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Kenntnis der Bevölkerung gebracht und soll an entsprechender Stelle sämtlichen Bewohnern der Provinz zugänglich gemacht werden. Das polnische Blatt Orendownik schreibt, die Rede des Kaisers erinnere in der Form nicht an die Marienburger Rede, bestätige aber den Inhalt der Marien- burger Rede, da der Kaiser in ihr dieselbe Stellung wie damals zur Polenfrage eingenommen habe.
* Die Polen in Aerlirr haben in einer Versammlung den Beschluß gefaßt, sich an den Papst zu wenden, um durch dessen Vermittlung durchzusetzen, daß in Berlin polnischer Gottesdienst in den katholischen Kirchen eiugeführt werden soll, ein Verlangen, dem sich bisher der Fürstbischof Dr. Kopp widersetzt hat. Die Köln. Ztg. bezeichnet dieses Verlangen als eine Ungehörigkeil.
* In Münster vollendet die Witwe Franke am 10. Sept. ibr 100. Lebensjahr. Geboren in Laer, ist sie seit 80 Jahren wohnhaft in Münster. 2 Kinder der Matrone sind noch am Leben, außerdem 10 Enkel und 14 Urenkel. Die Greisin ist noch im Besitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte.
jf Hleudsönrg. 9. September. Der Oberleutnant Pilgrim vom hiesigen 9. Trainbataillon wurde in der Nähe des Bahnhofs vom Zug überfahren und sofort getötet.
* In den ersten acht Monaten dieses Jahres sind über Mrerne« 99,064 Personen ausgewandert gegen 80,143 in der gleichen Zeit des Vorjahres,' davon waren 9212 Deutsche gegen 6153 im Vorjahre.
AusLänöifches.
* W!e», 8. Sept. Drei Wiener Arbeiter, Heinrich Prem, Anton Kreiber und Karl Schimschky verirrten sich gestern vom ungefährlichen Akademikersteig auf den gefährlichen Gothensteig auf der Rax. Zwei derselben, durch Stricke verbunden, rutschten aus und stürzten ab. Sie sind tot und schrecklich verstümmelt. Der dritte konnte nicht weiter und mußte auf einem alleinstehenden Block die ganze Nacht und den Vormittag, zweiundzwanzig Stunden lang, rittlings sitzen bleiben. Die Rettungsversuche waren bis jetzt vergeblich. Nach langer Arbeit ist ein Bergführer zu ihm gesprungen, doch können jetzt beide nicht zurück und man sucht gegenwärtig nach laugen Seilen.
* Den Gipfel der Frechheit erklomm der internationale Taschendieb Froschl in Audapest. Er stahl einem Polizei- beamteu die goldene Taschenuhr. Dabei wurde er ertappt.
* Aerrr, 5. Sept. Kürzlich fand in Freiburg eine Hinrichtung statt, zu welcher sich der Kanton die Guillotine von dem Kanton Schaffhausen borgte. Nachher hat die Regierung von Freiburg an diejenige von Schaffhausen ein Schreiben gerichtet des Inhalts, daß sie das Justrnment „mit bestem Danke" zurücksenden werde. Die Schaffhauser Regierung aber faßte nun den Beschluß, die Guillotine in keinem Falle mehr nach auswärts für Exekutionen abzugebeu. In der That, wenn ein Kanton auf seine Henkersouvrrane- iät stolz ist, soll er sich auch eine eigene Guillotine halten!?
* Ans der Schweiz, 8. Sept. Eine sehr auffallende Art von Selbstmord wird aus Biel gemeldet. In der Nacht vom 3. auf den 4. September brachen 2 dortige Metzgerknechte n das Schlachthaus ein, bemächtigten sich der Schußmaske, borgten ein zweites solches Instrument in Nidau und begaben sich in ein nahe bei diesem Städtchen gelegenes Erlengehölz am See, wo sie sich mittels dieser seltsamen Waffen ins Jenseits beförderten. Beide Männer waren verheiratet. Die Gründe des Doppelmordes sind noch unbekannt. Wie heute aus Nidau berichtet wird, wurde noch ein dritter Metzgerbursche in Gesellschaft der Beiden bemerkt, ist aber seither nicht mehr gesehen worden, sodag die Vermutung aufgetaucht ist, derselbe habe ebenfalls den Tod gesucht und gefunden. Die Untersuchung wird Wohl Licht über den merkwürdigen Fall verbreiten.
