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Samstag, 15. Aeöruar.

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1902.

Amtliches.

Die Handwerkskammer Reutlingen fordert wieder­holt zur An- und Abmeldung der Lehrlinge auf unter Androhung einer Geldstrafe von 20 Mk. für den Fall der Unterlassung.

Nachstehend wird der Reiseplan für das diesjährige Musterimgsgeschäft im Uushebungsbezirk Calw

zur öffentlichen Kenntnis gebracht: Am 8. März Musterung in Neuwerler, am 10. März in Gechingen, am 11. März in Calw, am 12. März in Liebenzell, am 13. März Losung in Calw.

Die großstädtische Arbeitslosigkeit.

ff Die freiwillige Zählung der Arbeitslosen in Berlin hat eine beträchtliche Anzahl von Personen ergeben, die gegenwärtig ffeiern und versuchen muffen, sich auf irgend eine Art durchs Leben zu schlagen. Werden zu den etwa 50,000 gesunden Arbeitslosen noch alle die gerechnet, welche gegenwärtig wegen Krankheit die Berliner Krankenkassen sind in geschäftlich flauen Zeiten ziemlich hoch belastet zu Hause bleiben müssen ober die nur ungenügende Ge­legenheitsbeschäftigung haben, so kommen weit umfangreichere Zahlen heraus. Darauf wird von der einen Seite mit vielem Nachdruck hingewiesen. Bon der anderen Seite wird betont, daß solche privaten Aufnahmen doch nie ganz zuverlässig seien, daß sich auch zahlreiche arbeitsscheue Personen als Arbeitslose bezeichneten. Immerhin bleibt die Zahl der Brodlosen so bedeutend, daß sie für jeden Aben­teuerlustigen ein ernstes Warnzeichen besagen will.

Aus dieser Thatsache ist aber noch auf andere, wichtige Ereignisse im wirtschaftlichen Leben zu schließen: Die Produktionsverhältnisse in der Riesenstadt haben sich ganz entschieden zu Ungunsten der Arbeiter geändert. Das Pub­likum fordert dort Billiges, es will die unheimlich ange­wachsenen Wohnungsmieten in irgend einer Weise wieder wett machen. Und zu den Mietsausgaben gesellen sich die rastlos steigenden Haushaltungskosten; für alle Massen- Konsum-Artikel bilden sich immer deutlicher Spekulanten- ringe heraus, welche die Preise hoch halten. Wo bleibt da der produzierende Gewerbetreibende? Seine Miets- und persönlichen Ausgaben sind wesentlich erhöht, die Ar­beiter fordern mehr, billig soll er auch liefern, unter Um­ständen muß er, um nur ins Geschäft zu kommen, be­deutenden Kredit gewähren, wo bleibt also der Nutzen? Die Folge ist, daß immer mehr Fabriken sich aus der teuren Stadt herausziehen, oder aber, daß mit aller Gewalt die Löhne gedrückt, resp. nur Leute genommen werden, die be­reit sind, billig zu arbeiten. In jedem Falle muß also die Arbeitslosigkeit in der großen Stadt auch in normalen Zeiten umfangreicher im Verhältnis sein, wie in kleineren Orten, die Arbeitsgelegenheit vermindert sich, während der Zuzug wächst, resp. die natürliche Volksvermehrung steigt.

Dieser Punkt im großstädtischen Arbeitsleben ist bis­her sehr wenig gewürdigt, gerade die hier vorgetragene Thatsache sollte am besten darüber aufklären, wie der, wel­cher nur auf die eigenen Hände angewiesen ist, im Durch­schnitt in der Großstadt nicht aus steigende, sondern auf fallende Verdienstchancen zu rechnen hat. Die Riesen-Ge- schäfte decken ganz hervorragend ihren Bedarf außerhalb, wo billiger gearbeitet werden kann, der kleine Gewerbe­treibende wird durch die immer mehr sich ausdehnenden Spezial-, Reparatur- und ähnliche Abteilungen der großen Firmen ausgesogen. So geht, mit kurzen Worten, das selbstständige Geschäftsleben in immer weniger Hände über, und von diesen Stellen aus kann dann der Lohn beliebig diktiert werden. Dazu find meist keine sorgfältig geschulten Kräfte mehr erforderlich, die Leute werden in einigen Wochen oder Monaten eingelernt und haben mit dem zufrieden zu sein, was ihnen an Bezahlung gewährt wird.

