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Donnerstag, 14 . Januar

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

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! 1904 .

Tagespolitik.

Der preußische Staat möchte gern das viele Geld, das alljährlich von lotteriewütigen Leuten verspielt wird, im Lande behalten. Er hat deshalb die preußische Staats­lotterie eingefiihrt. Um die Preußen am Spielen in aus­wärtigen Lotterien zu verhindern, sind neuerdings alle Be­amten angewiesen worden, die an sie gelangenden Los­anpreisungen fremder Lotterien unverzüglich an die Polizei­behörde abzugeben, da nach dem Gesetz schon die bloße llebersenduug von Prospekten zur Bestrafung der im deutschen Reich, wenn auch außerhalb Preußens wohnhaften Los­händler genügt. Dagegen aber hat die preußische Regierung nichts, daß die Badener, Württemberger u. s. w. ihr Geld in Preußen verspielen. Mit der Zeit werden andere deutsche Bundesstaate», die noch keine Staatslotterie haben, wohl

oder übel das Preußische Beispiel nachmachen müssen.

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Der 3. Jahrgang der Soldaten der ungarischen Re­gimenter kann nicht entlassen werden, da die wütenden, .obstruierenden" Magyaren im ungarischen Landtage auch die Mittel zur Rekrutierung verweigerten. So lange keine Rekruten vorhanden sind, qmß der alte Jahrgang im Dienst bleiben, um den Heeresbestaud nicht zu schwächen. Auch im neuen deutschen Reiche ist es einmal vorgekowmen, daß in Friedenszeiten Mannschaften länger als 3 Jahre unter den Fahnen behalteu wurden. Im Jahre 1871 wurden die Ersatzrekruten, die für gewöhnlich im November einge­zogen werden, bereits am 1. Juli eingestellt. Am 1. Juli 1874 war deren dreijährige Dienstzeit beendet. Allein den Juliern", wie sie genannt wurden, wurde unter lebhaftem Bedauern seitens der Vorgesetzten mitgeteilt, daß sie erst im Herbst, nach den Manövern, zur Entlassung kämen, da das vaterländische Interesse dies erheische. Am schlimmsten waren die Mannschaften des 11. Armeekorps (Hessen-Nassau- Thüringen) daran, denn in diesem Jahre fand zum ersten Male nach dem Kriege ein Kaisermanöver und zwar bei Frankfurt a. M. statt; erst am 25. bezw. 26. September kamen infolgedessen dieJulier" dieses Korps zur Entlassung. Sie hatten demnach 2 Monate 26 Tage über 3 Jahre ge­dient. Aber schon 7 Monate später, im April 1875, wur­den beim genannten 11. Armeekorps diese Mannschaften, die während ihrer langen Dienstzeit nur mit dem Gewehr Mo­dell 62 (aptiertes Zündnadelgewehr) ausgebildet waren, wieder zu einer Reserveübung eingezogen, um mit dem mitt­lerweile eingcführten Modell 71 (Mauser) Schießübungen abzuhallen. Obgleich manchen der Zurückbehaltenen diese Dienstverlängerung schwer gedrückt hat, hat jeder ohne Murren seine Schuldigkeit getan, und von Zwischenfällen

wie in Bilek war nirgends die Rede.

