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Donnerstag, 22. Dezember

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1898 .

In Monhardt, Gde. Walddorf, ist die Maul- und Klauen­seuche ausgcbroLen.

Mürrtterirbeirsisetzeir Lsrir-ter-.

Kammer der Abgeordlleteu.

* Stuttgart, 19. Dez. (251. Sitzung.) Erneute Beratung des Gcs.-Entw. betr. die Verfassungsrevision. Der Präsident macht darauf aufmerksam, daß im Interesse der Geschäftsbehandlung des vorliegenden Stoffes es sich empfehlen dürfte, wenn Betrachtungen allgemeinerer Art entweder zu Beginn oder am Schluß der Beratung zum Ausdruck gebracht würden. Fr. Haußmann giebt als Berichterstatter der Kommission einen kurzen Ueberblick über die noch zwischen beiden Häusern bestehenden Differenzpunkte. Die Zahl derjenigen Punkte, m welchen die erste Kammer uns ein Entgegenkommen zeigte, ist keine geringe. Im Laufe der Verhandlungen hat sich überall gezeigt, daß das Volk die Reform will und daß es wegen Punkten neben­sächlicher Art diese nicht scheitern sehen will. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg und umgekehrt, wo kein Wille ist, da ist auch kein Weg. Nicht um jeden Preis verlangen wir die Reform, sondern nur um den Preis, den sie wirk­lich wert ist. Hinsichtlich des Budgetrechts haben wir uns zu Konzessionen gegen die erste Kammer bereit finden lasten. Aber im Großen und Ganzen haben wir geglaubt, das be­stehende altwürttemb. Recht nicht aufgeben zu dürfen und nach wie vor die Hand auf den Beutel zu halten. Wenn im jenseitigen Haus von dem Erbprinzen v. Langenburg gesagt wurde, auch die Standesherren wetteifern mit uns in der gemeinsamen Sorge um das Wohl des Volkes, so könnten die Herren dieses schöne Wort am besten bethätigen, indem sie unserem Vorschläge zum Budgetrecht, der sich an den früheren Antrag von Kiene anlehnt, zustimmten. Sie hätten alsdann auch das Recht, an der allgemeinen Be­friedigung des Volkes über das Zustandekommen der Vorlage teilzunehmen. Redner kommt dann noch auf die neueste Stellungnahme des Zentrums zu der Verfaffungsrevision zu fprechen. Die Zentrnmsprcffe habe klipp und klar aus­gesprochen, daß die Reform schon in der zweiten Kammer fallen werde und wenn kein Zuruf erfolge, so nehme er an, daß das Zentrum ein negatives Votum abgeben werde. (Es erfolgt kem Zuruf.) Es wäre angezeigt gewesen, daß bereits bei der Adreßdebatte die Forderungen des Zentrums betreffs der Schul- und Mönchsfrage erhoben worden wären. Statt dessen nun kurz, ehe die ganze Sache in Scene gehen soll dieser Knalleffekt! Wir wollen den Herren vom Zentrum auf dem konfessionellen Gebiete nicht folgen, wir betrachten nach wie vor die Revision als eine bloße Verfassungsfrage. Jederzeit habe auch das Zentrum es weit von sich gewiesen, daß es etwas anirMs sei oder sein wolle als eine politische -- - --- "" " - ' "»

Iriede auf Krden!

Weihng-Ätzerzählung von Gustav Lange, e (Fortsetzung.)

Schönster. Dank!" sagte Franz und sprang dann eiligst davon,,, um den gegebenen Rat zu befolgen, und befand sich bald auf dem Marktplatz. Er staunte über die großen Häuser, über die mächtigen Spiegelscheiben der Ladengeschäfte, hinter denen soviel des Sehens- und auch Begehrenswerten aufgestapelt war, und vor denen sich fort­während schaulustige Menschen bewegten, um all die Schön­heiten zu betrachten. Wie ganz anders daheim, wo der Marktplatz als Tummelplatz für mancherlei Vichgattungen diente, und wo es in den günstigen Jahreszeiten zwischen den ausgetretenen Pflastersteinen grünte und sproßte, während nach jedem Regen sich mächtige Pfützen sammelten; an den in gewissen Zwischenräumen stattfindenden Ferkel- Märkten entwickelte sich kaum soviel Leben und Verkehr, wie hier alle Tage herrschte.

