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Erscheint DiruLtag, Donnerstag, TsmSiag und Sonniss?

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Befiellpreis srs Quartal ist Bezirk u. Nachbar- srtSvcrkchr Ml« 1.1b außerhalb desselben Mk. 1.85.

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EimÜckungSpreiS für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein­rückung 8 Pfg. bei mchrmal. je 8 P'g auswärts je 8 Psg, die Ispaltige Zeile oder deren Raum

Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.

Man übr-nniert auswärts auf diese? Matt bei den Kgl. PostäErn und

Mnsisx, 30. September.

Bekemntmschungen aller Art finden die rrfolg- reichfit Verbreitung.

1902.

Letzte Nr. Ln diesem Quartal.

Der ersten Nummer im Oktober wstd der Fahrplan- Auszug für den Winterdienst beigelegr.

Amtliches.

Diejenigen, welche die Erlaubnis zum Fangen von Forellen während der Schonzeit zu Zweckcu der künstlichen Fischzucht zu er­langen wünschen, haben ihre Gesuche spätestens bis 5. Oktober d. I. beim K. Oberamt Nagold einzureichen.

ercr an 1877 der aus ^sanlik,

ll Ein interessantes Manöver.

In Bulgarien findet jetzt die offizielle Gedenff die Kämpfe zwischen Russen und Türken im Jahre statt, welche sich ans der Höhe des Schipkrpasse:

Bulgarien nach Rnmclirn, ins Nosenthrl von führt, abspielten. Diese Kampfe waren im;rromantischer" Natur, als von wirklich militärischer Bedeutung, so blutig sie auch waren und so kritische Tage sich während ihrer Dauer verzeichnen lassen. Das Hauptstück der Gedächtnis­feier soll uun ein Manöver bilden, welches eine Wieder­holung der Schlachttage vor fünfundzwanzig Jahren dar­bietet.

Als im Sommer 1877 bekannt wurde, wie der russische General Gurko durch einen kühnen Vormarsch nicht bloß den Schipkapaß in seine Gewalt gebracht hatte, sondern auch in die rumelische Ebene vorgedrungsn war, gab cs ein Jubelrnsev. Die Leistung war eine solche, der eia Zug heldenhafter Romantik nicht fehlte, und die Welt glaubte, die letzte Stunde des muhamedainschen Reiches in Europa stehe nahe bevor. Die russische Hcmptarmee war über die Donau gegangen, sie sollte die im heutigen Bulgarien stehen­den türkischen Truppen werfen, während man annahm, durch den errungenen Schipkapaß würde Gelegenheit ge­geben werden, die Moslem's im Rücken zu fassen und auf- zureiben. Der Großtürke galt damals noch als das schlimmste kulturfeindliche Element auf der Erde, dessen Vernichtung allgemein im Publikum für erstrebenswert und wohlthätig erachtet wurde. Heute haben sich die Anschauungen in diesen Beziehungen nicht allein geklärt, sondern auch ge­ändert.

Aber es kam anders! Die russischen Kolonnen er­litten bei Sowza und dann bei Plewna bittere Niederlagen, es bedurfte monatelanger Arbeit, der verlustvollsten Kämpfe, bis Osman Pascha, der türkische Feldherr, der die russischen Heerführer von dazumal um Haupteslänge an Tüchtigkeit überragte, eingeschlossen werden konnte. Und während dem hing es nur an einem seidenen Faden, daß die Türken aus Rumelien nicht die russische Stellung am Schipkapaß er­stürmten, ihren Feind über den Haufen warfen und den Korps, welche Osmann Pascha bedrängten, in den Rucken fielen. Die Türken warteten mit diesem Vorstoß zu langes wäre ein anderer Osmann Pascha auf der Südseite des Balkan gewesen, Rußland würde eine unerhörte militärische Katastrophe zu verzeichnen gehabt habe». Mau hat recht gehabt, eine Kirche ans.dem Paß zu erbauen, aber dir Bitten darin sollten lauten, die russischen Heerführer in einem künftigen Kriege vor solcher Tollkühnheit, wie sie in der Besetzung des Passes lag, zu bewahren. Es war ein Unter­nehmen, das eine Kraftansparrnung verlangte, die auch nicht entfernt geleistet werden konnte.

