Kein Wunder, daß die Hinterbliebenen diese Summe ver­schmähten, die nur ein beschämendes Almosen ist und nicht eine Hilfe, die des Reiches würdig wäre.

ff Es hat Wohl in Deutschland kein Mensch die Nach­richt, Präsident Krüger solle jetzt vom deutschen Kaiser em­pfangen werden, Ernst genommen, aber die Köln. Ztg. hat sich doch nochmals an maßgebender Stelle erkundigt und die Antwort erhalten: Krüger wird nicht empfangen! Die Anschauungen der Reichsregierung sind also unverändert. Erfreulicherweise brauchen die Boern zur Zeit eine moralische Aufmunterung weniger denn je, ihre Lage verbessert sich von Tag zu Tag in Folge des immer mehr wachsenden Rekrutenzulaufs aus den Reihen der Kapholländer. Augen­scheinlich sehen die Letzteren unverblümt, wie ungemein die britischen Truppen zusammenschmolzen und mitgenommen sind. Bestätigt wird das auch durch eine Ministerrede im Londoner Oberhause, die sich mit der Möglichkeit der Ein­führung der allgemeinen Dienstpflicht in der Armee beschäftigt. Bis dahin ist es natürlich noch ein weiter Weg, aber die Erkennt­nis, daß es so nicht gehen kann, ist schon etwas wert! Große Hoffnungen hatte die Londoner Regierung auf die nach Süd-Afrika gesandten 15 000 Mann Yeomanry gesetzt, Freiwillige aus der wohlhabenden Landbevölkerung. Diese Truppe, die ein Elitekorps sein sollte, hat, wie einem Londoner Blatt geschrieben wird, sich direkt unfähig gezeigt und rein gar nichts geleistet.

* Köln, 27. Juni. Die in den letzten Tagen mehr­fach aufgetretenen Meldungen von einer Verschlechterung im Befinden der Kaiserin Friedrich erhalten eine Bestätigung durch die Nachricht der Rhein.-Westf. Ztg., der zufolge die Nordlandsreise des Kaisers wegen des schlechten Zustandes der hohen Frau in Frage gestellt sei. Authentische Nach­richten waren bisher nicht zu erlangen.

* Budapest, 26. Juni. Im Rahmen der Beratung des Jnkompatibilitäts-Gesetzes brachte heute im Abgeordneten­hause Abgeordneter Gajari die Affäre Ugron-Rimmler zur Sprache. (S. den Feuilleton-Artikel in heutiger Nr.) Red­ner verurteilt den Versuch, gegen die Politik der legitimen Majorität Ungarns zu intriguieren und gegen die vitalsten Interessen der eigenen Heimat Geld anzunehmen oder von einer fremden Regierung Gelder und Unterstützung zu verlangen. Es sei einerlei, ob Geld erhalten wurde oder nicht; gefordert wurde es. Redner ist überzeugt, daß, wenn der Versuch auch gelungen wäre, dies auf die auswärtige Politik der Regierung gar keine Wirkung gehabt hätte. Die auswärtige Politik ruhe in so festen Händen und die Ueber- zeugung Ungarns, daß die derzeitige mitteleuropäische Kon­stellation durch keine andere als durch die Politik des Drei­bundes erhalten werden könne, sei eine so feste, daß kein ernster Politiker existiere, der den verwegenen Angriff gegen den Dreibund nicht aufs Schärfste verurteile. Franz Kofsuth erklärte: Die Unabhängigkeitspartei habe große Sympathien für die französische Nation, aber keine Neigung für ein Bündnis mit Frankreich, das in den letzten Jahren ein Bündnis mit Rußland geschlossen habe. Die Unabhängig­keitspartei Verbünde sich mit niemandem, der direkt oder in­direkt mit Rußland verbunden sei. Die Unabhängigkeits­partei nehme entschieden für den Dreibund Stellung. Kofsuth mißbilligt den Versuch Ugrons, französisches Geld zur Stärkung einer ungarischen Reichspartei zu benutzen.

