O

Erscheint DienStag, Donnerstag, SamStag und Son-u g «it der GratiS-Beilage .Der Sonntags- Gast/

BestellpreiS pro Quartal im Bezirk Nagold SO ^

«»herhalb derselben

1.10.

Amtsblatt für

AllgemeimsKME

^ktrnsteiL.Mlbt.

M-Anttrh«ltungrblM

«daran

Ber Beiträge! bar aq

Nr.

M«n abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den Kgl. Postämtern und Postboten.

Dienstag, 17. Januar

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

18k

T Die De* *s«»irse i« Abesfinieir.

In Italien hegte man längere Zeit nicht ohne Grund die Besorgnis, daß mit Abessinien abermals ein Krieg au«- brechen würde. Der Ras (Unterkönig) Mangascha hatte sich gegen den Negus Negusti (König der Könige) Menelik em­pört und dieser schickte seinen Feldherrn RaS Makonnen gegen den unbotmäßigen Vasallen. Die Kämpfe mußten in der Nähe der italienischen Kolonie Erythräa auSgefochten werden und letztere selbst konnte dadurch leicht in Mitleiden­schaft gezogen werden.

Nun hat aber RaS Makonnen den aufsässigen RaS Mangascha verhältnismäßig schnell besiegt. Zwar lauten die letzten Nachrichten unklar und unsicher, aber die Ent­scheidung scheint doch schon gefallen zu sein. Es ist wahr­scheinlich, daß RaS Mangascha dem ihm gebotenen Frieden nicht traut und es vorziebt, nach dem nicht allzufernen Kassala zu den Engländern zu fliehen. Dort findet er gute Auf­nahme, da er als Sohn des Negus Johannes der rechtmäßige Herrscher Abessiniens ist und den Engländern sehr wohl ein­mal als Trumpf gegen den Negus Menelik dienen kann. Freilich ist RaS Mangascha kein tüchtiger Soldat. Die Musiker und Erzähler standen von jeher bei ihm in höherer Gunst als die Krieger, und er hielt mehr auf den Ruhm, der schönste und eleganteste Abessinier zu sein, als der tapferste. Die Steuern seiner Unterthanen dienten ihm vorwiegend zum Ankauf seidener Gewänder und wohlriechenden Wassers für sich und die Schönen seines Hofstaates.

RaS Mangascha war daher für die Italiener ein sehr bequemer Nachbar, über den selbst General Baratieri Siege davontrug. Ras Makonnen, der neue Unterkönig von Tigre, ist ein ganz anderer Mann. Er ist ein Neffe des Negus Menelik und hat alle Aussicht, der Nachfolger seines Oheims zu werden. Ihm verdankt Menelik die Eroberung der reichen Landschaft Harrar, die er bisher auch verwaltete. Im Jahre 1889 war er als Bevollmächtigter Meneliks in Italien, um einige Zusatzartikel zum Friedensvertrag zu regeln. Er that dies mit solcher diplomatischen Schlauheit, daß der Regus später den ganzen Vertrag für ungültig erklären konnte, unter der Begründung, daß sein Exemplar des Vertrages anders laute, als das Exemplar der italienischen Regierung.

Besondere Aufmerksamkeit widmete Ras Makonnen dem italienischen Heerwesen. Man veranstaltete ihm zu Ehren in der Nähe von Mailand eine Parade, die ihm aber keinen sonderlichen Respekt einflößte.Das ist sehr schön," sagte er,aber bei uns in Abessinien kann man auf diese Weise nicht Krieg führen." Bei einer anderen Gelegenheit erklärte er:Ich sehe wohl, daß Italien sehr stark ist, um in Italien Krieg zu führen, aber nicht in Abessinien." Die Ereignisse haben ihm wenige Jahre später recht gegeben. Am 7. De­zember 1897 vernichtete Ras Makonnen bei Amba Aladschi die italienische Abteilung des Majors Toselli, und auch am Siege von Adua, am 1. März 1896, hatte er hervorragenden Anteil, denn seine Truppen überwältigten am Berge Abba Garima den General Albertone und entschieden damit den Tag. Ras Makonnen zählt etwa vierzig Jahre. Er ist ein schlanker, hochgewachsener Mann von hellbrauner Hautfarbe, würdevoller Haltung und intelligenten Gesichtszügen.

