichen Verkehr getreten sei, kein Wort gesprochen habe; auch sonst habe er damals mit niemand