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1901.
Letzte Nummer in diesem Quartal!
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Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 28. März. (19. Sitzung.) Die heutige Sitzung galt namentlich der Homöopathie. Bei Kap. 61, Tit. 2 des Kultusetats kommt der Antrag der Finanzkommission zur Sprache, in Berücksichtigung einer Eingabe der „Hahnemannia", der Regierung die Bereitwilligkeit des Hauses auszusprechen, für die Erteilung eines Lehrauftrags für Homöopathie an der Landesuniversität die nötigen Mittel zu verwilligen. Galler nahm sich der Homöopathie sehr warm an. Sie habe zwar mit den Vorurteilen der zünftigen Wissenschaft zu kämpfen, erfreue sich aber einer wachsenden Beliebtheit. Ein großer Teil der Medizinstudierenden werde sich der Homöopathie zuwenden, wenn in Tübingen ein Lehrauftrag gegeben werde. Die Regierung habe die Genehmigung einer Stiftung für Homöopathiestudierende untersagt, weil diese verpflichtet werden sollten, die Stipendien zurückzuzahlen, falls sie sich von der Homöopathie abwendetcn. Eine solche Bestimmung widerspreche nach Ansicht der Regierung der Freiheit der Wissenschaft, aber sie bestehe auch für die Studierenden des Wilhelmsstiftes. Universitätskanzler v. Schönberg führt aus, daß der akademische Senat sich 1873 auf Grund eines Gutachtens der medizinischen Fakultät gegen Schaffung eines Lehrstuhles für Homöopathie ausgesprochen habe. Auch jetzt würde der Senat im Interesse des wissenschaftlichen Ansehens der Universität sich in diesem Sinne aussprechen. Prof. Bierordt, der gegenwärtig über Homöopathie in Tübingen lese, habe gleichfalls das Bedürfnis verneint. Dagegen will sich der Kanzler nicht aussprechen, daß die Erteilung eines Lehrauftrages der Regierung zur Erwägung empfohlen wird. Geß empfiehlt aus ähnlichen Gründen wie Galler den Kommissionsantrag. Blumhardt will beiden Richtungen gleich gerecht werden. Die Regierung möge doch die wachsende Teilnahme für die Homöopathie, die unbestreitbaren Verdienste (Vereinfachung der Rezeptur u. s. w.) berücksichtigen: das liegt auch im Interesse der Freiheit der Wissenschaft. Minister v. Weizsäcker: durch die Stipendienordnung hätten die Studenten auf eine Richtung verpflichtet werden sollen, von der sie noch gar nichts verstehen. Von 30 homöopathischen Aerzten seien nur 3 in Württemberg approbiert. Die Homöopathen hätten die erforderliche Freiheit, sie verlangten aber ein staatliches Anerkennungsdiplom. Es handle sich nicht um eine neue Disziplin, sondern um eine spezielle Richtung innerhalb einer Disziplin, ja fast um eine Glaubenssache. Die Universität müsse selbst bestimmen, was Wissenschaft sei. Tauscher kritisiert es u. a., daß in Tübingen ein Allopath über Homöopathie lese. Prälat v. Sand b erg er meint, es handle sich hier um eine wissenschaftliche Frage, in der die Kammer nicht zu entscheiden habe. Berichterstatter Hartranft wünscht die Erfüllung des Wunsches weiter Volkskreise. In einer Replik bemerkt Galler, es sei nunmehr beabsichtigt, die in Rede stehende Stiftung nach Baden zu verlegen, wo ein besseres Entgegenkommen zu erwarten sei. Die Zentrumsabgeordneten Re mb old-Aalen und Schick sind gegen den Kommissionsantrag: letzterer schlägt vor, den Antrag nur zur Erwägung zu übergeben. Der Minister weist noch darauf hin, daß dem homöopathischen Lehrstuhl auch eine Klinik folgen müsse. Volkspartei, Deutsche Partei, Bund der Landwirte und Sozialdemokraten stimmten nahezu geschlossen für den Antrag der Kommission, außerdem noch einige Mitglieder der Ritterschaft und des Zentrums, so daß der Antrag mit 43 gegen 31 Stimmen angenommen wurde. Der Abg. Hieb er regt den Neubau eines Bibliothekgebäudes in Tübingen an, worüber der Kultusminister seine Genug- thuung ausspricht. Die Debatte wird abgebrochen.
