Arbeit wird nur unterbrochen für die kurzen Mahlzeiten, für den anbrfohlenen Spaziergang und für den Besuch feiner Frau. DreyfuS zeigt eine große Ausdauer und Regsamkeit. Die Erregung, welch« der Gegenstand seines Studiums her- vorbringt, bewirkt, daß der Gefangene wenig ißt, dagegen raucht er beständig. Für seine persönlichen Bedürfnisse ist ihm ein inhaftierter Soldat als Bursche zuqeteilt. Mit Ungeduld wartet DreyfuS, daß seine neue Uniform fertig werde, damit er die ihm anscheinend jetzt unangenehmen Zivilkleider oblegen könne. An den Hof des Gefängnisses stößt eine Gerberei, wo sich Journalisten und Photographen festsetzten. Man versperrte jetzt die Aussicht durch aus- gespannte Tücher. Eine Gallerte, die DreyfuS zu passieren bat, wurde mit einem Bretterzaun versehen, um zudringliche Beobachter auSzuschließen.
* London, 24. Juli. Die „Times" bringt an der Spitze ihrer Telegramme folgende Meldung aus Pretoria: Die Uitlandrrs sind darüber verständigt worden, daß dir englische Regierung keine Konzession annehmcn kann, die hinter Milners Forderungen zurückbleibt. Man glaubt, daß die wirkliche Krisis nun in Sicht sei.
* London, 24. Juli. Aus New-Uork wird berichtet, daß die Szenen in Cleveland, Depeschen zufolge, einfach bedauernswert sind. Die Staatsmiliz hält wahrscheinlich die Stadt in ihrer Gewalt, wenn nicht, wird der Gouverneur sich nach Washington um Hilfe wenden. Ein Eisenbahnwagen, indem 20 Passagiere saßen, wurde mit Dynamit gesprengt. 14 Personen sind verletzt, von denen 4 wahrscheinlich nicht wieder auskommen werden. Ein katholischer Geistlicher soll eine heroische That verrichtet haben, als ein Haufe von 2000 Menschen einige Polizisten überwältigt hatte und auf dieselben losschlug. Der Geistliche redete die Voklsmenge an und hielt ihr ihre Brutalität vor, wodurch die Polizisten weiteren Mißhandlungen entgingen; zwei derselben waren fast getötet worden.
* Haag, 24. Juli. Das Schluß-Protokoll der Friedens- Konferenz erhält voraussichtlich folgende Fassung: Im Eingang findet sich der Hinweis, daß die Konferenz der Initiative des Zaren entsprungen und auf Einladung der holländischen Regierung zusammengetreten ist. Dann folgen die Namen dev» auf dem Kongress« vertretenen Staaten in alphabetischer Reihenfolge, sodaß Deutschland (^IlamaAns) an der Spitze steht, und ihrer Bevollmächtigten. Dies« Herren erteilen sich alsdann selbst das Lob, sich mit vielem Fleiß und großer Hingabe ihrer segensreichen Aufgabe gewidmet zu haben. Dabei haben sie drei Verträge (ocmvsn- tions) zu Stande gebracht, deren erster der friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten dient, während der zweite einen Codex des gesamten Kriegsrechts aufstrllt und der letzte die Ausdehnung der Genfer Convention auf den Seekrieg bringt. Außerdem sind noch drei als „ckeolaratioim" bezeichnete Verträge abgeschlossen worden, welche di« bekannten von der ersten Kommission ausgestellten Verbote des Werfens von Explosivstoffen aus Luftballons, der Verwendung mit betäubenden oder tätlichen Gasen und des Gebrauches von Dum-Dum-artigen Geschossen enthalten. Hieran schließen sich die von der Konferenz einstimmig zum Ausdruck gebrachten Wünsche: als erster die platonische an die Adresse des Zaren gerichtete Erklärung, daß eine Verminderung der Militärlast im Interesse der Völker im höchsten Maße wünschenswert sei; weiter die Wünsche, die Feststellung der Stellung der Neutralen und die Revision der Genfer Convention für den Landkrieg zum Gegenstand der Behandlung einer späteren Konferenz gemacht zu sehen, und die Aufforderung an di« Regierungen, die Gewehrfrag« mit Ausschluß der Annahme eines besseren Typus für eine bestimmte Zeit zum Objekt eines eingehenden Studiums zum Zwecke darauf zu bauender internationaler Verhandlungen zu machen. Zum Schluß kommen noch zwei Wünsche, die keiner einmütigen Zustimmung begegnet sind, nämlich die
Fragen des Schutzes von Privateigentum im Seekrieg und des Bombardements von Küstenstädten durch Kriegsschiffe, deren Regelung gleichfalls einer späteren Konferenz vorbe- halten wird. Die Aussichten eines Zustandekommens einer solchen werden sehr verschieden beurteilt; dem „einmal und nicht wieder" der einen Seite steht die von anderer Seite geäußerte Zuversicht gegenüber, daß man sich in fünf Jahren wieder versammeln, am Ende gar schon nächstes Jahr inoffiziell in Paris zusammentreten werde. Die UnterMchnung des Schlußprotokolls, die ja durchaus unverbindlicher Natur ist, wird anstandslos durch alle Delegierten erfolgen, dagegen wird die Ratifikation der einzelnen Verträge wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen. Morgen um 2 Uhr tritt zum letzten Mal die Schiedsgerichts-Kommission zusammen. Die Sitzung gilt vornehmlich der Beseitigung eines amerikanischen Bedenkens gegen den Artikel 27 des Schiedsgerichtsentwurfes, da Amerika auf Grund seines Nicht-Jnterventionsprinzips gegenüber europäischen Konflikten die Verpflichtung, die streitenden Parteien auf das Schiedsgericht hinzuweisen, nicht annehmen zu können erklärt. Die redaktionelle Hinzufügung der Worte „soweit es di« Umstände erlauben" wird dieses Bedenken beseitigen.
