Velepkon Ar. 11.

tzrschetnt^DienStag, Donnerstag, SamStag und Sonntag der GratiS-Beilsge Der Sonntags- Gast.

Bestellpreis pro Quartal im Bezirk u. Nachbar - Ortsverkehr Mk. 1.1b außerhalb desselben Mk. I SS.

Ar. 79.

KmAblatt für

AilgememesKiyeig^

lsr

l.Staöt.

Mdstünterh«

EinrückungSpreiS für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein­rückung 8 Pfg. be- mehrmal- je 8 Pfg auswärts je 8 Pfg. die Ispaltige Zelle oder deren Raum

svsrsn

Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen,

O

Man abonniert auswärts auf diese« Blatt bei den Kgl. Psstä niern und Postboten.

Donnerstag, 29. Mai.

Bekanntmachungen aller Art finden dt» erfolg­reichste Verbreitung.

1902.

Bestellungen

aufAus -e« Tannen"

für den Monat

UW" Juni "HW

nehmen alle Postanstalten und Postbote« entgegen.

Amtliches.

In Nagold ist die Geflügelcholera und in Bösingen die Maul­und Klauenseuche ausgebrochen.

Befördert wurde Postsekretär Hermann in Wildbad zum Post­meister daselbst.

Auszug aus der Geschworenenliste des Schwurgerichts Rottweil pro II. Quartal 1902: Johs. Bernhard, Stiftungspfleger in Baisingen; G. D. Bernhardt, Kaufmann in Freudenstadt; Lambert Erath, Wein­händler in Horb.

Am 31. Mai wird im Schwarzwald-Bräuhaus in Wildberg eine Telephonanstalt mit öffentlicher Telephonstelle dem Betrieb übergeben; sie ist durch eine Doppelleitung WildbergNagold mit dem Telephonnetz des Landes in Verbindung gesetzt.

Den Hopfenpflückern ist auch in diesem Jahre wieder die Vergünstigung gewährt, daß das einfache Billet der Hinfahrt auch zur freien Rückfahrt berechtigt, wenn vom Schultheißenamt der betr. Hopfenbau treibenden Gemeinde das Billet abgestempelt wird. Für unsere Gegend kommen für die Kartenabgabe in Betracht die Ge­meinden Bieringen, Bondorf, Ditzingen, Ergcnzingen, Eutingen, Günd- ringen, Herrenberg, Hochdorf, Horb, Mühlen, Nagold, Nebringen, Nufringen, Renningen, Rottenburg, Tübingen, Weilderstadt.

Tagespolitik.

Daß auch auf dem Boden unserer Kolonien tüchtige Männer sich aus eigener Kraft emporarbeiten können, be­weist das Beispiel Franz Öfters, des Eisengießers, Maschinen­bauers, Schiffbauers und Kunstschmiedes von Tsingtau. Franz Oster, der auf bestem Wege ist, der erste Industrielle von Tsingtau zu werden, ist, wie dieDeutsch-Afrikanische Warte" schreibt, im Jahre 1869 am Rhein in der Nähe von Königswinter geboren. Er erlernte das Schlosserhand­werk, absolvierte nach vollendeter Lehrzeit eine Maschinen­bauschule und wanderte dann 5 Jahre lang durch Deutsch­land und die Schweiz, überall in seinem Berufe thätig. Seiner Militärdienstpflicht genügte er bei der Marine auf derWörth", deren Kapitän damals Prinz Heinrich war. Zum Marinegeschützmeister avanciert, kam Oster in seinem letzten Dienstjahr nach Ostasien, wo er nach seiner Ent­lassung in Hongkong als Betriebsleiter in eine Maschinen­fabrik cintrat. Oster hatte durch seine Thäligkeit das per­sönliche Interesse des Prinzen Heinrich erweckt, und als dieser 1898 nach Hongkong kam, suchte er Oster in der Fabrik auf und stellte ihm vor, daß in Kiautschou der rechte Platz für ihn sei, um sich selbstständig zu machen und vor­wärts zu kommen. Oster folgte dem Winke. Er erhielt etwas Geld geliehen und richtete seine erste Werkstatt in Tsingtau in einer kleinen Bretterbude am Hafen ein. Dort begann er die Arbeit mit zwei Gesellen, nach einem Jahre schon mußte er ein größeres Gebäude mieten und heute ist er Besitzer einer ausgedehnten Fabrik, in welcher in der letzten Zeit etwa 250 Mann arbeiteten, und Herr einer prächtigen Villa, eines wahren Feenschlößchens. Gegen­wärtig baut Oster an dem ersten Dampfboote, das in Tsingtau vom Stapel laufen wird und plant die Anlage eines Docks. Auch in Tsingtau hat Prinz Heinrich ihm sein Wohlwollen bewiesen und ihn wiederholt in seiner Werkstatt, in der er auch jetzt noch oft eigenhändig den Hammer schwingt, besucht.

