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Jerusprecher Kr. 11.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast".
Bestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk u- Nachbarortsverkehr Mk. 1.18, außerhalb Mk. 1.25.
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Wr. 22.
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Donnerstags 11. Aeöruar
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1904
Amtliches
Durch die Wahl der Amtsoersammlung bezw. des Ausschusses des landwirtschaftl. Vereins Nagold wurden zu Mitgliedern der Farrenschaubehörde bestellt: als Vorsitzender: Oberamtstierarzt Metzger in Nagold, als dessen Stellvertreter: Tierarzt Buhler in Altensteig, als Mitglieder: 1) Oekonom Rueff in Spielberg und 2) Tierarzt Bühler in Alrensieig und als deren Stellvertreter: 1) Löwenwirt
Gutckunft in Nagold und 2) Muhlebesttzer Schill in Eb- hausen.
Uebertragen wurde Oberförster Theurer in Sulz (früher in Simmersfeld) das Forstamt Gundelsheim; Forstamtmann Englert in Enzklösterle die Forstamtmannsstelle in Gomaringen.
Uebertragen wurde die Hauptamtsassistentenstelle bei dem Kameralamt Backnang dem Finanzpraktikanten Mayer in Altensteig mit dem Titel eines Finanzsekretärs.
Verliehen wurde dem Rektor Haug an der Realschule in Freudenstadt der Rang auf der sechsten Stufe der Rangordnung.
Der Krieg ist eröffnet! »
Telegramm des Bl. „Aus den Tannen" *). Eingetr. am 9. Febr. vorm. 11 Uhr.
* Petersburg, 9. Febr. Der „Regier «ngsbote" veröffentlicht folgendes Telegramm des Statthalters Alexijew an den Zaren:
Ungefähr um Mitternacht in der Nacht vom 8 auf den 9 Februar machten japanische Torpedoboote einen plötzlichen Minenangriff auf das auf der äußeren Reede von Port Arthur liegende ruffische Geschwader Die Panzerschiffe „Retvifa" «nd „Cäfarewitfch", sowie der Kreuzer „Palada" sind stark beschädigt worden.
Der „Cäsarewusch" ist im Jahre 1901 gebaut, hat j eine Wasserverdrängung von 13,000 Tonnen, ist also eines der größten russischen Kriegsschiffe, er ist das schnellste russische Schiff mit einer Geschwindigkeit von 18.5 Knoten. Seine Besatzungsstärkc betrug 732 Mann. Die Gesamtzahl seiner Geschütze beträgt 60, darunter 4 Schuellfeuerkanonen. Der „Retvisa" ist 1900 gebaut, die Besatzung ist die gleiche, die Zahl seiner Geschütze beträgt 64. „Pellada," noch aus dem Jahre 1899 stammend, hat 422 Mann Besatzung und 38 Geschütze, mit 8 Schnellfeuerkanonen. Die Wasserverdrängung veträgt 6700 Tonnen. Die Russen werden bald dazu gezwungen, den jetzigen Zustand als Kriegszustand anzusehen.
*) Anmerkg. der Red. Wir werden in Zukunft Telegramme oder telephonische Berichte, deren Veröffentlichung durch Extrablatt nicht tunlich erscheint, durch Anschlag am Hause bekannt geben.
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* "Berlin, 8. Februar. Nach hier eingegangenen Berichten haben die Japaner bereits einige russische Handelsschiffe weggenommen. Ein starkes japanisches Geschwader soll auf dem Wege nach Chemulpo sein.