* Die serbische Regierung hat, einem Belgrader Telegramm der Kreuz-Ztg. zufolge, auf besonderes Betreiben des Ex-KönigS Milan mit den deutschen Waffen- und Munitionsfabriken in Berlin nach längeren Verhandlungen ein Abkommen getroffen. Danach verpflichtet sich diese Firma, gegen Barzahlung 90000 Rrpetiergewehre und 50 Millionen scharfe Patronen zu liefern. Auch die Neubewaffnung der Kavallerie mit Säbeln ist dieser Firma und ihrer Filiale in Solingen übertragen worden.
* New-Jork, 24. Juli. Im kanadischen Unterhaus sagte Laurier, daß in der Grenzfrage rin Krieg oder rin Schiedsgericht entscheiden müsse, da di, Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten aussichtslos seien.
* Wie aus New-Aork berichtet wird, soll der An- fang- Oktober in Amerika «intreffende Admiral Dewey feierlich empfangen werden. Man will ihm einen Ehrendegen überreichen. Zum Nachfolger des endlich beseitigten Kriegs- sekretärS Alger ist Eithu Root ernannt worden. Derselbe, ein Rechtsanwalt mit enormer Praxis, gilt als völlig ungeeignet für den Posten, da ihm militärische Kenntnisse und Erfahrungen durchaus mangeln.
* Nach Telegrammen aus Kapstadt ist die transafrikanische Telegraphenlinie Kapstadt—Kairo bis auf zwanzig Meilen an Abercorn fertiggestellt und wird in kurzer Zeit die deutsche Grenze erreichen. Abercorn liegt etwa 20 km vom Südufer des Tanganjika entfernt.
dto. Nr. 3- Mk. 24—24.50, dtb. Nr. 4: Mk. 22 bis 22.50. Suppengries Mk. 29—29.50, Kleie Mk. 8.80.
* Stuttgart, 25. Juli. (Kartoffelmarkt.) Zufuhr 100 Ztr. Preis per Zentner 4,50—5,50 Mark.
* Heilbronn, 24. Juli. Der Stand unserer Weinberge ist Heuer ein sehr verschiedener. Junges Gewächs steht ausgezeichnet schön, ältere Weinberge lassen dagegen zu wünschen übrig. In früheren Lagen sind die Traubenbeeren schon über erbsengroß; was nach der schlechten Witterung Ende Juni und anfangs Juli verblühte, fft etwas zurück. Den reichsten Ertrag verspricht der weiße Riesling und Silvaner. In Weinbergen, wo nicht rechtzeitig geschwefelt wurde, macht sich das Oidium stark bemerklich; dagegen konnte die Peronospora bis jetzt nicht wahrgenommen werden. Der Obstertrag ist gering, besonders was Birnen anbetrifft.
Vermischtes.
* Folgende Tabelle zeigt die Schuldenlast, die auf dem
Ein
Franzose
schuldet 640
Portugiese
620
Holländer
360
Italiener
320
Engländer
290
»»
Spanier
280
Egypter
260
Belgier
220
Rumäne
180
Russe
120
Oesterreicher
es
120
Türke
90
Schwede
60
Amerikaner
60
Deutscher
*
40
Bei den Deutschen kommen noch hinzu die Schulden des engeren Heimatlandes, die z. B. bei einem Bayern 240 Mark ausmachen, bei einem Württemberg«!: 215 Mark,
bei einem Badener 250 Mark, bei einem Preußen 190 Mark.