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(Deutsche Geschäftsreisende in Frankreich.) Der frühere Minister der Oefsentlichen Arbeiten Pierre Baudin bespricht imJournal" unter dem TitelLa Conyuete" das Vor­dringen des deutschen Elements. Er zitiert einen Rapport des französischen Generalkonsuls Jullemier in Stuttgart: Unter den Maßnahmen, welche die Deutschen zu ergreifen gedenken, um vorteilhaft gegen die sich anhäufenden Schwierig­keiten avzukämpfen. ist eine, die uns besonders interessiert und die ich schon bei Gelegenheit signalisiert habe. Es soll sich darum handeln, eine Menge deutscher Geschäfts­reisender nach Frankreich zu schicken, die sich nicht damit begnügen dürfen, die großen Zentren zu besuchen, sondern die auch in allen Richtungen die Provinzen durchstreifen und bis in die kleinsten Städtchen hinaus um Kundschaft werben sollen. Man macht geltend, daß der Moment günstig sei, um sich an die Ausführung dieses Systems zu begeben, weil die antideutschen Gefühle in Frankreich seit der Weltausstellung von 1900 sehr nachgelassen und weil die amerikanischen Waren die französischen Provinzen noch nicht überflutet. Bei der Notwendigkeit, in der sich die Deutschen befinden, alle Mittel anzuwenden, um die Aus­fuhr zu vermehren oder mindestens auf gleicher Höhe zu erhalten, kann man sich darauf gefaßt machen, daß sie ihre Kundschaft vermittelst ihrer Geschäftsreisenden auf allen Punkten des Erdballs heimsuchen werden. Und man muß anerkennen, daß sie in ihnen ein Werkzeug allerersten Ranges besitzen. Die Handelsreisenden waren in der Tat einer der großen Faktoren der deutschen Handelsentfaltung, zuerst durch ihre große Zahl, dank der man ihnen überall begegnet, dann wegen ihrer persönlichen Eigenschaften, als Biegsamkeit, Hartnäckigkeit und Leichtigkeit, den Geschmack des Kunden zu begreifen oder seine Ablehnung zu ertragen, schließlich wegen ihrer Sprachenkenntnis. Die Deutschen haben den ganzen Erdball mit ihren Reisenden überfluten können und ist ganz natürlich, daß sie ein System bis aufs Aeußerste ausbeuten wollen, das ihnen bisher so gut gelang. Nehmen

wir also die Drohung der Invasion Frankreichs nicht leicht und seien wir überzeugt, daß in einer nahen Zukunft wir uns gegen eine hitzige Konkurrenz zu verteidigen haben werden, die sich auf unserem eigenen Gebiete eröffnen wird. In dieser Hinsicht bietet das Abkommen vom 2. Juli 1902, das zwischen Frankreich und Deutschland zustande kam, und das die Geschäftsreisenden beider Länder auf gleichen Fuß stellt, ein ganz besonderes Interesse." Pierre Bautin meint, man solle nicht etwa zur Abwehr der Invasion das alte Mittel des Patriotismus Vorschlägen. Wo das Interesse walte, könne der Patriotismus auf die Dauer nichts aus- richten. Er beklagt es, daß die französischen Häuser in allem zu langsam sind, daß sie nichts wagen, daß sie ihren Reisenden nicht die gleichen Erleichterungen gewähren wie deutsche Häuser den ihren.

Deutscher Weichstcrg.

* Aerki«, 12. Jan. Präsident Graf Balle st rem eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 mit dem Wunsche eines herzlichen Prosit Neujahr! Nach Erledigung einer Reihe geschäftlicher Mitteilungen erfolgt die definitive Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten für die Dauer der Session. Bei der Beratung der Ueberficht über die Ein­nahmen und Ausgaben der afrikanischen Schutzgebiete und des Schutzgebietes für Kiautschau weist Bachem (Ztr.) auf die großen Etatsüberschreitungen hin. Dasbach (Ztr.) empfiehlt dem Hause die Verweigerung der Genehmigung solcher Etatsüberschreitungen. Bei der Beratung der Denk­schrift über die Ausführung der seit 1875 erlassenen An­leihegesetze bespricht Kämpf (fr. Vp.), der erst nach wieder­holter Meldung zum Wort kommt, die eigentümliche Er­scheinung des niedrigen Kursstandes der deutschen Reichs­anleihe und macht dafür die wirtschaftliche Gesetzgebung der letzten Jahrzehnte, besonders das Vörsengesetz, verant­wortlich und fordert gründliche Revision des Börsengesetzes. Staatssekretär Stengel gibt zu, daß der Kursstand der deutschen Reichsanleihe nicht befriedigend sei, ohne jedoch zu Bedenken Anlaß zu geben. Besonders wichtig sei die Wahl des richtigen Zeitpunktes der Begebung. Was ge­schehen könne, um eine günstigere Abwicklung des Emisfions- geschäftes zu bewirken, solle geschehen. Arendt (Rp.) hält im Gegensatz zu Kämpf eine Revision des Börsengesetzes für unnötig und schädlich für den Nationalwohlstand. Semler (nlb.) und Dove (F. V.) treten den Ausfüh­rungen Arendts entgegen und fordern auch eine baldige Reform des Börsengesetzes. Spahn (Ztr.) gibt zu, daß in dem Börsengesetz und in dem Börsensteuergesetz ein­zelne Härten sind und nimmt dann die Rechtsprechung des Reichsgerichts gegen eine Bemerkung Arendts in Schutz. Hierauf wird die Diskussion geschlossen. Die Interpellation der Sozialdemokraten betr. Maßregeln gegen die Wurm­krankheit begründet Sachse (Sozialist.) Staatssekretär Posadowsky erklärt, es unterliege keinem Zweifel, daß Wissenschaft und Technik die Verpflichtung ha­ben, dafür zu sorgen, daß alle nützlichen und notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Wurmkrankheit ergriffen werden. Der Redner gibt dann einen Ueberblick über die Verhältnisse in den außerpreußischen Staaten und weist die Behauptung des Vorredners zurück, daß die Zechen die Wurmkrankheit benützen, um die Arbeiter in den Arbeits­plätzen festzuhalten und durch Beschränkung der Freizügig­keit auf die Löhne zu drücken. Handelsminister Möller führt aus, kaum jemals sei eine Krankheit mit solcher Energie bekämpft worden, wie die Wurmkrankheit. In der ersten Zeit sei nicht mit dem nötigen Ernst an die Wurm­krankheit herangetreten worden, weil die volle Gefahr nicht erkannt worden sei. Auf Antrag Singers wird die Be­sprechung der Interpellation beschlossen. Morgen 1 Nhr Fortsetzung der heutigen Tagesordnung.

