Jeru sprechet Nr. 11.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast«.
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Nr. 17.
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Dienstag- 2. Jebruar
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1904.
««Mches
Am 15. Februar 1904 vormittags 10 Uhr findet im Dienstgebäude des Beziikskommandos Calw die ärztliche Untersuckung derjenigen Bolksschullehrer und Kandidaten des Bolksschulamts, welche sich im militärpflichtigen Alter befinden und am 1. April 1904 zur Ableistung ihrer einjährigen Dienstzeit eintreten wollen, statt.
Verliehen wurde dem Kommerzienrat Arthur Junghans in Schramberg der Titel eines Geheimen Komme rzienrats._
Uevertragen wurde die erste Schulstelle in Calmbach, Bez. Höfen (Neuenbürg), dem Schullehrer Luther in Loffenau.
^ Wird in Ostafien Krieg?
Japan klappert mit der Geldbüchse. Bon einer „inneren« Millionen-Anleihe wird gesprochen, freilich mehr aas Notwendigkeit, als aus rechter Herzensfreude, denn die Regierung von Tokio muß im Innern, im eigenen Lande Geld aufznbringen suchen, weil sie im Auslande nichts bekommt, und die Mittel für einen möglichen Feldzug werden als selbstverständlich vorhanden bezeichnet. Grund und Boden soll mit einer verdoppelten Steuer belastet werden, und der Patriotismus der Japaner wird alles das, so versichert man, mit Bereitwilligkeit ertragen. Darnach könnte der Krieg also zweifellos erscheinen, wen» Rußland nicht bis zum letzten Tipfelchen auf dem i nachgiebt. Es könnte aber nur so scheinen, nicht: es müßte so sein, denn in Wahrheit liegen die Dinge doch sehr erheblich anders, als die junge ost- afialische Großmacht es darstellt. Sie liegen nämlich so, daß Japan bei einer nur einigermaßen verlängerten Kriegsdauer rettungslos dem Staatsbankrott verfallen muß, und das ist für das noch nicht ganz vierzigjährige moderne Staatswesen eine viel abschreckendere Aussicht, als der Krieg verlockend ist.
Der Patriotismus der Japaner ist groß, sie sind kriegseifrig und werden für einen Feldzug gegen Rußland gern hergeben, was sie haben. Aber das ist leider nicht viel und Kriegführen ist, bei den modernen Waffen, bekanntlich sehr teuer. Im Kriege gegen das wurmstichige China ging die Geschichte ziemlich glatt, aber Rußland ist kein China, die Unkosten eines Feldzuges gegen die Armee des Czaren würden mindestens zwanzig- bis dreißigmal höher sein, als im Chinafalle. Japan ist seit noch nicht 40 Jahren ein moderner Staat. Nun darf aber um Alles in der Welt nicht gedacht werden, daß sich in dieser kurzen Zeit auch ein großes Nationalvermögen herausgebildet hat, welches für Extra-Ausgaben, wie ein Krieg sie bedeutet, ein festes Rückgrat bildete. Davon kann gar keine Rede sein. Das Leben in Japan, wie die Arbeitskräfte sind außerordentlich billig, besonders Frauenarbeit kostet nach unseren Begriffen so gut wie nichts, m,d so hat sich eine enorm billig Produzierende japanische Industrie herausbilden können, gegen die europäische und amerikanische Artikel immer weniger auf- zukommen vermögen. Diese Entwickelung ist vorhanden, sie bedeutet aber noch keine beträchtliche Kapitalien-Aufsamm- lung. Und mit dem Wert, der in den Häusern steckt, steht es noch schlechter. Die leichten japanischen Häuschen, mit ihren von jeder Einrichtung in unserem Sinne baren Zimmern und ihren Papierwänden, haben im europäischen Sinne überhaupk keinen großen Wert. Es ist ganz gut, wenn die japanische Regierung von Anleihen und Abgaben spricht, aber wo stecken die Werte dafür? Eine große Verteuerung des Lebens durch solche Kriegs-Ausgaben würde zur umfassendsten Kreditwirtschaft zwingen, doch wo bleibt die Sicherheit? Aus der Luft kann man sie nicht nehme», das Ende wäre ein Krach, den selbst ein Sieg im Kriege nicht wettmachen würde.
