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s)j Das Rerchsdefizit

Das Gespenst des Reichsdrsizits will sich nicht bannen lassen! Genau genommen, ist es ja auch kein Gespenst mehr, sondern längst eine feststehende Thatsache, und auch an der Summe, hundert Millionen und etwas darüber für das laufende Jahr, läßt sich nicht viel deuteln und drehen. So ist es einmal. Und ob der neue Zolltarif so oder so abgefaßt wird, an dem Defizit für Heuer ist nichts zu ändern.

Der deutsche Bürger best von Zeit zu Zeit, wie kleine Staatswesen, solche von Denen, die man aus mehr als einem Grunde Raubstaaten nennen kann. Anleihen von so und so viel Millionen unkundigen. So ein fünfzig bis achtzig Millionen Mark ist gar nichts Besonderes, und trotz aller erlittenen Erfahrungen finden sich irgendwo in Europa noch immer Kreise, die das Geschäft machen. Natürlich ist es eine andere Frage, wer bei dem Geschäft verdient, aber zu Stande gebracht wird es. So z. V. die neue Anleihe von 66 Millionen des Königreiches Serbien in Paris. Wer etwas von Geldsachen versteht, schmunzelt dabei ironisch und freut sich, daß ihn Niemand zwinge» kann, seine Taschen aufzumachen.

Es ist kein Zweifel, «s giebt eine ganze Menge präch­tiger Deutschen, die gar nichts davon hören wollen, daß immer wieder Zeiten kommen, in welchen das Geld nicht reicht für die Reichs-Ausgaben.Wenn Ihr es haben müßt, so borgt's Euch. So gut wie andere Staaten, be­kommen wir auch Geld, oder vielmehr noch eher !" Nament­lich nervös wird der Deutsche, wenn ihm eine Andeutung kommt, die Einschätzung für die direkten Abgaben möchte schärfer und immer schärfer genommen werden. Wenn viele Regierungen deutscher Bundesstaaten, die in Folge des wenig günstigen Standes ihrer Finanzen gezwungen sind, bei der Erhebung der direkten Steuern genau vorzugehen, von einer Reichs-Einkommensteuer nichts wissen wollen, so kann man es ihnen nicht verdenken. Einfach ist eine solche Steuer, aber es ist zu riskieren, daß die von einer solchen Steuer am meisten getroffenen Personen über die Grenze gehen und ihr Geld anderswo verzehren. Denn die Steuer­sätze sind in Deutschland keineswegs überall gleich.

Gewiß wäre eine Reichs-Einkommensteuer ein zweck­mäßiges Mittel, um allen Reichsdefizits, allen drohenden Erhöhungen der Beiträge der Einzelstaaten zur Reichskasse ein Ende zu machen, aber es bedeutete eben für die weniger finanzkräftigen Staaten den Teufel mit Beelzebub austreibeu, die unbehaglichen augenblicklichen Sorgen zu dauernden zu machen. Und wenn darum keine anderen Reichseinnahmen, das heißt: bessere!, kommen, dann wird man sich sonstwie zu helfen haben. Die Vertrauens-Hofinungen, die bisher trotz Allem und Allem auf die wohlthätigen Wirkungen der Reichs-Einheit gesetzt wurden, dürfen unbedingt nicht er­schüttert werden; jedem Deutschen ist cs klar, daß er unter Umständen absolut für die Bedürfnisse des Reiches einzu­stehen hat, aber doch nicht früher, als kein anderer Aus­weg bleibt.