LanbesnachrichLen.

* Aöflüge», OA. Nagold, 10. Jan. Der in den

Zwanzigerjahren stehende Bauernsohn Luz war gestern mit Tannenzapfenbrecheu beschäftigt und wollte sich dabei von einem Tannenwispel zum anderen schwingen, stürzte jedoch ab und trug so schwere Verletzungen davon, daß er nach kurzer Zeit starb. (N. T.)

* Ein seltenes Fest feiert morgen Donnerstag das Bade­städtchen Liekerrzell, nämlich die Erinnerungsfeier der 300jährigen Zugehörigkeit zum Hause Württemberg. Lieben­zell war ehemals eine badische Amtsstadt. Der Markgraf Ernst Friedrich von Baden vertauschte aber das Amt Lieben­zell und Altensteig an den Herzog Friedrich von Württem­berg gegen eine größere Anzahl württ. Orte und eine namhafte Abfindungssumme. Unter württembergischer Hoheit

machte das Städtchen manche schwere Zeiten durch, erst die letzten Jahrzehnte haben ihm einen großen Aufschwung ge­bracht. Die Heilkraft der Bäder war schon bei dem Tausch- und Kaufgeschäft bekannt, aber nur wenige kamen zur Kur nach Liebenzell. Die Zahl der Kurgäste betrug vor 60 bis 70 Jahren nur 150 jährlich: zur Aufnahme der Gäste waren nur die Bäder eingerichtet; das Städtchen selbst hatte keinen Nutzen davon. Als im Jahre 1851 die Kronprinzessin Olga die Bäder in Liebenzell besuchte, drang der Ruf der Bäder in weitere Kreise und der Besuch steigerte sich von Jahr zu Jahr. Ja den letzten Jahren, namentlich nach der Schaffung des Kurparks hob sich die Zahl der Be­sucher auf mehr als 2000. Bäder und Stadt stehen nun in innigem Zusammenhang, ein rühriger Verschönerungs- Verein hat Liebenzell zu einem der schönsten Aufenthaltsorte geschaffen. Das Städtchen geht einer neuen Blütezeit ent­gegen. Als äußeres Zeichen der Erinnerungsfeier wird in der Stadt zum ersten Male das elektrische Licht breunen; die Hauptfeier findet im Hochsommer während der Kur­saison statt; den Kurgästen soll Gelegenheit zur Mitfeier des Freudenfestes gegeben werden.