* *

Der Venezuela-Streit dürfte wahrscheinlich bald wieder in Fluß kommen. Wie verlautet, wollen Deutschland und England jetzt gemeinsam gegen die Republik Vorgehen. Zwei englische Eisenbahngesellschaften erheben nämlich die gleichen Forderungen gegen Venezuela, wie die deutsche Große Venezolanische Eisenbahn." Die La Guarya- und Caracas-Eisenbahn-Gesellschaft beansprucht von Venezuela 183 354 Mk. für Fracht. Alle ihre Vorstellungen bei Präsi­dent Castro und beim Eisenbahnminister sind fruchtlos ge­wesen. Die Gesellschaft hat daher an die englische Regier­ung das Gesuch gerichtet, für sie einzuschreiten und nicht nur diese Summe zurückzuverlangen, sondern auch die bei ihren Angestellten erhobenen Zwangsanleihen. Die zweite Gesellschaft, die Porto Cabello- und Valencia-Bahn, bean­

sprucht nicht bezahlte garantierte Zinsen im Betrage von 222 159 Pfd. Sterl. Da auch sie von der Regierung von Venezuela abgewiesen wurde, hat sie ebenfalls die englische Regierung um Intervention ersucht. Auch in London sind die amtlichen Stellen fest entschlossen, die Ansprüche dieser Gesellschaft mit allem Nachdruck zu unterstützen.

In Frankreich ist man enttäuscht darüber, daß der Zar den französischen Präsidenten nicht von Krasnoje Selo nach Petersburg geführt hat. Es sollen sich bei dem dies­maligen Besuch Loubets bei denVerbündeten" verschiedene peinliche Zwischenfälle ereignet haben. Nach der Truppen­schau fanden lärmende Kundgebungen und Verhaftungen statt, die durch die in russischer Uebersetzung gesungene Mar- saillaise verursacht wurden. Die geplanten Illuminationen wurden verboten, um Ansammlungen und Kundgebungen, die in Ruhestörungen ausarten könnten, zu verhindern und die russischen Damen reicher Kreise sollen im Umarmen und Küssen der französischen Offiziere Unglaubliches ge­leistet haben.

Der junge König von Spanien hat jetzt, wenigstens formell, das fragwürdige Vergnügen, Spanien zu regieren. Gleichzeitig kann er über den herrlichsten Palast der Kultur­welt, den Escorial verfügen, den der dem deutschen Volke mindestens aus Schillers Don Carlos wohlbekannte Philipp II. erbaut hat. Der Palast liegt etwa 67 Meilen von Madrid, auf einer Höhe von 3400 Fuß und hat eine Länge von 740 und eine Breite von 580 Fuß. Der Escorial ist Schloß zugleich und Kloster und hat Platz genug für fürst­lichen Pomp und kirchliches Gepränge. Er hat über 1100 Fenster, 15 Thore und 7 Türme. Einundzwanzig Jahre wurde an diesemachten Weltwunder" gebaut und dazu ein bläulicher Granit verwendet. Aber viel länger wurden die seltsamen und großartigen Knnstschätze gesammelt, die in diesem Palast aufgespeichert sind. So befindet sich in dem Escorial ein handschriftliches Buch, dessen Buchstaben aus Blattgold hcrgestellt und aus Pergament aufgeklebt sind. Ueberaus prachtvoll ist die nach dem Muster der Peterskirche in Rom erbaute Hauptkirche des Palastes, die nicht weniger als einige vierzig Altäre enthält, darunter den Hochaltar unter einer imposanten 330 Fuß hohen Kuppel. Die Gesangbücher der Chorsänger sind sehr eigentümlich. Jedes Blatt ist ans einem ganzen Kalbfell hergestellt, und 17,000 solche Felle sind für diese Bücher gebraucht worden. Unter dem Hochaltar befindet sich die Begräbnis­kapelle des Kgl. Hauses, Pantheon genannt, zu der Marmor­stufen hinabführen. Der Fußboden besteht aus Jaspis und Marmor, die Kuppel aus Bronze und ein sehr kunstvoll gearbeitetes Thor aus vergoldeter Bronze schließt die Kapelle ab. In dem achteckigen Raum stehen in 26 Nischen eben- soviele Marmorsärge. Die berüchtigte spanische Etikette herrscht auch hier. Nur ein wirklicher König darf hier nach dem Tode ruhen; die Prinzen kommen in eine andere Kapelle. Es ist nur noch für sehr wenig Särge Platz; aber es fragt sich, ob die spanische Dynastie auch nur diese brauchen wird. Besonders fest steht bekanntlich der spanische Thron nicht.

