Die Generalversammlung verlangt Abänderung und Er­gänzung der Brüsseler Konvention in der Richtung, daß alle Konventionsstaaten den Export pro 190304 und 190405 gleichmäßig soweit einschränken, daß die Welt­vorräte im September 1905 normal sind. Die Export­quantitäten in den übrigen Vertragsjahren sollen einvernehm­lich festgesetzt werden, Rußland solle seinen Export reduzieren, die Surtaxe möge mit 10 Frcs. bemessen werden, Ostindien und die britischen Kolonien mögen der Konvention beitreten. Die Konvention solle aus drei Jahre geschlossen und der Gesamtrest revidiert werden.

* Wie», 30. Mai. In parlamentarischen Kreisen gilt es als sicher, daß das österreichische Parlament der Brüsseler Zuckerkonvention nicht zustimmt, wenn in Deutschland eine Ablehnung erfolgen sollte. In der letzten Zeit wurden Verhandlungen eingeleitet, um ein Zusammengehen der österreichischen und französischen und, sollte es sich möglich erweisen, eventuell auch der deutschen Zuckerindustriellen und parlamentarischen Kreise zu ermöglichen. Zu diesem Behufe sollen im Juni französische Delegierte nach Wien kommen. Die parlamentarische Zuckerkommission hat bereits ihrerseits Delegierte nominiert.

* Baris, 31. Mai. DerFigaro" berichtet über eine Unterredung, die sein Berichterstatter in Berlin mit dem deutschen Reichskanzler Bülow hatte. Bülow äußerte sich über die internationale Frage wie folgt: Es wird wohl überall, ebenso wie in Berlin, anerkannt, daß die Lage selten so beruhigend war wie heute. Die Erneuerung des Dreibundes ist, wenngleich noch nicht vollzogen, doch sicher. Aus die Bemerkung des Berichterstatters, daß die Frage der Handelsverträge vielleicht die Erneuerung des Dreibundes verzögern weide, erwiderte Gras Bülow: Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Die handelspolitischen Verhandlungen werden gesondert geführt. Sie werden umso weniger Schwierig­keiten oegeguen, als wir in Betreff Italiens und Oesterreich- Ungarns es mit verbündeten Rationen zu lhun haben. Der Dreibund hat keine Abänderung nötig. Er wird bleiben, was er immer war, eine abwehrende und friedliche Ver­einigung. Minister Prinetti hat erklärt, der Dreibuudvertrag enthalte keinen Artikel, welcher gegen Frankreich aggressiv wäre. Ich schließe mich der Erklärung an. Wie die französisch-russische Verbündung ist der Dreibund eine Bürg­schaft der Ruhe und Sicherheit. Die beiden großen Ver­einigungen sind die Pfeiler des europäischen Friedens-Ge­bäudes. Der Eindruck der Petersburger Feste in Deutsch­land war ein günstiger. Man hat mit Befriedigung die Korrektheit und Herzlichkeit der gewechselten Reden bemerkt. Präsident Loubet entledigte sich bei dieser wie bei allen anderen Gelegenheiten seiner Aufgabe mit Takt und Würde. Weiter äußerte der Reichskanzler : die Haltung Deutschlands bezügl. Ostasiens und im Mittelmeer hat sich nicht geändert. Wir wollen in China Aufrechterhaltung des Friedens und Entwickelung unseres Handels. Das englisch-japanische Bündnis und die französisch-russische Erklärung vom 19. März beruhen aus demselben Prinzipe.

* Baris, 31. Mai. Präsident Loubet hat anläßlich seiner Reise nach Rußland 220 wegen Vergehen gegen das gemeine Recht verurteilte Personen teils begnadigt, teils die Strafen derselben ermäßigt oder umgewandelt.

* Baris, 31. Mai. Leon Bourgeois nahm die ihm von den Gruppen der Linken angebotene Kandidatur für das Präsidium der Kammer an.

sj Baris, 1 . Juni. (Kammer.) Bourgeois übernimmt das Präsidium, spricht für seine Wahl den Dank aus und schätzt sich glücklich zu dem Erfolge der Reise des Präsidenten Loubet nach Petersburg, welche die Bande, die die beiden befreundeten und verbündeten Nationen verbinden, noch enger geknüpft habe. Balfour spricht alsdann sein Mitgefühl aus für die Opfer der Katastrophe auf Martinique und verliest die aus verschiedenen Ländern aus diesem Anlaß

und öde. Nur an den Kreuzungspunkten hinter verstäubten Laternengläsern brannten trübe Oellämpchen. An dicken geteerten Stricken hingen sie über der Straße fort, auf- und abwindbar durch ein knarrendes Räderwerk, das in einem länglichen Holzkastcn eingeschlossen war.