* ßakw, 9. Januar. In der gestrigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien fand die Beeidigung der neugewählten Gemeinderatsmitglleder statt. Bei dem feierlichen Akt gab Stadtschultheiß Lonz ein eingehendes Referat über die Finanzlage und Entwicklung der Stadl und über die in naher Zukunft zu erledigenden Aufgaben. Die Finanzlage des Gemeinwesens ist eine günstige, das reine Vermögen beträgt über eine Million Mark, Gas- und Wasserwerk werfen eine gute Rente ab, die Umlagen brauchen nicht er­höht zu werden. Von den nächsten Aufgaben, die der Stadt bevorstehen, sind zu nennen: die Erbauung von Wohnungen hauptsächlich für Arbeiter und Bedienstete, die Korrektion der Stuttgarter Straße, die Errichtung einer öffentlichen Badeanstalt, die Erbauung einer weiteren Brücke über die Nagold und die Hebung des Fremdenverkehrs. Um der Gesamtbürgerschaft einen Einblick in die städtische Verwaltung zu geben, wird der Stadtvorstand in einer all­gemeinen öffentlichen Bürgerversammluug einen Bericht er­statten und Gelegenheit zur Aeußerung über städtische Ein­richtungen geben.

* Mom Wtthkei«, OA. Freudenstadt, 10. Jan. Wäh­rend es unten im Murgtal in der letzten Woche keinen Schnee gab, sondern Straßenstaub wie im Hochsommer, war oben auf den Schwarzwaldbergen die herrlichste Winter­landschaft und Schneebahn beim schönsten Sonnenschein. Die willkommene Gelegenheit zum Schlitten- und Skifahres wurde denn auch auf's ausgiebigste benützt. Von Freuden­stadt waren die Schlittenfahrer und von Straßburg, Baden- Baden, Karlsruhe und anderen Orten die Skifahrer in Scharen zu Berge gezogen, und auch Fußgänger waren in großer Zahl zu erfrischenden Wanderungen angerückt. Die Hotels auf der Höhe find fast alle geöffnet; auf dem Knie­bis waren zu gleicher Zeit 40 Schlitten eingestellt. Die Gegend vom Kniebis bis zur Badener Höhe scheint immer mehr großer Wintersportplatz für die Sportfreunde aus dem württembergischen, badischen und auch elsässischen Gebiete zu werden.

* Stuttgart, 10. Januar. Die Deutsche Partei hielt heute im Festsaal der Liederhalle ihre diesjährige Landes­versammlung ab. Dieselbe war von 8900 Parteigenossen aus allen Teilen des Landes besucht. Der Vorsitzende R.A. Dr. Schall-Stuttgart eröffnet? die Versammlung mit einer Be­grüßungsansprache. Das erste auf der Tagesordnung stehende Referat hatte Landtagsabg. Reichsgerichtsrat a. D. v. Geß, der über die Arbeiten des württ. Landtags sprach. Nach einer Begrüßung im Namen der Kammerfraktion der Partei verbreitete sich der Redner zunächst über die letzte Etatsberatung. Die ursprünglich sehr trübe Finanzlage mit einem Defizit von nahezu 9 Millionen für die beiden Etatsjahre habe sich günstiger gestaltet, indem die Kammer eine Reihe von nicht absolut notwendigen Ausgaben ge­strichen und mehrere Staatseinnahmen höher eingestellt habe. Die Hoffnung, daß insbesondere die höher veranschlagten Einnahmen aus Eisenbahnen und Staatswaldungen auch wirklich erzielt werden, sei begründet. Wenn man aber auch für die nächste Zukunft beruhigt sein könne, so müsse man doch mit ernsten Sorgen an die künftigen Etatsjahre denken. Gegen den Plan, die Frequenz der Bahnen durch Herabsetzung der Tarife zu steigern und dadurch höhere Einnahmen zu erzielen, stehen Bedenken im Wege. Eine einseitige, nur auf Württemberg beschränkte Herabsetzung der Tarife ist, abgesehen vom Nahverkehr, schwer ausführ­bar, und außerdem läßt sich das Berkehrsbedürfnis nicht beliebig steigern. Bei dieser Sachlage ist ja schon oft der Gedanke ausgetaucht, unsere Lage durch Anschluß unserer