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Kienstag, 8. Juli.

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1902.

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Da die gesamte innere Politik des deutschen Reiches gegenwärtig von der Zolltarif-Frage beherrscht wird, so kann es nicht ausbleiben, daß auch wir auf jene Frage aufs Neue zurückkommen. Ist doch die Vorlage dazu bestimmt, eine neue Aera nicht nur in der wirtschaftlichen, sondern auch in den politischen Beziehungen der Dreibundvölker und Rußlands herbeizuführen. Freilich ist die Erneuerung des Dreibundes auch jetzt wieder erfolgt, wir wissen nicht, für eine wie lange Zeitdauer, dürfen aber doch mit Bestimmtheit annehmen, daß die Verlängerung mindestens auf vier Jahre ausgedehnt ist. Diese erfreuliche Thatsache vermag indessen die Gewißheit nicht aus dem Wege zu räumen, daß ein Zoll­krieg die politischen Beziehungen der in Betracht kommenden Staaten auch trotz des Bündnis-Vertrages trüben würde. Daher ist es ganz selbstverständlich, daß die verbündeten Regierungen mit allen Kräften dahin streben, zur Erneuerung von Handelsverträgen zu gelangen. Diese Handelsverträge sollen aber nicht um jeden Preis und namentlich nicht mit dem Opfer der Interessen der deutschen Industrie und Land­wirtschaft erkauft werden. Es soll ein Mittelweg eingehalten werden, der den landwirtschaftlichen und industriellen Er­zeugnissen des Reichs den denkbar stärksten Schutz verleiht, dabei aber gerade noch den Abschluß neuer Handelsverträge ermöglicht.

In einer letzten Mahnung und Warnung an die Mit­glieder der Zolltarifkommission hat der Staatssekretär Graf Posadowsky noch einmal mit entschiedenstem Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Regierung ihre Vorlage als eine unabänderliche betrachte und von ihr weder nach links oder nach rechts abweicheu könne. Es sei ganz unmöglich dem Verlangen der Linken auf Herabsetzung oder gar gänz­lichen Beseitigung der Schutzzölle zu entsprechen. Das Aus­land würde in solchem Falle auch nicht entfernt daran denken, mit uns Handelsverträge abzuschließen, die auch ihm Verpflichtungen auferlegen würden, sondern es würde ganz einfach seine Erzeugnisse über die deutschen Grenzen werfen, die eigenen dagegen durch Zölle zu schützen wissen. Vollkommene Schntzzolllostgkeit würde also nach den treffen­den Ausführungen des Staatssekretärs ebenso zurVertrags- losigkeit führen, wie übertrieben hohe Zölle es thun würden. In seinem letzten Appell an die Mitglieder der Kommission mahnte der Staatssekretär zur Annahme der unveränderten Regierungsvorlage, da alle anderen Bestimmungen unan­nehmbar und unausführbar seien.

Und es scheint fast, als habe dieser Appell einen Er­folg gehabt. Denn wie jetzt von informierter Stelle ver­lautet, ist die Kommission in ihrer Mehrheit entschlossen, sich in den wichtigsten Punkten des Gesetzentwurfs, den die Getreidezölle betreffenden, auf den Boden der Regierungs­vorlage zu stellen. Freilich mit einer kleinen Abweichung, die jedoch der Zustimmung des Bundesrats sicher sein soll. Wir haben schon wiederholt Gelegenheit gehabt, darauf hin­zuweisen, daß der Minimalzoll von 3 Mark für Gerste den süddeutschen Regierungen etwas zu niedrig bemessen zu sein scheint. Im Interesse ihrer großen Brauereien waren die süddeutschen Regierungen, namentlich die Regierung Bayerns von jeher einer mäßigen Erhöhung des Gerstenzolls geneigt. Die Kommission hatte beschlossen den Gerstenzoll von 3 auf 5,50 Mk. zu erhöhen. Diesen gewaltigen Sprung macht die Regierung nicht mit; Wohl aber soll sie sich zu einer Erhöhung auf 3,50 Mark bereit erklärt haben. Diese 50 Pfennige wären dann die einzige Konzession, die die schutzzöllnerischen Parteien des Reichstags der Regierung abzuringen vermocht hätten. Da aber auch die Vertreter der Landwirtschaft einsehen, daß ihnen die Regierungsvorlage gegen die bisherigen Beitragssätze doch einen ganz erheblich stärkeren Schutz gewährt, so wollen sie in ihrer Mehrzahl mit dem Sperling vorlieb nehmen, der ihnen in die Hand gegeben wird und auf die Taube verzichten, die auf einem ihnen unerreichbaren Dache sitzt. Und daß auch der Sper­ling in diesem Falle gar keine so verächtliche Gabe ist, das erfahren die deutschen Landwirte hoffentlich nach dem In­krafttreten der neuen Handelsverträge recht bald. Es ist doch ein ganz bedeutender Unterschied zwischen einem Ge­treidezoll von 3,50 Mk. und einem solchen von 5 resp. 5,50 Mk. Der ausländischen Konkurrenz ist mit dieser Zollsteigerung doch ein recht empfindlicher Hemmschuh an­gelegt worden, und wenn die deutsche Landwirtschaft nicht unter schweren Mißernten u. s. w. zu leiden hat, darf sie sich wohl der Erwartung auf eine Besserung der Lage hingeben.

