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1904.
Krieg zwischen Japan und Rußland.
Altensteig, 7. Hebr. Um 1 Uhr heute mittag ging uns folgendes Telegramm zu:
St. Petersburg, 7. Febr. Der Regierungs- bote veröffentlicht eine Zirknlardepesche an die russischen Vertreter im Auslande, die besagt: Der japanische Gesandte übergab eine Note, in der die russische Regierung von der Entscheidung Japans in Kenntnis gesetzt wird, die weiteren Verhandlungen einznstellen und den Gesandten und das gesamte Gesandtschafts- Personal ans St. Petersburg abznberusen. Infolgedessen befahl der Kaiser von Rußland, daß der russische Gesandte Tokio mit dem Gesandtschastspersonal unverzüglich verlasse. Die Handlungsweise der japanischen Regierung wälzt Japan die ganze Verantwortung für die Folgen zu.
Damit sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Rußland und Japan abgebrochen. Die
Waffen haben nun zu entscheiden.
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Ueber den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und Rußland liegen noch folgende Nachrichten vor:
ff HketersSnrg, 7. Febr. Eine Sonderausgabe der Noweje Wremja äußert folgendes: Drei Monate bemühte sich die ruffiscbe Diplomatie, die japanischen Vorschläge friedliebend zu prüfen und alle möglichen Zugeständnisse zu machen, die zulässig sind, ohne die Würde Rußlands zu schädigen. Rußland wurde beschuldigt, daß es die Verhandlungen zum Zweck kriegerischer Vorbereitungen hiu- ziehr. Ohne sich durch niedrige Verleumdungen beirren zu lassen, erfüllte Rußland seine Pflicht gewissenhaft im Vertrauen auf die Gewissenhaftigkeit des Gegners. Wie es sich erweist, war der ganze Notenwechsel eine Komödie. Japan, nicht Rußland mußte den Moment abwarten, bis zwei in Italien gekaufte Kreuzer die chinesischen Gewässer erreichten. Die Kreuzer haben Singapore erreicht: die Japaner warfen die Maske ab. Sie warteten nicht einmal die russische Antwortnote ab, sondern beriefen den Gesandten ab. Die Asiaten zeigten sich als Asiaten; sie vermochten nicht einmal den äußeren Anstand zu beobachten. Die Geschichte kennt keinen Fall eines ähnlichen Betragens. Wir sind überzeugt, daß die öffentliche Meinung Rußlands den Japanern die gebührende Antwort geben wird. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen bedeutet noch nicht den Krieg. Die Geschichte kennt Beispiele des Abbruchs der Beziehungen aus Jahre ohne nachfolgenden Krieg. Solche Beispiele aber find selten. Bei normalem Gang der Dinge bedeutet der Abbruch der diplomatischen Beziehungen notwendigerweise den Beginn des Krieges oder die Notwendigkeit der Vermittlung dritter Mächte. Somit stehen wir mit dem heutigen Tag vor den 3 Lösungen: Krieg, Vermittlung oder sich in die Länge ziehender Konflikt. Letzteres ist am wenigsten wahrscheinlich. Die Interessen beider Staaten find allzu intensiv und allzu entgegengesetzt, als daß die Möglichkeit zugelassen werden könnte, sie im Wege taktischer Besitzergreifungen in Einklang zu bringen. Vermittelung wird wahrscheinlich nicht eintreten. Somit bleibt die ultima ratio der Völker und Staaten. In dieser schweren Minute halten wir es für unsere Pflicht, müßige Voraussagungen zu unterlassen. Eines nur scheint unzweifelhaft: Nach dem gestrigen Schritte der Japaner wird es kein Ausländer für möglich halten, uns der aggressiven Haltung zu beschuldigen. Rußland steht an der Grenzscheide großer Ereignisse. Jeder Sohn Rußlands, ohne Unterschied der Ueberzeugungen, wird heute bewußt und aufrichtig sagen: die Japaner haben es selbst gewünscht, so sei es, Gott helfe uns.
