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Erscheint Dienstag, Donnerstag, SamStag und Sonntag «it brr Gratis-Beilage er LonntagS G-S.
Einrückung SpreiL für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein rückung 8 Pfg. bei mehrmal- je 6 auswärts je 8 Pfg. die Ispaltige Zeile oder deren Raum.
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Amtsblatt für
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Verwendbar.' Beiträge werden dank bar angenommen
1899
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Mr. 119.
Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei dm Kgl. Postämtern und Postboten
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Samstag, 5. August
Ernannt wurden die Postpraktikanten I. Klasse: Pfinder beim Postamt Nr. 1 in Stuttgart zum Postassistenten in Altensteig; Beckert in Tübingen zum Postasfistenten in Nagold.
Am 10. August d. I. wirb bei dem K. Postamt Kornthal ein« öffentliche Telephonstelle dem Betrieb übergeben. Die Sprechgebühr zwischen Altensteig und Kornthal beträgt 25 Pfg.
D Ueder dir bulgarischen Verhältnisse
ist neuerdings wieder mancherlei in die Oeffentlichkeit gedrungen : Wahrheit und Dichtung durcheinander. Man wird sich erinnern, daß eines Tages die Nachricht von der gewaltsamen Entthronung des Fürsten Ferdinand verbreitet wurde. Als diese Nachricht widerrufen wurde, wollten sich deren Urheber nicht zufrieden geben und spielten sich auf die Propheten auS; die Revolution hätte zwar noch nicht statt- gesunden, aber sie stände für die allernächste Zeit zweifellos bevor, die Unzufriedenheit im Lande sei sehr groß. Fürst Ferdinand hat aber unterdessen seine alljährliche Reise ins Ausland unternommen; ein Beweis dafür, daß die Zustände im Lande ganz normal sind. Freilich sind sie für gewöhnlich anders als in einem europäischen Staat, sie dürfen auch nicht mit dem Maß eines gefestigten politischen Gemeinwesens gemessen werden.
Vor allem wird zur Zeit in Bulgarien über die Geldnot der Regierungskassen lebhaft geklagt; diese sind gründlich leer, was in erster Reihe von den Staatsbeamten empfunden wird, aber auch die andern Bevölkerungsklassen werden von diesem Uebel in Mitleidenschaft gezogen. Der Beamte kann seine Miete nicht bezahlen, bleibt dem Kaufmann für die auf Kredit genommene Ware die Bezablung schuldig, selbst die Dienstboten erhalten nicht ihren Lobn. Dadurch ist im ganzen Lande eine finanzielle Verlegenheit eingetreten, welche die Geister überall unzufrieden macht.
Indessen darf man dieses Uebel in seiner Bedeutung für Bulgarien nicht überschätzen, noch weniger darf man die gegenwärtige Regierung dafür verantwortlich machen. An derartige Kalamitäten ist man am Balkan von jeher gewöhnt, und man nimmt sie dort nicht tragisch. Pünktlich seinen Verpflichtungen nachzukommen, ist in den Balkanländern eine sehr seltene Tugend, und im Verkehrsleben rechnet man in der Regel mit dieser Landesgewohnheit. Auch daß die Beamten monatelang ohne Bezahlung bleiben, ist bereits traditionell, noch von der Zeit der türkischen Herrschaft her. Die Schuld daran liegt wesentlich in dem Umstande, daß man dort kein Betriebskapital, wie es kaufmännisch heißt, besitzt; man lebt von der Hand in den Mund; man wartet auf die Steuer- oder auf die Zolleingänge, um täglich fällig werdende Verbindlichkeiten zu erfüllen. Natürlich treten oft störende Ereignisse ein; die direkten Steuern gehen nicht Pünktlich ein, die Wasserstraßen sind für die Wareneinfuhr ungünstig, weshalb die erwarteten Zölle ausbleiben. Solche Zufälle bringen die Regierung in Verlegenheit, und sie kann sich nur dadurch helfen, daß sie die Beamten auf ihr Gehalt warten läßt, und mit diesen müssen eben alle warten, die Forderungen einzukassieren haben.
