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Erscheint Dienstag, Donnerstag, SamStag und Sonntag

«it der GratiS-Beilsge Der SonntagS- Ga«.

BestellpreiL pro Quartal im Bezirk u. Nachbar- »rtSverkehr Mk. 1.1b außerhalb derselben Mk. 1.SS.

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EinrÜcknngSpreiS für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein­rückung 8 Pfg. be> mehrmal. je 8 Psg auswärts je 8 Psg. H? tspaltige Zeile ober deren Raum

verwendbare Beiträge «erden dankbar angenommen.

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Ar. 100.

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Samstag, 5. Juli.

Bekanntmachungen aller Art finde« die «rsalg» I 1902 reichst« Verbreitung I *

Amtliches.

In Salzstetten ist eine Postagentur errichtet worden. Dieselbe tritt am IS. Juli in Wirksamkeit und kommt mit Haiterba ch, Pfalz- grafemveiler u. a. Orten die Taxe des Nachbarortsverkehrs zur An­wendung.

Erledigt die zweite Stadt-Pfarrstelle in Nagold.

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* Stuttgart, 2. Juli. (118. Sitzung.) Tagesordnung: Kapitalfteuer und Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer. Der Regierungsentwurf zur Kapitalsteuer verwandelt diese aus einer bisher selbstständigen Steuer in eine Ergänzugs- steuer zur Einkommensteuer um. Referent ist Prälat v. Sandberger. Eine nennenswerte Debatte erhebt sich nur bei der Frage der Steuerfreiheit der kirchlichen Fonds. Prälat v. Sandberger empfiehlt diese Steuerfreiheit für kirchliche Fonds, soweit sie für kirchliche Zwecke wirklich verwendet werden, entsprechend dem ueulichen Beschluß der Kammer bezüglich der Einkommensteuer. Die volkspartei­lichen Abg. Bintz, Betz und C. Haußmann Weisenaus den Unterschied hin, der zwischen den beiden Steuern be­stehe: die Konsequenz sei nicht einzusehen, daß die kirchlichen Fonds, wenn sie von der Einkommensteuer frei seien, auch zur Kapitalsteuer nicht herangezogen werden sollen. Das Haus beschließt indessen diese Steuerfreiheit. Artikel 29 wird sodann durch einen Antrag Gröber ergänzt, wonach bei fortgesetzter Steuergefährdung die Nachforderung des Fiskus vom Schluß des letzten Steuerjahrs an verjährt, auf welche sich die letzte Steuergefährdung erstreckt. Die Abstimmung über das ganze Kapitalsteuergesetz wird bis zu dessen Druck­legung verschoben. Die Beratung über dre Grund-, Ge­bäude- und Gewerbesteuer leitet Abg. C. Haußmann mit Ausführungen über das Ertragssteuersyftem ein: Die ganze Reform leide unter ihren Halbheiten. Hätte man den beiden Hauptkategorien des Landes, der Landwirtschaft und dem Gewerbe, das wirkliche Gefühl einer Reform großen Stils geben wollen, so hätte man der Landwirtschaft die ungerechten Ertragssteuern ganz abnehmen müssen und den Gewerbestand nicht mit einem Machwerk beschweren dürfen, das so wenig dem entspreche, was man als eine gerechte Behandlung der Steuerlast verteidigen könne. Die Frage, od die Verantwortung für dieses Gesetz übernommen werde, hänge wesentlich davon ab, ob es gelinge, es glück­licher zu gestalten, als dies bisher der Fall sei. Abg. Binz (Vp.) verurteilt unter Beibringung eines eingehenden Zahlenmaterials das Ertragssteuersystem und weist den Wert einer progressiven Vermögenssteuer für die Landwirt­schaft nach. Finanzminister v. Zeyer gesteht zu, er selbst hätte gewünscht, daß an Stelle der Ertragssteuern etwas anderes getreten wäre. Doch sei bei dem Mangel aller Erfahrungen über die Wirkungen unserer Einkommensteuer nichts andres übrig geblieben. Jedenfalls sei eine progressive Vermögenssteuer als Ergänzung zu einer bereits progressiven Steuer undurchführbar, v. Geß (D. P.) und Gröber(Ztr.) stimmen darin überein, die Ergebnisse der Einkommensteuer abzuwarten und, sobald sie vorliegen, sich sofort über die Einführung der Vermögenssteuer schlüssig zu werden. Abg. Keil (Soz.) erklärt namens seiner Partei, daß diese dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen werde. Darauf werden der Reihe nach die Artikel 1 bis 4 erledigt. Abg. Schickhardt (Vp.) erklärt, seinen Antrag auf eine pro­gressive Gewerbebetriebskapitalsteuer bei dessen vollständiger Aussichtslosigkeit nicht wiederholen zu wollen. Abgg. Binz (Vp.) und Hähnle (Vp.) beklagen unter Hinweis auf ihre Erfahrungen und auf ausführliches Material die bisher übliche Einschätzungsweise, der gegenüber eine Ge­werbebetriebssteuer trotz aller Mängel Vorteile biete. Finanz­minister v. Zeyer verweist demgegenüber auf die geringe Anzahl von Beschwerden, die zu verzeichnen seien. Abg. C. Haußmann kritisiert denungesetzlichen Zustand", der in Württemberg dadurch entsteht, daß nur nach Gefühl geschätzt werde. Die Debatte endigt mit der Annahme des Artikels 4. Bei der weiteren Beratung um die Erledigung zweier Fragen, nämlich um die Befristung der Dauer des Gesetzes und um die Steuerabzüge der Kataster. Die Kommission schreibt eine Befristung von sechs bezw. vier Jahren je mit Stimmengleichheit vor. Die volksparteilichen Abgeordneten Sch ick Hardt und Betz beantragen 3, der Berichterstatter Ow 5 Jahre. Finanzminister v. Zeyer spricht sich gegen jegliche Befristung mit Rücksicht auf die Unsicherheit aus, welche sowohl bezüglich der Ergebnisse der Einkommensteuer, als auch bezüglich des Inkrafttretens der Steuerreform überhaupt bestehen. Die Abstimmung ergiebt die einstimmige Annahme des Antrages v. O w. Bezüglich der Steuerabzüge begründet v. Ow an der Hand der Nach­

