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Donnerstag, N. Juki

Tagespolitik.

Im Reichstage, dort wo einst der Riese Bismarck ge­sessen hatte und nach ihm die kraftvolle soldatische Er­scheinung des Grafen Caprivi, erschien im Jahre 1896 ein kleiner schlanker Mann, schmächtig und vom Alter gebeugt, das Haupt leicht auf die eine Schulter neigend, meist still und sinnend, und nur manchmal, wenn ein Wort seine Aufmerksamkeit besonders erregte, den Kopf erhebend und das kluge, klare Auge auf den Redner richtend, der erste Reichskanzler im bürgerlichen Rock, der Fürst Hohenlohe, der erste Reichskanzler, dessen äußere Erscheinung nicht an die Zeit von Blut und Eisen erinnerte, die mit Gewalt das deutsche Reich zusammengeschweißt hatte. Nichts Kriegerisches war an ihm, nichts Herausforderndes und wenn er sprach, so geschah es mit gleichmäßiger ruhiger Stimme, die sich nur selten betonend erhob und dann den Raum des Saales nur durchdrang, weil alle Reichsboten ihm in tiefster Stille lauschten. Fürst Hohenlohe, der kleine Mann aus der Ministerbank, war kein Redner und er wußte es. Als er, sehr Wider eigenen Wunsch, dem Rufe seines Kaisers folgend, die Erbschaft Caprivis antrat, war auch das einer der Gründe, aus denen er lieber in Straßburg geblieben wäre. Sein starkes Pflichtgefühl ließ ihn über dies Bedenken hinwegkommen, rednerische Lorbeeren hat er denn auch im Reichstage nicht gepflückt, aber die wenigen Ansprachen, die er hielt, haben trotzdem ihre Wirkung nicht verfehlt. Sie stellten immer die abgehärtete Ansicht eines ehrlichen, klugen Staatsmannes dar, der abhold jeder Uebertreibung, zum Besten des Ganzen sprach; der es verstand, den Mick aufs Große, aufs deutsche Reich zu richten, der still und vor­sichtig, aber bewußt das Schiff durch die Klippen steuerte, die es von allen Seiten bedrohten. Es ist keine heroische Politik gewesen, die Fürst Hohenlohe getrieben hat, auch keine Politik ränkesüchtiger Kunststücke, sondern eine ruhige Geschäftspolitik, die nach innen die Versöhnung der Gegensätze anstrebte, nach außen aber unbeirrt die Fort­setzung und den Ausbau des Werks derjenigen Männer ins Auge faßte, die das deutsche Reich gegründet und auf seinen ersten Schritten geleitet hatten. Still und nüchtern wie der Fürst, so war auch seine Politik, sie war aber auch klug und erwägend, wie der Mann selbst, und wenn auch der Fürst sich manchmal auf Bahnen drängen ließ, auf denen wir ihn manchmal lieber nicht gesehen hätten, so folgte er auch hier den Geboten einer klugen Berechnung, die ihm sagte, daß er die Wirkung von Einflüssen, die er selbst nicht für segensreich hielt, am besten mildern könne, wenn er am Ruder bliebe und durch den Einfluß seiner maßvollen und ausgleichenden Persönlichkeit dafür sorge, daß ausgetretene Ströme nicht das ganze Land überschwemmten. Aktiv hat der Fürst gewirkt, indem er die Stärkung und den Zusammen­halt des Reiches nach den verschiedensten Richtungen hin förderte, Passiv, indem er vieles verhinderte, was ohne ihn zum Unsegen des Reiches geschehen wäre. Spätere Ge­schichtsschreiber werden abzuwägen haben, wie groß in dem einen und dem anderen Falle die Verdienste des Fürsten gewesen sind. Was der bayerische Reichsrat in voller Jugendkraft gefühlt, was der bayerische Minister in voller Jugendkraft gethan, alles, wofür der hohe deutsche Reichs- beamte in seinen verschiedenen wichtigen Stellungen gedacht und gearbeitet, alles wandte sich dem einen Ziele zu: der Größe Deutschlands, der er bis in sein hohes Greisenalter in selbstlosester und aufopfernder Weise gedient hat. Das wird dem Fürsten Chlodwig Hohenlohe unvergessen bleiben, und wenn man auf seinen Leichenstein schriebe:Hier ruht ein deutscher Patriot", so wäre das die Inschrift, die seinem Sinne am meisten entsprechen würde.

