Aervsprecher Ar. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage Der Sonntags- Gast".

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Wr. 25.

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Dienstag. 16. Jebruar

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1904.

Amtliches

Die Musterung der Militärpflichtigen pro 1904 im Aushebungsbezirk Freudenftadt findet statt: in Dornstetten, Montag, 7. März, von vorm. 9 Vs Uhr an, in Pfalzgrafen­weiler, Dienstag, 8. März, von vorm. 10 Uhr an, in Baiers- broun, Donnerstag, 10. März, von vorm. 10 Uhr an, in Freudenstadt, 11. u. 12. März Freitag und Samstag, je von vorm. 9 Uhr an.

Der ostasiatische Krieg und daS Wirtschaftsleben.

(Nachdruck verboten.)

Der Krieg zwischen Rußland und Japan wird, mag er ausfallen, wie er will, ganz bestimmt einen großen Ein­fluß auf Wirtschaftsleben, Wirtschaftspolitik und Handels­vertrags-Angelegenheiten ausüben. Er beweist, daß heute doch nicht mehr wie einst, wirtschaftliche Pläne völlig un­abhängig vom Gange der rcinpolitischen Dinge gefaßt und ausgeführt werden können, daß Vorsicht geboten ist, weil die Aera der Ueberraschungen, m der wir uns befinden, leicht Jedem unerwünschte Zwischenfälle bringen kann. Mit dem Kopf durch die Wand unter allen Umständen rennen zu wollen, geht nicht; kaltblütig sein und dann fest bleiben, ist die beste Richtschnur für jeden Weg und jedes Handeln in der Politik.

In der Reichshauptstadt werden diesen Montag die Herren vom Bund der Landwirte die Aussichten der deut­schen Wirtschaftspolitik auf ihre diesjährige Generalver­sammlung einer eingehenden Würdigung unterziehen, nach­dem der Reichskanzler bereits auf einem Festessen in Berlin > der Landwirtschaft freundschaftliche Worte gewidmet hat. s Der leitende Staatsmann mußte sich in seiner Erwähnung des Standes der deutschen Handelsvertrags-Verhandlungen mit fremden Staaten natürlich eine gewisse Reserve aufer­legen, aber es kann keinem Zweifel unterliegen, daß sich unsere deutsche Position mit dem Ausbruch des ost- asiatischen Krieges Rußlands gegenüber, das unser

wichtigster Handels-Kontrahent wegen der landwirt­

schaftlichen Fragen ist, gebessert hat. Rußland wird, wen» es, wie wahrscheinlich ist, zu Lande in Oftasien einen vollen Erfolg über die Japaner erringt, doch so schwere finanzielle Einbuße erleiden, daß es sich mit Deutschland gut stellen muß. Die deutsche Politik hat natürlich Rußland für un­sere strenge Neutralität keinerlei Bedingungen gestellt, die Früchte unseres Verhaltens weiden uns nun selbst in den Schoß fallen.

Wir denken dabei nicht an die Unterbringung neuer russischer Anleihen in Deutschland, obwohl die Mehrzahl der deutschen Rentiers in den siebziger und zum Beginn der achtziger Jahre von russischen Zinsen gelebt hat. Bismarck sprach das inzwischen wieder erledigte Verbot der Beleihung russischer Werte bei der deutschen Reichsbank aus, und keine deutsche Reichsregierung wird, wie es in Frankreich ge­schehen, aus politischen Gründen den deutschen Bürgern den Kauf von russischen Werten empfehlen. Daran braucht Rußland für die Zukunft nicht zu denken, es wird auch nicht daran denken. Wohl aber muß Rußland sehr darauf hoffen, daß ihm der deutsche Markt unter billigen Bedin­gungen für seine Landes-Erzeugnisse geöffnet bleibt, denn Unabsetzbarkeit dieser letzteren müßte im Zarenreiche eine schnelle Krisis herbeiführen. Deutschland ist unter allen Staaten Europa's der erste, wo Rußland auf Geld für seine einheimischen Erzeugnisse rechnen kann, und dies wird in Petersburg und Moskau auch von den eifrigsten Pansla- visten und Deutschfeinden erkannt werden, wenn sich die Geldklemme iofolge der Kriegs-Ausgaben mehr fühlbar macht. Es wird auch sehr die Frage sein, ob die russische Industrie in der bevorstehenden kritischen Zeit den an sie zu richtenden Anforderungen im vollen Maße gewachsen sem wird. Bon Petersburg aus ist viel getan, die gewerbliche und industrielle Tätigkeit in dem weiten Lande zu heben und leistungsfähiger zu machen, aber gelungen ist es keines­wegs. Der Russe reicht auf diesem Gebiete unausgesetzten Nachdenkens, Forschens und Bervollkommnens an den Deut­schen nicht heran.