Und endlich werden in Zehntausenden Fällen an Stelle von männlichen weibliche Personen beschäftigt. Die Prinzipale wissen: junge Mädchen müssen bei dem kolossalen Arbeitsangebot so billig, wie nur möglich, arbeiten und noch so lange wie möglich dazu! Paßt es ihnen nicht, so wartet schon ein halbes Hundert von anderen Reflektan- tinnen, um die erledigte Stelle zu nehmen. Daraus folgen wieder unerquickliche Verhältnisse in den Familien, und wenn auch vor der allgemeinen Öffentlichkeit Vieles zu verbergen gesucht wird, Augen, die sehen wollen, sehen genug.

Auf einen Wechsel dieser für weiteste Kreise unlieb­samen Verhältnisse ist vor der Hand absolut nicht zu rechnen. Sobald die Geldverhältnisse sich etwas bessern, arbeiten auf der einen Seite auch Konkurrenz, auf der anderen Spekulation mit Volldampf. Zu einem ruhigen, stetig gesicherten Gewinn kommt es in verhältnismäßig

seltenen Fällen; wer das meiste Geld hat, es am längsten aushalten kann, der bleibt obenauf. Selbstverständlich ist damit auch die sichere Verdienst-Einnahme des Arbeiters oft genung auf eine Probe gestellt; die beginnende Speku­lation ruft Tausende heran, die abflauende wirft Tausende auf die Straße. Und in die alten, festgesicherten Betriebe hineinzukommen, ist für den Neuling sehr schwer. Er wird sehr bitteres Lehrgeld zahlen und oft doch nie erlangen, was er anstrebt.

Tagespolitik.

Die Aussichten des Zolltarifentwurfs der Regierung sind neuerdings günstiger geworden. Der Reichskanzler Graf Bülow ist zwar auf der Generalversammlung des Bundes der Landwirte wenig wohlwollend behandelt worden, aber doch scheint es heute mehr denn je zuvor so, daß er als Sieger aus dem schwebenden Zolltarifstreit heroorgehen wird. Die Landwirte haben ihre ParoleAlles oder Nichts" auf­gegeben und sind offenbar bemüht, mit den Mehrheits­parteien des Reichstages dahin zu wirken, daß die in dem Regierungsentwurf vorgesehenen Zollerhohungen für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden. Vollzieht sich so in demjenigen Lager, aus welchem der Regierungvorlage die schwerste Gefahr zu erstehen drohte, eine allmähliche Meinungsänderung, die allem Anscheine nach zu einer voll­kommenen Verständigung mit der Regierung führen wird, so ist es andererseits über jedem Zweifel erhaben, daß die Regierung den die Verständigung Suchenden unvorher­gesehene Schwierigkeiten in den Weg legen sollte. Die Wiener Blättermeldung, daß auf Deutschlands Anregung der Handelsvertrag Oesterreich-Ungarns sowohl mit Deutsch­land wie mit Italien auf ein Jahr verlängert worden sei, entbehrt jeder Begründung. Wir haben auf die Unglaub­würdigkeit der Wiener Meldung sofort aufmerksam gemacht, jetzt liegt bereits ein amtliches Dementi derselben vor. Er­freulich ist es jedenfalls, daß man die schwierige Frage des Zolltarifs jetzt im wesentlichen als gelöst ansehen kann. Sind die Mehrheitsparteien einig, dann kann eS ihm nicht schwer fallen, das einzige noch bestehende Hindernis, die Obstruktion der Minderheit, zu überwinden.