Wie er seinen Blick in der angegebenen Richtung suchend an der Häuserreihe entlang schweifen ließ, blieb er schließlich auf einer in einfacher Goldschrift ausgeführten Firma haften.Erwin Steininger, Bankgeschäft" las er da.

Mit einer gewissen Scheu, fast ehrfurchtsvoll betrachtete er ziKUxstange die Schrift und dann das große stattliche Gebä.deTzU dem einige Stufen emporführten. Es wurde ihm mit einem Male so ängstlich zu Mute ach, wenn ihm doch jetzt sein guter Vater oder wenigstens Onkel Tobias zur Seite stände; aber er stand so ganz mutterseelen­allein unter all den fremden Menschen, und wie würde man ihn erst dort drinnen empfangen? Schließlich raffte er sich auf, faßte sich ein Herz, schritt auf das Gebäude zu und die wenigen Stufen hinan.

In der weiten Hausflur, in welche er zuerst gelangte, herrschte tiefe Stille, kein Mensch war zu sehen, dafür

Partei. Wie stehen Sie nun, m. H. vom Zentrum, vor uns da? Entweder sind Sie früher noch nicht auf dem heutigen Standpunkt gestanden und dann haben Sie den Beweis gegeben, daß Sie die konfessionelle Frage nicht für so wichtig hielten, oder Sie standen schon auf dem gegen­wärtigen Standpunkt und dann haben Ihre Worte anders gelautet, als Ihre innere Auffassung. Was sollen wir denn von der Wahrheit Ihrer Worte halten? Redner erinnert an ein früheres Wort des Bischofs v. Linsemann, das etwa lautete: Er nehme das, was die Regierung in der Reform­frage bietet, dankbar an und habe nur den Wunsch nach einer Modifikation in Betreff des Vertretungsrechtes des Bischofs. Gröber ruft: Berichterstattung, was in der Kommission gesprochen worden ist! (Der Präsident: Ich bitte, den Redner nicht zu unterbrechen.) Haußmann (fortfahrend): Ich begreife, daß meine Ausführungen dem Herrn Gröber nicht angenehm sind. Es ist gar kein Kunst­stück, welches das Zentrum sich leistet, wenn es jetzt auf einmal nicht mehr mitthun will. Es schlägt sich jetzt zu den früher bekämpften Privilegierten.Auf den Tag wurden Pontius und Herodes Freund, denn zuvor waren sie ein­ander feind." (Heiterkeit.) Trotzdem sagen die Herrn aber immer noch, daß sie zeitgemäß seien. (Heiterkeit.) Der Referent wendet sich sodann zu den Herren auf der Ritter­bank. Was wollen Sie? Sie wollen das Vaterland vor den Wellen des Umsturzes bewahren! Aber glauben Sie, wenn es einmal dazu kommt, daß die Bewegung Halt machen wird vor den 13 Rittern dieses Hauses? (Heiterkeit.) Endlich kommen noch in der Kritik die Prälaten an die Reihe, worauf der Redner mit den Worten schließt: Die widerstrebenden Elemente werden erreichen, daß ein Leichen- stein errichtet wird, auf dem geschrieben steht:Hier ruht die Verfassungsrevision von 1897. Erdrosselt 1898 von den Privilegierten und vom Zentrum." Es giebt aber ein Wiedersehn! (Heiterkeit und Beifall.) Uns Andere trifft keine Schuld: wenn die Revision scheitert an Mönchs- und Schulsragen und der Budgetfrage. (Beifall.) Wir nehmen in jedem Falle ein gutes Gewissen mit aus dem Hause und das Bewußtsein, ehrlich mitgearbeitet zu haben an dem Wohl des Volkes. Das Volk und die Zukunft stehen auf unserer Seite! (Bravo.) v. Geß erklärt, daß di« Deutsche Partei sich in den Streit der Volkspartei mit dem Zentrum nicht mische. Sie halte die Reform für eine Notwendigkeit und im Interesse des ganzen Landes gelegen. Gröber: Von allem an­deren abgesehen halte das Zentrum dafür, daß die Budget­frage als ein unübersteiglicher Berg in der Reformfrage zu betrachten sei. In Bezug auf den Vorwurf Haußmanns, das Zentrum hätte bei der Adreßdebatte mit seinen Forder­ungen kommen sollen, "erwidere er: Es habe sich damals lediglich um Wünsche hinsichtlich der Zusammensetzung der

