Fernsprecher Mr. 11.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast«.
Bestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk ». Nachbarortsverkehr Mk. 1.15, außerhalb Mk. 1.35.
Wr. 12.
ündllntertialtungFblatt
MAtSblall für
Emrückuugs- Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal. je 6 Pfg. auswärts je 8 Pfg. die einspaltige Zeile oder deren Raum.
Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.
Sonntag, 24. Januar
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
! 1904.
Der Aufstand in Deutsch Südwestafrika.
Die Zusammensetzung des Expeditionskors ist wie folgt bestimmt worden: Marine-Jnfanterie-Bataillon. Es werden gebildet: 4 Kompagnien zu je 125 Mann. Die Maschinenkanonenabteilung der 2. Matrosendivifion besteht aus acht 3,7 Zentimeter-Geschützen. 5 Leutnants. Bedienungsmannschaften : 8 Unteroffiziere, 32 Mann, 2 Büchsenmachermaate der 2. Werft-Division. Signalpersonal: 3 Signalmaate, 9 Signalisten. Sanitätskolonne: 4 Aerzte, 2 Sanitätsmaate. 2 Obersanitätsgasten, 24 Krankenträger. Proviant- und Materialien-Depot an Bord des Dampfers. Der Ersatz der Laudungsabteiluug des Kanonenbootes „Habicht": 3 Leutnants und 69 Mann der Ostseestation. Für dieses Detachement werden mitgcgeben: 8 Millimeter Maschinengewehre in Landungslafette mit Munition und Zubehör.
Zum Chef sämtlicher militärischer Operationen in Südwestafrika wurde Oberst Dürr, der Inspektor der Marineinfanterie ernannt. Folgende Offiziere find in die Schutztruppe neu eingetreten: Major von Eftorff vom 35. Infanterieregiment, Hauptwann von Oertzen vom 2. Feldartillerieregiment, Oberleutnant von Lekow und Leutnant Schwengberg.
Vom Aufstandsgebiet liegen folgende Nachrichten vor: Owamboleute brachten einen Brief des Wagenbauers Zie- bers nach Swakopmund, durch den die bereits früher gemeldete Belagerung von Omaruru bestätigt wird. Die he- liographische Verbindung nach diesem Orte ist unterbrochen. Auch wird die Plünderung Eliro's, etwa 25 Kilometer nördlich von Karibib, gemeldet. Das Kanonenboot „Habicht" ist am 18. Januar abends in Swakopmund eingetroffen und entsandte am 19. zwei Offiziere, einen Arzt und 52 Mann, sowie ein Maschinengewehr und zwei Revolverkanonen nach Karibib, wo die Expedition glücklich eingetroffen lst. Ein später eingelaufenes Telegramm meldet die Entsendung von noch 29 Mann vom „Habicht" nach Karibib unter dem ersten Offizier mit einem Maschinengewehr und einer Re- volverkanone. Es soll, wenn möglich von Karibib ein Vorstoß versucht werden. Frauen und Kinder kommen von Karibib nach Swakopmund.
Die Familie des Hauptmanns Francois ist in Wind- hoek in Sicherheit.
