Aernsprecher Hlr. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage Der Sonntags- Gast-.

Bestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk u- Nachbarortsverkehr Mk. 1.1b, außerhalb Mk. 1L°.

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Einrückungs- Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 6 Pfg. auswärts je 8 Pfg. die ein­spaltige Zeile oder deren Raum.'

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen.

I Man abonniert auswärts auf dieses Blatt I Bekanntmachungen aller Art finden die er- ! 1904

j bei den K. Postämtern und Postboten. AdUlNlUI- O. ! folgreichste Verbreitung. >

Amtliche»

Bekanntmachung der K. Baugewerkschule, die Anmeldung betreffend

Die Anmeldungen für das Sommersemester haben vor dem 1. März zu erfolgen. Später eiatreffende Aufnahme- gesuche haben keinerlei Anspruch auf Berücksichtigung.

Walter.

Im Falle genügender Beteiligung werden an den Schlachthäusern in Stuttgart, Heilbronn und Ravensburg demnächst vierwöchige UnterrichtSkucse für Fleischbeschauer abgehalten werden. Der Beginn des Kurses ist für Stuttgart auf 11. Februar,

Heilbronn 15. Februar,

Ravensburg >8. Februar in Aussicht genommen. Die Gesuche um Zulassung find alsbald an Stadtdirektions- und I. Stadltierarzt Kösler in Stuttgart bezw. Stadttierarzt Hohl in Heilbronn bezw. Oberamtstierarzt Dentler in Ravensburg einzureichen. Be­merkt wird, daß zu der im Anschluß an den Ausbildungs- kurs stattfindenden Prüfung nach den Prüfungsoorschriften für Fleischbeschauer (Bundrsratsbestimmungen L vom 30. Mai 1902) nur solche Bewerber zugelassen werden, welche 1) daS 23. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht überschritten haben, 2) körperlich tauglich, insbe­sondere ihrer Sinne sind, und bezüglich deren keine Tat­sachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nachsuchen­den in Bezug auf die Ausübung des Berufes als Fleisch­beschauer dartun. Die Einberufung der Gesuchsteller wird durch den Leiter des Unterrichts schriftlich erfolgen.

Stuttgart, den 27. Januar 1904.

Nestle.

Aus Detttsch Südwestafrika.

* Aerli«, 3. Februar. Der Kommandant desHa­bicht" meldet aus Swakopmund : Windhuk und Okahandja find durch die Kompagnie Franke mit zwei Geschützen ent­setzt worden, letzterer Ort an Kaisers Geburtstag ohne Ver­luste. Am 28. Januar wurde nach sechsstündigem Gefecht das Hauptlager des Feindes am Kaiser Wilhelmberg bei Okahandja gestürmt, wobei es vier Verwundete gab. Es fand ein allgemeiner Rückzug mit allem erbeuteten Vieh in die Otjisangatiberge statt. Der Feind verwüstete sämtliche Farmen und Bahnhöfe im Distrikt Windhuk und Oka­handja und teilweise auch im Distrikt Karibib, desgleichen die Kaserne der Gebirzsbatterie in Johann-Albrechtshöhe. Die bisher bestätigten Verluste sind: Ermordet und meist verstümmelt 44 Ansiedler, Frauen und Kinder, gefallen 26, außerdem voraussichtlich 50 tot. Gobabid ist seit dem 16. Januar belagert. Der Marsch auf Omaruru wird morgen angetceten.