js Stuttgart, 29. März. In der Abendsitzung der Kammer der Abgeordneten wurde zunächst das Kapital .Tierärztliche Hochschule" genehmigt, nachdem Stockmayer, Haußmann-Gerabronn, Locher, Bantleon und Spieß noch verschiedene Wünsche vorgebracht hatten. Sodann wurden in rascher Reihenfolge die Kapitel: Ackerbauschulen, Weinbauschulen in Weinsberg, Landwirtschaftliche Schulen, Ländliche Fortbildungsanstalten, Technische Hochschulen, Baugewerkschulen, Gewerbliche Fortbildungsschulen und Besoldungen der Lehrer an Gymnasien, Lyceen und niederen Latein-Lehranstalten genehmigt. Bei letzterem Kapitel schnitt Hieber in längerer Rede die Frage der Schulreform und das Berechtigungswesen an, worauf der Minister erwiderte, daß er auf demselben Standpunkt stehe, den er vor Vier-
Monaten ausgesprochen habe. Die Abgeordneten Mayer- Blaubeuren, Rembold-Aalen, Nieder, Liesching und der Berichterstatter Dr. Hartranft brachten zu den nachfolgenden Kapiteln noch verschiedene Wünsche vor.
* Nagold, 28. März. In die hier seit Jahren bestehende Pfennigsparkasfe, die derart verwaltet wird, daß jeder Lehrer in seiner Klasse Einnehmer ist, sind im abgelaufenen Rechnungsjahr fast ausschließlich durch Schüler 3312 Mk. eingelegt worden. — Die hiesigen, neuerrichteten Goldfabriken haben einen solch günstigen Geschäftsgang, daß demnächst in Horb eine Filiale errichtet werden wird.
* Freudenstadt, 28. März. (BeimHolzfällen erschlagen.) Der Holzhauer David Hornberger, ein Bruder des vor einiger Zeit verstorbenen städt. Vorarbeiters Hornberger, war laut „Grenzer" mit zwei anderen Arbeitern im nahen Finkenberg beschäftigt, eine vom Sturm geknickte Tanne zu fällen. Der Stamm fiel aber nicht in der vorgesehenen Richtung, sondern drehte sich und traf den seitwärts stehenden Hornberger an den Hinterkopf. Obgleich der Stamm auf eine in der Nähe befindliche Holzbeige fiel, war der Schlag so wuchtig, daß Hornberger tot auf dem Platze blieb. Um ihn trauern eine Witwe und mehrere Kinder, von denen ein Knabe in 14 Tagen kofirmiert wird.
* Vom Schwurgericht Tübingen wurde der Maurer- Ernst Wilhelm Lutz von Hagelloch (Tübingen) wegen Verbrechens des versuchten Totschlags zu 1 Jahr 10 Monaten Gefängnis verurteilt.
* Stuttgart, 28. März. Präsident von Weizsäcker, der Generaldirektor der Posten und Telegraphen, hat sich wegen Augenleidens seit ungefähr Monatsfrist krank gemeldet. Seine Stelle wird von Poftdirektor von Bältz provisorisch versehen. Ein sehr bestimmt auftretendes Gerücht will wissen, daß Präsident von Weizsäcker nicht mehr in sein Amt zurückkehren werde.