Bisher war über die wichtigste« Punkte des neuen deutsch-russischen Handelsvertrages auch in den Vorbe­sprechungen noch keine Einigung zu erzielen. Rußland wollte das Allermeiste herausschlagen, aber die deutsche Reichsregierung konnte unmöglich darauf eingehen, auf die erheblich günstigeren, weit niedrigeren russischen Produktions­verhältnisse noch eine Prämie zu setzen. Jetzt, wo die Zeit ernst geworden, wird man an der Newa einsehen, daß man auf Deutschland doch etwas durch eine stark panslavistisch gefärbte Brille geschaut hat, daß aber tatsächlich die Dinge anders liegen. Die russischen Diplomaten waren mitunter

sehr obenhin, das wird sich ändern. Deutschland hat be­wiesen, daß es dabei ist, wenn es heißt: Leben und Leben lassen! Nun ist die Reihe an Rußland.

Tagespolitik.

Fürst Bismarck hat einmal gesagt, daß bisweilen die Presse der Diplomatie die Fenster eiuwirft. Beim Buren- kricg konnte man die Steine fliegen sehen. Fast alle Zeitungen nahmen in echt deutscher Weise für den Schwächeren Partei, für das kleine Burenvolk, das doch aller Wahr­scheinlichkeit nach den Krieg gegen seinen mit Riesenkräften ausgeftatteten Gegner verlieren mußie. Der deutsche Handel Halle diese Parteinahme später empfindlich zu fühlen. Eng­land hat uns heute noch nicht verziehen, daß sein Heer in der deutschen Presse als Burenmörder bezeichnet wurde. Die darauf folgende Verfeindung zwischen den in so viel­facher Beziehung miteinander stehenden Staaten Deutschland und England wäre noch anhaltender geworden, wenn nicht die deursche Diplomatie, statt Gefühlen Lauf zu lassen, nach nüchternen Verstandsgründen gehandelt und wenn nicht Kaiser Wilhelm durch Zurückweisung von Präsident Krügers Besuch ein klebriges an Euglandfreundlichkeit getan hätte. Wir haben aus dem Burenkrieg gelernt. Mit lobenswerter Zurückhaltung bespricht heute die deutsche Presse den neuesten Krieg in Ostasien. Nirgends kommt das Gefühl des Neides gegen unseren großen russischen Nachbarn und die Schadenfreude über seine Niederlage bei Port Arthur zum Durchbruch. Auch gegen Japan liest man nirgends leidenschaftliche Ergüsse. Wir sehen heute in Rußland mehr den Kultur- als den Kautenträger, den Staat, mit dem wir bedeutend umfangreichere Geschäfte machen als mit Japan; wir sehen in den Russen Stamm- und Glaubensverwandte, aber anderseits hegen wir Hoch­achtung vor dem energischen, bildungsfrrudigen Japan, dem 'Preußen Ostastens, dessen Bewohner nicht dem Wutki huldigen wie die Russen. Wir ereifern uns diesmal nicht wie beim Burenkcieg ausschließlich für irgend eine Partei. Das ist klug. Denn durch nichts könnte die Wirksamkeit unserer Regierung und Diplomatie mehr erschwert werden, als wenn Volk und Presse der Leidenschaft die Zügel schießen lassen. Die fremden Nationen warten bis jetzt und hoffentlich auch künftig vergeblich auf deutsche Gefühls- ausbrücbe, um der deutschen Diplomatie die Schelle anzu­hängen !

