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Er versieht nunmehr seit fünfundzwanzig Jahren täglich - seinen Dienst auf der Strecke Basel-Frankfurt. 7000 Mal j ist er hin- und hergefahren, und doch hat er noch nicht - einmal den Hals gebrochen. Der wackere Mann feiert in i diesen Tagen ein seltenes Jubiläum. !

* Wom, 23. Okt. Die Blätter melden die Organisierung einer italienischen Freischar für Makedonien unter Führung eines Offiziers der Alpenjäger.

* Ans Wsm wird dem B. T. gemeldet: Nach der Jtaue wird Kaiser Wilhelm, falls es seine Zeit erlaubt, zum 25- jährigen Regierungsjubiläum des Papstes am 2. März 1903 in Rom sein. Bei der Fahrt vom Quirinal zum Vatikan wird der Kaiser sich von 50 preußischen Kürassieren eskortieren lassen, die zu diesem Zwecke an der kaiserlichen Romfahrt teilnehmen werden.

* Oaris, 21. Okt. Wie ein Sportsblatt meldet, haben zwei Engländer dem Luftschiff-Erfinder Santos Dumont einen Preis von 200 000 Franks angeboren, wenn er in seinem Luftschiff eine Fahrt von London nach Paris unter- nehmen würde. Santos Dumont hat verlangt, daß ihm zur Ausführung der zu dieser Fahrt nötigen Vorarbeiten eine Frist von 1 Jahr bewilligt würde.

jj Aaris, 23. Okt. Wie dem Temps aus Dünkirchen gemeldet wird, hat der Platzkommandant dort den Be­lagerungszustand proklamiert.

* Dünkirche», 23. Okt. Im Laufe des Vormittags begingen die ausständigen Grubenarbeiter wiederum Aus­schreitungen. An verschiedenen Orten wurden die Läden geplündert und auf den Quais die Gebäulichkeiten in Brand gesteckt. Eine Anzahl Ausständiger drang gegen den Justiz­palast vor, während dort Verhandlungen stattfanden, sodaß diese abgebrochen werden mußten.

* In Zrxsnkreich befinden sich gegenwärtig 160 000 Bergleute im Ausstande und nur 14 000 arbeiten.

* Kaag, 22. Okt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Dewet nach dem Besuch Londons nach Südafrika zurückkehrt. Er war durch die Botschaften vom Tode seines Sohnes und der Krankheit seiner Tochter in letzter Zeit sehr gedrückt, wenn er auch in der Oeffentlichkeit nichts davon merken ließ. Die großen Empfänge griffen ihn außerdem an und fielen, wie wir wissen, durchaus nicht in den Geschmack dieses einfachen, von jeder Eitelkeit freien Mannes. Botha und Delarey werden hierher zurückkehren, haben aber bis jetzt noch keine weiteren Pläne getroffen.

* London, 20. Okt. (Wertlosigkeit der drahtlosen Telegraphie für den Seekrieg.) Das dieser Tage nach England zurückgekehrte Kreuzergeschwader, das an den großen Manövern der Kanal- und Mittelmcerflotte im Mittelländischen Meere teilgenommen hatte, brachte einige beachtenswerte Nachrichten. Das überraschendste Ereignis des Manövers war die That- sache, daß eine im Hafen von Angostoli von einer mehr als doppelt so starken feindlichen Flotte blockierte Flotte von 14 Schiffen ans dem Hafen entkam. Man schreibt dies zum Teil der drahtlosen Telegraphie zu, die voll­ständig versagte oder sich sogar schädlich erwies, da der Feind ohne Unterbrechung falsche Telegramme schickte, so daß niemand mehr wußte, welche Telegramme eigentlich g cktrn.

2 London, 22. Okt. Die Verhandlungen zwischen den Bärenführern und Len deutschen Banquiers betreffs Er­richtung einer deutsch-südafrikanischen Bank in Südafrika mit Filialen in Pretoria, Bloemfontein, Johannesburg und Kimbcrl-y sind, wie Daily Telegraph aus Brüssel erfährt, vollständig ergebnislos verlaufen. Mehrere deutsche Banken werden indessen wahrscheinlich Filialen in den wichtigsten Städten Südafrikas errichten.