Wer den schließlich«« Sieg hat, der feiert Triumphe. Aber der größte Ruhm, welchen das Zarenreich in seiner neuesten Geschichte zu verzeichnen hat, ist nicht, daß am Ende die Kämpfe bei SchiPka Dank der türkischen Trägheit in der günstigen Zeit, siegreich ansgingen, sondern daß die damals gemachten Lehren beherzigt wurden. Die Zähigkeit in seiner Politik hat Rußland mit der nötigen Kraft ver­bunden ; wenn die Petersburger Diplomatie in dem letzten halben Menschenalter so ganz außerordentliche Erfolge er­zielte, so lag das zum wesentlichen Teil daran, daß sie keine Aktion in Angriff nahm, der sie sich nicht im vollsten Umfange gewachsen fühlte. !

Den zahlreichen russischen Offizieren, die zum großen ! Teil den letzten russisch-türkische« Krieg mitgemacht haben, dst in dieser Woche den bulgarischen Manövern am Schipka­paß beiwohnen werden, wird ein Vergleich zwischen einstigen und heutigen russischen Militär-Verhältnissen und Anschau­ungen von selbst kommen. Der Krieg von 1877 hat dem Zarenreiche enorme Summen und Menschenleben gekostet, nicht allein, weil man den Gegner gmz beträchtlich unter­schätzte, sondern auch, weil die ganze Militärverwaltung', och einen ziemlich orientalischen Beigeschmack halte. Geschichten,

die dem heutigen Geschlecht schon unglaublich erscheinen, gingen damals durch alle Zeitungen.

Es wurde ausgedcckt, wie Tausende von Soldatenftiefelu Pappsohlen hatten, wie Proviant- und Fourage-Magazine am Abend vor der Ausleerung so gefällig waren, mederzu- brennen, wie das Pferdefutter so schlecht war, daß die Dere nicht fressen wollten; und noch viel schlimmer, die Eifer­süchtelei der Generale aufeinander war einfachpolizei­widrig", sie hat mehr als eine Niederlage verschuldet. Die russische Armee von 1877 war einem modernen Feldzuge noch viel weniger gewachsen, als die französische von 1870, die uns doch wahrlich genügend bittere Stunden bereuet hat. Aber es ist weniger schlimm, auf der Höhe der Zeit nicht zu sein, als auf dieser Position nicht zu bleiben.

Und Rußland ist militärisch sehr hoch gekommen, es hat sich nicht geschellt, s-ine Fehler einzugrstehen, um sie ver­bessern zu können. Der Zar ist heute vielleicht nicht der führende, Wohl aber der treibende Kriegsherr geworden trotz seiner Anregung der Friedenskonferenz, und zwar ganz einfach deshalb, weil keine andere Großmacht so wie der absolute russische Selbstherrscher mit einem Federstrich das in ihrem militärischen Interesse vollziehen kann, was die Gegenwart erheischt. Und so wird die Schipkaseier gewisser­maßen zu einer Trilunpsscier für die heutige russische Armee- Organisation.

Und Dank dieser Organisation gehört der Osten ein­schließlich des größten Teils von Asten Rußland. Was noch einen anderen Namen trägt, untersteht doch zumeist dem Einfluß und dem Golde, das von der Newa kommt. Und an Stelle des einen Namens wird mit der Zeit gewiß noch ein anderer treten. Soll man Raßland's Politik als eine solche der unbegrenzten Ecoberungslust bezeichnen. Man könnte es, wenn es nicht mehr eine Politik der Not­wendigkeit wäre.

