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Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast".
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Samstag, 23. Januar
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
! 1904
Amtliches
Auf der Markung Alt-Nuifra soll eine Fckdbereinigung stattfindcn. Abstimmungstagfahrt Mittwoch 10. Febr., 11 Uhr.
In Gemäßheit der Beschälordnung vom 25. Dezember 1875 8 12 ff. findet die Patentierung derjenigen im Besitze von Privaten befindlichen Hengste, welche von ihren Besitzern während der Deckperiode 1904 zum Befchälbetrieb verwendet werden wollen, zur nachbezeichneten Zeit in folgenden Orten statt: in Laupheim am Mittwoch, den 3. Febr. d. I., nachmittags 3 Uh.r, in Geislingen am Donnerstag, den 4. Febr- d. I., vorm. 11>.'r Uhr. Diejenigen Hengstbesitzer, welche Patente für die Deckperiode 1904 zu erlangen wünschen, werden aufgcfordert, ihre Hengste in einem der oben genannten Orte zu der bezeichneten Zeit vorzuführen. Für die Patentierung von Hengsten aus dem Schwarzwaldkreis wird besonderer Termin für den Fall anberaumt, daß bis Samstag, den 30 Januar d. I., Patentierungsanmeldungen eei dem Sekretariat der Landgcstütskommission, Stuttgart, Dorotheenstraße 1, einlaufen sollten.
sj Die Entscheidung in Ostafien
(Nachdruck verboten.)
ob Krieg, ob Frieden, wird in diesen Tagen fallen, und, wie man wohl annehmen darf, dahin lauten, daß der Appell an die Waffen stillschweigend bis auf weiteres verschoben werden wird. Die japanische Regierung ist weitblickender, als ihre recht kriegslustigen Untertanen; nachdem sie im vorigen Jahre erst einen Strauß mit ihrer seit anderthalb Dutzend Jahren etwa errichteten Volksvertretung gehabt hat, hat sie keine Neigung, die Zufälligkeiten eines in jedem Fall langwierigen Krieges der Kritik der parlamentarischen Heißsporne Preis zu geben, die denn doch die Zähigkeit des russischen Soldaten nicht genügend zu schätzen wissen. Dazu kommt auch eine Rücksichtnahme auf die japanischen wirtschaftlichen Verhältnisse und die Lebenslage der Bevölkerung. Die Arbeitslöhne sind in Japan sehr niedrig, es ist das eine der Ursachen, weshalb es für amerikanische und europäische Industrie-Produkte immer schwerer wird, der einheimischen japanischen Industrie Konkurrenz zu machen, die Bedürfnisse sind gering, das Leben billig. So angenehm und selbstverständlich das alles für die Japaner ist, es müßte sich in einem Kriegsfall doch ganz bedeutend ändern; die Möglichkeit, von anderswoher genügend Geld für einen Feldzug gegen Rußland geliehen zu bekommen, ist gering, und aus seinem eigenen Nationalvermögen die erforderlichen Mittel herauszuziehen, ist für Japan nur durch neue und schwere Steuern zu erreichen. Es ist aber mehr wie fraglich, ob das harmlose Volk der Japaner Lust hat, lange Zeit solche drückenden Lasten zu tragen, um die ehrgeizigen Pläne seiner Politiker zu verwirklichen. Das japanische Volk hat von der Gewinnung von Korea oder gar der Mandschurei zunächst gar nichts, und sein Kriegsfeuer würde bald zusammensinken, wenn es die Kosten verspürte. Das find wohl die Gründe, welche die japanische Regierung veranlaßten, die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben, während für Rußland ziemlich dieselben, natürlich ins Russische übertragenen Tatsachen ins Gewicht fallen. Die finanziellen und wirtschaftlichen Zustände im Zarenreiche find nicht gut, das Elend ist in weiten Bezirken groß, und in Asien ist zu viel begonnen, als daß mir einem Male alles im schnellen Tempo der Verwirklichung eutgegengeführt werden könnte. Denn so wichtig die Mandschurei für den Zaren ist zum glatten Abschluß der sibirischen Bahnen, wichtiger ist noch die Durchführung der centralasiarischen russischen Bahnen zum indischen Ozean. Und darum meint man an der Newa: Kommt Zeit, kommt Rat!
Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte! Der vergnügte Dritte ist in diesem Fall England, dem gar nichts besseres passieren kann, als wenn sein großer Mitbewerber in Asien, Rußland, mit einer anderen Macht sich raufen muß. Die Engländer haben auch wohl das ihrige getan, die Japaner darauf aufmerksam zu machen, daß Rußland nicht gar zu häuslich in der Mandschurei sich einrichten dürfe, wenn es nicht gelegentlich in stiller Nacht über den koreanischen Zaun steigen sollte. Japan und England haben bekanntermaßen vor 2 Jahren ein Bündnis mit einander obgeschlossen, und als das damals „groß" genannte Ereignis vollzogen war, depeschierten nicht allein der Kaiser von Japan und der König von England aneinander, sondern ihre Gemahlinnen machten das ebenfalls nach. Aber die große Sache hat sich mit der Zeit als eine ziemlich kleine entpuppt, auch hier ist der Grundzweck aller englischen Politik hervorgetreten, andere für sich die Kastanien aus dem Feuer Holen zu lassen. Daß das die auch ganz schlauen Japaner mittlerweile erkannt haben, unterliegt wohl keinem Zweifel, und die Tatsache hat mit dazu beigetragen, die ruhige Ueberlegung zu verschärfen: Krieg zu führe», bleibt immer Zeck genug, Krieg zu vermeiden, ist eine andere Sache, die von kurzer Zeitspanne mitunter abhängig ist.
Im Grunde genommen kann man auch gar nicht sagen, daß ein Krieg zwischen Rußland und Japan, wenn er jetzt
bis auf weiteres verschoben wird, später einmal nötig werden muß. In Ostasten ist viel Platz, und aus dem Fell des chinesischen Drachen lassen ssii: genug Riemen schneiden. Japan war auf Rußland erbost, weil 1897 auf Betreiben Rußlands und unter Mitwirkung Frankreichs und Deutschlands ihm die Besetzung des von China ihm abgetretenen Königreiches Korea verwehrt wurde. Der Groll ist heute noch nicht gewichen, aber er kann ruhigerer Erkenntnis Platz machen, wenn die Japaner einsehen, daß Rußland seine große sibirische Bahn nicht zu dem Zwecke gebaut hat, um im fernsten Osten permanent Krieg zu führen, sondern um Sibirien zu erschließen. Warum sollte daun nicht eine Einigung — freilich auf Kosten Englands — möglich sein?
Tagespolitik.
Nach dem bestehenden Jnvalidenversicherungsgesetz sind Gewerbetreibende, die nicht regelmäßig mehr als zwei versicherungspflichtige Lohnarbeiter beschäftigen, berechtigt, freiwillig in die Versicherung einzutreten, solange sie das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben, und sie können auch die Versicherung fortsetzen, wenn sie aus den Verhältnissen cmsscheide», die sie zur freiwilligen Versicherung berechtigen. Von dieser „Selbstverstcherung" haben die Handwerker wenig Gebrauch gemacht, und da ist denn auf dem letzten Handwerks- und Gewerbekammertag gefordert worden, daß die Handwerksmeister, wie es auch bei den Arbeitern der Fall ist, von Staatswegen dem Verstcherungszwange unterworfen werden. Dieser Wunsch kam am Donnerstag im Reichstag zur Sprache. Einige Abgeordnete traten warm für ihn ein und fragten die Regierung, was sie zu tun gedenke. Als ihr Vertreter antwortete Graf Posadowsky, daß sie zunächst nichts zu tun gedenke, und man wird bei einiger Ueberlegung zugeben müssen, daß sie nichts anders antworten konnte. Es unterliegt keinem Zweifel, daß eia Teil der Handwerker sich in einer Lage befindet, die ihm kaum ermöglicht, für Alter und Invalidität vorzusoigeu, und cs wäre gewiß wünschenswert, ihn in dieser Hinsicht sicher zu stellen. Aber wenn man, um diesem Teil zu helfen, gleich das ganze Handwerk in eine Versicherung zwingen wollte, so wäre das zu weit gegangen. Die bisherige soziale Versicherung beschränkt sich im wesentlichen auf unselbständige Existenzen, und das mit gutem Grunde, denn nur hier liegt wirklich eine absolute Notwendigkeit