fs Tokio, 7. Febr. Betreffend den soeben bekannt gewordenen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und Rußland wird hier erklärt, daß durch das über 3 Wochen währende vergebliche Warten aus eine Antwort auf die letzte japanische Note vom 13. Januar d. Js. und den während dieser Zeit ostentativ betriebenen Aufmarsch der russischen Armee, sowie durch die Besetzung von militärischen Stellungen gegeuKorea habe Rußland nicht nur die Geduld
Japans erschöpft, sondern auch die Ueberzeugung geweckt, daß eine weitere dilatorische Behandlung dieser Frage nicht mit den Interessen Japans zu vereinbaren sei.
ss Naris, 7. Febr. Nach Meldungen hiesiger Blätter hatte man im hiesigen diplomatischen Ministerium des Auswärtigen nicht erwartet, daß der Abbruch der Beziehungen noch vor Ueberreichung der russischen Antwort erfolgen werde. Mau verhehlt sich nicht den großen Ernst dieser Lage.
fs N«ris, 7. Febr. Das .Journal des Debats" schreibt: Mit Rücksicht darauf, daß Rußland die Landung japanischer Truppen vielleicht nicht als oasuo Kolli annehme, bestehe allerdings die sehr schwache Möglichkeit, den Frieden zu erhalten. Das Journal des Debats gibt weiter dem Bedauern Ausdruck, daß ein Teil der englischen Presse sich von instinktivem Haß gegen Rußland habe leiten lassen, um Japan zu ermutigen, alles Zaudern aufzugeben.
Telegramm.
(Eingetr. 7. Febr. 9 Uhr 25 vorm.)
Swakopmnud, 6. Febr. Die Kompagnie Frank: drang nach heftigem Kampf in Omaruru ein. Der Feind hatte große Verluste, die Deutschen 6 Tote, 11 Verwundete und 7 Vermißte. Feind schließt Omaruru ein. Morgen Abmarsch des Habichtkorps und Ersatzkorps Winkler von Karibik nach Omaruru. Bahn bis Windhuk wieder fahrbar.
Die Arbeiter in der Landwirtschaft.
(Nachdruck verboten.)
Es erscheint angemessen, eine wichtige Tatsache wieder in die Erinnerung zurückzurufen! Während des großen industriellen Aufschwunges in den neunziger Jahren find Arbeiter und kleine Leute vom Lande in Hülle und Fülle in die Judustriebezirke und in die großen Städte gekommen ; sie sind auch zumeist dort geblieben, als nach dem Umschwünge in der Konjunktur die Beschäftigung zurück- giug, und das Angebot von Arbeitskräften die Nachfrage bei Weitem überstieg. Wir wissen, daß sich im vorigen Jahre die Verhältnisse wieder besser gestaltet haben, aber normal find sie bei weitem noch nicht überall geworden. Aus diesen mit wenig bemittelten einzelnen Leuten und Familien angefüllten Bezirken sind in den verflossenen Jahren doppelte Klagen laut geworden. Die Arbeitslosen klagten über Ueberfüllung des Arbeitsmarktes, die städtischen Behörden konstatierten ohne Freude ein andauerndes Anwachsen der Armen- und anderen Lasten, welche eine erhebliche Vermehrung der wenig steuerkräftigen Bevölkerung mit sich bringt. Das find zwei Tatsachen, welche einen Schatten auf dem Hellen Bilde der letzten großartigen Arbeitstätigkeit zeigen.