* Madrid, 22. Okt. In Valencia legten die Arbeiter­innen "einer Seidenfabrik vorgestern die Arbeit nieder, weil die Forderung einer Lohnerhöhung abgelehnt wurde, und erzwange« die Schließung aller Seidenfabriken, 2000 Weiber

Ein Gedanke durchzuckte den Staatsanwalt: Antonio, dessen Aussage doch zweifellos den Kavaliere von Ferastro schwer belasten mußte, war ruhig hinter Schloß und Riegel geblieben. Also hatte der Kavaliere keine Ahnung von der ihm drohenden Gefahr, oder nicht die Macht, für Antonio's Befreiung etwas zu thun. Pietro's Aussagen wurden mehr gefürchtet von Jemandem, der allen Grund hatte, au; der Hut zu sein.

War jener Mann Pizzaldi?

Wer giebt mir volles Licht?" knirschte Albronte zwischen den Zähnen. Indem er die Gesichtszüge der Ge­fängniswärter scharf musterte, erkannte er überall einen sonst nicht beobachteten Zug von schwerer Gedrücktheit, die unter äußerer Gleichgiltigkeit nicht zu verbergen war.

Da spielte auch schon ein bitteres Lächeln um die Lippen des strengen Beamten.Wenden wir ein ganz all­tägliches Mittel an, streuen wir eine Lockspeise aus, viel­leicht geht dann der Fuchs ins Eisen."

In einer Weinschenke vor der Stadt, die am Wege von Ferastro her malerisch au einem kleinen Felshang ge­legen, herrschte ein außerordentlich reges Leben und Treiben. Hier ließ es sich gut sitzen unter dem üppig rankenden Grün, welches die grellen Sonnenstrahlen ebenso gut ab­hielt, wie Segeltuch. Einige der braunen, schwarzbärtigen Gesellen hatten sich sogar in dem Eingang znm Keller ge­lagert, in welchem der weitbekannte Wirt der Ofteria seinen vortrefflichen Wein aufbewahrte.

Es war ein interessantes Bild, das die Herberge bot. Draußen standen Maultiere angepflockt, Esel, mit allerlei Marktwaren beladen, einige Ziegen und das Hausgeflügel trieben sich herum, und die Schweineherde aus dem nächsten Ort trieben sich in den Gräben längs des Weges. Alles

durchzogen tumultarisch die Stadt; sie wurden gewaltsam j zerstreut. Gestern erfolgte eine Wiederholung der Straßen- s tumulte und eine neue Schließung der Seidenfabriken, bis der Gouverneur diese polizeilich besetzte. Der Gouverneur ergriff Maßregeln gegen diese Tumulte.

sj Ebenso schnelle wie eigenartige Justiz wurde dieser Tage zu Aez in Marokko geübt. Ein Eingeborener, der einen englischen Missionar ermordet hatte, wurde auf Befehl des Sultans durch die Straßen gepeitscht und vor der Moschee erschossen.

* New-^»ork, 22. Okt. Nach einer Meldung derTribüne" hat König Oskar von Schweden als Schiedsrichter in der Kontroverse zwischen Deutschland, England und Amerika in Betreff der Landung der Truppen auf Samoa zu Gunsten Deutschlands entschieden. Die Einzelheiten der Entscheidung sind noch nicht bekannt. Die Affäre spielte im April 1899.

ff Eine neuegrandiose" Idee hatte die Gattin des Wew-Vorker Millionärs Cornelius Vanderbilt, nachdem sie jüngst ihr Lieblingsäffchen an einem Festmahl teiluehmen ließ. Sie lud einen echten Bauernfänger ein, der die Gäste mit seinenTricks" unterhielt. Obwohl es natürlich um bedeutende Summen ging, erhielten die Teilnehmer am Spiel von dem Gauner ihr Geld zurück, denn sein Honorar betrug ja 5000 Mk. Eine Anzahl von Gästen indeß hatten dem Bauernfänger Wechsel in Zahlung gegeben, diese auch richtig Wiedererhalten. Das verhinderte jedoch nicht, daß am nächsten Tage falsche Wechsel im Umlauf waren. Der Künstler" hat sich auf diese Weise noch 10 000 Mk. neben­beiverdient", wenn die Geschichte wahr ist.

