Erscheint Dienstag, Donnerstag, SamStag und Sonntag «tt der Grotts-Beilage »Der SonntagS- Gast/
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Samstag, 27. Mai
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1899.
In Berneck ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.
In Holzbronn ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.
Die zweite Staatsprüfung im Bauingenieurfach haben u a. mit Erfolg bestanden: Eugen Frey von Nagold und Paul Lörcher von Altburg, OA. Calw.
Die Sitzungen des Schwurgerichts Tübingen pro II. Quartal 1899 beginnen am Montag den IS. Juni, vormittags 9 Uhr.
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Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 24. Mai. (44. Sitzung.) Auf der Tagesordnung steht der Etat des Departements des Innern. Berichterstatter Sachs erläutert den Etat in seinen Grundzügen und die Stellung der Kommission. Gröber kommt auf die amtlichen Anzeigen zu sprechen und erklärt, er werde einen dem früheren Beschlüsse der Kammer entsprechenden Antrag einbringen. Prälat v. Schwarzkopff beklagt sich darüber, daß am Karfreitag eine Viehzählung in Gmünd abgehalten worden sei auf Verfügung des Oberamts. Minister v. Pischek hat gegen den Antrag Gröber nichts einzuwenden und bemerkt auf die Anfrage Schwarzkopffs, daß lediglich eine mißverständliche Auffassung des Stadtschultheißenamts Gmünd vorliege. Schumacher bringt zur Sprache, daß eine große Anzahl unbeschäftigter Re- gierungSreferendare vorhanden ist; dieser Mißstand könne doch auch der Regierung nicht angenehm sein. Egger wünscht, daß die Dispensierfreiheit der Aerzte erweitert werde. Der Minister giebt den von Schumacher erwähnten Urbelstand zu, meint indeß, daß der gegenteilige Zustand des Personalmangels noch mißlicher sei. Bezüglich der Dispensierfreiheit der Aerzte könne, wo wirklich Notfälle vorliegen, eine Erleichterung stattfinden. Es wird Kap. 20 (Ministerien und Kollegien) genehmigt. Bei Kapitel 21 (Bezirksverwaltung) wird Titel 1 (Oberamtsvorstände) zu- rückgestellt. Eine Debatte knüpft sich an die Bitte der älteren Oberamtsdiener um Aufbesserung. Der Minister sagt, soweit möglich, ein Entgegenkommen zu. Auf die Bitte der Revisionsassistenten um Aufnahme unter die Staatsbeamten bemerkt der Minister, daß die Revisionsassistenten ihre Stellung selbst als ein Durchgangsstadium ansehen, man könne sie daher nicht gut zu Staatsbeamten machen. Bei Kap. 25 (Wasserversorgung) wünschen mehrere Abgeordnete höhere Staatsbeiträge für die Wasserversorgungsanlagen einzelner Korporationen. Bei Kap. 26 (Landjägerkorps) bringt Sommer einzelne Beschwerden der Landjäger vor, ebenso rügt Haußman n-Gerabronn die rigorose Behandlung der Landjäger und regt dann die Frage der Neuorganisation wieder an. Der Minister erklärt, daß eine Reihe der früher vom Landtage geäußerten Wünsche erfüllt sei. Das vom Landtag ausgesprochene Verlangen nach dem Wegfall einer Offiziersstelle sei gegenstandslos geworden.
Dem widerspricht H a uß m ann-Gerabronn; dieser Antrag bezwecke eben, eine weitere Reorganisation herbeizuführen. Der Antrag wird angenommen. Bei Kap. 29 (Staats- und Privat-Jrrenanstalten) beklagt Abgeordneter Hoffner, daß viele Geisteskranke zu frühe aus den Anstalten entlassen würden, wofür er aus seiner Praxis als Stadtschultheiß mehrere Beispiele anführt. Prälat von Witt ich spricht seinen Dank aus, daß jetzt Kandidaten der Theologie zu praktischen Studien in der Jrrenhausseelsorge zugelassen werden. Der Minister bemerkt, die von Haffner angeregte Frage sei schwierig zu behandeln. Gemeingefährliche Personen dürften nicht einfach von der Direktion entlassen werden. Gegenwärtig mache sich die Ueberfüllung der Irrenhäuser in schädlicher Weise geltend. Eine einseitige Schablone für die Entlassung der Kranken lasse sich nicht aufstellen. Das Kapitel wird schließlich genehmigt. Bei dem Kapitel „Landwirtschaft" entspinnt sich eine Debatte über die Entschädigungen bei Maul- und Klauenseuche. Noch verschiedene landwirtschaftliche Wünsche werden von einigen Abgeordneten zum Ausdruck gebracht, worauf die Debatte abgebrochen wird.