Deramerikanischen Gefahr" muß man fortdauernd ins Auge sehen. Unsere Schiffe sind ihr entgangen, hoffent­lich für immer, und nach neuerer Meldung ist der Plan, die deutschen Kalifelder zu morganisieren, ebenfalls ge­scheitert. Diese Kali- und Salzfelder durchziehen in nahe­zu unbegrenztem Reichtum Teile der Provinzen Sachsen und Hannover, der Herzogtümer Anhalt und Braunschweig, versorgen die ganze Erde mit den als künstliche Dünge­mittel so wertvollen Salzen, wie Karnallit, Anhydrit usw., und liefern daneben auch das Material zur Sodagewinnung. Sie sind zum kleineren Teile in Staats-, überwiegend aber in Privatbesitz, auch belgisches Kapital ist in einem Falle beteiligt. Der Versuch, diese jetzt großenteils in einem Syndikat zur Preisregulierung zusammengeschlossenen Werke, deren Ausbeutung Tausende ernährt und einen Jahresgewinn von vielen Millionen abwirft, unter amerikanischeKontrolle", d. h. unter den Einfluß eines eigensüchtigen Ringes zu bringen, ist kennzeichnend für den Unternehmungsgeist der Kapitalisten vondrüben". Gelänge er jemals, dann kämen eines Tages vielleicht unsere Kohlengruben an die Reihe, Deutschland wäre schließlich nicht mehr Herr im eigenen Hause.

* *

*

Chile und Argentinien teilen sich derart in die Spitze des herzförmigen südamerikanischen Festlandes, daß Chile

die Westküste mit einem schmalen Landstreifen und Argentinien die Ostküste mit einem breiteren Hinterland besitzt. Ueber die ungeheuer lange Grenze beider Länder und das unweg­same Innere bis zum Kap Fenerland hin haben sich nun diese beiden Nationen seither gezankt, statt daß sie ihre Kräfte einzig daran verwendeten, das in unbestrittenem Be­sitz befindliche Gebiet zur Blüte zu bringen. Es wurde ge­rüstet, Schiffe wurden bestellt und es sollte der Kriegstanz wieder losgehen. Der Friedensvermittlung Englands ge­lang es aber in letzter Stunde, die Grenzfrage zu regeln und die Kampfhähne zu beruhigen. Nun soll eine Ab­rüstung auf folgender Grundlage erfolgen: Argentinien ver­zichtet auf die in Italien bestellten Panzerschiffe und über­nimmt dafür die Hälfte der von Chile in England be­stellten Schiffe. Das beste Geschäft bei diesem Abkommen macht der Vermittler England. Die Bestellungen in Italien werden zurückgezogen, die in England sollen aus­geführt werden. Das ist eine hübsche Provision für den Mittelsmann.