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Das schlechteste aller deutschen Gesetze ist das Patentgesetz. Hat ein ingeniöser Kopf etwas erfunden und er will ein Patent darauf haben, so wird nach einer Reihe von Ausgaben die Erfindung vom Patentamt öffentlich aus­gelegt, damit derjenige Einsprache erheben kann, der schvn vorher dasselbe erfunden haben und Ansprüche darauf er­heben will. Diese übergroße Gewissenhaftigkeit ist der größte Fehler, der durch ein Gesetz begangen werden kann. Sobald nämlich die neue Erfindung öffentlich ausliegt, stürzt eine Menge Patenthyänen herbei, zeichnet die Sache nach, schickt die Zeichnung mit eingehender Beschreibung an einen Auftraggeber im Ausland und alsbald wird dort die neue Erfindung verwertet, noch ehe der deutsche Erfinder selbst für Deutschland das Patent erhielt, noch viel weniger fürs Ausland. Der Erfinder wird um die Früchte seiner Geistesarbeit gebracht und die deutsche Industrie um neue Artikel, mit denen sie vielleicht die ganze Welt hätte ver­sehen können. Den Vorteil haben nur die Spitzbuben des

Auslandes. Es ist hohe Zeit, daß das schlechte deutsche Patentgesetz gebessert wird.

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Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 8. Juli. (68. Sitzung.) Auf der Tagesordnung steht der Gesetzentwurf über die Neuordnung der Forstorganisation. Die bisherigen Forstmeister sollen abgeschafft werden; statt dessen soll die Forftinspektion durch eine Anzahl Inspektoren verstärkt werden. Die Zwischen­stelle der Forstämter fällt dann weg und die Oberförster unterstehen direkt der in Stuttgart befindlichen Direktion. Der Abg. Kiene hat mehrere Anträge eingebracht, welche verlangen, daß einige Forstinspektoren im Lande verteilt werden. Die Frage der Abschaffung des Forstmeistersystems und die Einführung des Oberförstersystems ist in Württem­berg keine neue; sie ist schon oft in der Kammer erörtert worden. Auch heute stehen sich die Meinungen gegenüber, namentlich der Abg. Gröber übt eine scharfe Kritik an dem ganzen Entwurf und wünscht die Beibehaltung der Forstmeister. Der Finanzminister verteidigt die Vorlage, worauf die Verhandlung abgebrochen wurde.

Laudesnachrichteu.