* Rottweil, 27. März. (Strafkammer.) Daß die 18jährige Zigeunerin Luise Reinhardt von Litzelstetten, eine trotz ihres jugendlichen Alters schon vielfach vorbestrafte Person, eine ziemlich robuste Vertreterin des sogen, „schwachen" Geschlechts ist, hat sie am 15. Febr. d. I. in Kresbach, OA. Freudenstadt, bewiesen. Am gen. Tage hat nämlich der Landjäger von Pfalzgrafenweiler ihre wegen Diebstahls steckbrieflich verfolgte Schwester Barbara attrappiert und da sie nicht gutwillig aufs Rathaus folgen wollte, sie am Arme gefaßt und ihr das Bündel, das sie über den Rücken trug, abzunehmen versucht. Sofort umschlang die Luise Reinhardt den Landjäger von hinten, faßte mit beiden Händen sein Gewehr und riß es nach rückwärts, so daß es den Landjäger in den Unterleib drückte und er dadurch genötigt war, ihre Schwester loszulafsen, welche davonsprang und nicht mehr erwischt wurde, was jene durch ihre Thätigkeit auch beabsichtigte. Hierauf sprang sie auf die Treppe des Zigeunerwagens und klammerte sich an den Seitenpfosten der Wagenthüre so fest, daß der Landjäger, der ihr zuvor die Festnahme angekündigt hatte, sie mit Gewalt losreißen mußte. Auch nachher widersetzte sie sich noch ihrer Abführung, so daß ein Mann zur Unterstützung beigezogen werden
j mußte. Die Reinhardt, welche in der Verhandlung ein unumwundenes Geständnis ablegte, wurde wegen Gefangenenbefreiung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.
* Am ersten Adventfest wurde die 19jährige Tochter des Bäckers Friedrich Keller von Oetisheim von dem Dienstknecht Albert Burges aus Corres auf offener Landstraße angefallen und tötlich durch einen Messerstich verletzt. Nachher zündete der Knecht aus Rachsucht auch noch die Scheuer seines früheren Dienstherrn, Dannecker in Dürrmenz, an. Soeben hat ihn das Heilbr onnerSchwurgericht zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt.
Z Ulm, 29. März. Die hiesige Fleischerinnung hat beschlossen, vom 1. April an Sonntags sämtliche Metzgerläden von 2 Uhr nachmittags ab zu schließen und bis Montag früh geschlossen zu halten; jeder Metzger, der am Sonntag nachmittag nach 2 Uhr Fleisch und Wurstwaren abgiebt, hat eine bedeutende Konventionalstrafe zu zahlen. Von diesem Ladenschlußzwang sind ausgenommen je die zwei Sonntage der Sommer- und Wintermesfe, die drei Sonntage vor Weihnachten und bei Abhaltung von außerordentlichen Festlichkeiten.
* In Hesselbach bei Oberkirch hat man Flußspat gefunden. Derselbe wird zur Herstellung der Flußsäure benutzt und dient wegen seiner leichten Schmelzbarkeit als Zuschlag oder Flußmittel beim Schmelzen verschiedener Erze. Es ist bereits in fachmännischer Weise ein Stollen von 40 Meter in dem betreffenden, dem Cirik Setter ge
hörenden Berg angelegt und es werden wöchentlich schon 800 Zentner Rohmaterial gewonnen.
ff Berlin, 29. März. Die Nordd. Mg. Ztg. schreibt: Seit der Großjährigkeitserklärung des Kronprinzen tauchten bis in die jüngsten Tage in der Presse Gerüchte über eine angeblich bevorstehende Verlobung desselben auf. Wir erwähnen diese wenig taktvollen Ausstreuungen nur, um daran die Bemerkung zu knüpfen, daß ihnen allen derselbe Grad von Grundlosigkeit innewohnt.
js Berlin, 29. März. Die Berlin. N. Nachr. melden, daß dem Fürsten Bismarck heute früh ein Sohn geboren ist.
* Der Vorwärts berichtet: Der Kriegsminister stellte gegen den verantwortlichen Redakteur Strafantrag wegen einer Mitteilung vom 5. Dezember, wonach bei einem Streifzug der Kolonne von Kettler 22 Boxer zum Tode verurteilt worden seien.
* Breslau, 28. März. Großes Aufsehen erregt die Flucht des Bankiers Georg Schalm in Lüben, der allseitiges Vertrauen besaß. Er verschwand am Freitag aus seiner Wohnung. Die Passiva betragen 300,000 Mk. Geschädigt sind fast ausschließlich kleine Leute. Heute früh wurde das Geschäft gerichtlich versiegelt. Der Schlesische Bankverein ist beteiligt, aber gedeckt.