* *

* Die Ereignisse in dem Aufstandsgebietc haben nun tödlich die sehnlichst erwartete Wendung genommen. Die Schutztruppe ist noch vor Eintreffen der Verstärkungen in der Lage gewesen, die Offensive zu ergreifen und das Haupt- lager des Feindes bei Gkahaudja zu erstürmen, womit die Militärstationen entsetzt und die Hereros zum allgemeinen Rückzug gezwungen wurden. Der Abzug der Feinde von Otjimbingwe ließ schon vermuten, daß eine Eatsatztruppe von Süden her heranrücke, die vor allem auch das fehlende Geschütz brachte. Sobald auch Windhuk und Okahandja auf diese Weise frei wurden, war der größte Teil der Be­satzungen jede dieser Garnison hatte über 200 Mann zu gemeinsamen Operationen mit der Kompagnie Franke (Franke ist Oberleutnant der Schutztruppeu) verfügbar, und hat anscheinend an dem Kampfe bei Okahandja teilgenom- meu. sodaß die Zahl der deutschen Kämpfer damit für einen starken Vorstoß ausreichte, aber doch wohl nicht groß genug war, um den Feind mit vollem Nachdruck zu verfolgen. Die eigentliche Gefahr für das Schutzgebiet dürfte damit, zumal nun auch die Unterwerfung der BondelzwartS vollzogene Tatsache ist, beseitigt sein, vor allem auch die Gefahr, daß sich noch andere Eingeborenenstämme erheben.

Tagespolitik.

Wir haben is Deutschland rund 13 Millionen gesetz­lich Versicherte, und für diese müssen eine Viertelmillion Beamte gehalten werden. Nicht weniger als 25 Millionen Mark Berwaltungskosten müssen die gegenwärtig bestehenden 23,000 Kraukeukaffen, 113 Berufsgenosfenschaften mit 930 Sektionen, 31 Landesversicherungsanstalten und 7000 Bei­trags-Einziehungsanstalten jährlich aufbringen. Das Ge- Werbe-Unfalloerstchernngsgesetz, das Unfallverfichernngsgesetz

für Land- und Forstwirtschaft, das Bau-Unfallversicherungs­gesetz, das See-Unfallversicherungsgesetz, das Jnvalidenver- sicherungsgesetz und das Krankenversicherungsgesetz erfordern jedes zu ihrer vollständigen Beherrschung die Kenntnis eines Buches vom Umfang der Bibel; die dazu gehörigen Be­kanntmachungen, Verordnungen, Hilfstabellen, Verzeichnisse, Formulare, Rundschreiben, Anleitunoen und vor allem die Legion von Entscheidungen, welche die Instanzen allerdings oft über die nichtigsten Sachen gefällt haben, alles dieS füllt eine kleine Bibliothek und kann in Bänden vom Um­fang des Meyer'schen und des Brockhaus'schen Konversations­lexikons zusammengenommen, kaum untergebracht werden. Angesichts dieser Verhältnisse ist es begreiflich, wenn immer wieder laut nach Vereinfachung und Zusammenlegung der drei Versicherungen gerufen wird.

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Nach allen Privatnachrichten, welche sich über diesen Punkt genauer auslasseu, als die offiziellen Meldungen, haben die aufständischen Hereros eine sehr beträchtliche An­zahl von Vieh und anderen Wertgegenständen aus den ge­plünderten deutschen Farmen geraubt. Wie viel Personen aus den Reihen dieser friedlichen Ansiedler ermordet worden sind, ist heute noch nicht mit vollster Sicherheit festgestellt worden, denn es bleibt immer noch zu hoffen, daß von den als vermißt Gemeldeten ein Teil sich hat verbergen und somit retten können. Daß die Hereros auch jetzt noch, wo ihnen schon bekannt sein muß, daß die Zeit der Strafe herangekommen sein dürfte, sich in Masfacrrs ergehen, wo sich ihnen Gelegenheit dazu bietet, ist nicht anzunehmen; sie wissen, daß die ihnen zu erteilende Lektion sich darnach noch schwerer gestalten würde. Vor allem haben diese Räuberbanden auch jetzt das Bestrebe», die fortgeführten Biehheerden in Sicherheit zu bringen; würden die Tiere ihnen wieder verloren gehen, so wäre ja der ganze Auf­stand umsonst gewesen, und hieraus erklärt sich zweifelsohne auch das Zurückweichen von den einzelnen deutschen Sta- ! tiouen. Damit ist das Aergste überftanden, und da nun­mehr auch die Truppensendungen einander rasch folgen, wird dasAufräumen" ungesäumt und ohne lange Unter­brechung von Statten gehen können.