* Das Gesandtschaftsviertel in Aekirrg ist, wie ein deutscher Artillerieoffizier derRh. W. Ztg." schreibt, wirk­lich eine kleine Festung geworden und für Boxer und ähn­liches Gesindel, wie dasjenige, was 1900 die Gesandtschaften belagerte, kaum einnehmbar. Für reguläre Truppen, wie die gut ausgebildeten Auanshikaischen dürfte es allerdings ein Kinderspiel sein, diese nach modernen Begriffen höchstens gegen Indianer zureichenden Befestigungen in allerkürzester Zeit wegzunehmen. Besonders unangenehm ist den Chinesen ein von den Deutschen auf der Mauer nahe dem Hatamen erbautes Blockhaus mit meterdicken Steinwänden, innen für Feldgeschütze und für Maschinengewehre berechnet. Besonders die Kaiserin-Witwe, die das Häuschen vom Kaiserpalast aus sehr gut sehen kann, soll es gar nicht schätzen und sich mehrfach erkundigt haben, was dieser Lustpavillon mit den kleinen Fenstern wohl zu bedeuten habe. Es soll mit einer der Gründe sein, aus denen die Hofhaltung Wohl noch dieses Jahr aus dem Bereich der Kanonen der Gesandt­schaften nach Poatingfu verlegt werden wird. Dort soll eifrigst an einem Palast gebaut werden. Die Amerikaner sollten nach dem Chiemen zu ein eben solches Blockhaus bauen, haben es aber unterlassen. Es ist ja allmählich zwischen den Mächten ein reines Wettlaufen um die Gunst Chinas aufgetreten. Der Ruf der gewiegten chinesischen Diplomaten hat sich wieder mehr und mehr bewährt. Die

? Amerikaner haben ihre Verteidigungsfront (Westen) so gut wie gar nicht ausgebaut, nur um den Chinesen zu zeigen, wie gut man es mit ihnen meint. Der schlaue Japaner hat auf eine Verteidigungsfront gänzlich verzichtet und sitzt mit seiner ganzen Gesellschaft mitten drin.Es ist," so schreibt der Offizier,zum Lachen, wenn man das jetzt sieht. Zuerst konnte keine Macht genügend Truppen hier haben, und jetzt sucht jede Gesandtschaft die ihrigen so schnell wie möglich wieder los zu werden!"

Handel rrrrd Berkehr.

* Stuttgart, 22. Okt. Saatenstandbericht vom Oktober. Die Bestellung des Winterfeldes ist durch die von der zweiten September- Hälfte bis Anfang Oktober fast üllerall andauernden Trockenheit un­liebsam aufgehalten und verzögert worden. Selbst in den milderen Gegenden des Landes ist die Aussaat, namentlich von Winterweizen und Winterdinkel, noch nicht beendet, in vielen anderen Gegenden erst begonnen worden. In manchen Orten haben erst die in der Zeit vom

bunt durch einander, Menschen, wie Tiere, diese sehnigen Gesellen mit den raschen Bewegungen und den heißen Blicken und dazwischen glutäugige Mädchen aus der Um­gegend, die auf dem Markte in der Stadt Landesprodukte feilgeboten hatten und geschwätzig und lachend über den gehabten Verdienst, Wohl auch über die heimlichen Groschen, die sie der eigenen Tasche gewonnen hatten, erzählten. Die Männer hielten sich meist an ernstere Dinge, und da war das Verschwinden des Pietro aus dem Gefängnis eine zu wichtige Angelegenheit, als daß sie unbesprochen hätte bleiben können.

Wer wußte, wann der Eine oder der Andere selbst in solche Verlegenheit kam? Einen Freund, wie der Pietro ihn haben mußte, der war für die Stunde der Gefahr mehr, weit mehr, als Gold wert. Ja, diese Männer aus Ferastro ! Die hatten an dem Cavaliere einen Beschützer, den sie in Gold fassen lassen konnten. Darauf war Ver­laß. Das war einer aus der alten Zeit, das war Einer . .

Drinnen im Hause gab es jetzt einen lauten Lärm. Ein paar hitzige Gesellen waren beim Morra-Spiel in Streit geraten. Heftige Scheltworts flogen hinüber und herüber. Und mit jedem Wort erregten sich die Gemüter mehr, es sah aus, als sollte aus dem Zuugengefecht ein ernster Waffenkampf werden.