* Maris, 8. Sept. (Die Ausrottung der Kougregations-
schulen) Im „Matin" schreibt Harduin: Ueber die Schließung der Kongregationsschulen in der Bretagne hat man so viel Lärm gemacht, daß ich naiver Weise glaubte, es gäbe gar keine Kongregationsschulen mehr; alle seien geschlossen und die Schwestern vertrieben. Jetzt bin ich, Gott sei Dank, wieder beruhigt, nachdem ich die in der „Useuo blanobs" erschienene statistische Arbeit über die Kongregationen in der Bretagne gelesen habe. Zunächst muß man wissen, daß es unter dem Kaiserreich im Jahre 1861, in der Bretagne nur 858 Kongregationsanstalten gab. Dann kam die Republik, die, wie man weiß, die Feindin der katholischen Religion und ihrer Diener ist. Sie bringt ihre Zeit damit zu, diese zu verfolgen und womöglich umzubringen. Aus diesem Grunde ist die Zahl der Kongregationsanstalten bis vor zwei Monaten auf 4945 gewachsen; das ist eine Vermehrung um 4087 Anstalten. Das giebt sofort eine Idee von der Härte, mit der die Regierung vorgeht. Da kam Combes der Grausame. Dieser Mann, den die Geschichte brandmarken wird, wollte ein neues Gesetz anwenden nud er hat es mit unerhörter Barbarei durchgeführt. Man wird lies begreifen, wenn man erfährt, daß er von den 4945 Anstalten 55 geschlossen hat, und zwar nur darum, weil er nicht anders konnte, da sie sich dem Gesetze nicht unterwarfen. Es bleiben also noch 4890 Anstalten. Danken wir dem Herrn I Um so mehr, da diese Anstalten ein bebautes oder nicht bebautes Grundeigentum von 4621 Hektar besitzen. Sie haben auch ein großes Mobiliarvermögen, aber die Höhe desselben ist natürlich nicht bekannt.
jf London, 9. Sept. Der Vertreter der Preß-Afsoziation hatte ein Interview mit Chamberlain. Darnach versuchten die Burengenerale erfolglos, für die Burenslüchtlinge die Erlaubnis zur Rückkehr in die Heimat ohne Ablegung des Unterthaneneides zu erlangen. Die Burengenerale bemühten sich ferner, die Zusicherung zu erhalten, daß gewisse ehemalige Beamte der Burenrepubliken sobald als möglich uütcr der neuen Verwaltung in ihren früheren Stellungen in ähnlichen Aemtern verwendet werden sollen. Chamberlain lehnte es ab, für die Regierung bindende Erklärungen abzugeben.
* Lsndor», 6. Sept. (Eine ganze Familie vom Vater ermordet) Dieser Tage hat im Süüosten von London ein Tapezierer Namens Cavalla, ein Ausländer, seine ganze Familie ermordet, indem er sowohl seiner Frau wie seinen vier Kindern mit einem Dolchmesfer das Herz durchbohrte und dann noch die Kehle durchschallt. Die fürchterliche That wurde schon gegen 10 Uhr abends begangen, aber erst viel später wurde der Verdacht anderer Bewohner des Hauses dadurch geweckt, daß man Cavalla rastlos in seinen Räumen aus- und abrennen hörte, während von seiner Familie kein Lebenszeichen zu vernehmen war. Als die Polizei in die Wohnung eindrang, leistete der Mörder nicht den geringsten Widerstand, sondern führte die Beamten selbst ins Schlafzimmer, wo die Frau und die vier Kinder in Reih und Glied auf dem Fußboden lagen, der förmlich vom Blute der Opfer schwamm. Cavalla, der als ein durchaus ordentlicher und fleißiger Mensch mit nüchternen Gewohnheiten im ganzen Distrikt bekannt war und der sich stets als liebevoller Familienvater zeigte, hat vorläufig noch keine Erklärung für seine Freoelthat abgegeben und sagte bei seiner Vernehmung nur aus, daß seine Frau und Kinder sich jetzt wohler befänden als zuvor. — Diese Mordthaten in Familien mehren sich in London in letzter Zeit ganz ungeheuerlich, und fast keine Woche vergeht, ohne daß nicht mehrere solcher Fälle bekannt würden. Erst gestern nachmittag wieder hat ein gutsituierter Mann im Weftend von London seine Frau erschossen, während in voriger Woche nicht weniger als drei Gattenmorde bekannt wurden. Gewöhnlich ist das Motiv Eifersucht, verbunden mit Trunksucht auf der einen oder anderen oder auf beiden Seiten und nur zu häufig fallen auch Kinder der mörderischen Raserei der Eltern zum Opfer.
