* Hamburg, 8. Dez. Die Woermann-Lini« erhielt «in Telegramm aus LaS Palmas, in welchem die Meldung von einer Durchsuchung ihres DampfersElla Woermonn" durch ein englisches Kriegsschiff als völlig erfunden bezeichnet wird; es habe lediglich «ine Visitation seitens der spanischen Zollbehörde stattgesunden.

Arrsltiir-rfetzes.

* Pest, 7. Dez. (Zur Lage.) DerBudapesti Hir- lap" bringt heute ein« geradezu sensationelle Unterredung mit einem hervorragenden Staatsmann-. Letzterer erzählt, der Kaiser hätte den Ratschlag eines ungarischen leitenden Staatsmannes, den Tschechen dadurch entgegenzukommen, daß Böhmen die Autonomie gewährt werde, wie sie Kroatien gegenüber Ungarn habe, dahin beantwortet, dies sei nicht möglich. In diesem Falle, sagte der Kaiser, svürde mein kleine« Oesterreich in die heutige Position Kroatiens ge­langen. Denn di« Böhmen fordern auch Mähren und Schlesien, die Polenaber möchten die Ruthenen einverleiben. Da wäre ich ein in vier Teile zerrissener Herrscher. Was sollte da aus Wien werden ? Sie haben nur ein Kroatien; ich habe deren zehn. Ferner sollte der Monarch die Ma­gyaren gewarnt haben, au« den österreichischen Wirren Nutzen ziehen zu wollen.Wenn ich in Oesterreich absolu­tistisch oder sörderalistisch zu regieren gezwungen bin, werde ich auch in Ungarn nicht anders regieren können," soll er gesagt haben.

* Paris, 8. Dezbr. Marineminister Lockroy erklärte einem Mitarbeiter desGauloiS", Frankreich müsse 300 bis 400 Milk. Francs für die Marine auSgeben und nötigen­falls dem Landheer Truppen entnehmen, um seine Küsten zu decken. Die Franzosen müßten endlich begreifen, daß die Gefahr nicht mehr im Osten liege. Die koloniale Aus- breitung sei eine L'benSbedingung für die Völker Europas. Es handle sich für Frankreich darum, seine Kolonien zu verteidigen.

* Im französischen Abgeordnetenhaus« kam dieser Tage zur Sprache, wie die Waisenkinder, die in Klöstern erzogen werden, außgebcutet werden. Die Mädchen werden von früh bis abends mit Nähen beschäftigt und erholten keinen andern Lohn, als die fragliche Kost und die Wohn­ung. Man bat Mädchen 10, 20, sogar 22 Jahre im Kloster arbeiten lasst«; als sie nicht mehr konnten, hat man sie vor die Thür gesetzt. Sie suchten vergebens nach gerichtlichem Beistand. Im guten Hirten in RenneS hat man ein Schuldensystem eingesührt, da« den Klosterleuten gestattet, die Waisenkinder auf immer zu behalten. Ein Redner zählte eine ganze Reihe von Fällen auf, wo Kmder

unter 12 Jahren von Klosterleuten auSgebeutet und miß­handelt wurden, und erwähnt, daß in Le ManS den Kindern als Srrasmittel der Kopf in einen Wischlappen gebunden wurde; ein schwindsüchtiges Kind spuckte sofort Blut und starb am nächsten Tage. Anderswo besudelte ein Kind sein Bett. Die Schwester steckte ein Stück Brot hinein und reichte es dem Kinde mit den Worten : Da ! (Bewegung.) Eine Oberin ließ die Kinder beim Spaziergang durch einen Hund bewachen. (Abbe Goyraud ruft: Wenn all das wahr ist, schließe ich mich dem Redner an, um Vergeltung zu fordern!) Forniere: In der Anstalt zum heiligen Herzen von Conflanz kündigte man den Kindern die Prügel, die sie am nächsten Morgen erhalten sollten, schon am Abend vorher an. Die Sterblichkeit in diesen Klöstern ist sehr groß, besonders in AngerS und Nancy, in welch letzterem Orte in einem Jahre 11 Schüler­innen einer Klasse starben. In einer Anstalt ließ man die Kinder ruhig neben solchen sitzen, die mit ansteckenden Krank­heiten behaftet waren. In St. Charles in Paris werden die Waisenkinder mit Brennnesseln gegeißelt, in Morangis starb ein Kind an den Fußtritten der Schwester.