Das Zarenreich kann nur prosperieren, wenn es sich Handelswege nach dem Osten hin öffnet. In Europa kann es auf diesem Gebiete nicht konkurrieren, alle westlichen Großmächte sind ihm in geistiger, kultureller nnd industrieller Beziehung dermaßen überlegen, daß es für den Russen absolut unmöglich ist, einen Vorstoß nach Westen hin unter­nehmen zu können. Er kann Europa nichts Neues bringen, er hat noch heute von Europa viel zu lernen. Anders ist es nach Osten hin, da nur kann der Russe Kulturträger sein, dort findet er den Boden, aus welchem er Nahrung für sein Reich und dessen Erhaltung gewinnen kann.

Man muß hoffen, daß diese Erkenntnis des wahren Vorteils des Zarenreiches auch diejenigen Kreise erfassen wird, die heute in panslawistischem Eigensinn noch mit drohender Miene nach Deutschland schauen, die in dem Bündnis mit Frankreich etwas Anderes sehen, als eine Maßnahme der Nützlichkeit. Der Zar hat Rußlands Vor­teil erkannt, ob es möglich sein wird, diesen Vorteil sich stets in allem Frieden zu sichern, müssen wir allerdings bezweifeln. Wir leben in einem neuen ehernen Zeitalter; die fromme Gesinnung, der Friedenswille bilden nur einen bescheidenen Achtungs-Faktor, gefürchtet wird nur die ge­panzerte Faust . . ?

Tagespolitik.

Das deutsche Publikum kann nicht genug Vorsicht walten lassen. Besonders von England, Ungarn, Rußland und Spanien her wird immer versucht, demdeutschen Michel" sein Geld abzunehmen. Jetzt wird auch vor einem schwedischen BankhauseStandia" gewarnt, das sich darauf verlegt, Anteilnehmer an einer Serienlotterie zu gewinnen. In viel versprechenden Anpreisungen heißt cs, daß jedes Loos gewinnt. In Wirklichkeit licgt die Sache so. daß fast jeder Teilnehmer sein Geld verliert. Also : die Taschen zu!

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Ahlwardtwittert Morgenluft." Ec hielt am Donners­tag in Berlin wieder einen Vortrag. Die Versammlung war zahlreich besucht, wenn auch nicht so stark wie die des Grafen Pückler. Ahlwardt sagte, nach den letzten Bank­brüchen wittere er Morgenluft, und er werde sich mit voller Kraft in die Agitation stürzen! doch müßten sich die Anti­semiten von den Konservativen losmachen. Im Reichstag werde er energisch verschiedene Mißstände bekämpfen. Das Publikum, das an den scharfen Ton Pücklers gewöhnt ist, schien ziemlich enttäuscht von Ahlwardt zu sein.

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Der ältere der beiden augenblicklich in Paris weilenden Söhne des früheren Staatssekretärs von Transvaal, Reitz, hat gegenüber einem Mitarbeiter desPetit Journal" fol­