Erbe seines Namens und seines Reichtums. Aber glaubst Du, Dein Vater würde ihm, seinem Neffen und Deinem Gatten, diesen Besitz streitig machen? Das wäre ehrlos gehandelt ! Ich selbst würde ihn, meinen Sohn, verdammen und verlassen, wenn er solchen Plan hegte. Dein Gatte tritt sein Erbe an — Dein Vater zieht davon, ein Bettler — ein Betrüger."
„Nein, nein, das darf, das soll nicht geschehen!"
„Dein Vater, Deine Brüder haben gelebt, als sei Schloß Wölfisheim ihr Eigentum, als wären sie die Besitzer der Wölfisheimer Reichtümer. Schulden ruhen auf Schloß Haldenberg, jetzt dem einzigen Besitz Deines Vaters, das demnächst unter den Hammer des Auktionators kommen muß. Schulden hat Dein Vater im Namen des Besitzers von Wölsistzeim gemacht, die ihn jetzt erdrücken werden, und wenn er vor dem Vormuudschaftsgericht als Verweser des Fideikommisvermögeus Rechenschaft ablegen soll, so steht er da als betrügerischer Vormund und Verweser, denn er hat alle Einkünfte — und mehr als diese — verbraucht, obgleich er nur über einen Teil derselben frei verfügen konnte. Er ist ein Bettler und ein Betrüger-"
„Sprich nicht so harte Worte, Großmutter" bat Eleonore mit Thränen in den Augen. „Mein armer Vater hat im guten Glauben gehandelt. Ihn trifft kein Borwurf, er glaubte, daß die Gräfin Giulietta und ihr Sohn tot seien."
„Hat Dir der Kapitän Harrison nicht erzählt, daß er an Deinen Vater geschrieben, er wisse, wo jene Personen lebten? War es da nicht die Pflicht Deines Vaters, nachzuforschen und dem Sohne das väterliche Erbe zu Übergaben ? Dein Vater hat aber absichtlich die Augen gegen die Möglichkeit geschlossen, den Grafen Rnthart wieder aufzufinden, und darin beruht sein Fehltritt. Graf Rnthart sollte tot sein, und wenn es das Schicksal nicht so wunder
bar gefügt Härte, würde der Sohn des Grafen Wolf Ruthart niemals in den Besitz seines väterlichen Erbes gekommen sein."
„Großmutter, Du bist zu hart."
„Nein, ich bin nur gerecht. Aber ich will nicht ver» dämmen, auf daß ich nicht auch verdammt werde. Denn ich glaubte einst auch nur gerecht zu sein, als ich die Liebe zu meinem Sohn aus meinem Herzen riß, als ich die Witwe und den Sohn meines Sohnes von Schloß Wölfisheim vertrieb, als ich Dich, mit meinem Fluch belastet, in die Welt ziehen ließ — ich glaubte damals gerecht zu handeln, und ich handelte doch nur hart und grausam. Der Meinigen Schicksal wollte ich lenken nach dem Buche des Stolzes und der Ehre, meine Pläne sind zu Schanden geworden, und der Allmächtige hat die Wege der Meinigen wunderbar zu Ende gebracht. Er wird auch richten über meinen Sohn Hasso und er wird Gnade üben."
„Großmutter, Du zerreißest mir das Herz, wenn Du so sprichst. Könnte ich doch jetzt mit dem Vater spreche» I Wie wollte ich ihn trösten und ihm neue Hoffnung in das Herz gießen. Aber der Arzt hat ihm ja jede Aufregung verboten. Ich soll nicht einmal an sein Lager treten dürfen, er soll nicht einmal erfahren, daß ich hier bin."