Der Brief des NcguS an König Humbert wurde in den ersten Tagen des Dezember geschrieben, zu einer Zeit also, als Menelik seinen Kriegszug angetreten hatte. Der Negus schreibt, er habe ersahren, die italienische Regierung wünsche einige Abänderungen der Grenzlinie, die im Frieden von Adis Abeba vereinbart worden sei. Er werde sich be­mühen, den König zu befriedigen und hoffe, daß die Freund­schaft zwischen Italien und Äethiopien ewig dauern werde. Hierzu sei bemerkt, daß Italien im Frieden von Adis Abeba im Prinzip in die Abtretung von Landschaft willigte, die für seine Verteidigung von Erythräa sehr wichtig waren und die man jetzt gern wieder haben möchte. Der des­wegen in besonderer Mission an den Negus entsandte Haupt­mann Ciceo di Cola bemüht sich seit einem vollen Jahr in diesem Sinne, ohne aber, wie aus dem Briefe des Negus erhellt, eine entscheidende Zusage erlangt zu haben.

lieber die weitere Gestaltung der Dinge an der erythräischen Grenze läßt sich nichts Voraussagen, denn man muß immer im Auge behalten, daß die Kundgebungen der abesstnischen Herrscher und Heerführer eher dazu dienen, ihre Gedanken und Absichten zu verhüllen, als sie ehrlich darzulegen. Nur das eine scheint sicher, daß Ras Mangascha vorläufig keinen Einfluß und keine Bedeutung mehr hat. Für Italien ist dies ein Nachteil.

DerrtsHe* Reichstag.

* Berlin, 13. Jan. Das Haus setzt heute die Be­ratung der Militärvorlage fort. Abg. Bebel konstatiert «inen Gegensatz zwischen den Aeußerungen des Abg. v.