Bestätigt sich nun aber auch die Annahme, daß der Zolltarifentwurf der Regierung in seinem wesent­lichsten, dem die Getreidezölle betreffenden Teile die Zu­stimmung des Reichstags finden wird, so ist doch eine Gefahr für das Zustandekommen des Gesetzentwurfs durch

die von der Kommission beschlossene Herabsetzung der Textil­zölle entstanden. Gegen diese Herabsetzung wandte sich die Warnung des Staatssekretärs Grafen Posadowsky gleichfalls. Und was der Vertreter der Reichsregierung und der Vater des Zolltarifentwurfs in der Kommission erklärte, das wird in der Auslassung eines halbamtlichen Organs noch ein­gehend ausgeführt. Es kann daher kein Zweifel darüber bestehen, daß der Zolltarifentwurf auch an diesen Herab­setzungen scheitern würde. Nachdem er die Skylla glücklich umschifft, gerät der Entwurf nun scheinbar in die Charybdis und in die Gefahr, in dieser unterzugehen. Daß das Plenum des Reichstags diese Gefahr beschwören sollte, bleibt nicht als unwahrscheinlich bezeichnet, kann aber auch noch nicht als gewiß bezeichnet werden. Denn die Herabsetzung der Textilzölle ist ja im Grunde nur die Quittung für die den Konservativen unzureichend erscheinende Herabsetzung der Getreidezölle in der Regierungsvorlage. Die Konservativen wünschen nicht, daß die Industrie einen ungleich stärkeren Schutz genieße, als die Landwirtschaft und sie werden daher wohl im Namen der ausgleichenden Gerechtigkeit ihr mög­liches thun, um die Textilzölle der Regierung herabzusetzen und die bezüglichen Kommisstonsbeschlüsse aufrecht zu erhalten. Gleichwohl wird man an der Erwartung festhalten dürfen, daß, wenn bezüglich der Getreidezölle eine Verständigung gefunden wird, dann auch trotz der neuerdings aufgetretenen Schwierigkeiten bezüglich der Textilzölle, das Zustandekommen des ganzen Zolltarifentwurfs gesichert erscheint. Darüber recht bald unumstößliche Gewißheit zu erhalten, wäre für Handel und Wandel, für Landwirtschaft und Industrie von dem allergrößten Werl. Wir dürfen daher auch schon das erste Anzeichen, daß das große Werk der Zolltarifvorlage einen gedeihlichen Ausgang machen wtrd, mit Freuden be­grüßen.

Tagespolitik.

