Erscheint Dienstag, Donnerstag, DamStag und Sonntag mit der GratiS-Beila g e »Der Sonntags GaS.«
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Schau' hin aus eines Weibes Züge,
DaS lächelnd auf den Säugling blickt,
Und sllhl's: es ist nicht alles Lüge,
WaS uns das Leben bringt und schickt.
Irieöe auf Krden!
Weihnachtserzählung von Gustav Lange.
Nachdruck verboten.
1. Kapitel.
„Habe allezeit Gott vor Augen und im Herzen und weiche nie vom Pfade der Rechtschaffenheit ab, lieber Franz," diese frommen, ermahnenden Worte sprach ein alter, ehrsam aussehender Mann, dem man den Handwerksmeister sofort ansah, zu einem hochaufgeschossenen, blondgelockten, hübschen Jungen, der mit einem Bündelchen unter dem Arm in dürftiger Kleidung in der Mitte des ärmlichen, aber sauberen Wohngemaches vor ihm stand. „Der Steine werden gar viele auch an Deinem Lebenswege liegen, über die Dein Fuß leicht straucheln kann, besonders in der großen Stadt, in der Du fortan leben wirst, tritt die Versuchung in gar verschiedener Gestalt an den Menschen heran, und ein so unerfahrener, junger Bursche wie Du ist derselben mehr wie in einer Hinsicht ausgesetzt. Aber denke immer an Deinen Heimgegangenen Vater, der, trotzdem ihn viel Unglück im Leben getroffen, doch immer ein rechtschaffener Mann geblieben ist. Er hat mich auf seinem Sterbelager inständig gebeten, über dich zu wachen, und feierlich habe ich ihm dies versprechen müssen; er hat es auch nicht gedacht, Dich so jung als Vater- und mutterlose Waise zurücklassen zu müssen, er hatte für Dich, sein einziges von seinen Kindern am Leben gebliebenes, die besten Zukunftspläne, ich weiß es, aber die Verhältnisse sind eben manchmal stärker als des Menschen Wille. Du mußt hinaus in die Fremde, Du
Sonntag, 18 . Dezember
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg» reichste Verbreitung.
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O,
I 1898.
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Wir werden uns auch fernerhin bemühen durch eine« reichhaltige« ausgewählte» Lesestoff uni die Zufriedenheit der verehrten Leser zu sichern.
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Ergebenst
Die Expedition des „Aus den Tannen".
DeirtfHev Reichst«»,-.
* Berlin, 14. Dez. Fortsetzung der ersten Lesung des Etats. Abg. Kardorff (Reichspartei) wendet sich gegen die Ausführungen Bollmars, die verhältnismäßig milde seien und wenig Neues brachten. Uebrigens betragen die Schulden des Reiches und der Bundesstaaten zusammen nur etwa Vs der französischen. Das Ziel der Sozialdemokratie sei der Untergang des Bauernstandes. (Beifall rechts.) Widersinnig sei es, zu behaupten, die ostelbischen Junker drängten die deutschen Arbeiter in die Jndustriebezirke, nur um slavische Arbeiter nehmen zu können. Das angekündigte Gesetz zum Schutze Arbeitswilliger reiche nicht zum Kampfe gegen die Sozialdemokratie aus. (Sehr richtig, rechts.) Schade, daß das Sozialistengesetz nicht mehr gegen die Sozialdemokratie bestehe, die das deutsche Volk mit der Presse vergifte. (Beifall rechts. Lachen bei den Sozialdemokraten.) Die Ausweisungen nach Dänemark seien angesichts der dänischen Bestrebungen auf Loslösung unserer Provinzen voll gerechtfertigt. (Beifall.) Redner teilt die harmlose Auffassung v. Bülows; sonst könnte es scheinen, als ob Oesterreich die Schwarzenberg'sche Politik der Undankbarkeit wieder aufgegriffen hätte. Dann könnte es für die neue Militär- Vorlage keine bessere Begründung geben als die Worte des Grafen Thun. Redner hofft, daß das gute Einvernehmen zu den Ver. Staaten bestehen bleibe. Die Anti-Anarchisten- konferenz möge bewirken, daß das laiassr aller in dieser Beziehung aufhöre, damit nicht Tausende von Arbeitern der Sklaverei Bebels und Liebknechts überliefert werden. Bezüglich der Militärvorlage müsse er sagen, gerade Richter sei der Vater des gesteigerten Militarismus in Deutschland
(große Heiterkeit), denn die Einführung der zweijährigen Dienstzeit habe zunächst eine finanzielle Tragweite und vermehre das Berufssoldatentum. Trotzdem die Thronrede die Landwirtschaft nicht erwähne, nehme er doch an. daß die Regierung derselben weiter durch alle Mittel helfe, was dringend notwendig sei, solange die Handelsverträge laufen.