* Frankreich und Brasilien stehen vor dem Zoll­kriege. Brasilien fordert, daß seinem Kaffee bei der Ein­fuhr in Frankreich dieselben Vergünstigungen zugestonden werden, wie dem französischen Kolonialkaffee. Frankreich lehnte diese Forderung ab, und Brasilien beschloß einen Zollausschlag von 50 Proz. auf alle französischen Waren.

Vi^. London, 8. Dez. Da- TransportschiffTyne" ist wieder flott gemacht, und in Portsmouth eingetroffen.

* Wenn England das Geld, das der südafrikanische Krieg kostet, den hungernden Indiern zuwendete, dann würde unsägliches Elend gelindert. Unter der gegenwärtigen Hungersnot in Indien leiden 30 Millionen Menschen.

* Madrid, 7. Dez. Santa Maria de Nieva, eine Stadt in der spanischen Provinz Segovian, wurde von einer furchtbaren Feuersbrunst heimgesucht. Das alte Domini­kaner-Kloster, in dem das Stadtarchiv, das Landgericht, das Gefängnis und die Gemeinde-Schule untergrbracht waren, ist gänzlich niedergebrannt. Gerettet wurde nur das Archiv, das eins der wichtigsten in ganz Spanien ist. Der Feuer­schein war 5 Stunden im Umkreise sichtbar. Der Schaden beziffert sich ouf Millionen.

* New- Jork, 7. Dez DerNew-Iork Herald" be­richtet aus Manila: Die Unterdrückung der Insurrektion steht noch in weitem Felde.

Vf. Burenco-Marquez, 6. Dez. Der deutsche DampferKönig" ist mit der deutschen und holländischen Abteilung des Roten Kreuzes hier eingetroffen. Eine Ab­

teilung wurde hier von dem deutschen Konsul von Trans­vaal empfangen, und wird morgen im Ambulanzzug nach Transvaal abfahren.

M. Peking. 8. Dez. Der chinesische Gouverneur von Schantung ist entlassen worden wegen seiner Unfähigkeit, seinerseits mit den Unruhen, die sich gegen die Missionen wendeten, fertig zu werden.

* Während die Buren im Felde stehen, müssen ihre Frauen, Kinder und ihre schwarzen Diener den WirtschaftS- betrieb aufrecht erhalten. Er wird gesät und geerntet, wie in Friedenszeiten. Jede Hausfrau ist verpflichtet, eine be­stimmte Anzahl Brote in gewissen Zeiträumen regelmäßig abzuliefern. Namentlich kauft aber brc Transvaal-Regierung von den Kaffernstämmen groß« Mengen Mais auf. Es ist somit nicht anzunehmen, daß es den Engländern je gelingt, die Verbündeten durch Unterbindung der überseeischen Zufuhrauszuhungern".

Wachrichlen vom südafrikanischen Kriege.

* London, 7. Dez. Es bestätigt sich, daß die Hilfs­quellen der Engländer an Truppen vollständig erschöpft sind. Es sind keine regulären Truppen wehr vorhanden, welche nach Südafrika gesandt werden können. Gerüchtweise verlautet, das KriegSamt werde nunmehr eine Brigade aus Miliztruppen bilden und dem General Buller, fall- er wieder Hilfstruppen verlangt, zusrndrn. Es wird versichert, daß die Regierung zu diesem Mittel nur im äußersten Not­fälle schreiten werde. Die Mobilisierung einer Miliz-Brigade wird als ein nationale- Unglück ausgefaßt werden.

Vf. London, 8. Dez. Die 2. Ausgabe derTime-" meldet aus dem Lager bei Frere vom 6. Dez : Die Buren brachen eine- der größten ihrer 5 Lager bei Colenso ab und bewegten stcv ostwärts. Ein amtlich bekannt gegebene- Telegramm des Obersten Baden-Powell aus Mafeking vom 27. Nov. meldet, olles sei wohl. Da« Bombardement setze zuweilen aus, die Streitkräfte der Belagernden seien be­deutend schwächer.

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