* Bern, 25. Juni. Im Puschlaverthale verirrten sich zwei kleine Mädchen im Walde, wo sie vor Hunger und Entbehrung umkamen.

jj Ferara, 27. Juni. In Copparo wollten fünf­hundert Ausständige eine von Truppen bewachte Brücke überschreiten. Es kam hiebei zu einem Zusammenstoß zwischen Truppen und Ausständigen, wovon zwei getötet und etwa 10 verwundet wurden. Von den Militär- und Civilbehörden wurde sofort eine Untersuchung eingeleitet.

* Rotterdam, 26. Juni. Präsident Krüger ist heute vormittag hier eingetroffen und hat sich mit seinem Gefolge nach dem Rathause begeben; sein Wagen wurde von früheren transvaalschen Offizieren und Unteroffizieren begleitet. Auf dem Rathause wurde der Präsident von dem Bürgermeister und den Stadträten, sowie den Ratsmitgliedern empfangen. Nach einer Ansprache des Bürgermeisters dankte Präsident Krüger für den Empfang und gab der Hoffnung Ausdruck, daß Gott sein Land bald wieder befreien werde. Nach der Frühstückstafel unternahm Krüger eine Spazierfahrt, bei der ihm zahlreiche Huldigungen dargebracht wurden. Um 4 Uhr fand großer Empfang statt, an dem sich eine Menge von Deputierten beteiligte. Der Präsident sprach den Erschienenen seinen herzlichen Dank aus. In den Ansprachen wurde die Politik nicht berührt, Präsident Krüger betonte nur, Eng­land habe feit dem Zuge Jamesons sich zum Kriege vor­bereitet.

* London, 26. Juni. Reuters Bureau meldet ans Harcismith (Oranjefreistaat) 25. ds.: Zwei englische Truppen­abteilungen machten, gemeinsam vorgehend, einen Beutezug durch das Gebiet zwischen Harrismith und Betlehem und er­beuteten 43 Wagen und Karren, 182,140 Pfund Fourage, 698,000 Pfund Korn und Mehl, sowie eine Menge land­wirtschaftlicher Geräte und Munition auf dem Wege nach Betlehem, außerdem 37 Ladungen Fourage auf dem Rückwege.

jf London, 27. Juni. Schwan richtet an den Unter­staatssekretär des Aeußeren Cranborne die Anfrage, ob Deutschland die Farsaninseln im Roten Meere besetzt habe. Cranborne erwiderte, daß die Regierung hierüber keine Mitteilung erhalten habe.

* Die Landwirtschaft kann in England nicht gedeihen, wo alle Vorsorge nur der Industrie und dem Handel gilt. Keinerlei Zölle auf Lebensmittel schützen den englischen Bauer vor den billiger produzierenden ausländischen Kon-» kurrenten. Die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse wird immer größer. Im Jahre 1870 wurden pro Kopf der Bevölkerung 14 Eier importiert. Im Jahre 1900 waren es 44. Vor dreißig Jahren wurden nur 4,2 Pfund Fleisch getöteter Tiere pro Kopf eingeführt, jetzt fast 44 Pfund. Die Einfuhr von Käse hat sich genau verdoppelt, die der Butter sogar verdreifacht (von 4,3 auf 11,7 Pfund) und i die Einfuhr von Weizen und Weizenmehl ist von 132 auf 243 Pfund gestiegen.

* New-York, 26. Juni. Der Liverpooler Dampfer Lusitania," mit 500 Passagieren nach Montreal bestimmt, strandete in der Nähe des Kap Race. Bei den Anstreng­ungen, die Rettungsboote zu gewinnen, kämpften die Passa­giere und Mannschaft untereinander mit Revolvern und Messern. Manche Frauen und Kinder wurden unter die Füße getrampelt. Alle wurden schließlich in die Rettungs­boote gebracht, indessen wird ein Boot mit zwanzig Personen vermißt. Die Passagiere wurden auf Neufundland gelandet;

sie mußten fast unbekleidet stundenlang über gefrorenen Boden und durch kalten Sprühregen wandern bevor sie Unterkunft in Fischerhütten fanden. Das Schiff ist total verloren.