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Das deutsche Reich muß jetzt in Südwestafrika mit Blut, Eisen und Gold bezahlen, was Wucherer und be­trügerische Händler dort gesündigt haben. Diese Schurken haben die Eingeborenen zu allerlei unnützen Käufen ver­anlaßt und ihnen dann Vieh und Ländereien weggenommen. Das entfesselte den Aufstand. ImReichsboten" wird hier­über das Folgende mitgeteilt: Ein verhältnismäßig großer Strom weißer Ansiedler ergoß sich in das Land; der Ueber- gang großer Ländereien der Eingeborenen in Weiße Hände nahm rapide zu und die Masse der Farbigen treibt einer fast völligen Besitzlosigkeit entgegen. Und das Betrübendste ist, daß dieses das ausgesprochene Ziel gewisser Interessenten­kreise ist; und diese haben ein vorzügliches Mittel in der Hand, es zu erreichen, den Handel. Eine traurige Spekulation auf die bekannte Lüsternheit uud den Leichtsinn der Farbigen, dieser großen Kinder. Was wird nicht alles zum Kaufe angeboten ! Nicht nur Genußmittel, wie Tabak, Zucker, Kaffee; auch Armspangen, seidene Kopftücher, Steh­kragen, Faltenhemden u. s. w. I Der Sohn des Oberhäupt­lings Samuel Maharero erschien unlängst zu seiner Hoch­zeit in Frack, Zylinder und Weißen Handschuhen, seine Braut in einem weißseidenen Kleid. Es sind meistens mehr als überflüssige Sachen, um die es sich handelt. Aber die Hereros kaufen und kaufen. Arm und Reich kauft und kauft. Viel Geld haben sie nicht, aber sie haben ja Vieh und Land, und darum haben sie - Kredit. Der Kredit wird ihnen geradezu aufgedrungen. Es tritt ein, was zu erwarten ist. Die schnell sich aufhäufenden Schulden können nicht bezahlt werden. Sie werden eingeklagt und müssen in Vieh und in Land beglichen werden. Das vollzieht sich mit mathematischer Promptheit. Ebenso prompt folgen dann aber auch Erbitterung und Aufruhr.

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Ueber den scheinbaren Stillstand der Kriegsunter­nehmungen im fernen Osten beginnt man sich in Rußland Kopfschmerzen zu machen. Daß japanischerseits Nachrichten mangeln, ist durch die von Japan geübte strenge Depeschen- zensur, die Zerstörung der Telegraphenlinien und andere Umstände leicht erklärlich, ja selbstverständlich. Die Russen aber könnten schnell und ausführlich telegraphieren. Die Zurückhaltung in der Berichterstattung Über die Vorgänge

in Ostasten hat infolge dessen in Petersburg, wie eine Draht­ung derKöln. Ztg." von dort besagt, allerlei unkontrollier­bare Gerüchte gezeitigt. Der Gesellschaft hat sich daher eine starke Verstimmung bemächtigt, weil man weder durch die offizielle Berichterstattung noch durch Meldungen aus West­europa die volle Wahrheit über die Lage erfährt. Allseitig kommt die Ueberzeugung zum Ausdruck, die Lage sei sehr ernst, die Stimmung wird sehr gedrückt und allerorten hört man sogar, Rußland habe seinen Gegner durchaus unter­schätzt.

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He

Die Japaner sind augenscheinlich bitter enttäuscht, daß ihr erster Ansturm auf Port Arthur abgeschlagen wurde. Als sie die damals noch im Besitze der Chinesen befindliche Festung bombardierten, gelangten sie nach kurzem Gefecht in ihren Besitz. Dieselben Männer, die damals den schnellen Sieg herbeiführen halfen und durch ihn in ihrem Selbst­bewußtsein bestärkt wurden, stehen heute an der Spitze der japanischen Land- und Seetruppen. Ihr Verdruß, daß der Erfolg trotz der zehnjährigen unablässigen und unter den schwerste» Opfern vollzogenen Verstärkungen der japanischen Wehrmacht zu Wasser und zu Lande jetzt nicht eintreten will, läßt sich begreifen.

