Aer« spreche? Nr. 11.
Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast".
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Dienstag, 5. Januar
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1904.
Aus -e« Tannen.
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Das Kinderschuh Gesetz.
Der 1. Januar 1904 bildet einen wichtigen Zeitpunkt hinsichtlich der gesetzgeberischen Fürsorge für die Kinder. Denn an diesem Tage trat das Reichsgesetz vom 30. März 1903, bclr. die Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben, in Kraft. Gar häufig ist im Reichstag eine Beschränkung der Kinderarbeit gefordert worden. Die Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 traf zuerst reichsgesetzliche Vorschriften hierüber, jedoch verbot sie nur die Kinderarbeit in Fabriken. Man scheute sich damals weiterzugehen, weil man zunächst die Wirkungen dieses Verbots abwarten wollte und Bedenken trug, gleich allzu umfassende Vorschriften zu treffe». Die Wirkung der gewerberechtlichea Vorschriften von 1891 war eine vollkommene. Während 1890 die Zahl der in Fabriken beschäftigten Kinder noch 27 485 betrug, waren es 1892 nur noch 11212, 1898 4301. Indessen lehrte die vielversprochene Enquete des Jahres 1897 über die gewerbliche Kinderarbeit, daß die nunmehr fast ganz beseitigte Kinderarbeit in den Fabriken nur einen sehr geringen Teil der ganzen, im Deutschen Reiche vorkommenden Kinderarbeit bildete. Nack dieser Enquete waren nämlich im Deutschen Reiche 1898 außerhalb der Fabriken gewerblich 532 283 Kinder unter 14 Jahren tätig. Auf Grund dieser Enquete legte die Regierung am 10. April 1902 dem Reichstag einen Gesetzentwurf vor, welcher aber erst in diesem Jahre im Reichstag erledigt und am 30. März 1903 vom Kaiser vollzogen wurde. Als Kinder im Sinne des Gesetzes gelten Knaben und Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche Knaben und Mädchen, welche noch zum Besuche der Volksschule verpflichtet find. Eine große Anzahl von Beschäftigungen ist für fremde und eigene Kinder in der gleichen Weise verboten. Dazu gehören Beschäftigungen auf Bauten aller Art, in Ziegeleien, Brüchen und Gruben, in Werkstätten der Steinmetzen, Steinhauer, Töpfer, Glasbläser, in Feilenhauereien, Abdeckereien, Färbereien, Gerbereien, Schlachtereien, chem. Waschanstalten, bei Malern und Anstreichern, beim Steinklopfen, im Schorn- steinfegergewerbe, in dem mit dem Speditionsgeschäfte verbundenen Fuhrwerksbetriebe, beim Mischen und Mahlen von Farben, beim Arbeiten in Kellereien. Ferner dürfen eigene und fremde Kinder nicht beschäftigt werden bei öffentlichen theatralischen Vorstellungen und anderen öffentlichen Schaustellungen; bei solchen Verstellungen und Schaustellungen, bei denen ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft obwaltet, kann die Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Schul-Auffichtsbehörde Ausnahmen zulasten. Abgesehen hiervon gilt als Grundsatz, daß im Betriebe von Werkstätten, im Handelsgewerbe und im Verkehrsgewerbe die Beschäftigung fremder Kinder unter 12, eigruer unter 10 Jahren verboten ist. Fremde Kinder über 12, eigene über 10 Jahren dürfen in der Zeit zwischen 8 Uhr abends und 8 Uhr morgens und vor dem Vormittagsunterricht überhaupt nicht beschäftigt werden. Um Mittag ist den Kindern eine mindestens zweistündige Pause zu gewähren, und darf die Beschäftigung am Nachmittage erst eine Stunde nach beendetem Unterrichte beginnen. Bei fremden Kindern