Erscheint Dienstag, Donnerstag, SamStag mck Sonntag «it Ser Gratir-Beilag e .Der SonniagS- Gast.'
Bekellpreir pro Quartal i« Bezirk Nagold 90 ^
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Nr. 116.
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Samstag, 29. Juki
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Verwendbar. Beiträge werden dankbar angenommen.
1899.
OberamISarzt Jrion in Nagold wurde seinem Ansuchen entsprechend in den bleibenden Ruhestand versetzt.
Die zweite Dienstprüfung für Volksschullehrer haben u. a. bestanden und find zur Versehung von Schuldiensten für befähigt erklärt worden: Bihr, Martin, Hilfslehrer in Grömbach, Scheusele, Jikob, SchulamtSverweser in Schernbach, Weinbrenner, Erwin, Seminarunterlehrer in Nagold.
L Ttzrrsirfslge in ILsbuirs-Gsttzrr.
Während das Geschlecht der Hohenzollern eine statt- licht Reihe Prinzen aufweist, während auch die übrigen deutschen Königshäuser und die meisten großherzoglichen Herrscherfamilien nicht zu besorgen haben, daß in absehbarer Zeit ein zur Regierung geeigneter Sproß nicht mehr vorhanden sein könnte, ruht die Hoffnung fast aller deutschen Herzogshäuser nur auf wenigen Augen und ebenso sind verschiedene fürstliche Familien dem Aussterben nahe.
In dieser Beziehung macht von den herzoglichen Familien nur diejenige von Sachsen-Koburg und Gotha eine Ausnahme. Aber eine eigentümliche Fügung will es, daß gerade die Thronfolge dieser Herzogtümer, deren Herrscherfamilie eine der weitverbreitetsten sämtlicher europäischer Dynastien ist, zum zweiten Male binnen wenigen Jahren zu ernsten Schwierigkeiten Anlaß giebt und das allgemeine Interesse Deutschlands erweckt. Im Jahre 1893 war es der Fall, als Herzog Ernst II. ohne Hinterlassung eines Nachkommens verstarb; in der Gegenwart sind die Komplikationen durch das Ableben des einzigen Sohnes des regierenden Herzogs Alfred verursacht worden.
Nachdem in den letzten Wochen seitens der präsumtiven Thronfolger die Nichtgeneigtheit, die Regierung in den Herzogtümern zu übernehmen, ausgesprochen worden ist, hat das köburg-gothaische Hausgesetz es mit nicht weniger als drei Verzichtserklärungen zu thun, die untereinander von sehr verschiedener Tragweite sind. Am weitgehendsten ist der Thronverzicht des Herzogs Arthur von Connaught. Ohne jeden Vorbehalt verzichtet dieser Fürst auf jedes und alles Erbfolgerecht in den Herzogtümern und den etwa künftig zufallenden Landen zu Gunsten seines Neffen, des jungen Herzogs von Albany. Der zweite Verzicht ist derjenige des am 13. Januar 1883 geborenen Prinzen Arthur von Connaught. Dieser Verzicht ist jedoch kein vorbehaltloser, da der junge Prinz zwar gleichfalls zu Gunsten des Herzogs von Albany auf die Thronfolge verzichtet, sich aber für den Fall, daß der Mannesstamm des letzteren erlöschen sollte, das Erb- folgerecht ausdrücklich vorbehält. Zu diesen beiden Verzichten kommt nun noch derjenige des Prinzen von Wales (datiert Windsor-Castle, 19. April 1863) für sich und seine Nachkommen hinzu. Auch dieser Verzicht ist nur ein bedingter. Es sind demgemäß die nachbenannten Prinzen in der folgenden Reihenfolge zur Thronfolge in den Herzogtümern Koburg und Gotha berufen:
1) Der junge Herzog von Albany und dessen dereinstigr succesfionsfähige Abstammung;
2) der Prinz Arthur von Connaught und dessen der- einstige männliche Nachkommenschaft;
3) Der Prinz von Wales und dessen männliche Nachkommen ;
4) nach dem Erlöschen des Mannesstammes des regierenden englischen Königshauses die Nachkommen des 1851 verstorbenen Prinzen Ferdinand von Koburg-Gotha und seiner Gattin, der Fürstin Kohary, nämlich:
s.) der König von Portugal bezw. dessen Nachkommen;
b) nach diesen die Nachkommen des 1881 verstorbenen Prinzen August von Koburg-Gotha und dessen Gattin, der Prinzessin Klementine. Es sind dies die Prinzen Philipp, August und Ferdinand (Bulgarien), von denen jeder männliche Nachkommen hat.