* *

»

Wie die Tagesblätter berichten, beschäftigt man sich bereits mit der Bestrafung der Hereros. DieOst- preußische Zeitung" will von wohlunterrichteter Seite er­fahren haben, daß man in den maßgebenden Kreisen der Kolonialverwaltung über die Maßnahmen, die die Bestrafung der Hereros in besonders exemplarischer und wirksamer Weise betreffen, einig sei. Es heißt darüber: In erster Linie wird der reiche Viehbestand der Hereros dazu benutzt, um den beraubten Farmer« aufzuhelfen. Man wird das Vieh au sie und dann an die übrigen Ansiedler ver­teilen. Ferner muß die durch Schutzverträge garantierte halbe Souveränität der Häuptlinge vernichtet werden. Die Hereros verlieren dann auch das Eigentumsrecht an Grund und Boden. Das Land geht an den Fiskus über. Die Ansiedler müssen sich also behufs Ankauf von Herero-Land in Zukunft an diesen wenden. Hierdurch hofft man einen Teil der Krie gskosten decken zu könne». Als Strafe aber wird die energische nnd rücksichtslose Heranziehung der Hereros zu öffentlichen Arbeiten bezeichnet. Man muß sie fest herannehmen und sie nicht für Lohn, sondern nur für Kost und Bekleidung arbeiten lassen. Auch hierdurch würde mau erhebliche Er­sparnisse erzielen. An Arbeiten wird nach dem Auf­stande gewiß kein Mangel sein. Außer der Wiederher­stellung der zerstörten Bauten usw. kämen noch besonders Damm- und Eisenbahnarbeiten in Betracht. Diese Art Strafe wäre besonders deshalb eine passende, weil sie jeder einzel­nen Person des Stammes tüchtig fühlb ar wird. Man glaubt und das mit vollem Recht daß die geplanten Maß­nahmen besser als die sonst beliebte Erschießung der Rädels­führer wirken werden und eine neue Erhebung für später völlig ausschließen.*

Deutscher Weichstag.

* Aerkt«, 3. Februar. Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Gesetzes über die Friedenspräsenz­stärke. Abg. Böckler (Antis.) wünscht die Vermehrung der kleinen Garnisonen. Die Landbevölkerung werde jetzt künstlich in die großen Städte gezogen und die Landflucht dadurch vergrößert. So komme es denn, daß in Berlin zehntausende von Menschen unbeschäftigt seien, während auf dem Lande die nötigsten Arbeiten «icht getan werden könn­ten. Wenn die Reservisten entlassen werden, müßte man sie zunächst nach Hause befördern, dann erst müßte die Dienstzeit zu Ende sein. Sind die jungen Leute erst ein­

