8

M

EinrückungSprsiS für Wenfieig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein rückung 8 Pfg. bei mehrmal. je 8 auswärts je 8 Pfg. die Ispaltige Zeile oder derm Raum.

erscheint Dienstag, Donnerstag, LamStag und Sonntag «it derGratiS-Beilage

8

M'

Smtzblatt M

Der Sonntag s-

vrsteüprelS pro Quartal i« Bezirk Nagold

so ^

außerhalb derselben ^ l.tO.

M-MterhaltMgsbüM

Hir»r»n «^LSvjä»

Man abonniert auswärts auf diese» Blatt bei den Kgl- Postämtern und Postboten

Uebertragen wurde die erledigte Asfistentenstelle bei dem Kameralamt Freudenstadt dem Finanzpraktikanten Hohl in Heilbronn, die­jenige bei dem Kameralamt Altensteig dem Kameralkandibaten Baumann in Hirsau.

2 Eirslerird rrir- Lv<rirrV«r«rl.

In dem Streitfall zwischen England und der Süd­afrikanischen Republik, der schon seit Monaten einen ver­schärften Charakter angenommen hat, ist bisher noch immer nicht das letzte Wort gesprochen worden. Es ist nicht ein­mal mit Bestimmtheit vorauszufehen, wie es lauten werde, ob Krieg oder Friede, obgleich man wenigstens von englischer Seite so thut, als ob jede Aussicht auf Erhaltung des Frieden- nahezu geschwunden wäre. Ernst ist die Lage unstreitig, und in dem Zeitraum, seitdem die starke Ver­warnung des britischen Ministeriums an die Regierung in Pretoria ergangen ist, hat sich nur noch deutlicher und klarer herausgestellt, welchem Ziele England zustrebt. Die Uitlander- Fragr ist nur Mittel zum Zweck; in Wahrheit handelt eS sich um die staatsrechtliche Stellung Transvaals, die England als eine abhängige, im Verhältnis des Vasallen zu seinem Lehnsherrn, betrachtet, und demgemäß auch be­handeln will. Auch in seiner letzten Rede hat Chamberlain dies mit besonderem Nachdruck hervorgehoben.

Darin liegt unstreitig der Knotenpunkt der ganzen Angelegenheit, und das erschwert ihren friedlichen Ausgang ungemein. Daß die Boern bestrebt sind, gewisse Erwerbs­zweige und zwar die wichtigsten, für sich zu monopolisieren, dürfte nicht auf die Dauer Vorhalten. Schon regt sich eine sehr heftige Opposition gegen diese ungesunde Monopol­wirtschaft innerhalb der Boern selbst. Dies ist auch leicht zu erklären. Staatsmonopole sind allzu oft mit allerlei Begünstigungen und Bevorzugungen einzelner Personen oder BevölkerungSklassen verbunden. Gegen das Dynamit­monopol in Transvaal haben sich zuerst die Fremden aus­gesprochen; jetzt thun es auch schon Boern selbst, weil nicht alle daran teilnehmen können, vielmehr befindet sich die Ausbeutung in den Händen weniger Interessenten. Um diese Monopolwirtschaft, oder richtiger gesagt, Mißwirt­schaft, zu beseitigen, bedarf England nicht des ungeheuren Apparats der Kriegsrüstungen. Außer" m sind Engländer am allerwenigsten in dieser Frage interessiert.

Die Boern wollen die Naturalisation der Uitländrr unter gewissen Bedingungen zugestehen und den naturalisierten Uitländern dann eine verhältnismäßige Vertretung im Volks- raad einräumen. Diese Vertretung soll nicht auf dem demokratischen Prinzip der Bevölkerungszahl basiert sein, vielmehr wird den Bezirken, wo die Uitlander hauptsächlich ihren Sitz einnehmen, den Goldfeldern, von vornherein eine bestimmte, nicht große Zahl von Mandaten zugesprochen. Die Absicht dieser Maßregel ist klar; man will der künftigen Majorisierung der Boernbevölkerung durch die fremden Einwanderer nach Möglichkeit Vorbeugen. Indessen liegt nicht in diesen Einzelheiten der Schwerpunkt des schwebenden Streites, sondern in dem Umstande, daß von englischer Seite die Meinung verfochten wird, die englischen Ein­wanderer bedürften nicht der Naturalisation, um in Trans­vaal als Vollbürger zu gelten. Sie seien eS schon auf Grund ihres englischen Bürgerrechts, da die Südafrikanische Republik zu England im Verhältnis eines Vasallenstaates stehe. Daß man den englischen Einwanderern das aktive und passive Wahlrecht erst nach einiger Zeit gewähren soll, hat mit deren rechtlicher Stellung nichts zu schaffen. Krüger will mehr unter keinen Umständen bewilligen; ist England damit nicht zufrieden, dann werden die Waffen entscheiden. 1881 war das KiegSglück mit den Boern, die auch jetzt wieder voller Siegeszuversicht sind.