5) Sollte auch dieser Zweig des Hauses Koburg- Gotha erlöschen, so würden die Nachkommen des jüngsten Bruders Herzog Ernst I. die Regierung anzutreten haben. Es sind dieses die Nachkommen des verstorbenen Königs der Belgier, Leopolds I.
6) Stirbt das gesamte jetzt regierende Haus Koburg und Gotha aus, so fallen die Herzogstümer an Meiningen und Altenburg.
7) Sind auch die Linien Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg im Mannesstamm erloschen, so kommt die großherzogliche Linie Sachsen-Weimar und
8) nach dieser die königlich sächsische Linie der Albertiner in den Herzogtümern zur Regierung.
9) Erst daun, wenn in sämtlichen sächsischen Fürstenhäusern kein successior'lsfähigsr Agnat mehr vorhanden ist, geht gemäß der uralten, oft erneuerten Erbverträge die Staatsregierung über sämtliche sächsische Lande auf das erbverbrüderte hessische Haus über.
Aus vorstehenden Ausführungen erhellt, daß die koburg-gothaische Thronfolge auch in der Zukunft nicht aus dem Grunde Schwierigkeiten bereiten wird, weil ein successions- fähiger Agnat nicht vorhanden ist, daß vielmehr alle Schwierigkeiten aus dem Umstand resultieren, daß für absehbare Zsiten nach dem Erlöschen des in den Herzogtümern regierenden Spezialzweiges des Hauses Koburg-Gotha ein englischer, portugiesischer, bulgarischer oder ungarischer Prinz zur Thronfolge in diesem deutschen Bundesstaat berufen ist. Für die Herzogtümer selbst ist diese Perspektive keine rosige, dem entwickelten deutschen Nationalgefühl erscheint sie unerträglich^
Tagespolitik.
Eine Warnung, aus dem anscheinend glänzenden Reichs- finanzrrgebniß pro 1898 alle möglichen Folgerungen zu ziehen, spricht die „Franks. Ztg." aus. Ein Ueberschuß von
100 Millionen klinge ja überaus verlockend. Es bleibe aber davon wenig übrig, wenn man näher zusehe. Trotz dieser überaus glänzenden Einnahme-Entwickelung schließe das Etatsjahr 1898 mit einer Schuldenvermrhrung von über 13 Millionen Mark ab. Der Etat für 1899 werde aber voraussichtlich noch ungünstiger abscbließen als der für 98, da er einen Anleihekredit von 104 ^/z Millionen erfordert, also fast das Doppelte seines Vorgängers. Statt den 13 Millionen im Jahr 1898 werden wir am Schluß des Jahres 99 vielleicht eine Schuldenvermehrung von 100 Millionen Mk. zu verzeichnen haben. Im letzten Jahrzehnt haben sich die Reichsschulden mehr als verdreifacht; gehe es im jetzigen Tempo weiter, so werde das Anwachsen der Schulden ein noch rapideres sein. Darum gelte es, bei Zeiten vorzubeugen und sich nicht zu gewaltigen Ausgabevermehrungen durch die Versicherung fortrelßen zu lassen, daß dieses Mehr aus den laufendeu Einnahmen ohne neue Steuern gedeckt werden könne. Wer dennoch solchen großen Steigerungen der Ausgaben das Wort rede, thue eS mit dem Hintergedanken, daß über kurz oder lang die Erschließung neuer Steuerquellen für das Reich ins Auge zu fassen ist. Regierungsseitig ist dagegen bekanntlich wieder fest, bei der Marine- wir bei der Militärvorlage, darauf hinge- wiesen worden, daß auch trotz dieser Neuforderungen neue Steuerquellen nicht erschlossen zu werden brauchen, vielmehr
die Ueberschüsse zur Deckung ausreichten.