* Berlin, 9. Febr. Durch die starke Beschädigung der allerbesten Linienschiffe sind die russischen maritimen Streitkräfte derart geschwächt, daß sie eine offene Seeschlacht kaum noch wagen können.
ff Baris, 9. Febr. Eine Meldung der Agenze Havas aus Petersburg besagt: Hier verlautet, daß die japanische Flotte, die in der letzten Nacht die russischen Schiffe vor Port Arthur angriff, aus 17 Schiffen bestand.
ff Baris, 9. Febr. Im heutigen Ministerrat wurde die Depesche des Generals Alexejew aus Port Arthur betreffend die Beschießung der drei russischen Kreuzer durch japanische Torpedoboote vorgelegt. Der Minister des Auswärtigen Delcasse teilte dem Ministerrat mit, daß der französische Gesandte in Tokio auf Wunsch Rußlands mit der Wahrung der russischen Interessen betraut werde.
ff Betersburg, 9. Febr. Die Ruff. Telegraphenagentur meldet aus Wladiwostok vom 9.: Das Küstengebiet, Kwan- tunggebiet, Wladiwostok, Port Arthur und das links der Linie der ostchinestschen Bahn enteignete Land sind in den Kriegszustand erklärt.
* Bort Arthur, 9. Febr. Der erste Kampf fand hier letzte Nacht um ein Viertel vor 2 Uhr statt. Es näherte sich eine Anzahl japanischer Torpedoboote dem Hafen «nd am Eingänge des Hafens vorbeidampfend feuerten sie auf das drinnen liegende russische Geschwader Torpedos ab. Drei Schlachtschiffe wurden durch Explosionen ernstlich beschädigt. Die japanischen Torpedoboote dampften unversehrt ab.
* Kerv-Hork, 9. Febr. Die Associated Preß meldet aus Petersburg von 2'/z nachmittags: Laut Mitteilungen
der AdmiralitHl sind bei dem Angriff der Japaner gegen Port Arthur il japanische Kriegsschiffe und em russisches untergegangen. 7 Russen sind getötet, zahlreiche verwundet. Port Arthur steht in Flammen. (Ueber London wird berichtet, diese Nachricht beruhe aus keiner Grundlage.)
* Die „Kölnische Zeitung" leitartikclt offiziös: Die deutsche Politik glaubt, den Interessen des allgemeinen Friedens und der Kultur am besten zu dienen, wenn sie keinen Zweifel darüber läßt, daß Deutschland in den gegenwärtigen Wirren keine Sonderoorteile anstrebt und auf ! keine Länderoermehrung ausgeht. Die von verschiedenen Seiten gemachten Versuche, auf Deutschland in anderer Weise einzuwirken, entbehren jeder Grundlage. — Japan ist die ganze Verantwortung an dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Rußland und dem Jnselreich und« dem Ausbruch des Krieges zuzuschreiben, so sagt die russische Regierung, so heulen die russischen offiziösen Organe. Man durfte aber die Vorgänge der letzten Wochen genau verfolgen, um sogleich zu einer anderen Ansicht zu gelangen. Wer war es denn eigentlich, der die Verzögerung der Verhandlung hinzog, der sich immer in Friedensversicherungen in der eigenen und in der ergebenen französischen Presse erging, während man schon längst alle Vorbereitungen für den Krieg getroffen hatte und traf: das länder- und blutgierige Rußland. Das wollte aber die russische Diplomatie, daß die Regierung des Landes, dessen Lenker auch der Begründer des internationalen Schiedsgerichts ist, auch den äußeren Schein wahren, der die friedfertigen Absichten der russischen Regierung dartun soll. Kein Land außer dem großmächtigen England, das ja ebenso skrupellos ist, wenn es sich um Kriege handelt, die an ' Erringung handelspolitischer Vorteile in Szene gesetzt werden, hat in den letzten Jahren eine solche Eroberungspolitik getrieben, wie unser nachbarliches Rußland. Wir haben ja wahrhaftig keinen Anlaß, uns in die ostasiatischen Kämpfe einzumischen und wir haben umsoweniger Anlaß, uns für ^ ein Land zu verwenden, das in der Hauptsache doch nur zu unserer Konkurrenz in Beziehung steht, wenn wir es auch für den anständigeren Teil halten. Wir können nur das eine feststellen, die Kriegspartei in Rußland hat gesiegt, die friedfertigen Absichten des einzigen absoluten Herrschers Europas sind durch sie durchlöchert worden. Die Macht des sog. „Selbstherrschers" brach sich an dem Willen der eigentlichen regierenden Partei.