Wom Kriegsgericht in Wermes.

* RenneS, 30. Aug. Paul Meyer, Direktor der Urkunden-Akademie, wird als Experte vernommen. Mayer sagt, für ihn sei ohne Zweifel Esterhazy der Verfasser deS Bordereau'S. Molinier. Professor an der Uckunden- Akademir, erklärt, das Bordereau sei von Esterhazy ge­schrieben. Der nächste Zeuge ist Giry, Professor der Urkunden-Akademie. Er macht eine lange Demonstration, um zu begründen, daß das Bordereau von Esterhazy ge­schrieben ist. Labory fragt Giry, ob er bemerkt habe, daß die Schrift Esterhazy'« sich seit 1896 verändert hat. Giry verneint dies. Picot beginnt feine Aussage unter tiefem Schweigen des Saales. Picot erzählt: Im Monat Mai dieses Jahres habe ich in einem befreundeten Hause den österreichischen Militärattache Schneider getroffen. Der Regierungskommissar Carriöre unterbricht und verlangt, daß keine Namen genannt werden. Picot: Ich werde also keine Namen nennen. Ich habe also in einem befreundeten Hause den Agenten einer auswärtigen Macht getroffen. (Heiterkeit.)

Samstag, 2. September

Ich hatte mit ihm eine Unterredung über die Affaire DreyfuS, die damals alle Welt beschäftigte und mem Ein­druck war, daß der Agent es für seine Pflicht hielt, laut und entschieden die Unschuld des Verurteilten zu verkünden. (Bewegung.) Er sprach mit einer gewissen Strenge über die französischen Offiziere, welche dar von einem ausländischen Kameraden gegebene Wort in Zweifel ziehen. Folgendes waren die Einzelheiten unserer Unterredung. Er erklärte, Esterhazy sei ohne Zweifel der Verfasser de« Bordereau-, aber Esterhazy sei vor allem ein Betrüger. Von den im Bordereau ausgezählten Dokumenten entsprechen nämlich nur drei irgend einer Wirklichkeit; die anderen seien offen­bar nur dazu bestimmt, die im Bordereau angeründigte Lieferung voller und stattlicher erscheinen zu lassen. Nachdem Picot seine Erzählung beendet hat, fragt ihn Demange: Sie haben wirklich gehört, was Sie hier erzählt haben? Picot (feierlich): Ich habe unter meinem Eide auSgesagt! (Bewegung.) General Roget verlangt das Wort und sagt: Ich bitte Herrn Picot, mir zu sagen, was er von jenem Militärattache denkt, der in Betreff seines hier zitierten Berichtes ein Aufsehen erregendes Dementi im Figaro" veröffentlicht hat und hinterher zugeben muß, daß der Bericht autentisch ist? Picot: Ich habe hier ausge­sagt, was ich gehört habe, aber ich habe kein Urteil abzugeben. Demange weist darauf hm, daß man den Bericht des Militärattaches für einen wirklichen Bericht ausgegeben und ihn offenbar unrichtig datiert habe, während thaisächlich nur der Entwurf eines Berichter vorzuliegen scheine. Darum sei das Dementi berechtigt gewesen. Roget: Ich will auch den betreffenden Attache nicht anklagen noch entschuldigen. Wahr­scheinlich liegt ein Mißverständnis vor. Ich habe nur interveniert, weil man hier von französischen Offizieren ge­sprochen hat. General Deloye, der mit seinem langen grauen Zwickelbart wie ein alter Nibelungen-Krieger auS- sieht, beginnt die sogenannte technische Diskussion des Bordereau-, welche darin besteht, aus der Natur der im Bordereau aufgezählten Dokumente nachzuweisen, daß sie von Dreyfus geliefert worden seien. Die fachwissenschaft­lichen Ausführungen des Genernls Deloye bieten für Nicht­militärs keinerlei Interesse, überdies wiederholt Deloye seinen an den Kassation-Hof gesandten Bericht. Dreyfus antwortet in einer längeren Rede mit demselben sachlichen Inhalt. Hierauf erhebt sich der Regierungs-Kommissar Carriere und teilt mit, der Vertreter der Kriegsministers habe ihm ge­schrieben, daß General Deloye, welcher Direktor der Artillerie im Kriegsministerium ist, beauftragt sei, dem Kriegsgericht alle erforderlichen technischen Informationen zu geben. Da einige dieser Informationen die Geheimnisse der nationalen Verteidigung betreffen, beantragt der Regierungskommissär die Oeffentlichkeit auSzuschließen.