waren aber alle einmündenden Thüren zur Orientierung mit Aufschriften versehen. Nach einigem Zögern öffnete er die Thür, deren Aufschrift andeutete, daß hier die Bankräume sich befanden, und trat in einen hohen, luftigen, einfach aus gestatteten Raum, durch dessen hohe Fenster hell das Licht der Nachmittagssonne hereinflutete. An großen Pulten saßen mehrere ältere und jüngere Herren, emsig mit Schreiben beschäftigt. Nur derjenige Herr, welcher der Thür zunächst stand, wurde durch das Geräusch, welches Franz beim Eintritt verursachte, aufmerksam, drehte sich mit einer Viertelwendung nach dem Eintretenden hin und fragte geschäftsmäßig:Was wünschen Sie?"

Auf Franzens Frage nach Herrn Steininger deutete ersterer mit der Hand über die Schulter nach einer Thür links, über welcherKontor" geschrieben stand. Zögernd trat Franz an die Thür und legte seine Hand auf die Klinke, aber ehe er noch dazu kam sich eine Anrede zurecht zu legen, du ging die Thür durch seinen leisen Druck auch schon auf und ohne einen klaren Gedanken, wie betäubt, trat er in ein kleines Kabinettchen, dessen beide Fenster ungewöhnlich stark vergittert waren.

Vor einem großen eisernen Tresor, dessen dicke Thüren geöffnet waren, mit dem Rücken nach der Thüre, stand eine hohe Männergestalt, die sich erst beim Eintritt des jungen Burschen umwandte. Verlegen blieb Franz am Eingang stehen, drehte die Mütze in der Hand und wartete auf eine Anrede. Ein ernstes, würdiges, von grauen Bartkoteletten umrahmtes Antlitz war es. in welches Franz ängstlich blickte. Aber bei aller Strenge, die darinnen lag, offenbarte sich doch auch ein freundlicher Zug in dem faltigen Gesicht und darum fühlte sich Franz auch schon in der nächsten Minute viel sicherer, nachdem er einmal einen tieferen Blick in das Antlitz des Herrn Steininger gethan. In späteren Jahren, als er Menschen kennen und zu beurteilen verstehen gelernt, als er diesen Mann, der durch eigene Kraft,