* Men, 9. Febr. In der hies. japanischen Gesandtschaft bestreitet man die aggressive Tendenz der japan. Politik. Trotz des sog. ersten Schritts sei Japan der provozierte Teil durch die tendenziöse Verzögerung der rusf. Antwort. Japan könne nicht mehr an die Loyalität Rußlands trotz aller Friedensliebe des Zaren glauben. Die Hauptsache sei die koreanische Frage. Armee und Volk vermögen die ungewisse Lage nicht mehr zu ertragen. Die letzten Schritte Japans seien ein Gebot der Selbstverteidigung.
* Baris, 9. Febr. Infolge einer Unterredung, die Delcasse, Ribot und Denis Cochin heute im Ministerium des Auswärtigen zwecks einer beabsichtigten Interpellation hatten, hat Cochin die Befragung Delcasses über die oftasiat. Angelegenheit vertagt. Er erzählte, er habe dies deshalb getan, weil er die Gewißheit erlangt habe, daß die Stellung Frankreichs zu der Frage seit 1902 sich nicht geändert habe. Ich habe, so fuhr er fort, den Eindruck, daß keine Verpflichtung uns bindet, über die Grenze hinaus, wo wir im Jahre 1902 standen, und Delcasse versicherte, daß wir damals frei waren. Für den Minister des Auswärtigen halte ich es für sehr schwer, ja unmöglich, eine dahingehende Erklärung in cher Kammer an dem Tage abzugeben, wo unser Verbündeter sich Schwierigkeiten gegenüber sieht. Das könnte in einer übelwollenden Weise ausgelegt werden. Man soll nicht sagen können, daß Frankreich kein Interesse zeigt an dem, was Rußland bei seinem Konflikt mit Japan begegnen kann, und day Frankreich es der befreundeten und verbündeten Macht überlasse, sich allein in Ostasten aus der Verwicklung zu ziehen. Wir sind nicht gehalten, zu intervenieren ; daß ist abgemacht. Aber alle unsere Sympathien sind Rußland zugewendet.
* Betersöurg, 9. Febr. Im Winterpalais versammelten sich heute nachmittag die Würdenträger und Hofchargen sowie das gesamte Offizierskorps der Garnisonen Petersburg, Zarskoje Selo, Gatschina und Peterhof zur Teilnahme an dem vom Kaiser befohlenen Bittgottesdienst. In feierlichem Zug begab sich der Kaiser, die Kaiseriamutter führend, gefolgt von sämtlichen Mitgliedern des kaiserlichen Hauses in die Kirche des Winterpalais. Der Kaiser machte einen sehr ernsten Eindruck, welcher bei der Rückkehr aus der Kirche noch schärfer hervortrat. Bevor der Kaiser in
die inneren Gemächer zurücklehrte, begrüßte er die Palaft- grenadiere, ausgediente Militärs aus der Zeit Nikolaus I. in der Uniform jener Zeit. Die Grenadiere brachen in begeisterte Hurcahrufe aus, in welche alle anwesenden Personen enthusiastisch mit einstimmten. Ohne eine Ansprache an die Versammelten zu richten, verlies der Kaiser sodann wieder die Säle. Vor dem Winterpalais hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt, die dem Kaiser begeisterte Huldigungen darbrachte.
Tagespolitik.
Die Zulassung von Frauen zur städtischen Armenpflege in Elberfeld, die vor einem Jahre trotz starker Gegnerschaft versuchsweise eingeführt wurde, hat sich, wie dort in der letzten Plenarsitzung der Armenverwaltung mit- geterlt wurde, ausgezeichnet bewährt. Die Tätigkeit der Armenpflegsrianen wurde als „überaus nützliches Wirken" warm anerkannt. Der aufopfernden Tätigkeit der Pflegerinnen ist es in zahlreichen Fällen gelungen, die Verwahrlosung zu beseitigen oder zu verhindern. Es zeigte sich ferner, daß Frauen infolge der Erfahrungen, die sie im eigenen Haushalt und bei der Kindererziehung sammeln, in manchen Fällen Mängel leichter erkannten und eher Mittel zu ihrer Abhilfe fanden.