Der leiseste Windzug setzte diese schwebende Beleuchtung in unaufhörliche schaukelnde Bewegung. Heute aber, wo ein kalter Ost durch die Straßen blies, jagte er die Laternen hin und her, daß sie angstvoll zu ächzen und zu stöhnen schienen, jeden Augenblick in Gefahr, das kleine Lebenslicht verlöschen zu sehen, mit dem sie man möchte sagen stoßweise" nur zu leuchten vermochten.

Es war ein unheimliches, gespenstisches Flackern; die Luft regenschwer und düster, der Himmel tief mit schwarz­grauen Wolken behängen.

Am Ostende der kleinen Stadt mit ihren gleichförmig niedrigen Häusern, die, wie mit dem Lineal abgegrenzt, nur einem einfachen spitzen Kirchturm erlaubt haben, sich über sie hinaus zu erheben; dort, wo die Kettenzugbrücke über den schiffbaren Kanal führt, der eine Strecke weiter im Kurischen Haff mündet dort endlich stand Tobbi still.

Er lehnte seinen Rücken gegen die hölzernen Aufzugs- Pfosten der Brücke und blickte regungslos in das unter ihm gähnende schwarze Wasser.

Dann warf er Plötzlich mit heftiger Gebärde Stock und Bündel zur Erde und stemmte beide Arme auf die Brustwehr des Brückengeländers, augenscheinlich bereit zum Sprunge über dasselbe himaus in die dunkle Wasserflut.

Tobbi! Tobbi!" ertönte es angstvoll dicht neben ihm. Wie ein Aufschrei wildesten JamMks klang es und Tobbi fühlte sich von zwei kräftigen Armen umklammert.

Im ersten Augenblick suchte Tobbi sich zornig von diesen Armen frei zu machen dann plötzlich gab er willenlos nach.Lene I" rief er.Du, du bist es?" Es klang fast wie ein Jubelrüf.

eingegangenen Adressen. Auf Antrag Gerault Richards be­schließt das Haus, eine Adresse, in der der Sympathie Aus­druck gegeben wird, an die Bewohner von Martinique zu richten. Hierauf wird die Sitzung zum Zeichen der Trauer aufgehoben.

* Brüssel, 30. Mai. In hiesigen Burenkreisen äußert man noch starke Zweifel an einem nahen Bevorstehen des Friedensschlusses. Dr. Leyds befindet sich in Paris.

* Dem Lok.°Anz. teilt man aus Hletterdam mit: Die Gerüchte von weitgehenden Zugeständnissen Englands an die Buren bestätigen sich. Die Buren erhielten viel mehr zugestanden als bei den vorjährigen Verhandlungen zwischen Kitchener und Botha. Es sind von England folgende Punkte zugestanden: Die Widerrufung der September-Pro­klamation (betr. die Verbannung der Burenführer), allge­meine Amnestie für die Kaprebellen, freigebige Unterstützung beim Neubau zerstörter Gehöfte; die holländisch-afrikanische Sprache ist neben der englischen Sprache zugelassen.

js Leeds. 31. Mai. Rosebery hielt hier gestern abend eine Rede, in welcher er ausführte, er glaube, daß der Friede binnen weniger Tage erklärt werden würde, und hoffe, man werde die Regierung allgemein in der Politik der Beruhigung unterstützen können. England schließe nicht Frieden mit einem zerschmetterten Feinde, sondern müsse sich bemühen, Zeinen tapferen Feind in einen braven Freund zu verwandeln. Das müsse unter Einhaltung liberaler Grund­sätze geschehen, nicht nach den Ideen Lord Salisburys, der eine entschlossene Regierung in Südafrika noch auf Gene­rationen hinaus für erforderlich hält.

* London, 1. Juni. Die Bekanntmachung des Friedens­schlusses wurde von der Bevölkerung mit der größten Be­geisterung ausgenommen. Vor dem Mansionhause ist ein Weißes Plakat angeschlagen, auf dem in roten Buchstaben steht:Der Friede ist proklamiert." Der Lordmajor erschien auf dem Balkon und hielt eine Ansprache an die Menge.

js London, 1. Juni. Die Straßen wurden heute den ganzen Abend von einer zahlreichen Menschenmenge durch­wogt, welche patriotische Lieder sang. Von den Türmen der Kirchen ertönen die Glocken. Ueberall herrscht große Begeisterung.

* London, 31. Mai. Daily Mail meldet aus Shang­hai: In der Provinz Szctschwan traten die Boxer thätig auf, sie haben den Beamten in Janghsien die Warnung zu­gehen lassen, daß sie alle Fremden umbringen wollten. Bereits sind katholische und protestantische Kirchen zerstört, viele Personen getötet und beraubt worden. Aus allen Dörfern wird Anhängerschaft herbeigezogeu. Truppen sind zur Unterdrückung des Aufruhrs abgegangen.