— 25. Mai. (45. Sitzung.) Etat des Ministeriums des Innern. Auch heute wurden Wünsche der Landwirtschaft vorgebracht, so bezüglich der Molkereien, der Mehleinfuhr, Viehprämiierungen, Getreidrgenossenschaften u. s. w. Interessant war dabei, daß die Abg. Schrempf und Frhr. v. Gaisberg in einen Disput über die Zweckmäßigkeit der Prämiierungen gerieten. Schrempf wünschte, den Großviehhalter sollte man zu den Viehprämiierungen nicht zulassen. Der Redner bittet, die Landwirtschaft im Interesse der Erhaltung des Bauernstandes auf Schritt und Tritt fürsorglich zu begleiten. — Der Minister des Innern ging nur auf die Frage der Getreideverkaufs-Genossenschaften näher ein. Er erwähnt die in Norddeutschland bestehenden Einrichtungen, die man nicht nach dem Süden, wo der Kleinbetrieb herrsche, übertragen könne. Württemberg müsse Vs seines Getreidebedarfs einführen. Die Erfahrungen in Hessen und Baden seien nicht ermutigend. In Bayern bestehen jetzt 41 Getreidelagerhäuser, teilweise mit direktem Zuschuß. In Württemberg ist als erste im Jahre 1895 die Genossenschaft Rottwcil gegründet worden durch Mittel des Kommerzienrats Duttenhofer, die Beteiligung der Landwirte sei aber eine sehr schwache. Der Staat hat 6000 Mark zugeschossen. Sonst bestehen in Württemberg 24 örtliche Genossenschaften, die kleinen Umsatz, aber immerhin befriedigende Ergebnisse haben. Die Abnehmer sind meistens Müller, Fabriken und Bierbrauer. Auch einige Bezirksgenossenschaften haben sich mit gutem Erfolge in Weilder- stadt und Kupferzell gebildet; die Regierung hat 6000 bezw. 8000 Mk. zugeschossen und für die nächsten 3 Jahre einen
Zuschuß von je 600 Mk. zugesagt. Die Vorstände beklagen, daß die Landwirte der Sache nicht das nötige Verständnis entgegenbringen. Wenn auch die bisher gemachten Erfahrungen noch kein festes Urteil gestatten, kann man doch sagen, daß die Genossenschaften erzieherisch wirken. Die Landwirte lernen den Wert des genossenschaftlichen Zusammenschlusses kennen und werden zur Verwendung guter Saatfrüchte und zur sorgfältigen Reinigung des Getreides angehalten. Das Bedürfnis zur Errichtung von Genossenschaften liegt da vor, wo Getreide über den Verbrauch hinaus gebaut wird und direkte Absatzquellen fehlen. Es empfehle sich zugleich, Einkaufsgenossenschaften zu gründen. Die Errichtung von örtlichen VerkaufSgenossenschaften sei wohl zu empfehlen, diejenige von größeren (Bezirks-) Genossenschaften nur dann, wenn ein großer Absatz vorauSzu- setzen sei. Dem Minister wird von einer Reihe von Rednern Dank ausgesprochen, worauf weitere Anliegen zur Besprechung kommen, so betr. die Weinbaugenossenschaften, die Schweinezucht, die Bekämpfung der Reblaus. In der weiteren Debatte kam auch noch das FeldbereinigungS- und Entwässerungswesen zur Sprache. Bei dem Kapitel Hagelversicherung wurde übereinstimmend vom Regierungstisch und aus dem Hause die Geneigtheit ausgesprochen, den demnächst abgelaufenen Vertrag mit der Norddeutschen Hagelversicherungs-Gesellschaft wieder zu erneuern. Bei dem Titel Zentralstelle für Handel und Gewerbe wurde abgebrochen.