Aber der schlau lächelnde Wirt wußte seine Leute zu behandeln. Mit gemütlichem Lachen trat er an den Tisch heran, auf dem soeben ein Weinglas umgeworfen wurde, daß es klirrend in Scherben auf den festgestampften Lehm­boden herabfiel.

Bringt Euer Spiel zu Ende, Jungens, und dann macht Euch auf den Weg. Ihr wißt, wer bei mir Lärm schlägt, dem kündige ich die Freundschaft. Aber nicht blos für heute."

10. bis 14. Oktober niedergegangcnen Regenfälle dem Boden die er­wünschte Durchfeuchtung gebracht und dadurch das Eindringen der Saat ermöglicht. Den Frühsaaten die bei der seitherigen Trockenheit nur ziemlich dünn aufgegaugen waren, kamen diese Niederschläge sehr zu Statten, Ebenso dem jungen Klee, der durch das ungleichmäßige Keimen der L>aat vielfach einen nur schwachen und lückenhaften Stand zeigte. Am »leisten leidet der Klee aber unter den Feldmäusen, die massenhaft fast in sämtlichen Bezirken des Landes austreten und trotz aller Bekämpfungsmittel bis jetzt nur schwer zu vertreiben waren. Der Schaden, den die Mäuse am Klee und an den Wintersaaten au- richten, ist teilweise bedeutend. Einzelne Kleefelder müssen umgeackert werden. Außerdem wird auch in mehreren Bezirken über Engerlinge und Schneckenfraß geklagt.

* (chbst-Kreise) am 22. Okt. Tübingen: Aepfel Mk. 5.1,0 bis 5 50, Birnen Mk. 4.; Cannstatt: einheimisches Mostobst Mk. 6 bis 6.20, Tafelobst Mk. 9 bis 10., Bahnobst Mk. 5. bis 5 20. Stutt­gart: Waggon-Preise Mk. 950 bis 1060, im Kleinverkaus Mk. 4.80 bis 5.50. Tettnang: Mostobst Mk. 5,20 bis 5 60, Tafelobst durch­schnittlich 8 bis 9 Mk.

-n GstHauseri, 23. Okt. Hier und in den Nachbarorten Ebers- hardt, Warth und Wenden sind noch immer Most- und Lafel- äpfel zu haben. Tie Preise für Mostobst bewegen sich zwischen 5 bis 5 Mk. 40 Pf. Für gebrochene Aepfel sind die Preise verschieden, je nach Sorte.

* (Werrirrachrichteri.) In einigen Orten des Unterlandes ist die Weinlese bereits beendigt. Die allgemeine Weinlese beginnt jedoch Montag den 27. Okt. N-ch den Berichten ist fast allenthalben auf eine gute Mittelqualität zu rechnen. In den Herbstanzeigen werden folgende Quantitätsangaben gemacht: Bönnigheim 1500 i>I. Löchgau 500 lll,, Enzthalorte je 100 bist 500 lil,, Fellbach 6000 dl., Erlenbach 3000 dl., Löwenstein 1000 dl., Großheppach 1800 Kl., Korb-Steinreinach 3000 dl., Dürrenzimmern 1000 dl., Thalheim 1200 dl. I, Gemmrig- heinr kann Weinmost gefaßt werden. Preise schwanken zwischen 130 bis 145 Mk. Qualitäts-Proben 68 bis 72° nach Oechsle.

Konkurse

* a) Nachlaß des Jakob Mutschler. Bierbrauereibesitzers in Dunningen, b) das Vermögen der Witwe desselb n Bertha geb. Zanger. Nachlaßmasse des am 21. Nov. 1900 verstorb. Wirts Josef Ignaz Groner z. Schweizerhof in Wagenhausen, Gde. Bolstern. Nachlaß der am 5. April 1802 Werst. Karoline Ludwig geb. Banzhaf, Gerichts­notars Witwe, zuletzt in Schorndorf. Christian Höß, Kaufmann in Neckartenzlingen, OA. Nürtingen und dessen Ehefrau Luise, geb. Schlotterbeck, daselbst.

Vermischtes.