wnrttenrbeirgrfetzeir Lnirdtns

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 24. Mai. (101. Sitzung.) Die Beratung der vorliegenden und von der volkswirtschaftlichen Kommission vorberatenen Eisenbahnwünsche wurde heute zu Ende ge­führt. Abg. Vogler (Zent.) berichtete über die Petition um Zusammenschluß der Stichbahnen nach Schwendi und Wurzach durch Erbauung der Nebenbahn Schwendi-Guten- zell-Roth a. Roth-Ellwangen-Wurzach und beantragte Mit­teilung zur Kenntnisnahme. Die Bezirksabgeordneten Braunger (Ztr.) und Krug (Ztr.) empfahlen diesen Antrag, Liesching (Vp.) und Staatsrat v. Balz traten ihm entgegen. Elfterer beantragte Uebergang zur Tagesordnung. Dieser Antrag wurde, trotzdem Vizepräsident Dr. von Kiene (Ztr.) sich für den An'lrag auf Kenntnisnahme ins Zeug legte, zum Beschluß erhoben. Abg. Vogler (Ztr.) berichtete ferner über die Petition um eine Bahn von Mengen nach Oftrach und Wilhelmsdorf nach Friedrichshafen und bean­tragte Uebergabe zur Erwägung. Abg. Sommer (Ztr.) em­pfahl diesen Antrag, ebenso Abg. Liesching (Bp.). Minister v. Soden erklärte, daß die Regierung prinzipiell auf dem Standpunkt stehe, daß die Dnrchgangslinien in Württemberg noch nicht alle ausgebaut seien. Staatsrat v. Balz bekämpfte das vorliegende Projekt aufs allerentschiedenste, was zu einer scharfen Auseinandersetzung mit dem Abg. Liesching Anlaß gab. Nach weiteren Ausführungen verschiedener Redner wurde der Antrag auf Erwägung angenommen. Abg. Gabler (Vp.) berichtete über die Eingabe um Er­richtung eines Bahnhofs mit Güterabfertigungsstelle am Lokalzngshaltepunkt Pfauhausen und beantragte, diese Ein­gabe der Regierung zur Erwägung zu übergeben. Minister v. Soden verneinte die Bedürfnisfrage, v. Geß (D. P.) empfahl den Kommissionsantrag, der denn auch angenommen wurde. Einige unwesentliche Eingaben wurden durch Ueber­gang zur Tagesordnung erledigt.

Lan-esnachrichLen.

* Altevsteig, 28. Mai. Unermüdlich ist der menschliche Geist in der Erfindung und Vervollkommnung von Mitteln zur Verständigung und Verbreitung von Nachrichten über weite Entfernungen fort. Neben dem schon fast überholten schriftlichen Verkehr können wir uns durch Telegraph, Tele­phon, Rohrpost, Brieftauben, drahtlose Telegraphie und Heliographie über Länder und Meere hinweg verständigen, und noch ist das Feld der Nachrichtenübermittelung nicht erschöpft, zumal wenn erst die Luftschifffahrt sich gleichfalls einem geregelten Meldedienst einfügen wird. Trotz dieser verschiedenartigen und sinnreich konstruierten Verständigungs­mittel werden doch die ursprünglichen Elemente des mensch­lichen Nachrichtenaustausches Wohl immer bestehen bleiben: Der Brief und die Postkarte. Alle jene geistvoll ersonnenen Mittel der Verständigung haben indessen noch keine Er­findung gezeitigt, welche das Haupterfordernis der Korre­spondenz mit unfehlbarer Sicherheit darbietet, die Adresse. Der Aufgeber einer Depesche, eines drahtlosen Telegramms, eines Rohrpoftbriefes, der Benutzer eines Telephons alle diese Nachrichtensender sind gewissermaßen durch den Apparat gezwungen, in erster Linie die Adresse anzugeben. Gerade umgekehrt verhält es sich bei dem altvaterischen Brief und besonders bei der modernen Postkarte. Der Briefschreiber vollendet erst den Brief und greift dann zum Kuvert, um die Adresse aufzuschreiben, und ebenso ist es eine unaus­rottbare Gepflogenheit, auf der Postkarte erst die Rückseite zu beschreiben und dann auf der Vorderseite die Adresse zu vergessen, schreibt mit treffendem Witz die Naiionalztg. Soviel Geist und technisches Geschick auch fortgesetzt a^

! 1 -1.