darf die Beschäftigung am Tage drei Stunden und während der Ferien vier Stunden nicht überschreiten; bei eigenen Kindern fehlt eine derartige Beschränkung. Dies bezieht sich auch auf die Beschäftigung beim Austragen von Waren und bei sonstigen Botengängen. Doch unterliegen eigene Kinder diesen Beschränkungen nur, wenn die Kinder für Dritte Zeitungen, Milch oder Backwaren austragen. Im übrigen unterliegt die Beschäftigung der eigenen Kinder zum Austragen von Waren keiner Beschränkung. Für die fremden Kinder kann während der ersten zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes seitens der Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Schulaufsichtsbehörde gestattet werden, daß die Kinder über 12 Jahren bereits von Uhr morgens an und vor dem Vormittagsunterricht Waren austragen dürfen; jedoch darf die Beschäftigung vor dem Vormittagsunterricht nicht länger als eine Stunde dauern. Besondere Vorschriften find noch gegeben hinsichtlich der Beschäftigung von Kindern in Gastwirtschaften und betreffs der Sonntagsruhe. Im Betriebe von Gast- und Schaukwirtschaften dürfen fremde und eigene Kinder unter 12 Jahren überhaupt picht und Mädchen nicht bei der Bedienung der Gäste beschäftigt werden. Abgesehen hiervon finden für die Beschäftigung von Kindern über 12 Jahren die allgemeinen Bestimmungen über die
Kinderbeschäftigung Anwendung. In Gemeinden von weniger als 20000 Einwohnern kann die Behörde für Betriebe, in welchen in der Regel ausschließlich zur Familie des Arbeitgebers gehörige Personen beschäftigt werden, für die Beschäftigung der eigenen Kinder Ausnahmen zulasten. An Sonn- und Festtagen dürfen fremde Kinder überhaupt nicht beschäftigt werden. Eine Ausnahme ist nur für das Austragen von Waren sowie für sonstige Botengänge aufgestellt. Diese dürfen an sich an Sonn- uud Festtagen ebenso vorgenommen werden, wie an Wochentagen. Jedoch darf an Sonn- und Festtagen die Beschäftigung die Dauer von zwei Stunden nicht überschreiten und sich nicht über 1 Uhr nachmittags erstrecken; auch darf sie nicht in der letzten halben Stunde vor Beginn des Hauptgottesdienstes und nicht während desselben stattsindcn. Für fremde Kinder ist weiter eine Anzeigepflicht des Arbeitgebers aufgestellt. Auch darf niemand ein fremdes Kind beschäftigen, bevor ihm nicht eine durch die Ortspolizeibehörde ausge- stellre Arbeitskarte eingehändigt ist. Um die erstrebte Wirkung des Gesetzes in vollem Umfange zu erreichen, find der Polizeibehörde sehr weitgehende Befugnisse gegebev worden. So bestimmt tz 20 des Gesetzes, daß die Polizeibehörde im Wege der Verfügung eine nach den Bestimmungen des Gesetzes an sich zulässige Beschäftigung, sofern dabei erhebliche Mißstände zutage getreten sind, auf Antrag oder nach Anhörung der Schulaufsichtsbehörde für einzelne Kinder einschränken oder untersagen, sowie, wenn für das Kind eine Arbeitskarte erteilt ist, diese entziehen und die Erteilung einer neuen Arbeitskarte verweigern kann. Ferner find die zuständigen Polizeibehörden befugt, zur Beseitigung erheblicher, die Sittlichkeit gefährdender Miß- stände im Wege der Verfügung für einzelne Gast- oder Schaukwirtschaften die Beschäftigung von Kindern weiter einzuschränken oder zn untersagen. Den Schluß des Gesetzes bildet eine Reihe von Strafbestimmungen, welche die Uebertretung der Vorschriften betr. die Beschäftigung fremder Kinder sehr viel strenger bedrohen, als diejenigen der Vorschriften betr. die eigenen Kinder.