* * *
*
Die Hereros, welche jetzt im deutschen Schutzgebiet in Südwestafrika im Aufstande begriffen find, schildert Dr. K. Marloth in Reisen in Deutschafrika folgendermaßen: Der Herero nennt den Europäer „otyirumbo", d. h. weißes Ding, und gebraucht im Gespräch mit seinesgleichen von uns das Wort „mutua", d. h. Sklave. Der Herero glaubt, daß es da „hinter dem Kap" keine Rinder gibt und wir nun zu ihm kommen, um doch einmal ein ordentliches Stück Fleisch essen zu können. Die Hereros find reich an Rindern; einzelne Häuptlinge besitzen Wohl über 10 000 Stück. „Was ist", so fingen sie ihren Häuptling an, der König von England, was ist der Kaiser Wilhelm gegen dich, Ma° harero, den ersten aller Fürsten? Haben sie so viele tausend Rinder wie du? Nein! Wer ist also mächtiger als du?" Nach dem ersten Schutzvertrag vom Oktober 1885, welchen Kamaherero mit dem Kommissar des Deutschen Reiches abgeschlossen batte, übernahm der Sergeant eines Berliner Regiments die militärische Ausbildung der Herero gegen ihre Feinde, die Namas; er bediente sich bei dieser Gelegenheit der typischen Sprache seiner Garnison und es machte mir ungemeinen Spaß, aus einem Hereromunde die meinem Ohre längst fremd gewordeuen Worte zu vernehmen : „Wat ick mir dafor koofe." Alle Wohlhabenden unter den Hereros besitzen Hinterlader allerbester Sorte, hauptsächlich Martini-, Henri-oder Zündnadel- und Mausergewehre. Aber zwei Eigenschaften fehlen ihnen, um sie für Weiße zu gefährlichen Gegnern zu machen, nämlich Mut und Disziplin. Hat man einige leichte Kanonen zur Verfügung, dann kann man das ganze Hererovolk über alle Berge jagen.
Deutscher Weichstag.
* Aerkia, 21. Jan. Der Präsident erbittet und erhält die Bevollmächtigung, dem Kaiser zum Geburtstag die Glückwünsche des Hauses zu übermitteln. In der fortgesetzten Beratung der Gesetzentwürfe betr. die Kaufmannsgerichte spricht Dove (fr. Vgg.) seine Zustimmung zu der Vorlage aus, die aber nur ein Notbehelf sei und bezüglich deren Ausgestaltung noch sehr gewichtige Bedenken obwalten. Den Anschluß der Kaufmannsgerichte an die Gewerbegerichte empfehle die Regierung wohl, um die Kosten der Einrichtung den Kommunalverwaltungen anfzubürden. Für die Wahlen empfehle sich daS allgemeine Wahlrecht, die Herabsetzung des wahlfähigen Alters auf 21 Jahre und die Ber-
> leihung des Wahlrechts und der Wählbarkeit an das weibliche Geschlecht. Die Zulassung von Anwälten müsse allgemein sein und dürfe nicht von der Höhe des Streitgegenstandes abhängig gemacht werden. Brejski (Pole) spricht sich gegen den Vorsitz von Verwaltungsbeamten in den Kaufmannsgerichten aus, da in den polnischen Landesteilen gerade die Verwaltungsbeamten einen politischen und wirtschaftlichen Boykott gegen polnische Kaufleute organisieren. Redner empfiehlt allgemeine Zulassung von Anwälten. Herabsetzung des wahlfähigen Alters und Gewährung des Wahlrechts an die Frauen. Storz (D. Bp.) spricht sich ähnlich wie Dove aus und erwähnt Fälle, wo sozialdemokratische Preßorgane eine Anwaltshetze betrieben haben. Er verlangt weiterhin, daß die Gemeinden das Recht erhalten, die Vorsitzenden der Kaufmannsgerichte zu ernennen. Zu einer Polizeijustiz und Kadijustiz würde die Bestimmung des tz 16 des Regierungsentwurfs führen, daß in Gemeinden ohne Kaufmannsgerichte die Gemeindevorsteher berechtigt sein sollen, Streitfälle ohne Angabe der Gründe zu entscheiden. Sem- ler (nlb.) bestreitet für seine Person das Bedürfnis nach besonderen Kaufmaunsgerichteo. Die Vorlage sei ein Flickwerk. Warum reformiere man nicht das Amtsgerichtsverfahren durchgreifend? Mit der Entscheidung der Streitfälle sollten doch lieber die bestehenden Kaufmännischen Vereine (Hamburger Verein von 1858 u. a.) betraut werden. Was würden die Konservativen zur Einführung von Gestndege- richten und einer Koalition des ländlichen Gesindes sagen, wonach ja die Sozialdemokraten lechzen! Für die kleinen Handelsplätze habe die Vorlage gar keinen Wert, für die größeren sei sie in der gegenwärtigen Gestalt außerordentlich bedenklich. Lipinski (soz.) spricht ausführlich für die Angliederung der Kaufmannsgerichte an die Amtsgerichte. Das vorliegende Gesetz müsse für alle Gemeinden obligatorisch werden. Nach einem Schlußwort Lattmanns werden die Gesetzentwürfe einer 21gliedrigen Kommission überwiesen.