* Die Länge des Krönungszuges, der am Tage nach

der Krönung sich durch London bewegen soll, wird annähernd zwei englische Meilen betragen. Der Umzug wird etwa 4 Stunden dauern. In den Straßen werden 40,000 Mann verschiedener Truppenteile Spalier bilden und 10 000 Polizisten bei der Ausrechterhaltung der Ord­nung unterstützen. Nach dem Umzug werden die Truppen auf Kosten des Königs in den Kasernen bewirtet. Als Ration sind für den Mann ausgeworfen : Pfund Fleisch,

1 Pfund Kartoffeln und Gemüse, 1 Pfund Brot, 1 Pfund Pudding, '/4 Pfund Käse, annähernd 1 stz Liter Bier, Orangen, Kaffee und Thee nach Belieben nebst einer Unze Tabak. Die Verpflegung der 40 000 Mann ist der Firma Lyons und Co. übertragen worden.

* Unter den gefangenen Buren auf St. Kekeva und ihrer Bewachungsmannschaft ist der Typhus ausgebrochen. Hauptsächlich hat das Wiltshire-Regiment unter der Krank­heit zu leiden gehabt. Die gefangenen Boren sind dem Typhus etwas weniger ausgesetzt, scheinen aber Anlage zur Krankheit Beri-Beri zu haben. Man schreibt dies dem

Mangel an körperlicher Uebung und dem Umstande zu, daß kein Gemüse zu haben ist. Die ungesunden Verhältnisse von St. Helena haben dazu geführt, daß der Befehl er­lassen wurde, 1200 Gefangene nach Antigua (Antillen) zu überführen. Unter den Gefangenen herrscht Aufregung wegen der Friedenskonferenzen. Im Lager von Deadwood haben viele Buren schon gepackt, um jeden Moment zur Rückkehr nach Südafrika fertig zu sein.

* Athen, 1. Juni. Seit einigen Tagen machen sich in verschiedenen Orten Griechenlands Erderschütterungen be­merkbar.

* Aus Sofia verlautet gcrüchlweise, die bevorstehende Reise des Fürsten Ferdinand von Bulgarien nach St. Petersburg hänge mit dem Plaue seiner Wiedervermählung zusammen.

* Mew-Aork, 30. Mai. Präsident Roosevelt hat auf dem Nationalfriedhof eine Rede gehalten, in der er auch ans die auf den Philippinen verübten Grausamkeiten zu sprechen kam. Alle Amerikaner beklagten die Grausam­keiten tief, die unter dem Druck furchtbarer Herausforderungen durch einen verräterischen Feind begangen worden seien. Es würden entschiedene Vorkehrungen getroffen, die Wieder­kehr solcher Vorkommnisse zu verhindern. Aber in Amerika selbst kamen von Zeit zu Zeit Grausamkeiten vor, die un­endlich schlimmer seien als die auf den Philippinen ver­übten, nämlich die Lynchjustiz, die zur dauernden Schmach des amerikanischen Volkes in unmenschlicher Weise vollstreckt würde. Roosevelt bezeichnete in seiner Rede die Unab­hängigkeit der Philippinen als etwas Mögliches. Diese Worte des Präsidenten werden als wichtigste Aeußerung über die Zukunft der Inseln betrachtet. Im übrigen hatte die Rede einen stark imperialistischen Anklang. Sie predigte die Vorherrschaft Amerikas im Stillen Ozean. Der Stille Ozean sei für die Union genau so viel wert als der Atlan­tische Ozean. Amerika werde als Weltmacht immer mächtiger und größer werden.

* Hlew-Aork, 30. Mai. Aus dem Mont Rebout in Alaska steigt Rauch auf. Neuerdings werden dort auch Flammen beobachtet. Die Eingeborenen sind geflohen, die Weißen bleiben zurück. Die Asche fällt meilenweit.

* Bekivg. 30. Mai. Tschang-yen-Tschung, der Gou­verneur der Provinz Schantung, (die als Hinterland von Kiautschou und deutsche Interessensphäre für uns von be­sonderer Wichtigkeit ist), ist als Gouverneur nach der Provinz Honan versetzt worden. Zu seinem Nachfolger in Schan­tung wurde der Schatzmeister der Provinz Tschili, Tschufu, ernannt.