vor. Ei» Besitzloser der unteren Einkommensklassen wird fast nie in der Lage sein, sich selbst gegen die Wechselfälle des Lebens flcherzu- stellen. Er wird es entweder überhaupt nicht können oder doch nicht die nötige Einsicht und Kraft der Entsagung haben, um aus feinen bescheidenen Einkünften noch Rücklagen davon zu machen. Also die Zwangsverstcherung der unselbständigen Arbeiter war eine unbedingte staatliche Notwendigkeit. — Die Meinung, „was dem Arbeiter recht, ist dem Handwerker billig", läßt sich aber nicht ohne weiteres aufrechterhalten. Man muß allerdings zugeben, daß es manchem Hanwerker nicht besser geht, als manchem versicherten Arbeiter, aber man darf zweierlei nicht vergessen. Einmal, daß doch auch noch zwischen diesem Arbeiter und diesem Handwerker ein Unterschied besteht, den« auch der beste Arbeiter wird über eine gewisse Höhe des Einkommens nicht hinausgelangen, während auch der kleinste Handwerker, da er Unternehmer ist, wenigstens von der Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, durch ständige Ausdehnung seiner Tätigkeit sein Einkommen ständig zu erhöhen, und dann kommt inbetracht, daß eben sehr viele Handwerker sich in einer günstigen Lage befinden und selbst für sich sorgen können. Wollte man auch diese in eine staatliche Versorgung einbeziehen, dann ist schon gar nicht mehr einzusehen, mit welchem Rechte man Kaufleute, die sogenannten liberalen Berufe und überhaupt alle anderen von der Versicherung ausschließen könnte. Vielmehr müßte sie auch auf diese ausgedehnt werden, und so kämen wir zu einer allgemeinen Volksverstcherung. Das ist nun allerdings ein Gedanke, den wir keineswegs verwerfen. Im Gegenteil, es ist nicht ganz unmöglich, daß man einmal zu einer Existenzverstcherung gelangen wird, die alle Staatsbürger bis zu einem gewissen Einkommen umfassen würde. Aber wenn es sicher zu sein scheint, daß diese Aufgabe in absehbarer Zeit noch nicht in Angriff genommen werden wird, so ist es noch viel sicherer, daß man inzwischen keine Ungerechtigkeit begehen darf, daß es nicht angeht, eine Gruppe selbständiger Erwerbsleute herauszunehmen und sie allein zu versichern, was ja ohne Staatszuschuß gar nicht ginge. — Nach alledem kann man also der Regierung nicht Unrecht geben, daß sie die Interpellation ablehnend beantwortete. Es ist wirklich eine zu „leicht geschürzte Sozialpolitik", die dort empfohlen wurde, und wer die Sozialpolitik ernst nimmt, braucht das nicht mitznmachen. Die freiwillige Versicherung
dagegen kann den Handwerkern nicht eindringlich genug empfohlen werden.
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Anfang Juli 1902 fand in Nürnberg die Einweihung eines neuen Teilbaues des Germanischen Museums statt. Als Vertreter der schweizerischen Universitäten war u. a. der Professor Vetter von Bern erschienen. In einer Festrede bezeichnet? dieser die Schweiz in geistiger Beziehung als eine deutsche Provinz. Er sprach damit etwas ganz Selbstverständliches ans, und etwas, das vor ihm schon der Schweizer Schriftsteller Gottfried Keller und andere Schweizer Geistesgrößen gesagt hatten. Allein der Schweizer Pöbel mißverstand, absichtlich oder unabsichtlich, die „geistige Provinz." Als Vetter nach Bern zurückgekehrt war, brachte man ihm eine Katzenmusik und skandalierte so, daß die Polizei einschreiten und den Mob über die Köpfe schlagen mußte. Dafür kommen jetzt die Schutzleute, 21 Mann mit ihrem Direktor, vor das Schwurgericht. Wahrscheinlich wird eine Verurteilung wegen „Amtsmißbrauchs" zustande gebracht. Dan« wird das Volk der Hirten sich gerächt fühlen, gerächt für den Schimpf, geistig eine deutsche Provinz zu sein. In Deutschland aber wird mau von neuem erfahren, von welcher Gehässigkeit die Schweizer gegen das
benachbarte Deutschland erfüllt sind.