Und so weit sind wir nicht, werden wir hoffentlich nicht kommen! Das Reichsdefizit von mehr als hundert Millionen, für das ja in letzter Reihe, wenn keine andere Deckung erfolgt, immer die Einzelstaaten ecuzutceten haben, ist eine Kleinigkeit, wenn sich bessere Zeiten mit besseren Einnahmen bemerkbar machen. Der Uedergang vom minder Erfreulichen zum Erfreulichen vollzieht sich dann im Nu! Natürlich kann auch eine Deckung des Ausfalls durch eine Anleihe erfolgen, ein Vorgang, der nicht die geringsten Schwierigkeiten macht, blos, daß die entfallenden Zinsen gezahlt und auf das Ausgaben-Conto des Reiches ge­schrieben werden müssen, von wo sie in letzter Reihe wieder allen deutschen Bundesstaaten zur Last fallen. Und darum ist eine dauernde Anleihe-Wirtschaft, so bequem sie erscheinen mag, für Deutschland doch nicht geeignet. Sie bereitet von heute auf morgen keine großen Sorgen, sie wird aber über die Maßen lästig mit den Jahren. Und in einem großen Staatswesen, wie Deutschland, läßt sich nicht wohl sagen, daß es genug sei, daß ein jedes Geschlecht seine eigene Sorge habe. Etwas muß auch über die Gegenwart hinaus gethan, nämlich dafür gesorgt werden, daß ein kommendes Geschlecht gesunde Grundsätze nicht vergißt. Da muß eine Festlegung «gesunder Anschauungen erfolgen.

Wenn einmal an der Hand einer zu schaffenden amt­lichen Statistik konstatiert würde, wie viel Millionen all­jährlich im Börsenspiel unter verschiedenen Bezeichnungen verloren werden, ohne daß von den direkten Interessenten mit der Wimper gezuckt, nur kein Geschrei machen, ist ja die Parole!, dann kann man auch kaum zu sehr pessimistischen

Sonntag, 26.

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Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen

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I 1962.

Anschauungen über deutsche Gcldverhältnisse Hinneigen. Wenn das Reich da als warnender Mentor auftritt und sich für seine stille, aber wohlverständliche Warnung mit einem Obolus bezahlt macht, dann wird immer noch viel mehr gespart sein, als heur verloren wird, und die Reichs­defizits werden nur einen Uebergang bilden. Je mehr das Reich heischt, umso größer wird die Vorsicht da werden, wo sie angebracht ist.

Tagespolitik.

(Zur Kinderarbeit.) Die Reichstagskommission für den Gesetzentwurf betreffend die Kinderarbeit in gewerb­lichen Betrieben nahm nach mehrstündiger Debatte unver­ändert den Paragraphen 1 an unter Ablehnung der An­träge der Sozialdemokraten auf Einbeziehung landwirtschaft­licher Betriebe in die Vorlage. Außerdem nahm die Kom­mission einstimmig eine Resolution Trimborn (Z.) an, welche Regierungserhebungen über die Lohnbeschäftigung der Kinder in der Landwirtschaft und den Ncbenbetrieben derselben, deren Gefahren sür die Gesundheit und Sittlichkeit und die wahre Bekämpfung der Gefahren fordert.

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Fortgesetzt kommen und gehen russische Kreuzer, russische Schulschiffe, russische Torpedobootszerstörer und russische Torpedoboote im Kieler Hasen ein und aus. Alles wird photographiert, jedes sichtbare Linienschiff, jedes deutsche Kriegsschiff, jedes sichtbare Schiff der kaiserlichen Werft. Keine Uebung der deutschen Marine kann stattfinden, ohne daß sie ein Boot der Russen in allernächster Nähe beobachtet. Wenn eine wichtige Mincnübung stattfindet, kann man sicher sein, daß kurz bevor die Sperre eintritt, eines oder mehrere russische Schiffe durch das Gebiet der Sperre fahren, um zu ersehen, was zu sehen ist. In den leitenden Kreisen unserer Marine weiß man nicht, wie man sich, ohne grob zu werden, der russischen Liebenswürdigkeiten erwehren soll.

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In Pest wächst die Erbitterung gegen die neue Wehr­vorlage, die die Einberufung von 20000 Ersatzreservisten zu einer zweijährigen Dienstzeit fordert. Auch in der liberalen Partei macht sich ein starker Widerstand gegen die Vorlage bemerkbar, was den Honvedminister zur Reise nach Wien nnd die Einberufung des Militärrats unter dem Vorsitz des Monarchen veranlaßte. Man sagt, daß statt 20 000 nur die Einberufung von 6000 Ersatzreservisten im Parla­ment gefordert werden solle». Die Opposition gibt sich jedoch auch mit dieser Konzession nicht zufrieden.