* Heber das Heiraten von Militärpersonen des preußischen Heeres hat der Kaiser eine neue Verordnung erlassen, aus der dieNat.-Ztg." als die wichtigsten Bestimmungen folgende hervorhebt: Die Erlaubnis zur Verheiratung eines Offiziers oder Sanitätsoffiziers mit geringerem Gehalt als demjenigen eines Hauptmanns (Rittmeisters) 1. Gehaltsklasse darf nur dann nachgesucht werden, wenn zuvor der Beweis geführt ist, daß der Offizier oder Sanitätsoffizier ein außer­dienstliches Einkommen hat, das mindestens betragen muß: bei einem Hauptmann (Rittmeister) 2. Gehaltsklafse und bei einem Distrikts-Offizier der Landgendarmerie mit einem Ge­halt von 4500 Mk. jährlich 1500 Mk., bei einem Distrikts- Offizier der Landgendarmerie mit einem Gehalt von 3300 Mk. jährlich 2100 Mk., bei einem Oberleutnant und Leutnant einschließlich der Oberjäger und Feldjäger des Reitenden Feldjäger-Korps jährlich 2500 Mk., bei einem Zeug-, Feuerwerks- und Festungsbau-Hauptmann 2. Gehaltsklafse jährlich 750 Mk., bei einem Zeug-, Feuerwerks- und Festungs­bau-Oberleutnant und Leutnant jährlich 1000 Mk., bei einem Stabsarzt 2. Gehaltsklafse, einem Ober- und Assistenzarzt jährlich 750 Mk. Die Erlaubnis zur Verheiratung eines in einer.etatsmäßigen Stelle des Heeres verwendeten Offiziers zur Disposition, dessen Pension weniger als 3000 Mk. jähr­lich beträgt, darf nur dann nachgesucht werden, wenn zu­vor so viel außerdienstliches Einkommen nachgewiesen wird, daß dieses und die Pension zusammen jährlich mindestens den bezeichneten Betrag erreichen. Der Antrag auf Erteilung der Heirats-Erlaubnis wird, sofern er nicht unmittelbar dem Kaiser vorzulegen ist, mit den monatlichen Gesuchslisten einqereicht. Der Gesuchsliste sind beizufügen: a) das Ge­such des Antragstellers an den Kommandeur des Regiments oder selbstständigen Bataillons u. s. w. oder Vorstand (Direktor u. s. w.) einer Dienstbehörde. Das Gesuch muß enthalten: Ruf- und Familiennamen der Braut, den genau zu bezeichnenden Stand ihres Vaters, wenn die Braut ver­witwet oder geschieden ist, auch den Stand des gestorbenen, oder geschiedenen Ehegatten; b) der Einkommens-Nachweis, wenn ein solcher erforderlich ist; o) wenn es sich um eine Ehe mit einer geschiedenen Frau handelt, das Ehescheidungs­urteil nebst Gründen; ist der Bräutigam geschieden, so ist anzugeben, wann die Scheidung rechtskräftig erfolgt ist. Die Gesuchsliste selbst muß genaue Angaben über die Her­kunft, die Erziehung, Bildung und den Ruf der Braut nebst seiner pflichtmäßigen, auf sorgfältiger Prüfung aller in Betracht kommenden Umstände beruhenden Erklärung des Kommandeurs u. s. w. darüber enthalten, daß der beab­sichtigten Heirat weder dienstliche noch Standesrücksichten entgegenstehen. Ferner ist anzugeben: a) bei Hauptleuten und Rittmeistern sowie Stabsärzten, deren Gesuchen keine EinkommenS-Nachweise beiliegen, ob sie in der ersten Ge Haltskasse sind; b) bei Leutnants das Lebensalter (Zahl

der Jahre); o) Lei Offizieren z. D. vom charakterisierten Major abwärts und bei Sanitätsoffizieren z. D. vom charakterisierten Oberstabsarzt abwärts der Betrag der Pension zur Zeit der Einreichung des Gesuches.

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In der französischen Deputiertenkammer interpellierte Denis Cochin die Regierung über das jüngst ergangene Dekret, das die Schließung von 135 Kongregationsschulen anordnet, und erklärte, das Dekret verletze das Gesetz von 1886. Der Ministerpräsident Combes erwiderte: Die Kon­gregationen gründen überall neue Schulen oder neue Nieder­lassungen, die zuvor der staatlichen Genehmigung bedürfen. Die Regierung sei entschlossen, jeden Widerstand zu brechen und die Herrschaft der bürgerlichen Gesellschaft zu sichern. Den gegen diese nicht staatlich genehmigten Kongregations- schulen getroffenen Maßnahmen würden in nächster Zeit mehrere andere folgen. Stürmischer Beifall folgte dieser Erklärung seitens der Linken. Die Kammer beschloß mit 309 gegen 218 Stimmen, daß die Rede Combes' öffentlich angeschlagen werde und nahm eine von Violette eingebrachte und von Combes gebilligte Tagesordnung, in welcher es heißt, die Kammer billige die Erklärungen der Regierung und rechne darauf, daß dieselbe mit Festigkeit die Durch­führung des Vereinsgesetzes überwachen werde, mit 333 gegen 210 Stimmen an.