Zweiten Kammer gehandelt, zumal der Ministerpräsident ge­sagt, wir sollen uns über die Zusammensetzung der Ersten Kammer den Kopf nicht zerbrechen. Das solle Sache der Regierung bleiben. Man hat bei der Adreßdebatte die Thore möglichst weit aufgesperrt, um alle mögliche Leute hereinzubringen, auch die Anhänger des Einkammernsystems u. s. w. Keine Partei ist in Einzelheiten über die Vcr- fassunzS-Revision eingegangen und jetzt macht man dem Zentrum allein daraus einen Borwurf. Wir haben mit­gearbeitet bis zum letzten Zuge, aber uns kann Niemand verübeln, daß wir auf unserem Wege eine Schutzwehr er­richteten und dies ist geschehen durch die Initiativanträge. Prälat v. Sandbergrr äußert, wie schon früher, sein Bedenken gegen den Proporz. Als Vertreter der evangelischen Kirche konstatiert Redner, daß von ihr zu keiner Zeit verlangt worden sei, in der ersten Kammer vertreten zu sein, um dadurch den Sitz in der zweiten zu verlieren. Unter den in der Budgetfrage gemachten Vorschlägen gefällt ihm doch am besten der Rrgierungsentwurf. Dem Bericht­erstatter gegenüber bemerkt Redner, daß die Prälaten für sich das Recht in Anspruch nehmen, mit gutem Gewissen an dem Zustandekommen der Reform gearbeitet zu haben. Durch dir Verhandlungen des Hauses sei das Interesse an der Verfassungsrevision im Lande nicht gestiegen, eher etwas herabgestimmt worden. Die Prälaten haben keinen zwingen­den Grund, von ihrer früheren Stellung abzugehen. Ministerpräsident Freiherr von Mittnacht kommt, an­geregt durch eine Aeußerung Gröber's, auf den verschiedent- lichen Wechsel von Meinungen über die Budgetfrage zurück. So ist es noch nicht lange her, daß z. B. der Abg. v. Geß das Zustandekommen der Reform sehr stark angezw-ifelt hat wegen des Budgetrechtes, und er habe bereits Vorschläge für künftige Reformversuche gemacht. Ich glaube aber, daß wenn die gegenwärtige Reform wieder fällt, geraume Zeit vergehen wird, bis ein neuer Entwurf von der Regierung emgebracht wird. Es ist mir überaus zweifelhaft, ob Herr von Geß und ich zu dieser Zeit überhaupt noch Mitwirken. (Heiterkeit.) Ueberrascht hat es mich, daß in der Kommission Herr von Geß dem Vergleichsantrag Haußmann zugestimmt und sogar gemeint hat, die erste Kammer müsse ihm zu­stimmen. Meine Meinung ist die: Wenn der ersten Kammer nicht mehr geboten wird, als durch' den Vergleichsantrag, so muß ich allerdings bezweifeln, ob sie darauf eingeht; denn sie hat auf's Allrrbestimmteste erklärt: Für uns ist ohne die wirksame Stärkung der Rechte der ersten Kammer betr. die Festsetzung des Staatshaushalts die Reform unannehmbar. Ich gebe zu, daß der Lebensfaden der Reform nur noch ein schwacher ist, aber man darf ihn deshalb nicht mit aller Ge­walt abzureißen suchen. (Bravo!) Es steht noch nicht absolut fest, daß die erste Kammer nicht doch noch ihre An-

durch Redlichkeit und Strebsamkeit, den vonehmsten bürger­lichen Tugenden, sich aus ärmlichen Verhältnissen zum wohlhabenden Mann emporgearbeitet, in seiner Herzensgüte und Menschenfreundlichkeit erst recht erkannt hatte, da mußte Franz oft an die erste Viertelstunde hier im Kontor denken und einer solchen Erinnerung ging stets auch die an den Schlag mit der Reitpeitsche vorauf. Welch ein Unterschied zwischen dem einfachen, rastlos thätigen, nur in der Arbeit Befriedigung suchenden bürgerlichen Erwin Steininger, der trotz seines gestrengen Aeußern für den geringsten seiner Mitmenschen eine offene Hand vor allem aber ein offenes Herz hatte und dem Herrn von Traunstein, der, wenn vielleicht auch nur im Uebermut, seine Reitpeitsche auf den ersten, der ihm in den Weg kam, ohne vielleicht Gewissensbisse darüber zu empfinden, niedersaußen ließ.

Durch eine freundliche Erkundigung nach seinem Begehr aufgemuntert, erzählte nun Franz von dem Hinscheiden seines Vaters. Schweigend, aber aufmerksam, hörte Herr Steininger diese Erzählung an und sagte dann mit einem Anflug von Wehmut in der Stimme:

Es ist nur schade um ihn, daß er so früh sterben mußte, es war eine liebe, treue Seele, der Berthold. Wir haben beide zusammen lange Jahre neben einander auf der Schulbank gesessen und mit einander deS Königs Rock ge­tragen freilich das Schicksal hat uns in späteren Jahren auseinandergeweht. Wenn Ihr Vater Ihnen auch keine irdischen Güter hinterlassen hat, so behalten Sie ihn doch für alle Zeiten in gutem Andenken; er war ein recht­schaffener Mann und guter Christ, lassen Sie sich ihn als Vorbild dienen. Um seinetwillen seien Sie mir herzlich willkommen."

Er reichte Franz die wohlgrpflegte, weiße Hand zum Willkommengruß hin. Durch die freundlichen Worte war dessen anfängliche Scheu vollständig verschwunden und er ergriff daher herzhaft die dargedotene Rechte.

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