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* Altensteig, 26. Mai. Wie wir vernehmen, haben nunmehr auch die württ. Postämter Weisung erhalten, die silbernen 20 Pfennig-Stücke nicht mehr auszugeben und dieselben an die Reichsbank abzuführen. Die Stücke werden nun bald aus dem Verkehr verschwunden sein.
* Alten steig, 26. Mai. Der Stuttgarter Ausstellung von Werkzeugen und Maschinen, die fortgesetzt große Anziehungskraft auf die Gewerbetreibenden des Landes ausübt, soll auch von hier aus Besuch zugeführt werden. Der Gewerbeverein beabsichtigt in dieser Frage Mitte nächster Woche eine Versammlung abzuhalten, worüber noch nähere Mitteilung erfolgen wird.
* Altensteig, 26. Mai. Drei interessante Regreßklagen, betreffend die Haftung von Unterpfands- behörden, wurden von dem Oberlandesgericht in Stuttgart verhandelt. Man erinnert sich der Betrügereien, die sich das edle Brüderpaar Max und Franz Heckmann, der eine Schultheiß zu Ohmenheim, der andere Stadtschultheiß zu Neresheim, hatten zu schulden kommen lassen. Der erster« ließ sich von drei Angehörigen seiner Gemeinde Urkunden unterschreiben, wornach diese Darlehen von 13 000, 12 OM und 11000 Mark von dem Privatsparverein Künzelsau auf
M_ Lefefrircht. K
„Die Schlange, die das Herz'vergiftet,
Die Zwietracht und Verderben stiftet,
Das ist der widerspenst'ge Geist,
Der gegen Zucht sich frech empöret,
Der Ordnung heilig Band zerreißt:
Denn er ist'S, der die Welt zerstöret/ Fr. v. Schiller.
Gerechtigkeit siegt.
Origmal-Roman von Gustav Lange.
(Fortsetzung.)
Nur einer trat noch einen Augenblick dicht an Balthasar heran und raunte ihm leise einige Worte ins Ohr, welche den jungen Mann offenbar derart entsetzten, daß er unwillkürlich einen Schritt zurücktrat.
„Sei aber verschwiegen," setzte der Fremde halblaut hinzu und verschwand dann gleichfalls.
Durch den voraufgegangenen Lärm und das Pochen aus ihrer Nachtruhe aufgeschreckt, kamen jetzt von den Dienstleuten einer nach dem andern ängstlich und verstört herbeigeschlichen. Zuletzt auch die Bäuerin, die erschrocken die Hände über dem Kopf zusammenschlug, als sie ihren Stiefsohn in Sturm und Regen mit dem toten Bauern vor dem Hofthor stehen sah, denn bei der düsteren Beleuchtung durch das flackernde Licht der Laterne gewann die Szenerie einen noch grausigeren Anblick.
„Ist das Dein Werk?" fragte die Bäuerin, nachdem sie den ersten Schreck überwunden und ihre Fassung einigermaßen wieder erlangt hatte.
„Bist wohl von Sinnen!" entgegnet« Balthasar mit zitternder Stimme; ihm war es, als wenn ihm jemand einen Keulenschlag versetzt habe, so schwer trafen ihn die Worte der Bäuerin, welche selbst angesichts des Toten ihren Haß gegen ihn nicht zu verbergen vermochte.
„Nun, so kläre doch das Rätsel auf; wie kommt der Bauer .n einem solchen Zustande hierher?" fuhr die Bäuerin fort.
„Ich vermag dies ebensowenig, wie ich auch nicht weiß, wer die Männer waren, di« die Leiche vor ein paar Minuten hier niedergelegt haben."
„Hm, seltsam erscheint mir dies! Hättest doch die Leute fragen können! Bist doch sonst so gescheidt!" sagte die Bäuerin und legte ganz besonderen Nachdruck auf die letzten Worte.