weise über die sinkende landwirtschaftliche Rentabilität die Kommissionsanträge, die einen Abzug von 20 Prozent bei Aecker und Wiesen, von 40 Prozent bei Weinbergen und überhaupt keinen Abzug bei Waldungen vorschreiben. Für die Gewerbekataster will der Regierungsentwurf Abzüge von 60 pCt., 50 pCt., 40 pCt., 30 pCt. und 20 pCt. bei einem Steuerkapital bis zu 1000 Mk., von 10015000 Mk., von 500110,000 Mk.. von 10,00130,000 Mk. und über 30,000 Mk. festsetzen. Demgegenüber beantragen die volks­parteilichen Abgg. Schickhardt und Hähnle, die Degression bis 40 PCt. bei dem Steuerkapital von über 5000 Mk. zu beendigen, indem sie auf den schweren Konkurrenzkampf Hinweisen, den die württembergische Indu­strie mit den niedriger besteuerten Industrien der Nachbar­länder zu bestehen habe. Abg. Betz (Vp.) unterstützt diesen Antrag und erklärt gleichzeitig, daß er und seine Freunde gegen das Gesetz, das die Steuerzahler so sehr belaste, stimmen werde. Das gleiche Urteil über den Entwurf fällt auch sein Fraktionsgenosse Bintz. Gegen den An­trag Hähnle polemisiert Rembold - Aalen (Ctr.), der darin eine Bevorzugung der Großindustrie findet, die bereits in anderer Beziehung steuerlich mehrfach entlastet sei. Auch unter den übrigen Rednern findet der Antrag wenig Freude.

Finanzminister v. Zey er erklärt sich mit den Kommissions­beschlüssen einverstanden. In namentlicher Abstimmung wird der Antrag Hähnle mit 55 gegen 10 Stimmen ab­gelehnt. Die Kommissionsbeschlüsse werden sowohl be­züglich der gewerblichen, wie der landwirtschaftlichen Abzüge angenommen.

Lanoesnacyrictzten.