LarwesncuHrichLen.

* Atlenfteig, 15. Februar. Nicht ganz spurlos ist die Herrschaft desPrinzen Carneval" hier vorübergegangen. Der Radfahrerverein hielt Samstag abend im Gasthof zum Stern einen närrischen Unterhaltungsabend, wobei der Tolli- tät Genüge geschah und Altensteigs neuester Vereinsspröß- ling, dasMuseum", versammelte seine Mitglieder gestern abend im Gasthof zum grünen Baum. Gelungen durchge­führte Theaterstücke, die zum Beifall hinreißenden Klänge der Tübinger Kapelle Schneckenburger und eine Tanzunter­haltung ließen kein griesgrämlich Gesicht aufkommen, viel­mehr kam eine urfröhliche Stimmung zum Durchbruch. Der Schalk sorgte für manch' heitere Episode. Auch die trink­baren Geister, die sich in eine besondere Klause zurückgezogen hatten und da Gott Bachus ihren feuchtfröhlichen Tribut zollten, kamen auf ihre Rechnung. Die Veranstaltung ver­lief zur Zufriedenheit eines jeden Teilnehmers.

-n. Nagold, 15. Febr. Im Festsaal des Seminars fand gestern abend eine musikalische Aufführung statt, die eine überaus große Anzahl hiesiger und auswärtiger Musik­freunde angezogen hatte. Unter den Programmnummern waren Stücke für Orchester mit Orgel, Solostücke für Violine, Cello und Klavier, Duette und Solis für Sopran und Tenor u. Männerchöre. Als besonders hervorragendes Tonwerk ist die BalladeSchön Ellen" für gemischten Chor, Sopran- und Tenorsoli mit Klavierbegleitung von Max Bruch zu nennen, das einen mächtigen Eindruck auf die zahlreichen Besucher ausübte. Aber auch die übrigen Tonstücke waren vorzügliche Leistungen, besonders auch die Sologesänge von Frl. Sautter (Sopran) aus Stuttgart und H. Diegel (Tenor) aus Ellwangen. Das ganze Konzert zeigte aufs neue, mit welch großer Rührigkeit und musikalischem Verständnis der Dirigent Mufikoberlehrer Sch äff er die Musikkräfte des Seminars zu leiten weiß, daß sowohl im gesanglichen wie im orchestralen Tongebiet wirklich Schönes geleistet wird.

* Ein grauenhafter Vorfall hat sich in dem Dorf HrrmSach (Neuenbürg) zugetragen. Die Frau Karoline Schroth, Ehefrau des Holzhauers und Landwirts Johann Schroth, bat in der Nacht ihren Mann totgeschlageu. Die etwa 40 Jahre alte zweite Frau des Schroth, die mit dem 63jährigen Mann seit 16 Jahren verheiratet war und zwei Söhne von 12 und 14 Jahren hat, kam früh 5 Uhr zum Polizeidieaer des Ortes und führte wirre Reden,das Haus sei ausgeräumt, den alten Teufel habe sie totge­schlagen," nsw. Der Polizeidiener ging sofort mit der Frau in deren Wohnung zurück und fand dort einen großen Durcheinander. Die Fensterläden waren ausgehängt, die Betten, überhaupt sämtlicher Hausrat, war aus den Fenstern des Hauses auf den Erdboden herabgeworfen und in der Mitte der Wohnstube sah man eine mit Stroh notdürftig verdeckte Lache von Blut und Gehirn. Nun fragte der Polizeidiener nach dem Mann. Aber weder die Frau noch die beiden Buben gaben Auskunft. Endlich gestanden die Buben, daß die Mutter den Vater mit der Axt totgeschlagen habe und daß sie, die Söhne, geholfen hätten, den Vater wegzuschaffen. Man ging einer Blutspur nach und fand dann den alten Schroth etwa 40 Meter vom Hause ent­fernt beim alten Dorfbrunnen in einem Wassergraben tor liegen. Er war fürchterlich zugerichtet. Die ganze obere Schädeldecke war ihm eingeschlagen. Die Frau wurde jetzt natürlich sofort verhaftet. Es wird noch berichtet, daß