Europa's Sympathien können in diesem Kriege nur auf russischer Seite stehen, denn, so wenig Rußland i« Europa vorbildlich ist, in Asien hat es in kultureller Beziehung Großes geleistet, das beweist die Zufriedenheit der Bevölkerung. Japan ist noch kein Kulturvolk, wie Rußland, der äußere Schliff ist nur bei einem kleinen Teil der Bevölkerung vorhanden, die große Menge ist grausam und sittenlos und nicht viel besser, wie die Chinesen. Dem Christentum stehen die Japaner fast ebenso feindlich gegenüber wie die Langzöpfe. Und am Ende verlangt Rußland auch nichts Unbilliges. Mit schweren Opfern an Geld und Menschen hat es die weiten Gebiete bis nach Ostasien einer gewissen Civilisation gewonnen, eS ist eigentlich selbstverständlich, daß es diese Erwerbungen gesichert, nicht gefährdet sehe« will. Japan's eigentliches Machtgebiet anzutasten, liegt ihm fern. Natürlich bleiben wir streng neutral, aber wir hoffen, daß dieser Krieg unterbleibt, der tatsächlich unnötig ist.
Deutscher Weichstag.
* Aerki«, 29. Januar. Weiterberatung des Etats des
Reichsamts des Innern. Abg. Lehmann (natl.) Der Crimmitschauer Streik sei von langer Hand vorbereitet gewesen und hatte für die Sozialdemokratie die Bedeutung einer Machtfrage. Die dortigen Arbeiter lebten nicht schlecht, doch wollten die sozialdemokratischen Führer keine Zufriedenheit aufkommen lassen. Nicht die Weihnachtsfeier sei verboten worden, sondern die sozialdemokratischen Reden dazu. Eine Weihnachtsfeier mit Fischer-Berlin als Festredner, das gäbe eine nette Bescherung. (Heiterkeit.) Aus der Kirche seien nur wenige ausgetreten, weil, wie die meisten sagten, der Austritt nach Weihnachten keinen Zweck habe. Der Crimmitschauer Pfarrer habe alles, was in seinen Kräften stand, getan und nun sei gesagt worden, es gäbe keine Infamie in der Geschichte, über die ein Pfaffe nicht seinen Segen gesprochen habe. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Präsident Graf Balle st rem verbittet sich solche empörende ZnstimmungSrufe. Abg. Lehmann: Die Crimmitschauer Fabrikanten haben sich mit dem Widerstand gegen einen leichtfertigen, frivolen Streik Dank verdient. (Beifall.) Abg. Gräfe (d.-soz. Refp.) schließt sich den Ausführungen des Vorredners bezüglich des Streikes in Crimmitschau an. Die dortigen Behörden hätten ihre Pflicht getan. Es gebe eben noch andere Interessen, als die der Arbeiter, nämlich das aller Staatsbürger an Ruhe und Ordnung. Es gebe keinen Politischen Mord und kein politisches Verbrechen, das nicht von den Sozialdemokraten verherrlicht worden wäre. Der Präsident rügt diesen Ausdruck Gräfes. Abg. v. Gerl ach (ntl.) wünscht Ausdehnung der Krankenversicherung auf die Dienstboten und Berücksichtigung der ländlichen Arbeiter, die an den modernen Segnungen der Gesetzgebung keinen Anteil hätten, zumal nicht am Koalitionsrecht. In Crimmitschau hätten die Fabrikanten Unrecht getan, Einigungsversuche abzulehnen. Gerade daS Bersammlungsverbot gegen die Arbeiter, von ihrem Koalitionsrechte Gebrauch zu machen, habe Ausschreitungen in Crimmitschau verursacht. Abg. Dr. Be um er (natl.): In Crimmitschau habe es sich darum gehandelt, ob in der Fabrik die Gewerkschaft oder der Arbeitgeber Herr sein solle. Die Einführung des zehnstündigen Arbeitstages sei bedenklich. Deutschland habe es nicht nötig, sich in das sozialpolitische Automobil zu setzen, während andere Staaten noch nicht einmal im politischen Omnibus säße». Abg. Fraesdorf (Soz): Es gebe hente Menschen genug, die garnicht arbeiten und doch ganz anständig lebten. Der Zehnstundentag würde der Crimmitschauer Industrie nicht geschadet haben. Die Mehrheit sei unverbesserlich. Die Arbeiter verlangten von der Sozialreform eine kräftige Kost, nicht die Bettelsuppe des Abg. Hitze. (Lebhafter Widerspruch im Zentrum.) Präsident Graf Ballestrem bittet, die Zurufe zu unterlaffen, da Redner jedenfalls den festen Willen habe, nicht kurz zu reden. (Heiterkeit.)