Attensteig, 4. Juli. Einen wirklichen Sommer werden wir Wohl in diesem Jahre nicht bekommen; bald tritt un­vermittelt die größte Hitze auf, bald ist es kühl, wenn nicht gar kalt und regnerisch. In den jüngsten heißen Tagen sind in den verschiedensten Teilen des Reiches erhebliche Gewitter und Hagelschläge niedergegangen, die auch den Verlust von Menschenleben im Gefolge hatten, und in Thüringen, bei Artern, verursachte die außergewöhnliche Hitze eine Gleisbcschädigung. Die Blitzgefahr hat. sich in Deutschland gegenüber der ein halbes Jahrhundert zurück­liegenden Zeit nahezu versechsfacht, woran, neben zahl­reichen anderen Dingen, Wohl namentlich die ausgedehnten Abholzungen eine Schuld tragen. Gerade die Nähe von Wald vermindert, be> anders in wasserreicher Umgebung, die mit den Gewittern verbundenen Gefahren. Die eigen­tümliche Erscheinung, daß wir den Blitz früher bemerken als den Donner, erklärt sich bekanntlich aus der weitaus größeren Geschwindigkeit, mit der sich das Licht gegenüber dem Schall fortpflanzt. Am gefährlichsten sind die Ge­witter, die sich in der Luft schnell vorwärts bewegen und bei denen das Geräusch des Donners fast unmittelbar dem Aufblitzen folgt, ^in einfaches Mittel, zu bestimmen, in welcher Entfernung sich ein Gewitter befindet, besitzt man in dem Messen der Zeitabstände zwischen Blitz und Donner nach Sekunden. Beträgt dieser Unterschied zum Beispiel 22 Sekunden, so kann man annehmen, daß das Gewitter eine Meile entfernt ist. Auf jede Sekunde des Zeitabstandes entfällt eine Entfernung von etwa 340 Meter. Die Fort­bewegung der Gewitter ist eine sehr verschiedenartige, die Schnelligkeit schwankt zwischen 10 und 80 Kilometer in der Stunde; im Durchschnitt wird sie auf 40 Km. geschätzt. Das ist etwa die gleiche Geschwindigkeit, mit der ein Güter­zug oder ein Schnelldampfer modernster Art fährt.

* Seit dem 1. Juli ds. Js. werden bei den Gemeinde­gerichten an Gerichtsgebühren erhoben: 1. für die Erledigung eines Rechtsstreits durch Entscheidung bei einem Streit­gegenstand im Wert bis 30 Mark einschließlich 1 Mark, von mehr als 30 Mark bis 50 Mark einschließlich 2 Mk. 2. für die Erledigung eines Rechtsstreits durch Vergleich, solche für die Erlassung eines Arrestbefehls oder einer einst­weiligen Verfügung 50 Pfg. resp. 1 Mark; 3. für die Er­lassung eines Zahlungsbefehls 20 resp. 40 Pfg. und 4. für die Erlassung eines Vollstreckungsbefehls 10 resp. 20 Pfg. Weiter werden die baren Ausgaben für Schreibgebühren, Zeugengebühren rc. erhoben.

* Wagold, 1. Juli. In Emmingen wurde Gemeinde­pfleger Renz mit 84 Stimmen zum Octsvorsteher gewählt.

Die hiesigen städtischen Waldungen haben im abge­laufenen Rechnungsjahr einen Reinertrag von rund 70000 Mark ergeben.

0 Tübingen, 3. Juli. Die Bankfirma Wilh. Breuning hat ihre Zahlungen eingestellt. Die Passiva belauft sich auf ^2 Million, denen nur 50 000 Mk. Aktiva gegenüber­stehen. Der Inhaber hat sich dem Gericht gestellt und ist sofort in Haft behalten worden. Große Aufregung herrscht darüber in der Stadt.