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England ist mißvergnügt über die Erneuerung des Dreibundvertrages und die" guten Beziehungen die Frank- reich zu einer der Dreibundmächte, zu Italien unterhält. In einem aus dem Auswärtigen Amte stammenden Artikel der Köln. Ztg." lesen wir: Kurz vor Beginn der parlamentarischen Ferien sind sowohl in der Pariser Kammer wie im Londoner Unterhause Erklärungen abgegeben worden, die für die Be- urteilung der auswärtigen politischen Lage eine gewisse Trag­weite besitzen. Der französische Minister des Aeußern Delcasse hat sich bemüht, die Beziehungen Frankreichs zum Dreibunde darzulegen und er hat sich dafür auf bestimmte Erklärungen der französischen Regierung berufen können, wonach die Dreibundpolitik in keinem Falle eine Drohung für Frankreich bedeutet und wonach in keinem Falle und in keiner Form Italien das Werkzeug oder der Gehilfe eines Angriffs gegen Frankreich werden könne. Diese Erklärung enthält nichts Neues, sie wiederholt nur, was seit dem ersten Abschluß des Dreibundvertrages von allen drei Vertrag­schließenden immer und immer wieder hervorgehoben ist, daß der Dreibund ausschließlich eine gemeinsame Verteidi­gung gegen fremde Angriffe, unter keinen Umständen aber irgend ein Angriffsziel im Auge hat. So lange Frankreich keinen Angriff gegen einen oder mehrere der Dreibundmächte plant, so lange kann in der That dem Dreibunde der Charakter einer Drohung nicht beigemeffen werden. Dem­gemäß kann es nur erwünscht sein, wenn Frankreich seiner­seits mit einer oder mehreren der Dreibuudmächte freund­schaftliche Beziehungen unterhält. Sie werden nur zu einer Entlastung der Aufgaben des Dreibundes beitragen. Wenn daher Herr Delcasse die Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen Frankreich und Italien als eine seiner Hauptbe­strebungen hinstellt, so wird er damit innerhalb des Drei­bunds nur Zustimmung finden, während freilich, wie die Rede des englischen Staatssekretärs des Auswärtigen zeigt, außerhalb des Dreibundes nicht gerade derselbe unbefangene Widerhall zu erwarten sein dürfte. In dieser Rede ist be­sonders auffällig die eigentümliche Versicherung, daß es nicht Englands Sache sei, Verträge anzubieten, sondern zu be­willigen. Diese Aeußerung enthält zum mindesten kein Uebermaß von Freundlichkeit gegenüber Japan. Aber eben­so müsse man bezweifeln, ob die Aeußerungen des Londoner Staatsmannes über Italien in diesem Lande mit mehr als mäßiger Genugthuung ausgenommen werden dürfte.

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Aus Rußland werden neue Arbeiterunruhen gemeldet. In Rostow am Don, Gouvernement Jekaterinoslaw, drang eine beträchtliche Anzahl Arbeiter in mehrere Fabriken ein, plünderte und zerstörte dort alles und zerbrach die Maschinen. Gleichzeitig plünderte das Landvolk in der Umgegend die Häuser der Gutsbesitzer und Pächter. Militär mußte ein- schreiten, um die Ordnung wieder herzustellen. Die Sol­daten schossen in die Menge und töteten oder verwundeten eine große Zahl der Ruhestörer. Die Landleute sowie die Arbeiter waren aufgewiegelt worden und wurden bei den Ausschreitungen geführt durch Fremde, die eine Phantasie- Uniform und -Ordensauszeichnungen trugen und sich als Sendboten des Zaren ausgaden. In einem großen Teile von Sndrnßland, namentlich in den Gouvernements Charkow, Poltawa, Kiew, Woronesch, Saratow, Cherson, Jekaterinoslaw,