* *
*
* (Im Kaufmannsladen.) Prinzipal: „Aber Wilhelm, Sie liegen schon wieder mit dem Kopfe auf dem Ladentische und schlafen, ich habe doch ausdrücklich einen Lehrling verlangt, der zu Hause schläft."
Veramwortlicher Redakteur: W. Rieker, Ältenkeig.
AMd-SM 95 Pfg.
Hirir-el irird Verkehr.
* Stuttgart, 24. Juli. (LandrSprodukten-Börse.) Im Wochenverlauf« verzeichnen die amerikanischen Märkte für Weizen weiteren kleinen Preisrückgang. Dieses sowohl als auch das bisherige schöne Erntrwetter beeinflußte die Unternehmungslust, so daß nur für den nötigen Bedarf gekauft wird, bei nachgebenden Preisen. Muster von neuer Ungargerste in schöner Qualität lagen vor, werden jedoch als noch nicht authentisch bezeichnet. Die Landmärkt« sind stark befahren. Preise weichend. Wir notieren per 100 Kilogramm frachtfrei Stuttgart, je nach Qualität und Lieferzeit: Weizen, württ. Mk. 17.25—17.75, Ulka Mk. 18 dis 18.50, Laplata Mk. 17.50—18, Amerikaner Mk. 18.25, Kernen Oberländer Mk. 18.25—18.40, Unterländer Mark 18—18.25, Dinkel Mark 11—12, Roggen württ. Mark 16, russischer Mk. 16.50, Haber württ.Mk. 15.75—16.25, Mais Mixed Mk. 11.25, Laplata Mark 11.25—11.50, Donau Mk. 11.50, Kohlreps 23.50—24. Mehlpreise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: Mk. 29—29.50, dto. Nr. 1: Mk. 27-27.50, dto. Nr. 2: Mk. 25.50—26,
Dessins und Farben, sowie schwarze, weiße und farbige „Kerrneberg- Keiöe" von 75 bis ILL. 8.85 per Meter — in den modernen Geweben, Farben und DesfinS. L.n ^säsrinnnrr knauao nnä vsrsollt ins Haus. Llustsr uiuAsIrsuci.
G. Heuueberg's Seides-Fabrikea (k. u. k. Hofl.), Zürich.
SO Arozerrt erira Rabatt während des Ausverkaufs.
Must«
auf Verlangen franko.
Todesfall
e'nes Teilhabers im vorigen Jahre und die dadurch mranlaßte Uebernahme deSLagers, welches nunmehr geräumt werden muß, nötigt uns zu einem Mt Wirklichen totalen Ausverkauf » mit einem ^rtra-Rabarr von 20 Prozent aus sämtliche Stoffe einschließlich der neuhinzugekom- menen und offerieren wir beispielsweise:
6 m solid. Som.- u- Herbststoff z. Kleid für 1.80 6 m solid. Winterstoff „ „ , , 2.10
6 m Buxkinstoff z. ganz. Herrenanzug. „ 8.00
sowie schönste Kleider- und Blousenstoffe versenden in einzelnen Metern bei Aufträgen von 20 Mk. an franko
Oettinger u. Cie. Frankfurt a. M.
Versandhaus.
schreibt einige Mal an feine Schuldnerin, von der es ihn zu hören verlangt. —
Nun ist es wieder Sommer geworden und der Hausarzt wünscht für Frau von Staniß einen längeren Aufenthalt am Strande von S., der von schönen Wäldern umkränzt ist und seiner ländlichen Stille wegen für die Leidend« wie geschaffen erscheint. Ehe der General diesen Plan seiner Gemahlin mitteilt, hat er eine längere Konferenz mit dem Doktor. „Es ist gerade, was ich für die Frau Baronin wünsche," sagt derselbe erfreut am Ende der Unterredung. „Ich hoff- viel für ihren Zustand von dieser Veränderung, die ihrem Leben eine ganz andre Gestalt geben muß."
Der General sagt ihr nichts von seinen Plänen, er richtet sich mit ihr so komfortable, wie nur möglich m einem reizenden, kleinen Häuschen ein, das im Villenstil erbaut, dicht mit wildem Wein und Kletterrosen umrankt ist und, ganz nahe am Walde liegend, die Aussicht auf das grünlich glitzernde Meer hat, dann schützt er Geschäfte in der Stadt vor und verabschiedet sich auf einige Tage.
„Donnerstag bin ich wohl zurück, Mary," sagt er, ihre Hand beim Lebewohl küssend, ich bringe Dir auch etwas mit, das Dir Freude machen wird."
Sie lächelt trübe; denn sie denkt, daß es für sie keine Freude mehr auf Erden giebt.
Es ist ein herrlicher Juniabend, und die Sonne neigt sich feurigrot dem.Untergange zu. Der Jelängerjelieber an der Laube duftet fast betäubend und ganze Schwärme luftiger Mücken tanzen umher.