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jpentschland und Amerika.) Die Frage, wie die einzelnen Mächte sich im Frühjahr 1898 zu dem Gedanken einer Einmischung in den spanisch-amerikanischen Konflikt gestellt haben, hat neuerdings nicht nur die Presse der ver­schiedenen Länder, sondern auch das englische Parlament wiederholt beschäftigt. Um diese Frage, soweit Deutschland davon berührt wird, endgiltig aufzuklären, erfolgt die Ver­öffentlichung eines Schriftstückes imReichsanzeiger". Da­nach erhielt der Staatssekretär des Aeußern, Graf Bülow, vom deutschen Botschafter in Washington ein Telegramm. Herr von Holleben teilt mit, daß der englische Botschafter in sehr auffälliger Weise den ersten Schritt zu einer gemein­samen Note der Vertreter der Großmächte an ihre Regier­ungen gethan habe. Es handle sich darum, eine einmütige Erklärung der Großmächte herbeizuführen, daß ihnen das bewaffnete Eingreifen Nordamerikas in Kuba nicht gerecht­fertigt erscheine, v. Holleben bemerkte in seinem Telegramm an Graf Bülow, er persönlich stehe einer solchen Kund­gebung ziemlich kühl gegenüber. Kaiser Wilhelm machte zu dem Schlußsatz des Botschafters folgende Randbemerk­ung:Ich halte sie für gänzlich verfehlt, zwecklos und da­her schädlich. . . . Ich bin gegen diesen Schritt!" Er ist

bekanntlich auch unterblieben.

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(Gin englisch-japanisches Aündnis.) Japans Diplo­maten haben ein Schildbürgerstückchen fertig gebracht, in­dem sie mit England ein Bündnis abschlossen, das die Unabhängigkeit und Integrität Chinas und Koreas garan­tieren und den Frieden in Kleinasien aufrecht erhalten soll. Die beiden Mächte verpflichten sich in ihrem Vertrage zu gemeinsamer Abwehr gegen ein aggressives Vorgehen irgend einer anderen Macht in China. Wird eine der beiden Mächte angegriffen, so beobachtet die andere strengste Neutrali­tät, leiht aber dem anderen Partner ihre Unterstützung, wenn zu diesem elfteren Gegner noch ein zweiter tritt. Das Abkommen ist zunächst auf 5 Jahre abgeschlossen. Wie man sagt, hat sich Japan zu dem Abschluß dieses sonder­baren Bündnisses, des ersten, das zwischen einer abend­ländischen Nation und einem Volke der gelben Rasse abgeschlossen worden ist, durch das Versprechen Englands der Garantie einer größeren Staatsanleihe, bereit gefunden. England ist durch den südafrikanischen Krieg in Ostasien Rußland gegenüber so machtlos geworden, daß es zur Wahrung seiner Interessen dringend eines Bundesgenossen bedurfte. Die Gerüchte über Weihaiwei standen offenbar mit oen Be­mühungen Englands in Zusammenhang, Deutschland für

ein derartiges Abkommen zu gewinnen. Erst als dieses ebenso höflich wie entschieden dankte, wurde Japan gesegnet. Die Japaner werden nun also die Ehre haben, die eng­lischen Kastanien aus dem russischen Feuer zu heben. Denn was die Londoner Blätter auch sagen mögen, das Bündnis ist gegen Rußland gerichtet und gegen niemand anders. Die Japaner aber sind zu bequem, sic werden als Englands Bundesgenossen schlimme Erfahrungen sammeln.

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Vom südafrikanische« Kriegrschanpkatze hat Lord Kitchener seit einigen Tagen auch nicht ein einziges Tele­gramm nach London gelangen lassen. Das ist kein gutes Zeichen für die Leistungen der englischen Truppen. Die Enttäuschung über den gelungenen Durchbruch Dewets liegt dem Lord Mchener offenbar noch schwer in den Gliedern; der Umstand aber, daß mitten in dem von ihm längst für gesäubert gehaltenen Kaplande die Buren neuerdings Erfolge über Erfolge erzielen, belehrt ihn doch über die Unzuläng­lichkeit seiner strategischen Aktionen in gar zu beschämender Weise. Von Friedensverhandlungen hört man neuerdings garnichts mehr. Die Burenführer aber denken offenbar gar nicht daran, unter anderen als den von ihnen sofort mit­geteilten Bedingungen die Hand zum Frieden zu bieten. Die Qual Englands in Südafrika kann daher noch von sehr- langer Dauer sein.