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Zur Durchführung des am 1. Januar 1904 in Kraft tretende» Gesetzes erläßt das württembergische Ministerium des Innern noch besondere Bestimmungen, deren Tendenz in folgendem zusammengefaßt wird: „Alle mit dem Vollzug und mit der Ueberwachung des Vollzugs des Kinderschntz- qesetzes betrauten Behörden werden sich bemühen, eine Handhabung des Gesetzes und der Ausführungsverordnungen sicher zu stellen, durch welche die im Gewerbe beschäftigten Kinder vor einer Gefährdung ihrer Entwicklung geschützt werden. Andererseits werden die Behörden jedes schroffe Vorgehen gegen Arbeitgeber, Eltern u. f. w. vermeiden und vor allem für deren Aufklärung über die in Kraft tretenden Bestimmungen und ihre sich daraus ergebenden Pflichten Sorge zu tragen, mit Strafanzeigen und Strafen aber insolange, als diese. Bestimmungen sich nicht eingelebt haben, nur da Vorgehen, wo die Arbeitgeber, Eltern u. s. w. das der Beschäftigung der Kinder entgegen stehende Verbot gekannt und wissentlich übertreten haben." Die Aufsicht über den Vollzug des Kinderschutzgesetzes wird in Württemberg ausschließlich von Polizeilichen Organen, d. h. neben den ordentlichen Polizeibehörden von den Gewerbeaufsichtsbeamten, deren Kräfte zu diesem Zweck durch die Beigabe von Beamten ohne höhere Vorbildung verstärkt worden sind, ansgeübt. Schulbehörden und Lehrer haben nicht die Aufgabe von Kontrollorganen, sie sollen jedoch die zuständigen Aufsichtsbehörden durch Mitteilungen und Anregungen unterstützen, welche der Bezirksschulaufseher an die Gewerbeinspektion gelangen zu lassen hat.
Tagespolitik.
(Deutschland im Jahre 1903.) In unseren inneren potitischen Angelegenheiten nahmen die Reichstagswahlen mit ihrem bekannten Ausfall den größten Teil der Erörterungen in Anspruch. Die sehr bezeichnenden Vorfälle auf dem soziaidemokrätischen Parteitage in Dresden hatten doch manchen Wähcr entnüchtert. Auseinandersetzungen über wirtschaftliche, Handels-Bertrags- und Finanzfragen zogen sich das ganze Jahr hindurch; die Reichsfi.ianzen lassen zu wünschen übrig, mit der finanziellen Auseinandersetzung zwischen dem Reich und den Einzelstaaten soll in beschränktem Umfange begonnen werden. Im deutschen Reichstage machte im Frühjahr der Rücktritt des Präsidenten von Ballestrem viel von sich reden, doch übernahm der bewährte Leiter der Reichstagssitzungen nach einer Wiederwahl sein Amt von Neuem. Für den kurzen Sesstonsabschnitt vor Weihnachten trat der
Reichskanzler Graf Bülow mit den Darlegungen über seine Politik und gegen die Sozialdemokratie machtvoll in den Vordergrund. Reich war das Jahr an erquicklichen Sensations-Prozessen, die manches trübe Zeitbild wiederspiegelten. In Dresden ward die Ehe des Kronprinzen und der Kronprinzessin von Sachsen Wege» der bekannten Giron- Affaire geschieden; ein trauriges Bild von der Leichtgläubigkeit des Publikums gegenüber Quacksalbern enthüllte der Prozeß Nordenkötter in Berlin, der Prozeß gegen de» Leipziger Bankdirektor Exner ward nochmals verhandelt, weitere Verhandlungen galten der Pommerschen Hypothekenbank, dem Fähnrich Hüssener, dem berüchtigten Treber- Schmidt in Kassel, dem aus Amerika znrücktransportierten Schwindler Terlinden, dann kamen die Fälle Dippold, Bilse, Kwilecki, dazu eine große Zahl von Vertrauensbrüchen. Die launische, oft wechselnde Witterung des Jahres hat verschiedentlich die Ernte beeinträchtigt und im Osten durch Ueberschwemmungen große Verheerungen hervorgerufen. Unter außerordentlicher Teilnahme wurde in Hannover das deutsche Bundesschießen, in Nürnberg das Turnfest begangen. Mancherlei neue wissenschaftliche Entdeckungen wurden gemacht; die größte Beachtung fanden wohl die Versuche mit der elektrischen Schnellbahn bei Berlin, die eine Strecke von 210 Kilometern in der Stunde erreichte, womit der Beweis erbracht ist, daß erhchliche Beschleunigungen des Fernverkehrs bei den Zügen möglich ist.