Wäre es Heller Tag gewesen, so würde die dunkle Zornesröte zu bemerken gewesen sein, welche Balthasars Gesicht überzog, doch bewahrte er seine Selbstbeherrschung. Er wollte sich in dieser schweren Stunde nicht mit seiner Stiefmutter herumstreiten, denn er kannte deren heftiges Naturell, welches sie nur zu leicht zu einer Unüberlegtheit hinriß, er würde dadurch nur unnützem Gerede Thür und Thor geöffnet und der Klatschsucht Stoff gegeben haben.
„Das habe ich gethan," sagte er ruhig, „aber es war nichts aus den Leuten herauszubringen. Doch darüber brauchen wir uns nicht zu ereifern, den Vater wecken wir mit all unserm Reden nicht wieder auf, ihn hat ein schweres Unglück getroffen. Geh' Du hinauf, möchtest Dich sonst erkälten, und schick' mir den Wilibald herunter, wir wollen miteinander den Vater in die Stube tragen."
„So! Willst wohl zwei Tote im Hause haben! Dir ist es ja glrichgiltig, wenn sich der Junge hier in der Nässe eine Erkältung zuzieht, die ihn auf das Krankenlager werfen kann — Du denkst nicht an Wilibalds zarte Gesundheit und daß sein Körper solche Strapazen nicht ertragen kann!"
„Verzeihe, daran Hab' ich allerdings nicht gleich gedacht; ich wollte den Vater nicht gern fremden Händen anvertrauen, ich werde das Werk allein besorgen."
„Meinst, daß es geht? Der Seppel mag Dir voranleuchten, und wenn Du meiner Hilfe bedarfst, ich geh' einstweilen hinauf, so kannst Du mich rufen."
Die so plötzlich zur Witwe gewordene Einödbäuerin schlang das in der Eile übergeworfene Tuch fester um ihre
volle, kräftige Gestalt und ging in das Haus hinein. Die Dienstleute, mit Ausnahme des Seppel, welcher Balthasar Hilfe zu leisten hatte, folgten der Bäuerin mit einem schweren Seufzer der Erleichterung, denn wenn durch das schreckliche Unglück er mit der ungestörten Nachtruhe auch vorbei war, so war man doch froh, wieder unter schützendes Dach und Fach zu kommen und schließlich auch der Unannehmlichkeit, vielleicht gar Totenwacht bei der Leiche halten zu müssen, überhoben zu sein.
Balthasar war mit dem vor Frost und vielleicht noch mehr vor Angst und Grauen zitternden Seppel an der Leiche seines Vaters allein. Ein unsäglich bitteres Gefühl beschlich ihn bei dem Gedanken an das Benehmen seiner Stiefmutter — doch es war jetzt keine Zeit, sich mit Be- Pachtungen darüber zu befassen, denn er konnte die Leiche nicht länger dem Regen ausgesetzt sein lassen.
„Siehst, Seppel, der Herr Pfarrer hat recht, wenn er sagt, der Mensch weiß wohl seinen Eingang, aber seinen Ausgang nicht — da liegt nun der Bauer und alles ist vorbei."
Der Knecht faltete die Hände, murmelte einige fromme Worte vor sich hin und schaute scheu auf den toten Bauern.
„Hab' dies Elend auch erfahren als junger Bursch', als sie meinen Vater bei Nacht und Nebel tot ins Häusel brachten mit einem Schuß in der Brust."
„Ist wohl auf verbotnem Gang betroffen worden?" fragte Balthasar, doch ein Schauder überlief ihn, daß er seine Frage nicht weiter fortsetzte, denn die letzten Worte des Fremden, die ihm dieser vor ein paar Minuten heimlich ins Ohr geflüstert, kamen ihm unwillkürlich ins Gedächtnis zurück.
„Wird halt so gewesen sein," entgegnet« der Knecht; „genau haben wir es nicht erfahren, und um einen armen Häusler werden nicht viel Umstände gemacht. Die Kommission vom Gericht kam wohl den andern Tag, aber sie mußte wieder unverrichteter Dinge abziehen."