Die deutsche Reichsregierung ist heute bemüht, den Abschluß von neuen Handelsverträgen zu fördern, welche die industrielle und gewerbliche Tätigkeit, die Beschäftigung der Hunderttausende von Arbeitern in diesem Gebiete sichern. Das ist ihre Pflicht und sic tut Recht daran. Wir haben aber über dem Ziel nicht die Begleiterscheinungen, die sich auf dem Wege bis dahin einstellen können, aus dem Auge zu lassen, und müssen diese sehr ernsthaft würdigen, wenn daraus einem anderen Faktor des Nährstandes besondere Schwierigkeiten erwachsen könnten. Und dieser Faktor ist die deutsche Landwirtschaft! Es wird vielfach angenommen, daß heute allenthalben auf dem Lande Ueberfluß an Arbeitskräften vorhanden sei, aber das ist eine Anschauung, die absolut nicht stimmt. In einer ganzen Reihe von Bezirken ist allerdings der Bedarf einigermaßen gedeckt, in vielen anderen aber nicht, und von einem tatsächlichen Ueberfluß an feiernden Händen ist keinesfalls die Rede, denn, wie schon weiter oben gesagt, die in den neunziger Jahren vom Lande fortgezogen, find meist nicht zurückgekehrt. Personen, die verschiedene Jahre in der Industrie oder gar in Großstädten tätig gewesen sind, find auch schwer wieder an die ganz verschiedene ländliche Tätigkeit zu gewöhnen, die nun einmal nicht fabrikmäßig zu regeln ist. Wir haben deshalb daraus zu achten, daß nicht zu gegebener Zeit eine neue Leuteflucht vom Lande eintritt, welche der Landwirtschaft, den Städten und auch den Industrie-Arbeitern schadet, den Letzteren, indem sie den Wettbewerb' verschärft, de» Städten, in dem sie ihnen nicht leistuugsfähe Elemente zuführt, den Landwirten, welchen sie die Arbeitskräfte raubt.
Die sinkende Neigung, in der Landwirtschaft die Hände zu rühren, liegt nicht, wie so oft gesagt Wied, an der Bezahlung. Der tatsächliche bleibende Verdienst der Landbevölkerung entspricht dem der Jndustriebevölkerung meist, der Grund liegt darin, daß die Lust für die ländliche Tätigkeit sich verringert. In den Städten gibt es ein Pendant dazu : Es ist eine anerkannte Tatsache, daß die Dienstmäd
chen in den Städten sich viel besser stehen, als die Fabrik, arbeiterinoen, aber fast kein junges Mädchen hat, wenn nicht die Eltern ein Machtwort sprechen, Lust, sich in der Hauswirtschaft zu versuchen, Alle ziehen sie die Fabrik vor. Das find Zeichen der Zeit, mit welchen gerechnet werden muß. Gesetzt den Fall, es läge bei der Landwirtschaft wirklich am Lohne, so würden höhere Sätze sofort gezahlt werden, wenn eine Garantie da wäre, diese Mehrausgabe auf den Preis der landwirtschaftlichen Produkte aufschlagen zu können. Dann hätte in diesem Sinne längst etwas geschehen müssen! Aber das ist es nicht, der zutreffende Grund ist bereits genannt. Wir dürfen diese Angelegenheit, eben weil leicht neue Schwierigkelten entstehen können, nicht ans den Augen verlieren, denn eiue Nichtbeachtung würde noch weit schlimmere Zustände herbeifkhren, als sie nach dem letzten Konjunktur-Wechsel sich gezeigt haben.
Deutscher MeichsLag.