* Aerkiv, 30. Jan. Auf der Tagesordnung steht die Interpellation Trimborn betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse der Berufsvereine und die Errichtung von Arbeiterkammern. Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt sich zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit. Trimborn (Ztr.) begründet die Interpellation und führt aus, wenn die verbündeten Regierungen in ihrer bisherigen Untätigkeit auf dem durch die Interpellation berührten Gebiete verharren, würden sie das Vertrauen der deutschen Arbeiterschaft verlieren, auch des nichtsozialdemo- kratischen Teiles derselben. Notwendig sei unter allen Umständen der Ausbau des Koalitionsrechtes und des Organi- sationSrechtes. Nur eine Schranke müsse dabei errichtet werden, nämlich die Aafrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Im Zusammenhang damit fordere seine Partei ein freiheitliches Versammlungsrecht. Durch die Landesgesetzgebungen wurden den Vereine» außerordentlich lästige Beschränkungen auferlegt, wie der Ausschluß weiblicher Arbeiterinnen von Len Fachvereinen, Einreichung der Mitgliederliste beiden Behörden. Ein fernerer Uebelstand sei das Ueberwachungs- u«d Auflösungsrecht der Polizeiorgane gegenüber den Arbeitervereinen, während die Versammlungen von Unternehmern selten durch Polizeibeamte überwacht werden. Auch die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine sei durch daS bürgerliche Gesetzbuch noch nicht gewährt. Es gebe immer noch weite Kreise, die die Arbeiterschaft nicht als gleichberechtigten wirtschaftlichen Faktor betrachten. Ist der Reichskanzler bereit, sich von den Banden, die ihn mit diesen Kreisen verbinden, zu befreien : Die Arbeitskammer», aus Arbeitern und Arbeitgeber« zusammengesetzt, lassen sich vielleicht durch den Ausbau der Gewerbegerichte erreichen. Die Andeutungen der Thronrede scheine« günstig für uns. Wir erwarten Arbeiten im großen Stil, keine Flickarbeit. Hinaus auf die hohe See, in das Fahrwasser der Freiheit trotz Seekrankheit und
Stürmen! (Heiterkeit. Lebhafter Beifall.) Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt: Die verbündeten Regierungen sind grundsätzlich nicht abgeneigt, die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine der unter die Gewerbeordnung fallenden Arbeiter und Arbeiterinnen anzuerkennen. Die verbündeten Regierungen gehen aber hiebei von der Auffassung aus, daß in eine derartige Gesetzgebung die Arbeiter in den Reich-- und Staatsbetrieben und gewissen öffentlichen Anlagen, welche Aufgaben der Allgemeinheit dienen, nicht einzubegreifen sind. Die verbündeten Regierungen gehen von der Ansicht aus, daß bei einer derartigen gesetzlichen Regelung Vorsorge zu treffen ist, daß auch die Minderheiten ausreichend geschützt find, und daß die Berufsoereine, welche die wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter vertrete« sollen, sich dieser gesetzlichen, statutarischen Grundlage nicht entziehen dürfen. Die verbündeten Regierungen sind bereit, auf dieser Grundlage die Arbeitervertretungen weiter auszubauen. Bezüglich eines ReichsarbeitsamteS kann es sich nur darum handeln, die arbeitsstatistische Abteilung des Statistischen Amts zu einer selbständigen Behörde unter dem ReichSamt des Innern zu machen. Auf Antrag Gröbers (Ztr.) tritt das Haus in die Besprechung der Interpellation ein. Legieu (soz.) nimmt