— 22. Jan. Nach längerer Debatte wird der Antrag Singer angenommen, die Wahl des Abg. Will (kons.), Vertreter für Köslin-Stolp-Lauenburg, zur weiteren Berichterstattung an die 7. Abteilung, die die Vorprüfung der Wahlen vornimmt, zurückzuverweisen. Ferner wird die Resolution dieser Abteilung angenommen betr. nachträgliche Vorlage der diese Wahl betreffenden amtlichen, für die Wahlakten bestimmten Veröffentlichungen. Für den Antrag Singer stimmten die Linke und die Nationalliberalen. Nach Erledigung von Rechnungssachen folgt die erste Lesung des Gesetzentwurfs betr. den Servistarif.
20. Januar. Behufs Erlangung günstigerer Zugsverbindungen mit Stuttgart, Pforzheim und Horb begaben sich am Dienstag im Verfolg einer im letzten Jahr gepflogenen Beratung Hr. Stadtschultheiß Conz und Vertreter weiterer Tal- und Badeorte nach Stuttgart, um bei der Kgl. Generaldirektion der württ. Eisenbahnen die verschiedenen Wünsche des Bezirks vorzntragen. Staatsrat von Balz kam der Abordnung freundlich entgegen und sicherte für den Sommerfahrplan die Erfüllung mehrerer Wünsche zu. Es wird namentlich mit Stuttgart und Pforzheim eine bessere und schnellere Verbindung Zustandekommen, auch sollen späterhin auf der Strecke Trinach-Pforzheim im Sommer Motorwagen eingeführt werden; in Ernstmühl soll Gelegenheit zur Fahrkartenausgabe getroffen werden. — Die Liebenzeller Mitglieder des Bezirksvereins Calw des würt- tembergischeu Schwarzwaldvereius find aus dem seitherigen Verband ausgetreten und haben einen eigenen „Bezirksverein Liebenzell" gegründet.
* Hientkingeri, 20. Jan. (K. Kreisregierung.) Vor 13 Jahren hatte die Stadtgemeinde Nagold die Auflage erhalten, ein Schlachthaus zu erstellen. Da der Bau eines solchen aber in der Folge nicht in Angriff genommen wurde, erging nach Verlauf von 6 Jahren au die Stadtverwaltung die Aufforderung, bald zu beginnen. Für die Fertigstellung wurde ein Termin von 4 Jahren festgesetzt. Jedoch auch innerhalb dieser Frist ist nichts geschehen, so daß im Jahre 1900 der Termin um ein Jahr verlängert werden mußte. Im folgenden Jahre erklärten die Nagolder Metzgermeister sich bereit, nachdem sie eine Innung gebildet hatten, das Schlachthaus zu erbauen. Gegen die Erbauung desselben auf den Hegenäckern find Einsprachen erhoben worden, so u. a. vom Kameralamt Altensteig, welches auf Grund der
16 und 27 der Gewerbeordnung Verbot der Erstellung des Schlachthauses in der Nähe der geplanten Taubstummeulehranstalt forderte. Ein Gutachten des Medizinalkollegiums äußerte sich aber dahin, daß die befürchteten Nachteile nicht derart erheblicher Natur sein würden, daß dieselben Belästigungen Hervorrufen könnten; es wurde aber in demselben in Erwägung gestellt, und zwar, weil es erfahrungsgemäß von größerem Vorteil sei, wenn im Interesse eines geordneten Betriebes die Gemeindebehörden die Schlachthäuser errichten, anstatt daß solche von den Metzger-Innungen erstellt würden, daß die Stadt Nagold die Angelegenheit noch einmal in Beratung nehme. Das Kameralamt hielt trotzdem unter Genehmigung der Domänendirektion die erhobene Einsprache aufrecht, andererseits wurde auch noch der Versuch unternommen, freilich