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4 -
Ich hasse die FiSkalität, soll der Kaiser nach der Münchener „Allg. Ztg." unlängst gesagt haben. Die Blätter kommen auf diese bedeutsame Aeußerung immer wieder zurück, von der es leider nur nicht frststeht, ob sie wirklich vom Kaiser grthan ist. Da ein Dementi aber bisher nicht erfolgte, so scheint es doch wohl, als habe di« Münchener „Allg. Ztg." das Richtige gemeldet. Die Bedeutung dieses Ausspruchs, so schreibt die „B. B. Z.", ein nationalliberales Organ, wäre kaum abzusehen. Denn die öffentliche Meinung, die durch unzählige fiskalische Maßnahmen seit langen Jahren gereizt worden, würde sich die Unterstützung, die ihr von einer so hervorragenden Stelle käme, gewiß nicht nehmen lassen. Sie würde es um so weniger, als der Kaiser mit solchen Ansichten vielleicht zehnfach Recht hätte. Die Klagen über den Fiskalismus sind uralt. Alle Welt empfindet den Uebelstand, ganz ohne Rücksicht auf die Parteizugehörigkeit der Klagenden und trotz der Einmütigkeit der Abneigung ändert sich auf diesem Gebiete nichts. Allerdings ist nicht eine jede solche Abneigung als berechtigt anzusehen.
Lsrn-esnsretzvietzten
* Altensteig, 27. Juli. In der heutigen Sitzung
*8 Lefefrucht. S»
Wer zu ehrlichem Brot kommen will, darf nicht sagen: Montag ist Sonntags Bruder.
Volksmund.
Grübe Jahre.
Erzählung von G. v. Schlipp enbach.
(Fortsetzung.)
Mit Frau v. Staniß gestaltete sich ihr Verhältnis in anderer Art. aber nicht weniger innig. Wie alle Engländerinnen liebte sie ihre Muttersprache leidenschaftlich und war hoch erfreut, als sie mit dem jungen Gast englisch lesen und sprechen konnte, und als sic ihr erst von ihren Kindern erzählt hatte, als sie die warme Teilnahme Nckas empfunden, war deren Platz für alle Zeiten in dem Herzen der beraubten Mutter gesichert. Der Arzt hatte recht gehabt; die jahrelange schwermütige Stimmung wich den nun an sie herantretenden Forderungen, das feine, traurige Antlitz begann wieder Farbe und Leben zu bekommen und der General gratulierte sich im Stillen, daß er den guten Gedanken gehabt, der sie alle so glücklich machte.
Die beide» Bilder in dem roten Plüschrahmen standen auch hier in des Frecherrn von Staniß Kabinet, und Be- nita^'betrachtete sie oft sinnend, mit lebhaftem Interesse. Das schöne, dunkle Gesicht des jungen Offiziers kam ihr wunderbar bekannt vor. Wo hatte sie doch einst ebensolche leuchtende Augen gesehen, in die sich ein Sonnenstrahl verirrt zu haben schien? War es in einem Gemälde gewesen, bei einem ihrer wenigen Bekannten, im Traume vielleicht?! —
Obgleich sie die ganze wonnige Süßigkeit des äoloo tar nisnts zum ersten Male in ihrem Leben kennen lernte, arbeitete sie doch immer morgens und nachmittags einige
Stunden an der Uebersetzung, die Haralds Krankheit unterbrochen hatte, denn noch war die Schuld an Lina zu bezahlen, und sie hoffte bald das Buch zu beenden, deshalb stand sie schon um sieben Uhr auf und widmete sich ihrer Arbeit, und wenn das Ehepaar sein Nachmittagsschläfchen hielt, eilte sie in ihr Zimmer und schrieb emsig weiter. Welchen Zauber übte auf ihr tiefes poetisches Gemüt die freie herrliche Natur aus. Wald und Meer waren für sie voll Wunder und Märchen, sie konnte sich nicht satt sehen an ihrer stets wechselnden Schönheit.