gende Mitteilungen über die Versprechungen Lord Kitchencrs gemacht: Wir haben alle beide den Feldzug mitgemacht, und ich war auch bei der Unterzeichnung des Friedens­vertrages von Vereenizing zugegen. Ich kann bekunden, daß Lord Kitchener uns im Laufe der Verhandlungen eine Reihe von mündlichen Versprechungen gab, die später nicht gehalten wurden. Von diesen hatte eines auf die holländi­schen Rebellen vom Kap Bezug. Lord Kitchener hatte sich verpflichtet, daß alle Aufständischen, die die Waffen nieder­legten, frei und ungestört in ihre Bezirke zurückkehren könnten. Statt dessen wurden sie sämtlich eingesperrt. Lord Kitchener hatte uns außerdem versprochen, daß man aus Anlaß der Krönung des Königs eine allgemeine Amnestie für alle wegen ihrer Beteiligung an dem Kriege festgenommenen Rebellen erlassen würde; man hat auch dieses Versprechen nicht gehalten und somit die Buren schmählich hintergangen. Glücklicherweise hat der Privatsekretär des Präsidenten Steijn, Herr Äominik Kistel, alle Klauseln des Vertrages, sowie sämtliche Punkte der Besprechungen aufnotiert. Alles ist sorgfältig stenographiert worden, insbesondere die von Lord Kitchener abgegebenen Versprechen. Herr Kistel wird dem­nächst diese Schriftstücke in holländischer und englischer Sprache erscheinen lassen. Diese Zeugnisse werden die Treu­losigkeit der Engländer im hellsten Lichte erscheinen lassen. Als mein Vater mit den Generalen Votha, Dewet, Delarey und SmntS zusammen d e Präliminarien des Friedens­vertrages, der später in Pretoria ratifiziert wurde, Unter­zeichnete, wandte er sich an Lord Kitchener mit den Worten: Wir haben im Laufe der vierzehntägigen Besprechungen der Klauseln des Vertrages erkannt, daß wir es mit einem Gentleman zu thun hatten. Deshalb verlassen wir uns bezüglich der mündlich abgemachten Klauseln, die nicht in den Vertrag ausgenommen werden konnten, ganz aus Sie." Lord Kitchener verbeugte sich schweigend zum Zeichen der Zustimmung. Daraus nahm der General Botha die Feder aus meiner Hand und Unterzeichnete als Erster das diplo­matische Schriftstück. Vierzehn Tage hatten die Verhand­lungen gedauert nnd sie waren sehr mühsam gewesen. Mir fiel in meiner Eigenschaft als Sekretär der Delegierten die Aufgabe zu, jedem von ihnen die Schriftstücke in die Zelte zu bringen. Gerade in diesem Augenblicke trafen von allen Seiten sehr böse Nachrichten ans den Konzentrationslagern ein, in denen die Frauen und Kinder der Buren massenhaft hinstarben. Ilm die Leiden dieser Unglücklichen nicht zu vermehren und zu verlängern, Unterzeichneten die Buren­generale den Vertrag auf das ihnen gegebene Wort. Nur weil dieses nicht gehalten worden ist, haben sie ihre letzte Kundgebung veröffentlicht." Auf diese Anklage sollte doch Lord Kitchener eine Antwort erteilen.

In Amerika geschehen Gewalithätigkeiten, deren sich der kleinste europäische Staat schämen würde, wenn sie in ihm möglich warne. Ausständige Kohlenbergleute in Penn- sylvanien hielten jüngst einen Expreßzug au, weckten die Fahrgäste aus dem Schlafe nnd stellieu eine Untersuchung darüber an, ob sich im Zuge Arbeiter befänden, welche nicht Gewerkschaften angehörten. Eine Anzahl solcher Arbeiter wurde dann herausgeholt und mißhandelt. Die Regierung, die den Großmächten Vorschriften zu machen sich erdreistet, ist zu schwach, um Ausschreitungen im eigenen Lande un­möglich zu machen.

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Nordamerika hat darüber aufbeachrt, daß Rumänien seine jüdischen Unterthanm mißhandle und sie zur Aus­wanderung zwinge. Dieser Protest ist nicht wohl aus reiner Humanität erfolgt, sondern weil Nordamerika von den armen rumänischen Juden eben auch nichts wissen will. Der Ton, den Nordamerika bei diesem Protest anschlug, ist ein wenig aufdringlich. Rumänien könnte ganz gut er­widern, daß wenn Nordamerika seine Monreodoktrin be­tone und fortwährend rufe: Amerika den Amerikanern," Europa auch sagen könne:Europa den Europäern" und daß die innereuropäischen Verhältnisse Nordamerika mit Haut nnd Haaren nichts ängstigen. Onkel Sam überm großen Wasser ist wirklich schon recht selbstbewußt geworden. Das erstemal ist es übrigens nicht, daß er den Mund in innereuropäische Dinge hängt. Wir erinnern an die Jahre der ungarischen Revolution, dessen Führer, den Abenteurer Kossnth, die Magyaren soeben pomphaft feierten. Als Rußland dem Kaiser Franz Joseph die Hand reichte, um ihm gegen die ungarische Revolution behilflich zu sein, fühlten sich die Vereinigten Staaten von Amerika veranlaßt, Oestreich in kränkenden Ausdrücken daran zu erinnern, daß