Stumm und v. Levetzow. Ersterer wolle die Vorlage un­besehen bewilligen, während letzterer mit Sorge weitere ZukunftSPläne entdeckte. Abg. v. Stumm vertrete eben die Großindustrie, die keinen Mangel an Arbeitern habe, v. Levetzow die Landwirtschaft, die allmählich doch sich bange vor der Zukunft zeige. Die Abnahme der landwirtschaft­lichen Arbeiter sei allerdings gewaltig. ES heißt aber auch für die KonservativenWer A sagt, muß auch B sagen" rc., bis der große Zusammenbruch kommt. Die Konstellationen, die aus dem Kriege 1870/71 hervorgegangen seien, seien Ursache der seitherigen ungeheuerlichen Richtungen; anderer­seits hätten gewiß alle Völker den dringenden Wunsch auf Erhaltung des Friedens und darum gehöre nicht allzuviel Regierungsweisheit dazu, ihn zu erhalten. Das Friedens­manifest des Zaren enthalte eine strenge Verurteilung des Militarismus. Essei eine Verhöhnung dieser Anschauungen, wenn die Regierung der russischen Regierung ihre Sympathie für den Vorschlag ausdrückt und gleichzeitig diese Vorlage einbringe. Präsident Graf Balle st rem bezeichnet dar WortVerhöhnung" in diesem Zusammenhang als un­parlamentarisch. Abg. Bebel fortfahrend, das Wort sei vielleicht nicht parlamentarisch, aber wahr. Präsident Graf Balle st rem ruft nunmehr den Redner zur Ordnung. (Beifall rechts.) Abg. Behel fortfahrend, der innere Zu­stand Rußlands lege es dessen Regierung dringend nahe, jeden äußeren Krieg zu vermeiden. Hungersnot, eilfertige, gewaltige industrielle Unternehmungen von Eisenbahnbauten u. s. w. zwingen die russische Regierung dazu, ferner glaubt niemand, daß Frankreich in der Lage wäre, oder auch nur glaube es zu sein, einen Krieg gegen uns zu be­ginnen. Bei der Aufstellung der Zahlen unserer Armee müsse man die Freiwilligen einbeziehen. Die politische Lage rechtfertige die Vorlage nicht. Merkwürdig sei die Aufnahme, welche das Manifest des Zaren in den bürger­lichen Kreisen gefunden habe. Die einzige Agitation im großen Stil erfolge dafür in England. In dem wirtschaft­lichen Konkurrenzkämpfe bleiben diejenigen Nationen Sieger, welche die intelligentesten Arbeiter besitzen. Deshalb solle man die besten Arbeiter nicht Jahre lang von diesem Kampfe fern halten. Die Sozialdemokraten wünschen eine mili­tärische Erziehung der Jugend, geleitet durch ehemalige Offiziere und Unteroffiziere. Bebel schließt, die allgemeine Volksbewaffnung müsse durch den Jugendunterricht vorbe­reitet werden; hiefür beginnen weitere Kreise sich zu in­teressieren. Eine solche Organisation sei möglich. Der spanisch-amerikanische Krieg babe gezeigt, daß das Milizheer unter Umständen leistungsfähiger als ein stehendes sei. Kriegsminister v. Goßler führt aus, die Regierungen glauben, daß das Manifest des Zaren die Grundlage sein kann für die friedliche weitere Entwicklung. Demgemäß ist das Maß der Rüstungen beschränkt. Die ZeitungVor­wärts" führt dagegen aus, das Manifest sei ein Tric der russischen Diplomatie. Liebknecht nannte es eine Farce. Wie kann man dann uns einen Vorwurf machen, daß wir auch die Wahrscheinlichkeit eines Krieges in Rechnung ziehen? Bebel fordert in seiner Broschüre eine so starke Armee, welche die unserige weit übertrifft. Er will sogar die Mäd­chen heranziehen. (Heiterkeit.) Dagegen sind allerdings unsere Forderungen bescheiden. Ich bin fest überzeugt, daß ein Heer nach sozialistischem Muster viel teurer wäre als unseres. Der Minister tritt dann den weiteren Vorwürfen Bebels entgegen. Abg. Frhr. v. Hertling sagt, das Zentrum befinde sich gegenüber der Vorlage in einer außer­ordentlich günstigen Situation. Wenn es zu einer Annahme der Vorlage komme, könne man auch denen, die im Jahre 1893 gegen die damalige Vorlage gestimmt haben, ihre Haltung nicht zum Vorwurf machen, denn es sei etwas anderes, einer neuartigen Gesetzgebung zuwidersprechen und den Konsequenzen eines angenommenen Gesetzes zuzustimmen. Wir brauchen auch nicht zu fürchten, daß bei Ablehnung der Vorlage oder eines Teils derselben ein Sturm der Entrüstung gegen uns ausbricht, angesichts unserer Haltung gegenüber der Marinevorlage. Wir werden die Vorlage von den sach­lichen Gesichtspunkten aus prüfen. Wir sind entschlossen, die Interessen der nationalen Verteidigung über die Partei­interessen zu stellen. Wir haben allerdings die Vorlage nach der Marinevorlage nicht erwartet. Unsere politische Lage ist durchaus friedlich. Auch die Verhältnisse zu den Nachbarstaaten geben keinen Grund zu Befürchtungen. Das Manifest des Zaren sei sehr schön, aber seinem Idealismus stehe der Realismus der russischen Diplomatie gegenüber. Die Vorlage bilde zu den Friedenshoffnungen eine unlieb­sam« Illustration. Wir müssen bewilligen, was zur Sicher­heit und Größe des Reiches nötig ist. Biele von uns würden e« freudig begrüßen, wenn eS möglich wäre, die zweijährige Dienstzeit gesetzlich festzulegen. Bon den ein­

zelnen Forderungen haben wir gegen die Artillerie die ringsten Bedenken; aber wir sind nicht zu der Urberzeugung gekommen, daß die Vermehrung derselben nötig sei. Aus der Vorlage haben wir unS nicht überzeugt, daß die Neu- forderungrn zu Ende gehen, aber wir müssen doch einmal zu Ende kommen. (Beifall im Zentrum.) Abg. Sattler: Er und seine Partei wünschen die Annahme mindestens eine- großen Teils der Vorlage, die allerdings Konsequenzen bezüglich der Aussicht auf die Zukunft in sich schließe. Abg. Liebermann v. Sonnenberg erklärt, die Reformpartei nehme die Vorlage an, wenn deren Notwendig­keit in der Kommission dargelegt werde und wenn dafür gesorgt werde, daß die Lasten nicht die schwachen Schultern treffen. Redner wünscht allgemein die zweijährige Dienst­zeit und Abschaffung des Einjährig-Freiwilligen-Dienstes. Abg. Rickert erhofft eine Verständigung in der Kom­missionsberatung. Die zweijährige Dienstzeit könne nicht mehr aufgehoben werden. Hierauf wird die Vorlage an die Budgetkommission verwiesen.