— Abg. Rickert (freist Bei.) wünscht die Beschränkung der eingebrachten Gesetzentwürfe und meint, daß der Reichskanzler seines Versprechens nicht ledig sei bezüglich der Aufhebung des Koalitionsverbotes. Gegenüber dem Gesetzentwurf zum Schutze der Arbeitswilligen betont Redner, die politische und wirtschaftliche Freiheit des Arbeiters werde von seiner Partei streng gewahrt werden, und begrüßt sodann freudig die angesetzten Posten für Kunst und Wissenschaft. Die Militärvorlage müsse genau geprüft werden, die zweijährige Dienstzeit sei für Deutschland das beste Mittel, die Armee auf der gegenwärtigen Höhe zu erhalten. Für die Kolonien müsse allerdings soviel bewilligt werden, daß sich dieselben möglichst rentieren. Wolle man die guten Finanzen und die Machtstellung des deutschen Reiches erhalten, so müsse die Handelsvertragspolitik fortgesetzt werden. (Lachen rechts.) Der gegenwärtige Zeitpunkt sei für die Abrüstung ungeeignet, aber die Anregung des russischen Kaisers sei dankenswert.
— Staatssekretär v. Thielmann bemerkt auf eine Aeußer- ung des Vorredners, daß der Uebergang Kubas an Amerika auf den Zuckerexport keinen großen Einfluß ausüben dürste. Kuba baute früher 1 Million, jetzt nur Vs Million Doppelzentner Zucker. Auf lange Zeit dürfte der Export dort nicht zu fürchten sein wegen der vollständigen Verwüstung der Aecker. — Graf zu Stolberg-Wernigerode: Die Kolonien müßten noch vom Reiche verwaltet werden, weil es unserer Kaufmannschaft an Initiative fehle. Der Strömung der Bevölkerung vom platten Lande in die Städte, welche eine ganz allgemeine Kalamität sei, müsse mit. einem ganzen System von Mitteln entgegengetreten werden. Redner wünscht dringend, daß wir m t Amerika im Frieden leben, doch müssen die Begünstigungen auf Gegenseitigkeit beruhen. Die Reformpläne der Postverwaltung hält Redner für vollkommen richtig. Abg. Hilpert (bayer. Bauernbund) führt die Reichsverdrossenheit auf die Vermehrung der Schuldenlasten zurück. Die Erhöhung des Zuckerkonsums im Reiche sei unter anderem eine Folge der ungünstigen Weinernten in den letzten Jahren. Füc't Radziwill (Pole): Die Behandlung der polnischen Bevölkerung seitens der Bureau- kratie sei eine recht schnöde. Redner wünscht, daß das Reich die berechtigten Interessen aller im Reiche wohnenden Stämme, Nationalitäten und Konfessionen schütze, andernfalls müsse das Reich auf den Ruf verzichten, seine große Kulturaufgabe erfüllt zu haben. Auf Antrag Singers (Soz.), Sattlers (natl.) und Liebers (Zentr.) wird die Beratung auf morgen 1 Uhr vertagt.
mußt lernen, Deine Kräfte im Kampf um das Dasein zu stählen, ich kann Dich hierbei nicht stützen, wenn Du strauchelst, darum befolge meine Worte, sie werden Dir allezeit den notwendigen moralischen Halt geben.