* BeKing, 31. Mai. (Reuter.) Die fremden Gesandten und Generale stimmten den von den Generalen für die Wiedereinsetzung der chinesischen Verwaltung in Tientsin aufgestellten Bedingungen ohne erhebliche Abänderungen zu. Gestrichen wurde nur die Bestimmung, daß die Chinesen in Taku nicht mehr als ein Kriegsschiff haben sollen. Die Bedingungen werden nunmehr der chinesischen Regierung zugestellt. Man erwartet, daß China sie nachdem üblichen Widerspruch annehmen wird. Der Haupteinwand der Chinesen richtet sich gegen die Bestimmung, daß die chine­sischen Streitkräfte innerhalb emes Umkreises von 30 Km. um Tientsin nicht vermehrt werden dürfen. Die Chinesen behaupten, daß die jetzt auf diesem Gebiet befindlichen Streitkräfte ungefähr 10 000 Mann nicht genügen, um einen so umfangreichen von Räubern heimgesuchten Landstrich in Ordnung zu halten.

Konkurse.

* Georg Steck, Schreinermeister in Geislingen.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Mensteig.

Konnte es denn sein? Es war sicher nichts als das Spukbild einer krankhaft erregten Einbildungskraft! Wie sollte die Lene hierher kommen, in Nacht und Graus? Es war unmöglich, unmöglich!

Und doch war sie es ! Es war ihre Stimme, es war ihr leuchtendes Auge!

Todbi," flüsterte sie,um Gottes willen, sei stark! Halte aus! Es ist ja so schlimm nicht! Es wird doch wieder eine bessere Zeit kommen ! Verzweifle nicht! Tobbi, lieber Tobbi!"

Sie sprach in fieberhafter Hast, ihre Worte nicht wählend. Es war ja das Herz, nicht der Verstand, der aus ihr sprach.

Tobbi ergriff ihre beiden Hände.

Lene," sagte er, und es zitterte ein unbeschreibliches Gemisch von Freude und von Weh in seinen Worten,ich ; habe gemeint, daß nun genug des Elends und des Jammers über mich gekommen sei. Mir war, als würde ich hinaus­gedrängt aus dieser Welt, die für mich keine Lbensfreude mehr hatte .... keine! Und auch jetzt noch, Lene, jetzt noch will es mir Vorkommen, als wäre es kein Unrecht, wenn ich da unten den Tod suchte. Ja, laß mich, laß mich! Ich muß!"

Sie rang mit ihm in stummer Verzweiflung. Dann plötzlich ließ sie ab und rief:

Gut denn! Aber nicht ohne mich, Tobbi! Wir zwei gehören zu einander im Leben und im Tode. Uns soll nichts mehr scheiden! Wir haben keine Heimat hier auf Erden komm', laß sie uns da unten finden!"

Sie versuchte ihn mit sich fortzuziehen, dorthin wo der kleine Wall abschüssig zum Wasser hinabführt. Er aber stand jetzt unbeweglich. Er hielt ihre beiden Hände zwischen den seinigen und preßte sie gegen seine heftig ar­beitende Brust.

Lene!" stieß er hervor.Ist es wahr? Kann ich es glauben? Du, du wolltest ..."

Mit dir leben oder sterben!" rief sie laut.Mit dir und für dich! Und du sollst jetzt entscheiden. Was wählst du? Leben oder Tod?"

Er schauderte.

Nein, nicht sterben, nicht sterben?" wiederholte er matt wie ein Schlafwandelnder und legte seine Arme um den Nacken des geliebten Mädchens, den Kopf auf ihre Schulter. Es überkam ihn ein Gefühl ohnmächtiger Schwäche, wie der willensfeste, eiserne Mann sie nie zuvor gekannt. Aber es währte nur kurz. Dann erhob er sein Haupt und blickte dem Mädchen tief in die Augen.

Lene," sagte er,nun ich dich habe, ist mir der Tod zum Schreckgespenst geworden! Leben wollen wir, Lene, leben! Die Palwenkate ist verloren; alles ist verloren, was ! ich je besessen habe; aber ich habe dich, dich, ist das nicht mehr, viel mehr?"

Er umschlang sie mit leidenschaftlicher Glut und küßte sie auf den Mund, auf die Augen, auf die Haare und beide weinten leise.

Wenige Wochen später führte Tobbi seine Lene als Braut an den Altar. Die Kirche im Kreisstädtchen war mit Neugierigen bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Prinzessin von Pergitten" mit dem ehemaligenPalmen- kätner" trauen sehen, solch' ein Schauspiel mochte niemand versäumen. Und wenn der Tobbi und die Lene auch jedes äußeren Schmuckes bar, in ihrer einfachen ländlichen Tracht, nur mit Myrtenkranz und Strauß geziert, ihr Gelübde ab­legten ein schöneres Paar war doch niemals in der kleinen alten Kirche eingesegnet worden darüber waren alle Zuschauer einig. Man meinte sogar, der Herr Pfarrer

habe noch nie so schön und rührend gesprochen!-

(Fortsetzung folgt.)