Bekanntlich ist in dem Gesetze zur Bekämpfung der unlauteren Wettbewerbs dem Bundesrat die Befugnis zur Anordnung übertragen, daß bestimmte Waren im Einzel­verkehr nur in vorgeschriebenen Einheiten der Zahl, der Länge und des Gewichts oder mit einer auf der Ware oder ihrer Umhüllung anzubringenden Angabe über Zahl, Länge oder Gewicht gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten werden dürfen. Auf den vielfach geäußerten Wunsch, der BundeS- rat möge von dieser Befugnis Gebrauch machen, wird offi­ziös bemerkt, bei den Behörden liege ein umfangreiches Material nach dieser Richtung vor, und eS sei nicht aus­geschlossen, daß der BundeSrat in einer nahen Zeit mit einer Ausführung des 8 5 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs befaßt werde. Es wiro aber hin­zugefügt:Wenn übrigens in einigen Kreisen die Hoffnung gehegt wird, daß rs auf durch den 8 5 des erwähnten Gesetzes vorgezeichneten Wege auch möglich sein werde, den vielfach vorhandenen Uebelständen bezüglich der Maß- Verschiedenheit beim Flaschenveckauf von Bier zu steuern, so wird sich diese Hoffnung nicht verwirklichen. Gerade durch die Fassung, welche der Reichstag dem 8 5 gegebe^ hat. ist die Möglichkeit. Anordnungen über den Verkehr m.' Flüssigkeiten zu erlassen, ausgeschlossen. Nach dem Wort", laut des Gesetzentwurfs, wie er seinerzeit von den Ver­bündeten Regierungen dem Reichstage vocgelegt wrr, wäre auch dies angängig gewesen."

4- *

*

Der dem Bundesrat vorliegende Entwurf des deutschen Bankgesetzes sieht eine Verstärkung des Grundkapitals um 30 Millionen vor, also von 120 auf 150 Millionen Mark und damit die Erhöhung der Zahl der Reichsoankanteile um 10 000. Der Entwurf ordnet ferner die Wiederaufnahme der Zuschreibungen an den Reservefonds behufs Verstärkung desselben bis auf ^5 des Grundkapitals, mithin bis zum Betrage von 60 Millionen Mark an und änd ert gleichzeitig die Gewinnverteilung dahin, daß der dem Reiche zufallende Anteil sich auf drei Viertel des GewinnüberresteS erhöht, sobald die Gesamtdividende der Anteilseigner 5 Proz. v. H- übersteigt. DaS steuerfreie Noten-Kontingent der Reichs­bank wird von 293 400000 auf 400 Millionen Mark erhöht.

* *

*

Der Kampf zwischen Deutschen und Tschechen hat neuerdings insoweit eine Verschärfung und Ausdehnung ge­funden, als die Tschechen ihre Ziele jetzt auch in solche Kronländer zu verpflanzen beginnen, die bisher von dem Nationalitätenstreit kaum berührt worden waren. In Mähren und Schlesien wird die tschechische Agitation in einer bisher unerhörten Weise betrieben. Die Regierung in Wien krümmt den wüsten Agitatoren auch nicht ein Härchen. Wenn die Verhandlungen des ReichsratS (heute Dienstag) wieder ausgenommen werden, wird man auch von Beschwerden der Deutschen über die tschechischen Vorgänge in Mähren und Schlesien hören, Graf Thun aber wird zweifels­ohne mit einem Achselzucken antworten. Im Reichsrat

werden die Deutschen die Obstruktion sofort aufnehmen.

* *

*

Mut ist keine Ware, die man kaufen kann. Wer ihn nicht von Natur besitzt, wird ihn sich nimmer erwerben. DaS zeigt unS das Beispiel der französischen Kronprätendenten. In Frankreich ist ein Thron zu haben, aber von den Be­werbern, die nach seinem Purpur schielen, hat keiner den Mut, ihn persönlich zu erobern. Die Geschichte ist nicht ungefährlich. Einer der Anwärter ist der Herzog Philipp von Orleans. Die Royalisten setzen auf ihn ihre Hoffnung