mal zu Hause, dann bleiben sie vielleicht dort. Bor allem aber müßten wieder mehr kleine Garnisonen eingerichtet werden, namentlich im Osten, der von Polen und Juden schwer bedroht sei. Könitz habe ja Militär bekommen, als die dortige Bevölkerung in gerechter Entrüstung über ge­heimnisvolle Morde aufing, weniger friedlich zu fein. Wenu aus solchen Gründen kleinere Städte Garnisonen erhielten, so könnte man auch allgemein etwa in jede Kreisstadt Mili­tär legeu. Abg. M ü l l e r - Saga« (frs. Vp.) erklärt, daß seine Freunde, ebenso wie sie 1898 gegen das ursprüngliche Gesetz gestimmt hätten, jetzt gegen die Verlängerung stimmen würden, zumal die zweijährige Dienstzeit noch immer nicht gesetzlich festgelegt sei. Abg. Wallau (natl.) wünscht ebenfalls die Schaffung möglichst vieler kleiner Garnisonen. Abg. v. Czarliuski (Pole) protestiert dagegen, daß die östlichen Provinzen durch die Polen bedrängt seien. (Der Redner wird vom Präsidenten Graf Ballestrem zur Ord­nung gerufen, als er behauptet, die polnischen Provinzen seien durch Spitzbübereien in preußische Hände gelangt.) Das Gesetz wird darauf angenommen. Es folgt die erste Lesung des Gesetzes über die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft. Staatssekretär Dr. Ni eber­ding weist auf die Schwierigkeit der Materie hin, die die Verzögerung des Entwurfs verursacht habe. Der Entwurf sei gewiß noch nicht vollkommen, verbesfere aber die Rechts­lage der Untersuchungsgefaugenen in einer Weise, wie es in keinem anderen Lande der Fall sei. Gelingt es zu einer Verständigung zu kommen, so wird das einen Kaltnrfort- schritt bedeuten, der in gleicher Weise in keinem andere» Lande gemacht worden ist. Abg. Mommsen (freis. Bgg.): Die Lösung, welche die Regierung gefunden hat, entspricht nicht dem, was wir unter einer wirklichen Gerechtigkeitspflege verstehe». Die Grundzüge von 1898 find in dem jetzigen Entwurf bedeutend verschlechtert. Man hätte in den fünf Jahren doch etwas weiter kommen können. I« den vieles Fällen, wo es zu keiner öffentlichen Verhandlung kommt, sondern das Verfahren durch Gerichtsbeschluß beendet wird, wird es für das Gericht häufig ganz unmöglich sein, die Unschuld des Verhafteten festzustellen. Dem Richter wird eben etwas zugemutet, was er gar nicht leisten kann. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit würde am bestes aus dem Gesetz wieder ausgemerzt. Praktisch wird dieser Paragraph doch keine große Bedeutung erlangen. Das schlimmste ist die Einfügung des Begriffes der guten Sitte i« das Gesetz. Hier wird ein Begriff aus dem Zivilrecht in das Strafrecht eingeführt, der außerordentlich kautschukartig ist. Auch im Zivilrecht bietet der Begriff der guten Sitte viel Schwierig­keiten. Im Strafrecht würde es viel schlimmer sein. Soll­ten die bestehende» Bestimmungen doch bestehen bleiben, so muß wenigstens der rechte Weg zu solchen Beschlüssen offen bleiben. Daß man jemanden, der im Zuchthaus gesefsen hat, von der Entschädigung ausschließen will, verstehe ich, doch ist mir unklar, weshalb man dazu auch Personen rech­nen will, die wegen Vergehen und Ueberschreitungen ver­urteilt find. Keinen Grund sehe ich ein, die Entschädigung zu versagen, wenn es zu keinem gerichtlichen Verfahre» ge­kommen ist. Diese Leute, die selbst der Staatsanwalt für unschuldig hält, müßten doch gerade entschädigt werden, zumal die staatsanwaltschaftliche Haft vier Wochen dauern kann. Die erste Aufgabe der Kommission würde sein, die Forderung, daß die Unschuld des Gefangenen erwiesen wird, aus dem Gesetz zu entferne». Abg. Gröber (Ztr.): Die Vorlage bedeutet einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem geltenden Recht. Wir haben aber gegen Einzelheiten eine Reihe von Bedenken. Durch die Begründung der Vorlage bekommt man den Eindruck, als ob es der nor­male Zustand des Menscheu sei, eingesperrt zu werden. (Heiterkeit.) Es würde menschlich sehr naheliegend sein, daß nach der Regelung ein Richter sich sagte: Ich er­kenne auf ein non liguot. Dann wird dem Staate auch die Eatschädigungspflicht erspart." (Oh! rechts.) Staats­sekretär Nieberdisg weist entschieden die Behauptung zurück, daß bei den Äusuahmen, die in der Vorlage ent­halten sind, fiskalische Interessen maßgebend gewesen seien. Abg. Hagemauo (uatl.) weist die Insinuationen des Abg. Heine zurück, daß ein deutscher Richter a«8 fiska­lischen Gründen auf ein non lignot erkennen könne, wenn er der Ueberzeugung sei, daß der Angeklagte unschuldig sei. Abg. Müller-Meiningen (Fr. Bpt.): Im Prinzip be­grüßen wir die Vorlage, im einzelnen haben wir die größ­te» Bedenken. Nachdem noch verschiedene Abgeordnete ge­sprochen, vertagte sich das Haus auf Donnerstag.

LandesnachrichLen.

* Aohrdsrf. Mittwoch nachmittag wurde eine schwer­hörige ledige Frauensperson, welche das Gleis überschreiten