* Vor dem Tübinger Schwurgericht wurde am I.Juli dem Sattlergehilfen Johann Ulrich, dem Brandstifter von Herrenberg, der Prozeß gemacht. Seiner ruchlosen Hand sind von Ende Januar bis anfangs April 1902 7 Gebäude durch Feuer zum Opfer gefallen. Ulrich war 5 Verbrechen der vollendeten und eines Verbrechens der versuchten Brand­stiftung angeklagt. Johann Ulrich ist geboren 1878 zu Thalheim, Amts Tuttlingen, als unehelicher Sohn einer Arbeiterin. Schon in früher Jugend hatte er einen großen Hang zum Stehlen, was zur Folge hatte, daß er in Zwangs­erziehung genommen wurde. Aus seiner Lehr- und Ge­sellenzeit hat er gute Zeugnisse, auch sein letzter Meister, der Sattler Burkhardt in Herrenberg, bei welchem er über zwei Jahre in Arbeit stand, schilderte ihn als einen tüch­tigen Arbeiter, aber als einen verlogenen Burschen. Zur Verhandlung waren 30 Zeugen geladen. In Thailfingen bei Herrenberg hatte der Angeklagte eine Bekanntschaft. Am Sonntag, den 20. April, abends begab sich der An­geklagte von Herrenberg aus dorthin, um ihr einen Besuch abzustat en, fand jedoch das Haus derselben verschlossen uno ohne Licht. In jener Nacht brannte in Thailfingen unweit der Wohnung jenes Mädchens eine Scheuer auf den Grund nieder Der Angeklagte fand sich bald auf dem Brandplatze ein und traf dort auch seine Bekanntschaft. Bon jenem Zeitpunkt an gingen verschiedene Gerüchte, die den Angeklagten belasteten. In Untersuchungshaft genommen, leugnete er mit Entschiedenheit, ein Brandstifter zu sein. Erst später, nach längeren Kreuz- und Qucr-Verhören ließ er sich zu Einräumungen, aber auch da wieder nur von Fall zu Fall herbei. Heute erklärte er nun, er wolle, wie schon früher sich sein Gewissen erleichtern und erzählte dann: Mitte Januar ds. Js. habe er in Bondorf in Be­gleitung des Meisters Burkhardt Gelegenheit gehabt, nachts einer Feuersbrunst zuzusehen, er habe daran eine überaus große Freude gehabt. Als er dann am 26. Januar abends einen Spaziergang gemacht habe, sei auf einmal der Gedanke in ihn hineingesahren, anzuzünden. In der Barstecher scheu Scheuer seien Späne aufgeschichtet gewesen und diese habe er an mehreren Stellen in Brand gesetzt, sei alsdann raschen Schrittes nach Hause und habe von dort aus dem Brande zugesehen. In diesem wie bei allen folgenden Fällen habe er sich beim Weggehen von zu Hause stets davon überzeugt, daß das Haus seines Meisters noch nicht verschlossen sei, um nötigenfalls schnell ein Versteck zu haben. In der Nacht vom 2. zum 3. Februar habe er sich in die Rei- chardtsche Ziegelei eingeschlichen, dort in einem Sieb Brenn­stoffe aufgeschichtet, auf ein Holzregal gestellt und ange­zündet. Schnell habe er sich dann in seines Meisters Haus zurückbegeben und bald sei Feuerlärm entstanden. Durch die Dazwischenkunft des Nachtwächters wurde dieser Brand im Entstehen gelöscht. Vierzehn Tage später sei er in das Reichardtsche Haus durch die Thüre eingedruugen, habe in der Scheuer einen Haufen Stroh geschichtet, Holz daraus gelegt und Feuer gemacht. Bald habe es lichter­loh gebrannt, rasch sei er wieder nach Hanse und habe von der Giebelseite aus dem Feuer zugesehen. Am 9. März sei er abends an der Schreiner Bührerschen Scheuer vor­beigekommen, plötzlich sei ihm der Gedanke durch den Kopf geschossen, die könnte man jetzt auch anzünden. Schnell entschlossen sei er zur Gartenthür hinein, habe ein Fenster eingedrückt, durch dieses Stroh aus in der Scheuer liegende Späne geworfen und angezündet. Bald habe es auch hier zu seiner Freude hell ausgebrannt. Am Ostersonntag, als er abends vom Wirtshaus heim sei, sei ihm wieder ein solcher Gedanke in den Kopf gefahren, woraus er eine Doppelscheuer angezündet habe. Am Sonntag, den 20. April, sei er abends von Herrenderg nach Thailfingen gegangen, um dort seine Bekanntschaft zu besuchen. Das Haus sei verschlossen gewesen und deshalb habe er wieder den Rück­weg angetrelen. In dem Gedanken, wie er trotzdem ein Zusammentreffen mit seiner Bekanntschaft ermöglichen könnte, sei es ihm plötzlich durch den Kopf gefahren, ein Haus anzuzünden und es dadurch fertig zu bringen, mit der Be­kanntschaft sei es vor ihrem Hause oder auf dem Brand­platze, zusammen zu kommen. Dieser Gedanke habe ihm sogleich eingeleuchtet, er sei durch das Thor einer in der Nähe befindlichen Scheuer eingetreten, dort sei ein Wagen Wiesenstroh gestanden und diesen habe er mit seiner Zigarre angezündet. Der Angeklagte gab weiter an, die Freude am Feuer habe ihn so beherrscht, daß er fast willenlos die Brände gelegt habe. Wenn er nüchtern gewesen, sei es ihm leicht geworden, die bösen Absichten zu bekämpfen, habe er aber zu viel getrunken gehabt, so sei es in ihn hineingefahren, er .müsse ein Feuer anzünden. In den meisten Fällen sei er angetrunken gewesen, es sei ihm nie darum zu thun gewesen, die Leute zu schädigen, er hätte sich vielmehr hinterher die Haare ausreißen können wegen