* RenneS, 31. Aug. Die geheime Sitzung dauerte bis gegen neun Uhr. Darauf tritt Hauptmann Lebrun- Renaud ein in der Uniform der republikanischen Garde. Unter tiefem Schweigen erzählt Lebrun-Renaud, daß er am 5. Januar 1895 Dreyfus aus dem Militär-Gefängnis holte, um ihn nach der Militärschule zur Degradation zu führen. Während Lebrun-Renaud und Dreyfus im Saale warteten, sprach Dreyfus zu Lebrun-Renaud. Dreyfus sagte, erhübe Vermögen, habe eine Zukunft in der Armee gehabt und begreife darum nicht, daß man ihn des Verrats angeklagt habe. Dann habe er wörtlich folgende Phrase geäußert: Ich bin unschuldig; in drei Jahren wird man meine Un­schuld erkennen. Der Minister weiß es wohl; er hat eS mir durch Du Paty sagen lassen. Er weiß, daß wenn ich Dokumente an Deutschland geliefert habe, die-nur geschehen ist, um wichtigere dafür einzutauschen. Lebrun-Renaud fügt hinzu, der Hauptmann Attel, welcher der Unterred­ung beiwohnte, habe diese Phrase gehört. Lebrun-Renaud fährt fort: Am nächsten Tage habe der Oberst der republikanischen Garde ihn rufen lassen und habe ihm einen Verweis erteilt, weil er zu gesprächig sei; er habe ihm befohlen, fortan zu Niemanden mehr über die Geständ­nisse Dreyfus' zu sprechen. Nach einigen Jahren, im Jahre 1898, habe der damalige Kriegsminister Cavaignac Lebrun- Renaud rufen lassen und habe von ihm einen Bericht über die Geständnisse Dreyfus' verlangt. Lebrun-Renaud habe ihm ein Blatt seines Notizbuches gebracht, auf welche- er am Tage nach den Geständnissen alle Einzelheiten derselben aufgeschrieben habe. Ein Mitglied des Kriegsgerichts fragt: Haben Sie noch dieses Blatt aus dem Notizbuch? Lebrun- Renaud: Ich habe eS zerrissen, nachdem ich es Cavaignac mitgeteilt, weil ich glaubte, eS Hab« keinen Wert mehr. Ein anderes Mitglied des Kriegsgerichts fragt: Hat Ihnen Drey- fu- gesagt, daß er Originale oder Kopien der Dokumente an Deutschland ausgeliefert hat? Lebrun-Renaud: Ich erinnere mich nicht mehr an diese Phrase. Labori: Und

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Verwendbare ! Beiträge werden dank­bar angenommen.

sZ,

I 1899.