* Alten steig, 10. Juli. Ein entsetzlicher Todschlag versetzt die hiesige Einwohnerschaft in begreifliche Aufregung. Sonntag nacht nach 1 Uhr saßen in der Wirtschaft zu den 3 Königen noch 1 Hausknecht, 1 Schmied- und 1 Schustcr- geselle, lauter 18 bis 20 jähr. Burschen, mit allen Anzeichen, daß sie großen Schlaf hatten. Der Wirt forderte sie auf, nach Hause zu gehen, da er selbst auch zur Ruhe gehen möchte. Statt zu gehen ries einer der Burschen dem Wirt einen beleidigenden unflätigen Ausdruck zu, welchen der Sohn des Wirts sich verbat. Es kam zum Streit, der sich noch bis vor die Hausthüre fortsetzte. Der Wirt rief seinen Sohil zurück, trat vor das Haus und unterhielt sich mit einer Nachbarsfrau über den Skandal. Diese Zeit benützten die Rauflustigen, um sich mit Lattenstücken zu versehen. Als nun der Mann sich wieder in sein Haus begeben wollte, wurde er von den lauernden Burschen überfallen und mit den Lattenstücken, an denen Nägel hafteten, derart bearbeitet, daß er bewußtlos aufgehoben und ohne wieder zum Bewußtsein gekommen zu sein, heute nacht seinen Geist aushauchte. Dem bedauernswerten Mann wurde der Schädel ein- und ein Arm abgeschlagen. Selbst als er am Boden lag, hieben die Unholde mit Lattenstücken unmenschlich auf ihn ein. Auf einen Nachbar, der zur Hilfe herbeisprang, gingen die Kerls mit einer herbeigeholten Sense los, den beabsichtigten Streich aus den Kopf konnte derselbe noch abwehren. Dies der Hergang des traurigen Auswuchses eines unbeschränkten Wirtschaftslebens, der einem treubesorgten Familienvater das Leben genommen, für die Angehörigen der ruchlosen Thäter einen bitteren Stachel bildet und der für die Unholde selbst, die verhaftet sind und der gerechten Strafe entgegensehen, zeitlebens ein unauslöschlicher Makel sein wird. Bei diesem so traurigen Anlaß möchten wir doch die Frage aufwerfen, ob es nicht angezeigt wäre, wenigstens Sonntags die Polizeistunde wieder einzuführen. Wie man uns zuverlässig mitteilt, besteht auch in der Nachbargemeinde Pfalzgrafenweiler Sonntags die Polizeistunde und man soll damit sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Der guten Sache zulieb findet sich gewiß der friedliebende Bürger im eigenen und im Interesse der Allgemeinheit damit ab, wenn diese kleine Beschränkung der persönlichen Freiheit eingeführt würde, jedenfalls ist die Sache der reiflichen Erwägung wert. Wie vieler Skandal Sonntags zu jeder Stunde nach Mitternacht durch Scharen aus Wirts­häusern kommender junger Leute ans den Straßen gemacht wird, darüber wollen wir kein Bild geben, der Bürger weiß es und läßt sich s notgedrungen gefallen, denn zum Denunzianten giebt er sich nicht her. Allgemein ist durch gesetzliche Bestimmungen die Sonntagsruhe durchgeführt, klingt es da nicht geradezu wie ein Hohn, wenn das zügel­lose Treiben die Polizei kann selbstverständlich nicht überall zumal sein die ganze Sonntag Nacht hindurch vor sich gehen kann. Ganz sicher ist soviel, daß die Ein­führung der Polizeistunde an Sonntagen niemand einen Schaden zufügen wird, vielmehr kann sie nur von wohl- thätigen Folgen begleitet sein.

* Teinach, 8. Juli. Im Laufe des vergangenen Winters ist hier wie auch in Zavelstein Hauswasserleitung eingerichtet worden. In Zavelstein kamen bei dieser Gelegen­heit die mächtigen Bogen der einst über den Graben in das Städtchen führenden steinernen Brücke wieder zu Tage, die rechts und links teils zugemauert, teils durch Auffüllung des Grabens verschlossen den Eindruck weiter Keller machten.

Die aus ganz schmalen, hohen, plattenartigen Steinen er­stellten Gewölbe, die eine Spannweite von vier Meter und eine Höhe von 3 Meter haben, lassen auf sehr hohes Alter schließen. Nun sind die Brückenbögen Wohl für lange Zeit wieder verschwunden.

* Calw, 7. Juli. Vorgestern wurde nach langen Jahren wieder ein Kinderfest hier abgehalten, und zwar auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderats, der hiezu einen Beitrag von 200 Ml. verwilligte; eine freiwillige Sammlung ergab über 600 Ml. Ein stattlicher Festzug bewegte sich durch die Straßen der Stadt auf den Brühl. Sämtliche Läden und Fabriken waren nachmittags geschlossen. Die Leitung der Spiele hatten die Lehrer und sonstige Kinder­freunde übernommen; jedes Kind wurde mit einem Kümmel­küchlein, dem Calwer Festgebäck, und mit kleineren und größeren Geschenken erfreut.

* Horb, 8. Juli. (Württembergischer Schwarzwald­verein.) Gestern tagte hier die Hauptversammlung dieses Vereins. Morgens 9 Uhr war Empfang der fremden Gäste, alsdann Frühschoppen imSchwarzen Adler-Keller" mit Musik, welche die Tübinger Kapelle gestellt hatte, woran sich um 11 Uhr die Hauptversammlung imRitter" mit darauf­folgendem Festessen imBären", an welchem sich etwa 170 Personen beteiligten, anschloß. Die Mittagszüge brachten noch eine große Anzahl von Festgästen. Um Uhr be­gann der Festzug, welcher eine große Beteiligung aufwies. Das Fest vertief programmäßig und großartig, wozu auch die herrliche Witterung das Ihrige beitrug. Erfreulicher­weise war auch die Landbevölkerung recht zahlreich vertreten.