Der junge Bursche schmiegte sich an den alten Mann, der seine Hände liebevoll auf den blonden Lockenkops legte.
„Ich will alles thun, was Du willst, lieber Onkel," entgegnet« der Jüngling und lautes Schluchzen erstickte seine Stimme; die Thränen, welche schon vorher seine Wangen genetzt, begannen noch reichlicher zu fließen.
„Kopf hoch. Franz, nur nicht verzagt!" ermutigte der Alte. „Nimm Dir nur meine Worte zu Herzen und handle danach, dann wirst Du auch die schwersten Zeiten ertragen lernen. Nun noch eins: sei immer gehorsam gegen diejenigen, welchedazubestimmtsind.DichinDeinenzukünftigenBerufeinzu- führen. Weißt Du. als ich solch ein junges Blut war und ich vor genau demselben Lebensabschnitt stand wie Du jetzt, da sagte mein seliger Vater beim Abschied noch zu mir: „Tobias, Lehrjahre sind keine Herrenjahre," bei Gott, ich habe die Wahrheit dieser Worte oft genug empfinden müssen, aber ich habe mich darein gefügt. Freilich, heutzutage will die liebe Jugend nichts mehr davon wissen, und in dem von Deinem Vater für Dich gewählten Berufe kennt man auch den Spannriemen nicht, wie ich ihn so oft am eigenen Leibe empfunden habe, aber es werden sich doch manchmal schwere Stunden einstellen, und da denke an die Worte, die mir mein seliger Vater beim Antritt mit auf den Weg gegeben hat."
Jetzt kam auch Franzens Tante, um dem lieben Neffen noch einmal die Hand zum Abschied zu drücken und ihm als Wegzehrung eine mächtige Butterbemme in die Tasche zu stecken, denn es war ein weiter Weg, den der junge Bursche heute noch zurückzulegen hatte. —
Es war erst wenige Wochen her, daß Franz am Grabe seines Vaters gestanden und er eine Waise geworden war.
* Berlin, 15. Dez. Das Haus erledigt eine Reihe Rechnung-fachen und überweist dieselben ohne erhebliche Debatte der Budgetkommission. — Hierauf wird die erste Lesung des Etats fortgesetzt. — Abg. Bebel (Soz.) erklärt, er wolle über die Militärvorlage nicht sprechen. Die Großmächte hätten inKreta eine große Blamage erfahren. Erfreulich sei die Wiederherstellung der guten Beziehungen zu England. Die großen wirtschaftlichen Einnahmen würden von Heer und Marine verschlungen; aber je mehr vom Reichstag gefordert werde, destomehr werde bewilligt, zumal vom Zentrum. Dabei sollte an einer einflußreichen Stelle die Absicht bestanden haben, diesem Reichstag einen neuen Flottenplan von noch größeren Dimensionen vorzulegen. Redner bemängelt sodann die hohen Ausgaben für die Kolonien, deren Ertrag gleich Null sei und wandte sich gegen die Ausweisungen. Dieselben seien der reine Hohn auf die Worte des Kaisers in Jerusalem, daß das Evangelium der Liebe die Duldung aller Menschen bedeute. Als Bebel von lauten Pfui-Rufen unterbrochen, eine weitere Kritik an den Worten des Kaisers übt, wird er zur Ordnung gerufen unter dem Beifall des Hauser. Wie sei der Erlaß de- Ministers v. d. Recke über das Scharfschießen mit dem Bestreben zu vereinen, für die Aufrechterhaltung der Ordnung im christlichen Staat zu sorgen! Auch der kürzlich« Erlaß über die Verwendung des Militärs bei Unruhen, ebenso der von dem früheren Kriegs minister Bronsart v. Schellendorf und dem General v. Hrhnke Unterzeichnete Erlaß betreffend die vorläufige Festnahme sozialdemokratischer Mhrer bei Unruhen von anscheinend