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Die Köln. Ztg. erklärt zu dem russisch-japanische» Zwist: Man mag über Rußlands Vordringen in China, sowie über seine Besetzung der Mandschurei urteilen wie man will, niemand kann leugnen, daß Rußland sich in konsequenter politischer und wirtschaftlicher Arbeit Interessen geschaffen hat, die es nur unter dem Zwang eiserner Notwendigkeit wieder aufgeben wird und kann. Die mandschurische Stellung Rußlands findet aber ihre natürliche politische und strategische Fortsetzung und Deckung in Korea; andererseits bilde: Korea für Japan einen Fnßpnnkt seiner Stellung, wenn es nicht darauf verzichten will, auf das asiatische Festland einemseinen Machtmitteln und seinem Ehrgeiz ensprechen- den Einfluß anszuäben. Es ist wenig Aussicht, daß dieser Widerstreit der Interessen Rußlands und Japans anders
als durch Entscheidung der Waffen beseitigt werden kann.
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Me wenig beneidenswert die Rolle ist, die König Peter von Serbien in seinem Laude spielt, das wird durch folgende Geschichte gekennzeichnet, die der Nat.-Ztg. aus Belgrad berichtet wird: König Peter versuchte vor wenigen Tagen e'ne Veranstaltung zu Gunsten unterstützungsbedürftiger Schüler, die im Kolaratzsaale stattfand. Keinerlei Empfang seitens der Veranstalter der Unterhaltung, kein Gefolge war zu erblicken und nicht einmal ein einziger Minister war zugegen. Völlig isoliert stand der König im Saale. Kein einziger höherer Offizier zeigte sich, und der König mußte sich damit begnügen, sich mit ganz jungen Offizieren den ganzen Abend über zu unterhalten. Daß niemand zur Hand war, um der Prinzessin Helene, die mit ihrem Vater erschien, das ihr überreichte übergroße Bukett abzunehmen, so daß die Prinzessin sich mit diesem Ungeheuer eines Blumenstraußes fast eine halbe Stunde abschleppen mußte, könnte man eher Nachsehen, als den Umstand, daß man für den König und seine Tochter nicht bezüglich des Essens gesorgt hatte und der König gezwungen war, in der rauchigen Bierhalle des KolaratzsaaleS zu speisen. Man fand es nicht einmal für nötig, für den König ein frisches, reines Tischtuch aufzudecken. Schließlich mußte der König noch erfahren, daß die warmen Speisen schon alle verkauft seien und der ganze Vorrat ans etwas Schinken und Schweizerkäse bestehe. So bestand denn das ganze königliche Mahl aas einer Portion Schinken, und König Peter hat gewiß den Eindruck mit nach Hause genommen, daß seine Leutseligkeit seitens seiner Untertanen schlecht verstanden wird, wenn man sich erlaubt, ihn in solch gleichgültiger Weise zu behandeln.
Landesnachrichten.
* Altessteig, 4. Januar. Die Christbaumfeiern habe» nunmehr ihren Abschluß gefunden. Am Samstag hielten in der Bahnhof-Restauration die Mitglieder deS Verbandes württemb. Eisenbahnunterbeamten der Strecke Nagold-Altessteig ihre Weihnachtsfeier ab, am Neujahrsfest schaarte sich der Radfahrer-Verein im Gafthof zum Stern um seinen Weihnachtsbaum, bei welcher Gelegenheit sich auch die Tauzlust entfaltete und gestern Sonnlag gab der Krieger- Verein in der Turnhalle seinen Mitgliedern eine Christbaumseier. Hiebei war die Turnhalle bis auf den letzte^
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