Deutscher Weichstaq.

* Werki«, 12. Febr. Die heutige Debatte über das Gehalt des Staatssekretärs des Reichsjustizamts förderte nichts Wesentliches zu Tage. Abg. Lenzmann (frs. Vp.) Polemisierte gegen die Ausführungen der Abgg. Gamp und Bayer über eine Verschärfung des Aktiengesetzes und die Verhältnisse in der deutschen Rechtsanwaltschaft. Der Reso­lution Gröber betreffend das Duell stimme seine Partei bis auf die Einreihung des tötlich verlaufenden Duells unter den BegriffMord", da das unjuriftisch sei, bei. Redner wünscht ein Reichsstrafvollzugsgesetz, promptere Erledigung der Prozesse durch Anstellung einer genügenden Anzahl von Richtern, Aenderung der Strafvorschriften betreffend die Majestätsbeleidnngen, Abschaffung des fliegenden Gerichts­standes der Presse und Beseitigung der Auswüchse des groben Unfugsparagraphen. Staatssekretär Nieberding: Die Versetzung des Staatsanwaltsrats Cuny nach Hagen sei keine Anerkennung gewesen für seine Duellrede, sondern eine Korrektur seines Verhaltens. Die Scheidung von Straf- und Untersuchungsgefangenen werde schon jetzt nach Möglichkeit durchgeführt. Die Rechtspflege erleide unbe­streitbar erhebliche Verzögerungen, dem sei aber auch nicht durch finanzielle Heilmittel allgemein abzuhelfen. Abg. von Levetzow (kons.) hält die Ausrottung des Duells nicht für möglich. Es würde sonst das alte Faustrecht wieder aufleben. Abg. Stadthagen (Soz.) steht dem Duell­antrage Gröber nicht unsympathisch gegenüber. Abgeordneter Gröber (Zentrum) tritt wiederholt für seinen Antrag ein. Abg. Dr. Müller-Meiningen (frs. Vp.) polemisiert gegen den Abg. Oertel wegen dessen Haltung gegenüber der Prügel­strafe. Abg. Heine (Soz.) führt mit Beziehung auf Oertels Rede aus, neben anderen Geisteskrankheiten des Muckertums sei auch die Prügelstrafe wieder Mode geworden. Abg. Raab (Reformp.) wünscht Sicherung der Forderungen der Bauhandwerker. Hierauf wird der Justizetat in zweiter Lesung angenommen.

LandesnachrichLen.

* Aktensteig, 14. Febr. Noch immer laufen Berichte aus den verschiedensten Gegenden des Landes ein über den großen Anfall an Windwurfholz, doch scheinen auch manche Berichterstatter übertrieben zu haben. So sollten in den Staats- und Gemeindewaldungen des Reviers Böb­lingen 3000 Fm. gefallen sein, durch amtliche Schätzung wurde indes festgeftellt, daß blos 450 Fm. geworfen wurden. Ganz andere Zahlen als in Württemberg über den Sturm­schaden liest man aus Baden. Das Zentralblatt für den deutschen Holzhandel berichtet nämlich, daß im Bezirk Pfullendorf 100 000 Fstm. Holz geworfen wurden, im Wangenburger Schutzbezirk fielen 7000 Fm. an, vom Be­zirk Konstanz wird von 22 000 Fm., und vom Forstbezirk Meßkirch über 30 biS 40 000 Fm. berichtet. Vielleicht bringen auch hier genaue Schätzungen etwas günstigere Resultate zu Tage.

* Irendeastadt, 12 Febr. Der Milchkrieg scheint nun auch hier auszubrechen. Eine Anzahl hiesiger Viehbesitzer macht nämlich bekannt, daß vom 15. ds. ab das Liter Milch 16 Pfg. statt bisher 15 Pfg. koste.

Kerrcnalö, 12. Febr. Es wird hier wieder eifrig nach warmen Quellen gegraben, aber an einer anderen Stelle, wie vor einigen Jahren, doch nicht sehr weit davon. Bis