* New-York, 27. Juni. Alle Passagiere des DampfersLusitania" sind gerettet.

* Ncw-York, 26. Juni. Auf der Wabashbahn in der Nähe von Caß (Indiana) hatte die Hochflut eine Brücke wegaeschwemmt. Ein herankommender Expreßzug stürzte hinab, wobei 20 Personen getötet und 40 verletzt wurden.

* Eine kleine Burenabteilung suchte, wie berichtet wird, wiederum Jamestown, unweit von Aliwal-North im Norden der Kapkolonie, auf und nahm soviel Beute fort, erließ auch eine Proklamation, daß Jamestown vorläufig die Hauptstadt des Oranjefreistaats sei.

Handel und Verkehr.

-! Achten steig, 28. Juni. Zu dem Verkauf von Stangen, Brenn- und Stockholz aus den Staatswatdungen Nonnemvald und Hafner­wald hatten sich sowohl vormittags in Ebhausen im Waldhorn als auch nachmittags hier im Anker Kaufsliebhaber in großer Zahl ein­gefunden. Wer etwa in dem Glauben stand, der gegenwärtigen strengen Heugeschäfte wegen werden an beiden Orten sich nicht viel Käufer einfinden und man könne darum billig zu Brennholz kommen, wurde während des Verkaufs bald eines bessern belehrt. Die Stangen wurden zwar im allgemeinen um den Revierpreis verkauft; anders gings aber beim Spälter-, Prügel und Anbruchholz. Spälter galten pro Rm. 10 bis 15 Alk., Prügel 5 bis 6 Mk. und Anbruchholz 4,50 Mk. bis 7 Mk. pro Rm. Auch beim Verkauf der Stockholzlose wurde anfangs hochgesteigert (bis 1°/z des Ausgebots), bis H. Ober­förster Weith den Kaufsliebhabern bedeutete, es sei Gelegenheit für jeden geboten, das nötige Quantum Stockholz zu bekommen, so daß dann die meisten ein Los um den Anschlag, ja auch unter demselben zugesagt erhielten.

Vermischtes.

* In einem Kaffeehaus in Paris machte ein Oest- reicher die Bekanntschaft zweierGrazien" und bald waren die drei so befreundet wie nur irgend möglich. Schließlich bezahlte der Oestreicher, wobei er eine gespickte Brieftasche sehen ließ und bat seine Freundinnen, ihn noch nach einem Restaurant zu führen, wo man ganz ungeniert zu Abend essen könnte. Seinem Wunsche wurde natürlich sofort ent­sprochen und nach kurzer Zeit befand sich das Trio in der feucht-fröhlichsten Sektstimmung. Plötzlich fragte eine der Damen den Wiener, ob er fremd in Paris sei.Ja, ich bin ans Wien."Oh," entgegnete die Fragestellerin, das ist die schöne Stadt, wo man so gmes Vier fabriziert." Und auch herrliche Brieftaschen," meinte die zlvcite. Ihre Brieftasche scheint wir ein wahres Meisterwerk zu sein; wollen Sie mir dieselbe einen Augenblick gestatten?" Geschmeichelt reichte der Wiener sein gefülltes Portefeuille über den Tisch. Die Dame versenkte die Tasche in ihr Kleid, öffnete die Thüre und erklärte mit dem holdesten Lächeln von der Welt:Jetzt verschwinde ich mit Ihrem Portefeuille, mein Herr." Der Oestreicher hielt die Sache anfangs für einen Scherz. Doch Dame und Brieftasche blieben verschwunden. Nunmehr alarmierte der Betrogene das Personal des Restaurants, welches ihm nur erklären konnte, daß die Dame längst das Haus verlassen habe. Ihre Begleiterin erklärte auf der Wache, daß sie die ver­schwundene Dame gar nicht kenne und in dem Kaffeehaus zum ersten Male mit ihr gesprochen habe.

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