Der General hat telegraphiert und um den großen Wagen zur Eisenbahnstation gebeten, jetzt ist es bald Zeit, ihn zurückzuerwarten. Durch den Wald dringt, in der lauen Sommerluft schwach, aber vernehmlich der Helle Pfiff der Lokomotive. Sie wundert sich im Stillen, weshalb er
nicht den englischen Gig bestellt hat, mit dem er sonst zu fahren pflegt.
„Was bringt er wohl mit, daß es des großen Gefährtes bedarf?" denkt sie bei sich. Ein fernes Räderrollen, — sie erhebt sich langsam aus der halb liegenden Stellung und geht bis an das grüne Stacketenpförtchen, um nach dem General auSzuschauen. Eine scharfe Biegung verbirgt den Wagen vor ihren Blicken, bis er ganz nahe ist, und plötzlich, wie er sichtbar wird, sieht sie neben ihrem Gatten ein junges, blondes Mädchen. „Mary," sagt ihr Gatte und seine Stimme klingt sehr weich, „ich habe Dir liebe Gäste aus der Stadt mitgebracht und leg« sie Dir ans Herz. Sie bedürfen Deiner mütterlichen Pflege und Sorgfalt, es ist Fräulein von St. Albain und ihr kleiner kranker Bruder Harald und hier Ia8t but not Isast Jungfrau Lina Weisheit," fügt er scherzend hinzu, auf die fortwährend verlegen knicksende Wärterin deutend.
Es giebt Frauen, die nur glücklich sein können, wenn sie etwas zu pflegen, zu versorgen haben, deren Lebrnselement darin besteht, für andere zu denken und sie zu verwöhnen. — Frau von Staniß war ein« solche Natur und vom ersten Moment an schloß sie die Verwaisten warm in ihr großes sich nach Liebe sehnendes Herz.
Als Benita ihr die Hand küßte und sie freundlich anlächrltr, als Harald, so bleich und elend auSsehend, sie mit den großen, matten Augen onschaute, flutete es warm und belebend über das Herz der Einsamen. Sie warf ihrem Gatten, der, sich fröhlich die Hände reibend, dabei- stand, einen dankbaren Blick zu und sagte nur:
„Seien Sie mir willkommen, mein liebes Kind, ich habe schon viel von Ihnen gehört, Sie sind mir keine Fremde mehr!"
Seitdem waren sechs Wochen vergangen, die für Benita wie ein einziger, langer, glücklicher Traum waren.
I Die beiden Gatten wetteiferten darin, die Geschwister auf jede nur denkbare Art zu verwöhnen, mit Liebe und Freundlichkeit zu überschütten. Haralds welke Wangen rundeten sich, und er blühte bald wieder in frischer Gesundheit und zurückkehrender Kraft; den ganzen Tag spielte er im Walde oder im Sande, er läuft wie ein ausgelassenes Füllen mit dem großen Neufundländer Lord um die Wette, die Augen blitzen ihm vor neuerwachrnder Lebenslust und Lina kann ihm kaum mehr folgen und schilt ihn lacheud einen „wilden, unartigen Buben", wobei ihr gutes, ehrliches Gesicht vor Freude strahlt.
Benita ist der Sonnenstrahl des so lange dunklen Hauses geworden, ihr munteres Lachen perlt melodisch von früh bis spät durch die kleine Villa, die Grübchen, die Sorge und Kummer fast ganz vertrieben hatten, erscheinen jetzt schalkhaft, wenn der General sie neckt oder etwas Drolliges erzählt; sie geben dem reizenden Gesicht einen allerliebsten Ausdruck von durchtriebener Schelmerei. Der Freiherr nennt sie immer Nixe wegen ihres Haares und hänselt sie den ganzen Tag, sie ist stets schlagfertig und bereit, auf seine Scherze einzugehen. Ihr scheint es, als müsse sie alles einholen, was sie an Fröhlichkeit versäumt hat, die ganze, sonnige Frische ihres Charakters kommt erst jetzt zum Vorschein, und sie hat nie gedacht, wie herrlich das Lachen ist. Sie ist unzertrennlich von dem alten Herrn, sie gehen zusammen spazieren, fahren im Boot oder im leichten Amerikain, wobei er sie das Kutschieren lehrt, sie ist sein treuer Kamerad, sein Freund, der Abgott seines Herzens! (Forts, folgt.)
* (Notar) zu einem Bauer, der in die Stadt ge- kommen ist, um sein Testament zu machen): Und wie ist der Name Ihrer Frau? — Bauer: Sakra! Das weiß i wirkli nit! 40 Jahr fan mer jetzt verheiratet und da Hab' i immer nur „Alte" zu ihr gesagt.