* Köln, 29. März. Die Rhein.-Westf. Ztg. erfährt aus Amsterdamer Burenkreisen, die Nachrichten von den neuesten englischen Siegen seien mit dem berühmten Salzkörnchen zu genießen. Es handle sich um nichts anderes als die Rückeroberung der seiner Zeit von Delarey dem englischen General Clements bei Zeerust abgenommenen Vorräte und Kanonen. Auch die Zahl der Gefangenen bedeute nicht den Verlust, den die Engländer ihr beimessen. Bezüglich der schmählichen Behandlung der kranken Buren, sowie der
rauen und Kinder seitens der Engländer richtete Präsident rüger eine Note an die Mächte.
* Der Kommandeur des Hagenauer 3. schlesischen Dragoner-Regiments Nr. 13, Oberst von Horn, wurde beim Exerzieren auf dem Exerzierplätze auf seinem Pferde Plötzlich unwohl. Wenige Augenblicke nachher war er eine Leiche. Ein Herzschlag hat seinem Leben ein Ende gemacht. — Ein gleiches Ende hat den Roßarzt Thiede desselben Regiments betroffen. Auch er starb, nachdem er kurz vorher noch in einer Gesellschaft gewesen und munter war, an einem Herzschlage.
* Meldungen aus London zufolge verlautet, Gouverneur Sir Alfred Milner habe um seine Entlassung nachgesucht. Er empfinde drückend die Beschränkung seiner augenblicklichen Stellung durch die Beigesellung des Generals Kitchener und habe die Regierung ersucht, ihm freie Hand zu geben oder ihn seines Amtes ganz zu entheben. Man will außerdem wissen, es sei hauptsächlich der Kolonialminister, der auf der einigermaßen schwierigen Verbindung Milners mit Kitchener an der Spitze der Verwaltung der Burenstaatsgebiete bestehe, während der Rest des Kabinetts Milner ganz freie Hand zu geben wünsche. Daß die Beziehungen zwischen Milner und Kitchener nicht die besten sind, ist bekannt. Letzterer hat Regierungsgepflogenheiten, die dem Soldaten Kitchener nicht sympathisch sein können. Milner wählte sogar den abgesetzten holländischen Geistlichen Adrian Hofmeyer aus und entsandte ihn mit der Zusage eines Monatsgehalts von 1000 Mk. nach Pretoria, um dort von Lord Kitchener als Bermittlungsagent verwandt zu weiden. Das war aber für Kitchener zu viel. Er lehnte es ab, sich eines so niedrigen Werkzeuges zu bedienen. In Johannesburg und Pretoria ließ Milner in die Zivilverwaltung rhodesische Schmarotzer einrücken und verlieh die höchsten Aemter an verschiedene der direkten Urheber des Jamesonschen Raubzuges. Als Gouverneur hat er das Recht, die Exekutivregierung einzusetzen, und er hat bereits für die Transvaal-Exekutive den berüchtigten Agitator Wynburgh ernannt. Das sind so einige Momente, die aus Milners Thätigkeit als Oberkommifsär in den Burenstaaten berichtet werden.
* Nach einem Telegramm des „Standard" aus Shanghai soll China 50,000 Mann neue Truppen zusammenbringen und die Verteidigung der Jangtse-Forts vorbereiten.
Handel und Verkehr.
* (Holzpreise.) Bei dem am 20. März stattgefundenen
Verkauf von Brennholz aus Frcudenstädter Waldungen wurden durchschnittlich erlöst: Für ein Rm. buchene Scheiter 9 Mk., buchene Prügel 9,35 Mk., buchener Anbruch 7,78 Mk. für ein Rm. tannene Roller, 1,3 m lang, 9.28 Mk. tannene Scheiter 8.80 Mk., tannene Prügel 8.10 Mk., tannener Anbruch 6.50 Mk. (Gr.)
B'>. antwortlich«! Redakteur: W. Rieker, Altensteiq.