* Aerkilt, 6. Febr. Der Gesetzentwurf über die Verlängerung der FriedeuSpräsenzstärke wird in dritter Lesung ohne Debatte endgültig angenommen. Darauf wird die Generaldebatte über den Etat des Rcichsamts des Junern fortgesetzt. Abg. Dr. Rügenberg (Ztr.) kommt auf die Frage der Krankenkassenärzte zurück. Die Aerzte sind im Laufe der Entwicklung zu Arbeitern geworden, die der Willkür der Kassen preisgegeben find. Sie können jederzeit entlassen und durch Kurpfuscher ersetzt werden. Gewiß ist das Gesamteinkommen der Aerzte gestiegen, die Bezahlung der Einzelleistung ist aber durchaus , ungenügend. Den Schaden der jetzigen Ueberlastung der I Aerzte tragen die Versicherten und indirekt die Kassen selbst. Ausdrücke wie „Ausbeuter" find in einer gewissen Presse nichts Seltenes mehr. Die Ausbeuter fitzen aber anderswo, wie diese Presse meint, man brauche nur an vorgekommene Unterschlagungen zu denken. Man sagt, die Forderungen seien unerfüllbar, weil die freie Aerztewahl das Simulanten- tum großziehen würde. Diese Befürchtung nimmt sich geradezu sozialdemokratisch merkwürdig aus. Ich glaube übrigens nicht, daß sie begründet ist. In dem Kölner Aerztestreik hat die Behörde erst eingegriffen, als es den Kassen nicht gelungen ist, Ersatz für die bisherigen Aerzte zu beschaffen. Diejenigen Aerzte, die sich der Kasse zur Verfügung gestellt hatten, gehörten der Hefe des ärztlichen Standes an, und sie waren zum großen Teil mit Zuchthaus und Gefängnis vorbestraft. Bei dieser Sachlage mußten die Aerzte einschreiten, und es ist ungerecht, ihnen deswegen Vorwürfe zu machen. Die Störenfriede find nicht die Aerzte, sondern diejenigen, welche versuchen, die Kassen zum Tummelplätze ihrer politischen Bestrebungen zu machen. (Bebel ruft: „Beweisen Sie das!") Ich habe keine Namen genannt. Redner kritisiert dann die neue Prüfungsordnung für Mediziner in einigen Punkten. Abg. Dr. Mugdan (freis. Bp.) erörtert die Frage der Zusammenlegung der drei Verstcherungsarten. Abg. David (Soz.): Daß die Sozialdemokratie jeden Gegner für einen schlechten Kerl hält, wird durch die einzige Tatsache widerlegt, daß die Sozialdemokratie auf dem Grabe des Abg. Röficke einen Kranz niedergelegt hat. Wenn die Kassenvorstände die Forderungen der Aerzte nicht erfüllen, so tun sie es nicht aus bösem Willen. Wo die Kassen Aerzte angestellt haben, da geben sie ihnen durchaus achtbare Gehälter von 5000 und 6000 Mark. Ich will niemandem den Glauben an den jenseitigen Zukunftsstaat nehmen, wir verlangen aber, daß unbekümmert darum dem Arbeiter schon im Diesseits sein Recht werde. Jetzt wird immer gestritten, besonders im Zentrum, daß das Auftreten der Sozialdemokratie die soziale Reform in Gang gebracht hat; aber kein geringerer als Biscdof Korum hat in Brüssel seinerzeit direkt ausgesprochen, daß die Sozialdemokratie die Veranlassung gewesen ist. Wir wollen einen Bolkskörper, der sich nicht in Besitz und Elend, in Bildung und Unbildung, in Freiheit und Knechtschaft scheidet, sondern einen Bolkskörper von sozial ebenbürtigen Persönlichkeiten. Der zukünftige Gerichtsschreiber wird noch einmal lachen über die Mittel, mit welchen Sie die Sozialdemokratie, die größte Kulturbewegung aller Zeiten, zu bekämpfen suchen. Wir lachen schon jetzt darüber. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Stolle (Soz.) stellt einen Vertagungsantrag, der abgelehnt wird, und bespricht dann ausführlich den Krimmitschauer Ausstand. Wenn die Arbeiter dort auch materiell unterlegen seien, hätten sie doch moralisch gesiegt. Sächs. Bundesbevollmächtigter Dr. F i s ch e r : Professor Bochmert habe lediglich als Privatmann einen Einigungsversuch in Krimmitschau unternommen. Er, Redner, habe niemals Partei für die Arbeitgeber ergriffen und auch nicht gesagt, daß Krimmitschauer Aus-