Neben diesen gewöhnlichen Zufälligkeiten hat die Regierung diesmal finanziell noch mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Finanzwirtschast des Ministeriums Stoilow war keine mustergültige, die Kassen waren aufs äußerste erschöpft, und in ihrer Verlegenheit griff damals die Regierung die Gelder an, welche die Post für Anweisungen im internationalen Verkehr erhalten hatte. Bei der Abrechnung blieb sie den fremden Staaten die angewiesenen Gelder schuldig und berichtigte die Rechnungen selbst dann nicht, als sie mehrmals und entschieden darum gemahnt wurde. Um aus dieser Bedrängnis herauszukommen, hatte sie das bekannte Abkommen mit den Geldinstituten abgeschlossen, durch das die Staatsbahnen an die Banken pachtweise überlassen wurden.
Die Ueberlassung de- Betriebes der rumelischen Bahnen an die Banken bedarf aber noch der Zustimmung der türkischen Regierung, und diese ist bis zur Stunde nicht erfolgt. Die Geldinstitute haben daher nur die dringendsten Schulden der bulgarischen Regierung bezahlt, vornehmlich die Forderungen der ausländischen Postverwaltungen beglichen; zu weiteren Zahlungen haben sie sich nicht verstanden, weshalb das Finanzministerium weiter mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und die Beamtengrhälter nicht auszahlen kann.
Um ihr Verhalten betr. die Bahnverpachtung, das zuerst eine große Erregung im Lande hervorgerufen hatte, zu rechtfertigen, legte die Regierung in der Sobranje die herrschende Finanznot dar und verriet alles haarklein, wie die frühere Regierung Schulden gemacht und auf welche Weise sie ihr Dasein gefristet hatte. In der That hat sich die Bevölkerung über das Abkommen mit den Banken bereits beruhigt, sie wartet mit großer Sehnsucht aus den Goldregen, der sich nunmehr über das Land ergießen sollte.
T«rserpsliLik.
Am nächsten Montag beginnt nun in Rennes der neue DreyfuS-Prozeß, über dessen Ausgang man sich keinen Bedenken mehr hingiebt, vorausgesetzt, daß nicht ganz besondere Ueberraschungen, die ja in Frankreich niemals ausgeschlossen sind, eintreten. Die Zeugenaussage des Herrn Beaurepaire wird das heitere Satyrspiel in dem ernsten Trauerspiel darsteüen. Bei seiner Suche nach Beweisen ist der leichtgläubige Fanatiker vielmals getäuscht worden und schon jetzt hat es sich herausgestellt, daß er von sechsen seiner Zeugen mystifiziert worden ist. Ernster sind di« Generale zu nehmen, die durch Esterhazy und neuerdings durch Paty du Clam so schwer kompromittiert worden sind, daß sie unmöglich geworden sind, wenn Dreysus freigesprochen wird. General Mercier, der Kriegsminister von 1894 hat erklärt, er werde ohne jede Rücksicht auch von de« geheimsten Akten, die ihm bekannt geworden, Mitteilung machen. Gonse und Boisdeffre werden gleichfalls alles ausbieten, um von den Mitgliedern des Kriegsgerichts einen Schuldspruch zu erpressen. Verlautet doch, daß der nach der Freilassung Paty du Clams zusammengetretene Ministerrat eine Untersuchung über die Aussagen der beiden Genannten gegen Paty du Clam beschlossen habe. Bemerkenswert ist es, daß die Mitglieder des Kriegsgerichts sich geweigert haben, in einem anderen zweckmäßigeren Saale zu verhandeln, als in dem in Aussicht genommenen, in welchem die Vertreter nichts sehen und kaum etwas hören können. Als ein für Dreysus günstiges Symptom ist diese Weigerung jedenfalls nicht anzusehen. Der Bericht des Regierungskommissars Carrisre betont entgegen der Meldung eines nationalistischen Blattes nicht Dreysus' Schuld, sondern beschränkt sich nur auf di«
Darlegung der einzelnen Prozeßstadien.