* Der Wirt Gabel zum KroördS on der Schustergasse in Stuttgart stand am Freitag vor dem Schwurgericht. Er hatte dem im gleichen Hause wohnenden Maurer Fischer einen Holzschlegel auf den Kops gefchlagen, wodurch eine Wunde entstand, die durch Zutritt von Blutvergiftung tötlich wurde. Wie so oft, so hat sich auch dieser Vorfall, der einem Menschen das Leben kostet, aus geringem Anlaß entwickelt. Der Knabe Fischers streute dem Töchrerchen Gabels Sand in die Augen, darauf schalt die Frau Gabel die Frau Fischer. Nun holte die Frau Fischer ihren Mann und die Frau Gabel that das gleiche. Die Männer fochten alsdann den Kinderstreit aus. Als Fischer und dessen großer Sohn auf Gabel einschlugen, ergriff dieser einen in der Nähe befindlichen Holzschlegel und versetzte dem Fischer einen Hieb aus die Stirn, so daß dieser betäubt zu Boden sank. Die Wunde wurde zuerst mit einem Schwamm aus­gewaschen und dann vom Wundarzt Reich mit Heftpflaster verbunden, nachdem er sich die Hände antiseptisch gereinigt hatte. Am dritten Tag stellte sich dann Fieber ein und der herbeigerufene Arzt, Du Lautenschlager, stellte Blut­vergiftung fest, an welcher Fischer bald darauf starb. Der Verteidiger Gabels wollte die Sache so hinstellen, als habe der Wundarzt Reich durch unreinliche Behandlung der Wunde die Blutvergiftung verursacht. Aber der ärztliche Sachverständige war der Ansicht, daß der schmutzige Holz­schlegel schuld gewesen sei. Der Wundarzt Reich hatte sich offenbar wegen der Sache sehr beunruhigt und er erschoß sich an dem Morgen, an dem er vor Gericht als Zeuge austreten sollte. Das Gericht nahm an, der Wirt Gabel habe in der Notwehr gehandelt und sprach ihn frei.

* Das Cannstatt er Volksfest soll nach einem den bürgerlichen Kollegien daselbst mitgeteilten Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 26. bis 30. September ds. Js. in gewohnter Weise, das landwirtschaftliche Hauptfest am 28. September stattfinden.

* Ulm, 7. Juli. Es sind traurige und grauenerregende Zustände, die nach einem Ausspruche des Staatsanwaltes die gestrige Verhandlung vor der hiesigen Strafkammer zu Tage gefördert hat. Angeklagt waren einer Zuwiderhand­lung gegen die tztz 10 und 1a des Nahrungsmittelgesetzes der 56 Jahre alte Bierbrauer Karl Schöllkopf, Besitzer der Brauerei und des Varistts zum goldnen Pflug von hier und dessen Braumeister Sebastian Beuter. Nach den Er­hebungen und Zeugenaussagen gründet sich die Anklage auf folgende Thatsachen. Schöllkopf, früher Apotheker und nun Bierbrauer veranlaßte seit Januar 1895 sein im Restaurant und Varists thätiges Dienstpersonal, alle in den Gläsern zurückbleibenden Reste von Bier, die wegen der Qualität des Bieres oft sehr zahlreich waren, dann das Abtropf- und Ueberschenkbier in einen im Buffet verwahrten kupfernen Behälter zu schütten. War derselbe gestillt, so wanderte sein Inhalt in zwei im Hausleller befindliche, etwa 60 Liter haltende Füßchen und aus diesen dann in ein im Lagerkeller stehendes Restefaß. Die gesammelte Brühe wurde hier mit einem Drittel Jungbier vermischt und nach vollzogener Gärung über die Straße, an Arbeiter oder die eigenen Dienstboten verkauft zu einem allerdings billigeren Preise. Nach dem Urteile des Schöllkopf war