„Er wird es noch früh genug erfahren, mein Kind, und dann lege Gott Dir die rechten Worte auf die Lippen, daß Du Deinen Vater zu trösten vermagst."
„Ich werde das Richtige schon finden, teure Großmama. Schon jetzt habe ich einen Plan, der Alles zum Besten lenken soll, und ich bin sicher, daß Ruthart meinen Plan billigen wird. Noch heute werde ich an ihn schreiben. Auf Wiedersehen, Großmama, auf Wiedersehen."
Sie küßte die alte Dame und eilte davon. —
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* In WeLsria (Britisch Columbia) langte ein japanischer Dampfer an, der über die Zerstörung der Insel Torishima (?) berichtet. Dort ist ein unterseeischer Vulkan entstanden, der alle 10 oder 15 Minuten eine Wassersäule von 600 Fuß Höhe in die Luft wirft.
* Kalkutta, 8. Sept. Ein Erdbeben hat das ganze Alluvialgebiet von Assam im Norden Hinterindiens bis hin nach der Provinz Chittagong ambengalischen Meerbusen heimgesucht.
* Alerandris, 8. Sept. (Cholera.) Am vergangenen Samstag kamen in Aegypten 1242 Erkrankungen au Cholera vor, davon 20 in Alexandria.
ff Mew-Mork, 9. Sept. Der hiesige venezolanische Generalkonsul erhielt heute folgende Depesche ohne Datum: Präsident Castro hat heute die Aufständischen, die unter den Generalen Vustano Mendoza und Riera standen, in einem erbitterten Kampfe Lei Tinaquillo vollständig geschlagen.
* Men» Mark) 8. Sept. Auf der Insel St. Vincent ist der Rabacca-Fluß auf eine Viertelmeile mit kochendem Wasser gefüllt. Die großen Plantagen am Ufer desselben sind ruiniert. — Der Vulkan Soufriere veränderte die Topographie eines großen Distrikts. Die Kuppe deS Vulkans ist gänzlich umgestaltet; seine Höhe ist bedeutend verringert.
Handel uns Verkehr.
* Alteusteig. 10. Sept. Der gestrige Viehmarkt war befahren mit 154 Paar — 309 Stück Ochsen und Stiere, 57 Kühen und 28 Stück Jungvieh, zus. 393 Stück. Die verminderte Zufuhr ist eine Folge der guten Witterung, denn unsere Waldbauern sind mitten in der Oehmdernte, auch harrt noch vieler Haber der Einheimsung. Fettvieh war gesucht und ging zu hohen Preisen ab, ebenso Nutzvieh. Auf dem Schweinemarkt war gute Zufuhr und es entwickelte sich zu den seitherigen Preisen ein lebhafter Handel.
* Aktensteig, 10. Sept. Am Montag wurde der städtische Obstertrag, geschätzt zu 212 Simri meist Aepel, versteigert. Erlöst wurde die schöne Summe von 349 Mk. Es ist dies der höchste Erlös, welchen die Stadt bis jetzt aus ihren Obstbäumen zu verzeichnen hat. Die Bäume wurden vor etwa 15 Jahren gepflanzt und die begonnene Eriragsfähig- keit verspricht in Zukunft eine gute Rentabilität der Anlagekosten.
* Klette« i. Hl., 8. Sept. Viele, besonders die jungen Obstbäume hängen wie vor zwei Jahren zum Brechen voll. Das Obst ist groß und gesund. Letzten Samstag wurde das Gemeindeobst, zu 1250 Simri geschätzt, um 2826 Mk., demnach zu 2 Mk. 27 Pfg. pro Simri, verkauft. Die Gemeinde löste über 1000 Mk. mehr als im großen Obstjahr 1900. ' Die Weinberge sind durchweg schön belaubt und die Trauben gehen bei dem günstigen Herbstwetter rasch der Reife entgegen.