das Wort. Er fordert die politische und wirtschaftliche Gleichberechtigung der Frauen. Unrecht sei es, den Arbeitern in den Staatsbetrieben den Segen der Organisation vorzueothalte«. Als der Redner einige gerichtliche Urteile kritisiert und behauptet, man könne bald zu der Ueberzeugung kommen, daß Richter an epidemischen Gehirnkrankheiten leide, wird er vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Ebenso der Abg. von Oertzen (kons.), der dem Redner Unverschämtheit z»- gerufen hatte. Als Legien fortfahrend auf den Crimmitschauer Streik eingehen will, wird er vom Präsidenten zur Sache gerufen. Staatssekretär Graf Posadowsky: Die Einzelstaaten seien, solange kein allgemeines BereinS- gesetz bestehe, eher in der Lage, ihre Vereinsgesetze abzu- änder« als neue zu erlassen. Abg. Dr. Hieb er (natl.) ; Seine Partei sei von den Erklärungen der Regierung befriedigt. Abg. von Nicht Hofen-Dahmsdorf (kons.): Eine Ausdehnung des KoalitionSrechtes auf die ländlichen Arbeiter sei absolut von der Hand zu weisen. Abg. Ablaß (freis. Bp.) In Staatsbetrieben sollten die Arbeiter das Recht erhalten, sich zu koaliere», da sie ein Gegengewicht gegen die sozialdemokratisch organisierten Arbeiter bilden könnten. Abg. von Karsdorff (ReichSP.): Die Regierung glaube wohl, sich durch ihre Sozialpolitik das Vertrauen der Arbeiter und des ganzen Volkes zu erwerbe«. DaS Vertrauen des Volkes hänge aber mehr an der starken Persönlichkeit; so habe zur Bismarckszeit das Volk stets mit Vertrauen nach der Regierung geblickt. Die Regierung solle die im Sinne der Interpellation geplanten Vorschläge bald veröffentliche», damit das Land die Vorschläge prüfen könne. Es sprechen noch dieAbgg. Brejski (Pole) und Stöcker (wirtsch. Ver.), nach dem auch die christlich-sozialen Arbeiter das Koalitionsrecht wünschen. Abg. Posthoff (freis. Vgg.) ist für ein einheitliches Vereins- und Versammlungsrecht. Abg. Trimborn (Zentr.) ist von den Erklärungen des Staatssekretärs insofern nicht befriedigt, als die Arbeiter in den Staatsbetrieben eine Ausnahmestellung erhalten sollen. Er habe aber zu dem Staatssekretär daS Vertrauen, daß er au der Hand der heute vorliegenden Gesichtspunkte das Material wohlwollend behandle. Nach persönlichen Bemerkungen vertagt sich das Haus auf Mittwoch.
Landesnachrichten.
:?: Spiekverg, 80. Jan. Bei der heute stattgefundenen wiederholten Gemeinderatswahl sind gewählt worden: Christian Braun, Fuhrmann, mit 62, Johann Bühler mit 44 Stimmen; weitere Stimmen erhielten : I. G. Mohrhardt 41, I. M. Theurer 22 Stimmen. Die übrigen Stimmen zersplitterten sich.
-n. Spiekverg, 31. Jan. Die Masernkraskheit ist auch in hiesiger Gemeinde so stark unter den Kindern, verbreitet, daß infolge davon die hiesige Schule bis auf weiteres geschlossen werde» mußte.
* Stuttgart, 30. Jan. Die Stuttgarter Stadtverwaltung hat eine Hilfsaktion der württembergischen Gemeinden für Aalesund eingeleitet. Das Stadtschultheißeuamt erläßt einen Aufruf an die Gemeinden, in dem diese zur Leistung eines Beitrages aufgefordert werde«, der auf 1 Pfennig pro Kopf der Bevölkerung bemessen werden soll. Der Stuttgarter Gemeiuderat hat demgemäß einen Beitrag von 1800 Mk. bewilligt.
* Kßkiuge», 28. Jan. (Ein Arbeiterdichter.) Karl Weiland von hier, der Verfasser der „Lieder eines Arbeiters", hat von dem preußischen Gesandten in Stuttgart, Grafen