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In Paris spielt sich heute ein neuer Feldzug gegen das französische Ministerium ab, der wegen seiner Art und der begleitenden Nebenumftände halber für uns Deutsche von besonderem Interesse. Der sozialdemokratische deutsche Reichstagsabgeordnete Liebknecht hat sich bekanntlich sehr lebhaft darüber aufgehalten, daß der französische Sozialist Millsr..ud als Ministerin die gegenwärtige Pariser Regierung eingetreten ist, er nannte den Schritt einen allen Prinzipien des internationalen Sozialismus widersprechenden. Mit seinen Angriffen hat Liebknecht allen Gegnern des französischen Ministeriums, und ihrer sind viel mehr als man gemeinhin glaubt, einen großen Dienst erwiesen, einen so großen, daß dieWeiterexistenz des Kabinetts Waldeck-Rousseau wahrscheinlich sehr zweifelhaft sein würde, wenn heute die Kammern in Paris tagten. Denn die Gegner des Ministeriums sagen gerade heraus, daß die Haltung des Ministers Mills- raud die Ehrlichkeit vermissen lassen, sie folgern aus Liebknecht'? Aeußerung vom internationalen Sozialismus, daß jeder französische Sozialist eigentlich ein Vaterlandsverräter sei. Der Minister Millsraud, der mit solchen internationalen Umstürzlern verkehrt habe und noch verkehre, sei kein nationaler Mann, er strebe nach Vernichtung der nationalen französischen Wehrkraft u. s. w., und diese Anklagen machen in Frankreich viel mehr Eindruck, als die Regierung zugeben will. Denn ist der Franzose ein noch so großer Bruder Leichtfuß, im Punkte des Nationalen versteht er keinen Spaß!
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Die gesamte Pariser Presse begrüßt mit offenkundiger Freude den Entschluß des Ministers des Aeußern, seinem russischen Kollegen, Grafen Murawief, den Besuch zu erwidern, den dieser ihm vor Jahresfrist abgrstattet hatte, als Delcafss erst kurze Zeit das Ministerium des Aeußern übernommen. In der Reise Delcassss, der heute mit dem Nordexpreß abgefahren ist, erblickt man mit Befriedigung den Beweis dafür, daß das Bündnis mit Rußland trotz des Wechsels in dem Regierungspersonale Frankreichs unerschütterlich fest bleibt. Den Nationalisten und Antisemiten war es Vorbehalten, Delcassä einen Vorwurf daraus zu machen, daß der Weg von Paris nach St. Petersburg über Berlin führt. „Wenn Delcafss", sagt die Libre Parole, „nach St. Petersburg geht, so ist es ihm in erster Linie darum zu thun, in Berlin Frankreich eine neue Erniedrigung zu bereiten und namentlich zu Gunsten Dreysus' bei ausschlaggebenden politischen Kreisen mißt man der Reise Delcassös nach Berlin und St. Petersburg eine große Tragweite bei, und man hegt die bestimmte Erwartung, daß der Meinungsaustausch zwischen Delcafss und den maßgebenden Persönlichkeiten der deutschen und der ruffischen Hauptstadt das Seinige zu der friedlichen Lösung mehrerer noch offener Fragen der internationalen Politik beitragen wird. Erwähnt sei übrigens noch, daß der GauloiS wissen will, Delcafss beabsichtigte, in St. Petersburg hauptsächlich die Dispositionen für die Reise des Zaren zur Pariser Weltausstellung festzustellen.
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* Alten steig, 4. August. Bei dem heute mittag über unsere Gegend gezogenen Gewitter schlug der Blitz wieder m Egenhausen ein; diesmal in das Doppelwohnhau« des Schreinermeister Brenner und Polizeidiener Walz. Soeben V 4 I Uhr ist di« hiesige Feuerwehr zur Hilfeleistung auf de» Brandplatz gerufen worden. Wie bekannt, brannte erst am 19. Juni d. Js. das gemeinsame Wohnhaus von Brost und Bäuerle daselbst durch Blitzschlag nieder.
* Gelegentlich eines SpeziolfalleS hat das Ministerium des Innern in einem Erlaß ausgesprochen, daß die Erhebung von Gebühren durch die Gemeindebehörden für die Anfertigung von Auszügen aus dem Bauschau- und Ge- meinderatsprotokoll bei Behandlung von Baugesuchen unstatthaft sei.