ohne Erfolg, die Stadt zu bewegen, das projektierte Schlachthaus zu erbauen. Der vorgelegte Plan wurde mit Rücksicht darauf, daß die sog. Kaldaunenwäsche in das Schlachthaus selbst verlegt war, ein Schlachtraum und eine Stallung für krankes Vieh nicht vorgesehen, eine Kühlhalle und Kläranlage völlig unberücksichtigt gelassen worden war, vom Medizinalkollegium beanstandet. Als diesen Forderungen abgeholfen worden war, hielt das Kameralamt trotzdem seinen Einspruch gegen die gesamte Anlage aufrecht. In der gestrigen Sitzung der Kreisregierung ist nun der Bescheid ergangen, daß die fortgesetzte Einsprache des Kameralamts Altensteig, vor allem im Hinblick darauf, daß die Taubstummenlehranstalt überhaupt noch nicht vorhanden, nur ein Bauplatz für eine solche ins Auge gefaßt sei, dieselbe also überhaupt nicht beeinträchtigt werden könne, als unbegründet zu verwerfen, die von der Metzger-Innung geplante Schlachthaus-Anlage aber für zulässig zu erkennen sei. (T. Chr.)
* Stuttgart. Seit einigen Wochen treibt eine Schwindlerbande hier ihr Unwesen. Fein gekleidete Herren stellen sich bei Vätern, Müttern, Schwestern rc. von ehemaligen Smdien- genossen vor und erschwindeln unter dem Vorwände, ihnen sei momentan das Geld auszegangen und sie hätten solches zur Rückreise irgendwohin nötig, größere Geldbeträge. Die Tatsache, daß die Gauner über das Vorleben der heimgesuchten Personen gut unteyichtet sind, auch stets die Zeit zu ihren Besuchen wähle«, wo die betreffenden Studien- genosfen nicht zu Hause sind, erleichtert denselben ihre Prellereien.
* In der Nacht zum 13. Dezember gingen in Stuttgart der Schutzmann Rückert und eiaige Freunde von einem Vergnügen heim. Rückert trug Zivilkleidung. Plötzlich wurde die Gesellschaft von einem Kerl angerempelt und Rückert wurde mit einem Messer lebensgefährlich in den Unterkiefer und Hals gestochen. Als die Angegriffene« um Hilfe riefen, schrie der Strolch: „So, Sie wollen etwas!" Nun stach er von neuem auf Rückert los. Dieser brach blutend zusammen und mußte ins Spital verbracht werden. Der Messerstecher konnte sofort festgenommeu werden. Er war ein vorbestrafter 22jähriger Buchbinder Salzner von Stuttgart. Die Strafkammer verurteilte ihn wegen seiner schändlichen Tat am 21. Januar zu 10 Monaten Gefängnis, wovon auch noch 1 Monat Untersuchungshaft abgerechnet werden. Hätte der Kerl dem Ueberfallene» statt der Gesundheit nur 50 Pfennig geraubt, so wäre er mehrere Jahre ins Zuchthaus gekommen. So verschieden bewertet unser Strafgesetz Leben, Gesundheit und Eigentum.
* ßarmAatt, 21. Jan. In der heutigen nichtöffentlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien von Cannstatt stand wiederum die Frage der Vereinigung mit Stuttgart auf der Tagesordnung. Nachdem von verschiedenen Seiten noch Wünsche zum Eingemeindungsvertrag mit Stuttgart eingebracht worden waren, gab GR. Bosfert namens der seitherigen Gegner der Eingemeindung eine Erklärung ab, daß in Erwägung der Tatsache, daß bei den letzten Gemeinde- uud Bürgerausschußwahlen die Freunde der Eingemeindung die Majorität erlangt haben und daher auzunehmen sei, daß die Mehrzahl der Caunstatter Einwohnerschaft der Ein-