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Auch in England machen sich jetzt die ungünstigen Zcitverhältnisse bemerkbar und man sieht dem Winter mit Sorge entgegen, da zu der wachsenden Arbeitslosigkeit eine Steigerung der Lebensmittel- und Kohlenpreise hinzugetrcten ist. Die Kohlen sind bedeutend teurer als im Vorjahr und in London ist außerdem das Brot um einen Penny teurer geworden. Die Fleischpreise sind so hoch gestiegen, daß im Osten Londons manche Metzger ihre Läden schließen mußten, weil die Arbeiter dieser Gegend die Fleischpreise nicht mehr bestreiten können. Dabei macht das Arbeitsdepartement des Handelsamts bekannt, daß die Zahl der Beschäftigungs­losen in stetem Wachsen ist, sodaß der Arbeitsmarkt von heute derschlechteste seit 10 Jahren sei. 221 Trade Unions (Gewerkschaften), die 553,870 Mitglieder zählen, haben Berichte eingereicht, aus denen hervorgeht, daß 5 Prozent der Mitglieder im September arbeitslos waren (im Sep- temper 1901 nur 3,7 Proz.) Am meisten empfinden die ungünstigen Arbeitsverhältnisse der Schiff- und Maschinen­bau. Die letzten Berichte zeigen, daß im Schiffbau 9,2 Proz. der Arbeiter beschäftigungslos sind. Za der großen Zahl Beschäftigungsloser und zu den erhöhten Preisen für Lebensbedürfnisse kommt noch das Sinken der Arbeitslöhne. Durchschnittlich sind die Arbeitslöhne um 1,28 Mk. wöchent­lich niedriger als zu Anfang August. Auch das Wachsen der Auswanderung ist ein nicht mißzuverstehendes Zeichen der Zrit. 51,256 Engländer verließen im September Großbritannien, um außerhalb Europas ihr Glück zu ver­suchen. Im September 1901 betrug die Zahl der Heimats­müden nur 39,156.

wird in namentlicher Afftimmunz mit 183 gegen 133 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Abg. Heim (Ztr.) zieht nunmehr seinen Antrag für Haferminimalzölle von 6 Mk. zurück (hört! hört! links). Der Kommissions­antrag für Haferminimalzölle von 5.50 Mk. wird mit 180 gegen 139 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen.