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Die Zustände im belgischen Heerwesen sind traurig. In einzelnen Kasernen gibt es kaum 30 Mann, um mehr als 54 Pferde zu bedienen, so Laß von eigentlichem Exerzieren und Waffendienst keine Rede sein kann. Auch soll ein höherer Offizier schon mißmutig erklärt haben, es sei schon viel, wenn seine Leute dazu kämen, sich und ihre Pferde vom Ungeziefer rein zu halten! Ader für viele Mannschaften, welche ans Sparsamkeit auf Urlaub nach Hause geschickt werden, gestalten sich die Zustände besonders jämmerlich. Die meisten fallen ihren Eltern, armen Arbeitern, zur Last, ohne sogleich Beschäftigung zu finden oder in ihre früheren Stellungen wieder rmtretcn zu können. So kam es dieser Tage vor, daß sich verschiedene dieser Unglücklichen an den Brüsseler Bürgermeister um Unterstützung wandten. Da dieser nicht der Meinung ist, daß die Stadtmittel dazu dienen sollen, die Mißgriffe der Regierung gutzumachen, so hat er die Bittsteller an den Kriegsminister verwiesen.
Deutscher Weichstcrg.
* Aerkirt, 20. Januar. Die Nachtragsforderung betreffend Deutsch-Südwestafrika wird debattelos definitiv angenommen. Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs betreffend die KaufmannSgerichte, verbunden mit einem Gesetzentwurf, den der Abgeordnete Lattmann (deutsch-sozial) und Genossen über denselben Gegenstand eingebracht haben. Nach der Vorlage soll die Errichtung der Kaufmanns-Gerichte fakultativ, nach dem Antrag Lattmann obligatorisch sein. Abg. Lattmann (d. soz.) begründet seinen Antrag und führt aus, der Entwurf werde von den Interessenten freudig ausgenommen, zumal er in Hauptpunkten sich ihren Wünschen anschließe. Auf ein Bedenken müsse er eingehen, da man eine Erstarkung der sozialdemokratischen Macht von dem Gesetz in den betreffenden Kreisen befürchte. Aber gerade im Handlungsgehilfenstande entwickle sich eine gewaltige Organisation gegen die Sozialdemokratie, welche von nationalen Gedanken getragen sei. ES empfehle sich ein Anschluß der Kaufmannsgerichte an die Gewerbegerichte. Redner erklärt die Unterschiede seines Entwurfs von der Regierungsvorlage und bezeichnet es als wünschenswert, daß in letztere eine Bestimmung ausgenommen werde, wonach die Kaufmannsgerichte auch als Einigungsämter wirken sollen. Abg. Trimborn (Ztr.) spricht sich im ganzen zustimmend zu der Regierungsfassung aus. Ein Teil seiner Partei sei für de» Anschluß an die Gewerbegerichte, ein anderer für Anschluß an die Amtsgerichte; doch mache sie dies nicht zur Hauptsache. Redner beantragt die Kommissionsberatung beider Gesetzentwürfe. Abg. Singer (Soz.) betont, die Regieruvgsfassnng zeige Spuren eines Geistes, der den Handlungsgehilfen keineswegs wohlwollend sei. Seine Partei wünsche dieselben Grundlagen wie für die Gewerbegerichte, und hoffe eine obligatorische Ausdehnung. Mit der Kommiffionsberatung sei seine Partei einverstanden. Staatssekretär Dr. Graf von Pos adowsky: Innerhalb der verbündeten Regierungen waren die Ansichten über die Gestaltung des Gesetzes geteilt. Der Widerspruch gewisser kaufmännischer Kreise gegen die Vorlage sei unberechtigt. Der Entwurf nehme freilich den Gerichten einen Teil ihrer Zuständigkeit, aber die Verhältnisse der Handlungsgehilfe» drängten nach einer Gerichtsbarkeit, da die Reform des Amtsgerichtsverfahreus gegenwärtig unerreich-