Eines Tages, als sie, vom Bade kommend, mit gelösten, noch feuchten Haaren auf die Veranda trat, sagte der Freiherr tadelnd: „Und dieses Haar wollte sie abschneiden lassen, denk« Dir, Mary, diesen Frevel!" Er streichelte die blonden Wellen dabei: „Pflegen Sie es auch gut, Nixchen?" fragte er neckend. „Sie wissen, es ist fremdes Eigentum, da muß man besonders sorgsam sein."
„Nein," lachte sie heiter, „ich schneide jeden Tag ein Stückchen davon ab, finden Sie nicht, daß es viel kürzer geworden ist?" Ec zupft sie tüchtig an einer über die Schulter fallenden langen Strähne und sie läuft ins Haus, um sich zu frisieren, man hört ihre Helle Stimme singen:
„Mein Liebster ist im Dorf der Schmied,
Und ich bin seine Braut —"
Ihre Stimme ist nicht stark, aber sehr weich und melodisch, und sie besitzt ein feines Gehör. Ihr ganzer Spielplan beschränkt sich auf einige alte Volkslieder und diejenigen, die Lina Harald vorsingt, wahrscheinlich ist das Lied vom Dorfschmied darunter.
„Rita, Rita, kommen Sie herunter", ruft Frau v. Staniß nach einer halben Stunde ungefähr, „die Post ist angekommen, es ist auch für Sie ein Brief dabei." Das Ehepaar liest aufmerksam die eben eingetroffenen Briefe
und Brnita hört, wie der General zu seiner Frau sagt: „Da schreibt Arved, daß er nach Indien reisen will. Ich bin doch neugierig, wann er seines Wanderlebens müde sein wird und sich endlich ein festes Heim zu gründen gedenkt." Graf Arved v. Rottack ist der Neffe des Freiherrn, der Sohn seiner einzigen Schwester, von dem er häufig mit großer Liebe spricht.
Benitas Brief ist von der Vorsteherin der Schule, in der sie die englischen und französischen Stunden giebt, und sie meldet ihr, daß der Lehrkursus früher, als sie glaubte, beginnen soll; sie bittet sie, einige Tage vorher zur Stadt zurückzukehren, da es mancherlei zu besprechen gäbe. Es ist heute der 9. August, sie muß folglich in acht Tagen abreisen, ihre Ferien sind zu Ende und das alte Leben, der Kampf und die Sorge um das tägliche Brot muß wieder ausgenommen werden.
„Sie sind ja so ernst geworden, Nixe", sagt der General teilnehmend, „haben Sie eine schlimme Nachricht erhalten, von wem ist der Brief?"
„Von meiner Schulvorsteherin", entgegnete das junge Mädchen, sie wünscht, daß ich früher zurückkehre, da die Schule am 20. beginnt und ich einige Tage vorher bereits in der Stadt sein muß."
Die Gatten sehen sich an. und als Rita eben von Harald zu einem Spaziergang in den Wald abgeholt wird, bleiben sie zusammen sitzen und haben ein langes Gespräch miteinander, dessen Resultat ist, daß sie sich nicht mehr von den Geschwistern trennen können und sie ganz bei sich behalten möchten, als ihre Pflegekinder; „denn", sagt der General, „ich kann mir das Leben ohne beide garnicht mehr vorstellen, Mary, und da uns unsre eignen Kinder genommen sind, hat uns Gott vielleicht in ihnen einen Ersatz geben wollen."
Der Freiherr umarmt seine Frau herzlich bei diesen Worten, und sie drückt seine Hand an ihre Lippen, indem