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Aus den über die britische Mission in Tibet veröffentlichten amtlichen Schriftstücken geht hervor, daß Rußland die Mitteilung machte, es werde infolge des Vorgehens Englands vielleicht Schritte ergreifen, um seine Jnteressen'zu schützen. Lord Lansdowne, der englische Minister des Auswärtigen, teilte daraufhin dem russischen Botschafter 'mit, wenn Rußland irgendwelche Tätigkeit entfalten sollte, werde Großbritannien gezwungen sein, eine Tätigkeit zu^entfalten, die über diejenige Rußlands hinausgehe. So lange dieser Meinungsaustausch im Gange war, wurde es nicht für wünschenswert gehalten, eine Mission nach Lhassa zu seudeu. j Einige Wochen später unterbreitete der russische Botschafter eine Darlegung der Anschauungen Rußlands, in der erklärt wurde, daß, wenn auch Rußland nicht wünsche sich in Tibet einzumischen, doch irgend welche Verletzung des bestehenden Zustandes in Tibet Rußland zwingen würde, seine Joteressen in Asien zu schützen. Lord Lansdowne erwiderte, Großbritanien müsse darauf bestehen, daß Tibet seine Vertragsoerpflichtungen erfülle. Als die britische Mission nach Tibet abmarschierte, erhob der russische Botschafter Graf Benckendorff ernste Vorstellungen bei Lans- dowue. Dieser erwiderte, es scheine ihm über die Maßen sonderbar, daß die Einsprache von einer Macht erhoben werde, die auf der ganzen Welt gezögert habe, in die Rechte ihres Nachbarn einzugreifen, wenn die Umstände das zu erfordern schienen. Wenn die russische Regierung ein Recht habe, sich darüber zu beklagen, daß Großbritannien Schritte tue, um durch Eindringen in tibetanisches Gebiet Ersatz von den Tibetanern zu erlangen, zu welcher Sprache würde dann Großbritannien berechtigt sein angesichts der russischen Uebergriffe in der Mandschurei, in Turkestan und in Persien? Ein Telegramm des Vizekönigs von Indien an den Staatssekretär für Indien vom 13. Dezember 1903 besagt, daß nach einem Bericht des Obersten Aounghusband russische Waffen in Tibet eiugeführt werden, und daß sich die Tibetaner auf Versprechungen von russischer Unterstützung verlassen.
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Nirgends wird so gern und viel in der Lotterie gespielt wie in Italien. Der ärmste Familienvater macht mit, selbst wenn er das Los kaufen müßte für das Geld, welches zum Brot für' seine Kinder bestimmt ist. Der Staat versteht es, diese Leidenschaft zu benutzen. Er hat eine Landeslotterie eingerichtet, die sich als gute Steuerquelle erweist. Bon 1870 bis 1880 ist für 699 Millionen Franken gespielt worden, und der Staat hat den Gewinnern 41l Mill. Franken ausgezahlt; von 1880 bis 1890 wurden für 510 Millionen Franken gespielt, und der Staat hat 427 Millionen Franken davon ausgezahlt; von 1890 bis 1900 wurde für 688 Millionen Franken gespielt, und die Gewinne betrugen 374 Millionen; im Jahre 1901 hat man auf der Halbinsel für 65 Millionen gespielt, wovon der Staat den Gewinnern 26 Millionen zahlte. Wo die Bevölkerung am ärmsten ist, ist das Spiel am einträglichsten; die Provinz Neapel liefert den Beweis dafür; da spielt alles ohne Ausnahme, selbst die zu Tausenden herumlungernden Lazzaroni.
Deutscher Weichstag.
* Berlin, 9. Februar. Bor Eintritt in die Tagesordnung stellt Gröber verschiedene Änderungen in dem