* Eßlingen, 6. Sept. (Faßmarkt.) Trotz der immerhin noch ziemlich günstigen Aussichten aus einen schönen Obstertrag herrschte auf dem heutigen Fatzmarkt ein ziemlich flauer Verkehr. Die Zufuhr betrug ungefähr 700 Fässer mit einem Eichgehalt von zus. 2250 bis 2500 bl. Die Preise waren etwas schwankend und betrugen bei Fässern von 20—200 I 11—12 Pf., bei 300 I 9 -10 Pf., bei 600 I 8 Pst, bei 900 1 und mehr 6—8 Pf. pro Liter. Alte Fässer wurden zwn Preis von 3—4 Pf. pro Liter feilgeboten. Die Kübelwaren, welche auch ziemlich stark vertreten waren, erfreuten sich besonders gegen Mittag einer besseren Nachfrage; es wurde bezahlt für Faßtrichter 3,50 Mk., Krautstanden 6—14 Mk., Bohnenstauden 2,80—3,80 Mk>, Weinzuber 15—20 Mk., Weinbütten 45—50 Mk., Waschzuber 3,50—4 Mk., Güllenfässer 8 Mk., Butten 4—6 Mk., Kübel 1 Mk.
* Kack, 4. Sept. Viehmarkt. Zugetrieben: 90 Ochsen, 132 Kühe und 210 Stück Jungvieh. Verkauft wurden: 60 Ochsen, 90 Kühe und 150 Stück Jungvieh. Die Preise waren bei ein Paar Ochsen von 635—970 Mk.; bei Kühen von 100—500 Mk. und bei Jungvieh von 75—330 Mk. Die Umsatzsumme beträgt 81 300 Mk.
* fliknr, 6. Sept. Der heutige Fruchtmarkt war mit ca. 75,000 Kilo befahren. Das Geschäft war matt, nur Roggen besserre sich etwas, dagegen erfuhren die anderen Getreidesorteu gegen den ohnehin niedrigen Preisstand des vorwöchigen Marktes weitere Rückgänge von 10—25 Pf. per 50 Kilo. Unverkauft blieben 2700 Kilo. Bezahlt wurde per 50 Kilo: Kernen Mk. 8—9.20, Weizen Mk. 7.70—9.00. Roggen Mk. 6.80 -7.60, Gerste Mk. 7-7.60, Hafer Mk. 7-9.20.
Verantwortlicher Redakteur: W/Rieker, Altensteig.
Im Gasthause „Zur silbernen Peitsche" in der kleinen Gertraudenstraße herrschte fieberhafte Aufregung. Frau Mariechen Kempner konnte sich von der Ueberraschung noch immer nicht erholen, welche ihr die Entdeckung, daß Richard Wilson eigentlich Graf Ruthart von Wölfisheim war, bereitet hatte. Ihr Gatte hatte ihr zwar Schweigen gegen Jedermann auferlegt, aber das war leichter gesagt, als ge- than, und wenn Frau Kempner auch ihren Dienstmädchen und den Gästen die seltsame Geschichte gerade nicht mit offenen Worten erzählte, so erging sie sich doch in so vielfachen dunklen Andeutungen von wunderbaren Entdeckungen und Ueberraschungen, die bevorständen und alle Welt in Erstaunen setzen würden, daß die Dienstmädchen, Kellner und Gäste von der Aufregung der braven Frau angesteckt wurden und jeden Augenblick das Eintreten des wunderbaren Ereignisses erwarteten. Die Gäste blieben in Folge dessen viel länger sitzen, als eS ihre Gewohnheit war, und tranken mehr, als sie vertragen konnten. Die Kellner klapperten mit den Bierkrügen auf wahrhaft gefährliche Art und Weise, und die Köchin und die Dienstmädchen warfen in diesen Tagen mehr Teller und Schüsseln entzwei, als sonst in einem ganzen Jahre. Kurz, in dem sonst so ruhigen Gasthofe „Zur silbernen Peitsche" schien ein Geist der Auf- regung, der Unordnung und des Schreckens eingekehrt zu sein, der schließlich nur durch das Machtwort des Herrn Philipp Kempner gebannt werden konnte.
Der brave Onkel Philipp war der Einzige, der den Kopf oben behalten hatte, der Ruthart und der jungen Frau mit Rat und That zur Seite stand und schließlich auch mit dem Geheimen Juftizrat vr. Eichhorn konferiert und beraten hatte.
(Fortsetzung folgt.)