-n. Bern eck, 4. Aug. Am nächsten Sonntag wird der Männerchor des Stuttgarter südöstlichen Bürgervereins einen Schwarzwaldausflug machen. Nach dem uns witgeteilten Reiseplan wird der strammere Teil der Gesellschaft den Weg von Teinach über Neubulach, Oberhaugstett und Warth hierher marschproben. Die zur Gesellschaft zählenden Damen dagegen, sowie die weniger fußwanderungsbedürftigen Herren ziehen vor, das Reiseziel ausschließlich per Bahn zu erreichen. Nach dem Zusammentreffen hier im Gasthaus zum Waldhorn, dem beabsichtigten Frühschoppen und Morgenimbiß erfolgt gemeinsamer Marsch über den Nagoldsteg beim Henkerswald, am Berthahain, der Nonnenwaldhütte vorbei und dem rechtsseitigen schattigen Nagoldufer entlang nach Ebhausen. Dort harrt ein gemeinsames Mittagsmahl der Gäste die da kommen sollen. Den Nachmittag hofft man durch frohe Gesänge und anderweitige angenehme Unterhaltung auSzusüllen. Wünschen wir, daß am selben Tag „der Himmel lacht und heitre Lüfte spielen", damit die Stuttgarter Singvögel ihren Ausflugprogrammmäßig und zur allgemeinen Zufriedenheit ausführrn können.
* Pfalzgrafenweiler, 2. August. In Gegenwart von Prälat 0 . v. Wittich, der sich zur Visitation der hiesigen Schulen und des Schulbezirks Pfalzgrafenweiler hier befindet, wurde gestern die B rzirk s sch ulv ers ammlung gehalten, an der auch Dekan Zeller von Freudenstadt und «ine größere Anzahl anderer Geistlichen sich beteiligte. Den Hauptgegenstand bildete, nach einer freundlichen Begrüßung der Versammlung durch den Prälaten, der Visitationsbrricht des Bezirksschulinspektors Pfarrer Sigel von hier. Dabei wurden über verschiedene Fragen in fruchtbarer Weise die Meinungen ausgetauscht. Außerdem fand eine Lehrprobe statt, ferner die Vorführung eines Spindlerschen Apparats und Besichtigung einer Ausstellung von schönen Landkarten, welche die Osiandersche Buchhandlung veranlaßt hatte. Zu Anfang hatten Orgelvorträge in der Kirche stattgefunden.
* Kilchberg, 2. August. Heute vormittag uw 9 Uhr fiel ein Handwerksbursche ein 14jährigeS Mädchen in der Nähe des hiesigen Bahnhofs auf offener Straße in unsittlicher Absicht an. Auf das Geschrei des Mädchens eilten Stationswärter Allgöwer und Straßenwürter Efferenn herbei und überwältigten den sich mit dem Messer wehrenden Burschen. Er wurde an das Kgl. Amtsgericht eingeliefert. Auch Schulkinder, die auf dem Weg nach Bühl sich befanden, wurden von ihm angegriffen.
* Tübingen, 2. Aug. Die naturwissenschaftliche Fakultät hat den Präsidenten des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, Grafen Eberhard von Zeppelin-Edersberg, zum Oootor llonsris vansu ernannt.
* Tübingen. 2. Aug. Der „Schw. Merk." meldet: In dem Befinden des Kanzlers v. v. Weizsäcker ist leider wieder eine Verschlimmerung eingetreten.
* Oberndorf, 3. August. Das dem Herrn Kommerzienrat Mauser gehörende Hotel „König Wilhelm" dahier ist heute durch Kauf in den Besitz des Restaurateurs Reichert zur „Silberburg" in Tübingen übergegangrn. Das Anwesen des letzteren wurde an die Dußlinger Brauerei verkauft.
* Dem in Feuerbach wohnenden 18 Jahre alten Friedrich Frohnmüller Don dort, der seiner Zeit für seine verunglückte Schwester sich einer schweren Operation unterwarf, indem er sich große Hautteile zur Uebertragung auf den Körper der letzteren ausschneiden ließ, wurde in Anerkennung dieser mutvollen That im Austrage S. M. des Königs dieser Tage eine prachtvolle goldene Uhr überreicht, welche folgende Widmung trägt: „Karl Friedrich Frohnmüller, gegeben von Wilhelm, König von Württemberg, in Anerkennung seiner aufopfernden That. 1898—99." Die Außenseite des Rückdeckels trägt in Reliefprägung das Bildnis des Königs. I. M. die Königin schenkte dem mutigen Jungen schon vor längerer Zeit ihre Photographie in prächtigem Goldrahmen mit eigenhändiger Widmung.
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