* Die Londoner Times veröffentlicht Auszüge aus den Memvieren Krügers, die schildern, wie Krüger im Kampfe mit wilden Tieren und in Verteidigung gegen wilde Völker ftämme sich und seinem Volke eine Heimat gewann und wie er diese sicherte durch nüchlerne Ausnützung der Uneinigkeit unter den Eingeborenen. Im Alter von 9 Jahren hatte sied Krüger dem großen Treck angeschlossen und erfüllte hier wacker seine Pflichten. Der Auszug schildert sodann, wie Krüger im Alter von 14 Jahren seinen ersten Löwen er­legte, wie er infolge Unachtsamkeit unter ein Rhinozeros geriet, wie er dieses von unten erschoß und wie ihm sein Schwager für seine Unachtsamkeit eine Tracht Prügel ver­abreichte. Ferner werden die Kämpfe gegen die Maselikatse- Stämme, die dem großen Treck des Jahres 1836 Schwierig leiten bereiteten, und gegen Len Häuptling Setscheli im Jahre 1852 beschrieben u. s. w.

* (Verschmähte Liebe.) Aus Paris wird berichtet: Ein eifersüchtiger Barbier hat dieser Tage eine schreckliche Rache an einem Schreiber Namens Debureau genommen, der glück­licher Nebenbuhler in der Liebe zu einer jungen Dame aus dem 16. Arrondissement war. Debureau kam in seinen Laden um sich frisieren zu lassen, und in der Unterhaltung mit dem Barbier bemerkte er, daß er sich in wenigen Stunden verheiraten würde. Plötzlich stieß er einen Schmerzensschrei aus und sprang mit blutüberströmtem Gesicht vom Stuhle auf. Der Barbier hatte ihm mit dem Rasiermesser die Nase fast abgeschnitten. Während der Bräutigam be: einem Apotheker in der Nachbarschaft verbunden wurde, brachte man den Barbier in Gewahrsam. Er gab zu, daß er den Bräutigam absichtlich verstümmelt hätte in der Hoffnung seine Heirat mit Mlle. B. zu verhindern, die ihm vor einiger Zeit einen Korb gegeben hatte. Er wurde ins Gefängnis gebracht, während fein Opfer im Krankenhaus liegt.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Alensteig.

Die Beiden schauten einander mit schiefen Blicken an. Diegekündigte Freundschaft" bedeutet auch gekündigten Kredit, und der war an dieser glänzenden Weinguelle wert­voll. Sie murmelten ein paar Worte, die eine Entschuldig­ung bedeuten sollten und dann ging das Spiel weiter.

Morra, du Spiel des Südens, das so kinderleicht ausschaut und das doch die allergespannteste, leidenschaft­lichste Aufmerksamkeit erfordert! Ein jeder der Mitspielen­den streckt beliebig viele Finger an° und es gewinnt, wer zuerst die Summe der Finger des Mitspielers und der eigenen richtig angiebt. Das scheint eine Kleinigkeit, aber es gehört dazu eine hervorragende Fassungsgabe und Geistesgegenwart, die nicht Jedem zu eigen ist. Denn bei dem blitzschnellen Vorschnellen der Finger wird leicht ver­gessen, zu berechnen, wie viel Finger man selbst ausstreckte. In unwillkürlicher Bewegung strecken sich die Finger, und ihre Zahl ist dann leicht eine andere, als der Spieler in der That annimmt.

Ein großer Teil der anwesenden Gäste hatte sich mit dem hereinbrechenden Abend auf den Weg gemacht, nur die Morraspieler hielten tapfer aus. Von dem regen Ge­nuß des Weines, denn das Spiel gali der Zeche, glühten die Gesichter, wilder und stürmischer wurden die Ruie, leidenschaftlicher blitzten die Augen, und schneller und immer schneller wurden die Finger gegen einander gereckt. Aus einem Winkel beobachtete verstohlen ein halbvermummter Mann, der seinen Hut tief in die Stirn gedrückt hatte, das Spiel; man sah es ihm an, wie seine Teilnahme von Minute zu Minute wuchs, wie er selbst gern an den Tisch gesprungen wäre. Aber eine heftige Scheu, die ihn wieder und wieder besorgt die Thür mir den Augen hüten ließ, hielt ihn zurück.

(Fortsetzung folgt.)