warum hat Lebrun-Renaud, nachdem er das Blatt vier Jahre aufgehoben hat, dasselbe vernichtet, nachdem er eS dem KriegSminister Cavaignac gezeigt, das heißt also gerade in dem Augenblicke, wo diese« Blatt anfing, große Be­deutung zu besitzen? Lebrun-Renaud: Ich war mir dieser Bedeutung nicht bewußt. Ueberdies war der Inhalt diese- Blattes authentisch geworden, nachdem ich dasselbe dem Kriegs­minister mitgeteilt habe. Ich bedurfte also der Blattes nicht mehr. Nach der Aussage Lebrun-Renaud'- sagt Dreyfus : Lebrun-Renaud war allein mit mir im Saal der Militär­schule. Es ist möglich, daß im Nebensaale sich Hauptmann Attel befand, aber im Saale selbst war kein anderer Offi­zier. Präsident zu Lebrun-Renaud: Ist Hauptmann Attel in den Saal eingetreten, wo Sie sich mit Dreyfus befanden ? Renaud-Lebrun: Attel ist fünf Minuten lang eingetreten. Dreyfus: Ich glaube nicht, daß Attel eingetreten ist. Jeden­falls erinnere ich mich nicht, daß ein anderer Offizier sich im Saale befand, als ich zu Lebrun-Renaud sprach. War unsere Unterhaltung anlangt, so will ich nicht auf die Worte zurückkommen, die er selbst geäußert hat; ich will nur die Worte wiederholen, die ich selbst gesagt habe. Sie lauteten:Ich bin unschuldig; ich werde es dem Volke ins Gesicht sagen. Der Minister weiß es wohl; er hat mir den Major Du Paty geschickt, um mich zu fragen, ob ich nicht Dokumente ausgeliefert habe, um wertvollere einzutauschen. Ich habe mitRein" geantwortet und gesagt, daß ich volles Licht will." Ich habe hinzugefügt, in zwei oder drei Jahren werde man meine Unschuld erkennen. Ich habe bereit» dem Kriegsgericht die Erklärung dieser Phrase geliefert. Das Kriegsgericht wird verstehen, daß ich bei der nervösen Spannung, in der ich mich befand, meine Gedanken nicht vollständig beisammen hatte. Dreyfus fährt mit bewegter Stimme fort: Erlauben Sie mir noch, meine Erregung auszudrücken, die ich heute empfinde, da ich sehe, daß ein Offizier, welcher meine Worte gehört hat, die mit einer Un­schuldsbeteuerung begannen und die er nicht verstanden hat, sich erlaubt hat, diese Worte den Vorgesetzten gegenüber in ein Geständnis zu verwandeln, ohne von mir selbst eine offene und freimütige Erklärung vorher zu fordern. Das ist ein Vorgehen, welches allen ehrlichen Leuten nur Entrüstung einflößen kann! (Bewegung und Beifall.) Der nächste Zeuge ist Hauptmann Antoine. Er sagt kurz aus: Nach der Degradation habe er in der Militärschule seinen Freund den Hauptmann Attel getroffen. Attel war sehr erregt und habe ihm die Aeußerungen mitgeteilt, die er eben aus dem Munde Dreyfus' vernommen. Antoine hat nicht die Worte Attel-, wohl aber den Sinn behalten, und er kann mit absoluter Bestimmtheit behaupten, daß dieser Sinn rin von Dreyfus abgelegtes formelles Geständnis be­traf. Ein Mitglied des Kriegsgerichts fragt: Hat Ihnen der Hautmann Attel gesagt, daß er diese Geständnisse direkt von Dreyfus gehört hat? Antoine: Jawohl! Er hat mir gesagt, daß er sich in demselben Saale befand wie Dreyfus. Dreyfus: Ich versichere, daß ich zu Attel nicht gesprochen habe. Ich habe nur zu Lebrun-Renaud gesprochen! Prä­sident: DaS hat auch Niemand behauptet. Der Präsident fragt hierauf Lebrun-Renaud: Haben Sie jemals zu Attel von den Geständnissen Dreyfus' gesprochen? Lebrun- Renaud: Niemals! Attel war selbst im Saal. Ich habe niemals mit Attel gesprochen. Ich kannte ihn gar nicht. Labori bittet, den General Mercier zu fragen, ob Attel ihm, als dem Kriegsminister. Bericht abgestattet habe, über das, was er von Dreyfus gehört hatte. Mercier antwortet: Nein! Hauptmann Forzmetti, früherer Direktor des Pariser Militär- Gefängnisse-, jetzt Staatsbeamter im Fürstentum Monaco, kommt hereingehinkt. Forzinetti spricht mit dumpfer leiser Stimme und wird infolgedessen vom RegierungSkommissär mehrmals zum Lautfprechen aufgefordert. Auch der Präsident unterbricht Forzinetti fortwährend und fordert ihn auf, sich kurz zu fassen. Forzinetti teilt mit, daß er nach der Degra­dation Dreyfus' den Hauptmann Lebrun-Renaud getroffen und daß Lebrun ihm gesagt habe: Niemals hat Dreyfus Geständnisse gemacht! Im Zola-Prozeß habe er Lebrun- Renaud wieder getroffen und habe ihn im Zeugenzimmer einen infamen Lügner genannt. Forzinetti war ferner mit dem Hauptmann Attel intim befreundet und hat oft mit ihm von der Verurteilung Dreyfus gesprochen, niemals aber hat Attel zu Forzinetti auch nur ein Wort von den Ge­ständnissen Dreyfus gesprochen. Präsident: Hat er Ihnen aber auch gesagt, daß die Gerüchte über Geständnisse Dreyfus', die damals umliefen, falsch seien? Forzinetti: Nein, das hat er mir nicht gesagt.

* Renner, 31. August. Im Publikum macht sich seit wenigen Tagen eine besonders zuversichtliche Stimmung geltend, und überall heißt es, Dreyfu» müsse nach den Enthüllungen der letzten Tage freigrsprochen werden. Oberst