* ZLerkia, 24. Okt. Die zweite Beratung der Zolloor- lage wird bei den von der Kommission hinzugefügtcn Mindest­sätzen für Pferde fortgesetzt. Ein Antrag Wangenheim will die Mindestsätze erhöhen. Verbunden damit steht zur Dis­kussion die bezügliche Position 99 des Tarifes. Abgeordneter Herold referirt: Graf Kanitz betont die Bedeutung der Pferdezucht für Landwirtschaft und Heerwesen. Die Armee decke etwa ^ der Remoaten aus Ostpreußen. Schon daraus erweise sich die Notwendigkeit, die Pferdezucht möglichst rentabel zu erhalten. In Kriegszciten seien etwa 100000 Pferde mehr nötig als in Friedenszeiten. Als in Frankreich die Pferdeeinfuhr die Ausfuhr überstieg, habe die französische Regierung das 6 fache des bestehenden Zolles beantragt. Haase (Soz.) bemerkt, der Pferdezoll sei eine Liebesgabe für die Großgrundbesitzer, besonders für die oftpreußischen. Die Pferdezucht sei unter dem bisherigen Zoll nicht zurück- gegangen. Die Sozialdemokraten würden d «her unter keinen Umständen einer Zollerhöhung zustimmen. Abg. Steinhauer (freis. Berg.) bekämpft die Kommissions­beschlüsse. Abg. Blöd au (kons.) spricht sich für den An­trag Wangenheim aus. Abg. Pachnicke (freis. Berg.) meint, höhere Zollsätze würden sicher eine Preissteigerung herbeiführen, während es zweifelhaft sei, ob eine Produktions­erhöhung eintrete. Besonders würden die Gibranchllpfcrde verteuert, die wir viel aus Rußland und Oesterreich-Ungarn be­ziehen. Minister Podbielski bemerkt, er habe bisher nicht ge­sprochen, um die Verhandlungen nicht unnötig zu verlängern, sei aber, wie der Vorredner wünsche, zur sofortigen Stellung­nahme bereit. Der Minister schildert die Pferdezucht bei den kleineren nnd größeren Besitzern und erörtert den Remontenverkauf. Ec betont die Pflicht des Staates in erster Linie den Heeresbedars zu decken für die berittenen Truppen und das Transportwesen. Die Kaltblutzucht liege in den Händen einiger kleiner rheinischer Besitzer und nehme eine gute Entwicklung. In Frankreich habe sich seit 1870 durch den Zollschutz eine blühende Zucht entwickelt. Es stehe jetzt bezüglich der Remontierung auf eigenen Füßen. Das sei auch für Deutschland zu wünschen. Der Minister erklärte schließlich, die Regierung könne nicht auf die Minimalzölle eingehen. Abg. v. Treue ufels (kons.) be­merkt, die Leute von der Börse und dem Großhandel könnten den Zoll für Luxuspferde sehr Wohl zahlen und spricht sich für den Antrag Wangenheim bezw. die Kommissionssätze aus. Abg. Depken (natl.) empfiehlt die Fassung der Regierungs­vorlage. Abg. Stadt Hagen (Soz.), mit Heiterkeit und Unruhe empfangen, verbreitet sich in längerer Rede über die Pferdefrage unter Zurufen des Abgeordneten Krvpat- schek (kons.) Nachdem die Diskussion geschlossen worden, wird der Antrag Wangenheim in einfacher Abstimmung abgelehnt. Die Abstimmung über die Mindestsätze der Kommission, die eine namentliche ist, ergiebt ihre Annahme. Dafür stimmen 132, dagegen 106 bei einer Stimmenhalt­ung. Die Tarifposition 99 (Pferde) wird nach den Kom- missionssätzen in einfacher Abstimmung angenommen.

Deutscher HLeichstag.

* Aerli», 23. Okt. In der heutigen Sitzung hatte die Abstimmung folgendes Ergebnis: Antrag Heim wird mit 242 gegen 83 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Der Kommissionsantrag auf Gerstenminimalzölle von 5,50 Mk.

Landssnachrrchten.

* Kkteasteig, 25. Okt. Die letzte Nacht brachte starken Frost; in der Frühe hatten die Fenster ihren winterlichen Blütenschmnck angelegt. Das Termometer zeigte 3" U unter Null. Jetzt wirds mit der Entlaubung der Bäume vollends rasch gehen, die noch draußen stehenden Gewächse müssen vollends eingeheimst werden und bald werden die Fluren ein traurig-kahles Aussehen haben, gehks doch mit Riesen­schritten dem Winter entgegen.

* Höerjettingen, 23. Okt. Ein tragisches Geschick traf heute den Wirt und Poftagcnten Heinr. Kugel. Derselbe übernahm nach dem unlängst erfolgten Tode seines Vaters das auch in weiteren Kreisen bekannte Anwesen zur Post und stand im Begriff heute seine Hochzeit zu feiern. Da brach wenige Stunden nach Mitternacht auf der Bühne seines Hauses Feuer aus und legte sein Anwesen (Bierhalle und Postzimmer ausgenommen), sowie das angebaute Wohn­haus von Joh. Gg. Baitinger, Zimmermann und Konrad Köhler, Bauer, in Asche. Glücklicherweise konnten die Post­kasse und die tags zuvor eingebrachte Aussteuer der Bram gerettet werden; jedoch ist Kugel nicht versichert.

* Hvermnsvach, 23. Okt. Die Herren Hamma ans

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