revolutionärem Charakter erinnern an den Belagerungszustand. Wer entscheidet, wenn eine Unruhe revolutionär zu werden scheine? Grund zum Einschreiten gegen die Sozialdemokratie bestehe nicht mehr. Dieselbe habe die Oeffentlichkeit nicht zu scheuen, sie habe auch ihren Höhepunkt noch nicht überschritten, wie die Zunahme bei den letzten Wahlen zeige, namentlich in Ost- und Westpreußen, wo unter den Taglöhnern grauenhafte Verhältnisse herrschen. Die Sozialdemokratie und der Anarchismus seien grundverschieden. Die Sozialdemokratie könne ihre Ansichten ändern, aber niemals sich der Rechten nähern. Die weiteren Ausführungen des Redners, der mehr als zwei Stunden sprach, wurden mit großer Unruhe ausgenommen. — Kriegsminister v. Goßler erklärte, ihm sei von einer Bitte, über die Köpfe der Empörer hinwegzuschießen, nichts bekannt. Das Militär ging stets nach dem Gesetze vor. Wer auf Grund des Gesetzes bei Unruhen sich entschließt, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen und dann über die Köpfe hinwegschießt, gehört vor ein Kriegsgericht. Redner fährt fort, er habe den von Bebel erwähnten Erlaß über die Festnahme sozialistischer Führer in seinen Akten nicht finden können; es sei schon aus äußerlichen Gründen unmöglich, daß von diesen beiden verschiedenen Ressorts ein
Seine Mutter war schon viel früher gestorben, und von sechs Geschwistern er allein noch am Leben. Die Hinterlassenschaft war nur gering, denn die voraufgegangene lange Krankheit seines Vaters, der ein kleiner Beamter gewesen, hatte die Ersparnisse vollends aufgezehrt, aber dafür hatte der Verstorbene seinem einzigen Kinde eine sorgfältige Erziehung angedeihen lassen und ihm noch in den letzten Wochen seines Lebens eine Stelle als Lehrling in einem Bankgeschäft der nahen Kreisstadt ausgemacht. Der Inhaber des Bankgeschäftes war ein Schulfreund von dem Verstorbenen gewesen; gesellschaftlicher Verkehr hatte zwischen ihnen zwar nicht bestanden, aber sie gaben sich alljährlich am Neujahrstage ein Lebenszeichen; an diesem Tage übermittelte Franzens Vater seinem Schulfreunde, der durch eigene Thätigkeit und Tüchtigkeit in eine bessere Lebenslage gekommen, in einem höflichen Schreiben die besten Glückwünsche auch für das kommende Jahr, und der Empfänger quittierte mit Dank, indem er gleiches Wohlergehen dem alten, treuen Freunde wünschte. So war es viele Jahre geschehen; zu Anfang des Jahres, in welchem Franz die Schule verlassen sollte, da hatte der Verstorbene in seinem Glückwunschschreiben die Anfrage eingeflochten, ob für seinen Franz, einen gescheiten, a ufgeweckten Jungen, zu Ostern nicht ein Platz als Lehrling im Kontor frei werde. Die Antwort ließ zunächst lange auf sich warten, aber als sie endlich eintraf, da war sie eine zusagende, und darin genau der Tag bestimmt, an welchem sich Franz zum Antritt als Lehrling melden sollte. Sein Vater erlebte leider diesen Tag nicht mehr, und so mußte der Vormund, Meister Tobia« ein Bruder des Verstorbenen, das weitere Arrangement treffen und auch die Regelung des geringfügigen Nachlasses übernehmen.
Heute war nun der Tag gekommen, an welchem sich Franz auf den Weg nach der Kreisstadt aufmachen, an welchem er für immer das Elternhaus verlassen mußte.
Nach einem letzten Händedruck und und einem „Behüt'