eben sehen, wie ich die Leute beruhigen könne. Als ich aber auf den Marktplatz zurückkehrte, wachte ich die Wahrnehm­ung, daß Personen, die aus dem Ratskeller herauskamen, beleidigt wurden. Plötzlich schrie die Menge:Zur Har- monie!" Dort waren die Anhänger der Kandidatur Hegel­maier versammelt. Da ich befürchtete, daß es die Menge dort versuchen werde, Exzesse zu verüben, schickte ich einige Schutzleute hin; diese kamen jedoch nach kurzer Zeit mit dem Oberbürgermeister zurück, der mit Johlen und Schreien em­pfangen wurde. Als der Schultheiß von Abstadt mit bluten­dem Kopf ins Wachtlokal gebracht wurde, sagte ich mir, daß es jetzt nötig sei, ernstlich einzuschreiten. Es stellte sich je­doch dabei heraus, daß der Schultheiß von Abstadt von seinem Kollegen Hegelmaier den Schlag erhalten hatte, zu dessen Siegesfeier er nach Hcilbronn gekommen war. Zeuge Schutzmann Burckhardt sah, wie die Menge die aus dem Ratskeller kommenden Personen belästigte. Es seien die Schimpfwort«Bauernbündler" undMastbürger" gefallen. Die Schutzleute hätten die Weisung gehabt, sich passiv zu verhalten. Bevor die Feuerwehr kam, seien schon vereinzelte Steine von der Kaiserstraße geworfen worden. Während des Emschraubens der Standrohrr in die Hydranten erfolgte ein wahrer Steinhagel gegen die Feuerwehr. Der RegiecungS- rat Maier, der nach dem Beginn des Spritzens erschienen sei, hübe sich alle Mübe gegeben, die Menge zu beruhigen, doch vergebens. Der Zeug« ist der Ansicht, daß die Feuer­wehr nur deshalb auf dieRose" einen Wasserstrahl sandte, weil von dort Pflastersteine und Bieruntersätze geflogen kamen. Schutzmann Franz wurde ebenfalls mit Schreien und Pfeifen empfangen. Zeuge hat jedoch nicht die Beob­achtung gemacht, daß Steine aus derRose" geworfen wurden. Schutzmann Viermeißen bemerkte, wie aus der Rose" eine Flasche geworfen wurde. Ihm sei ein Pflaster­stein auf den Rücken geflogen, während er bei der Feuer­wehr stand, um diese zu schützen. Stationskommandant Böhm erklärt, er sei mit drei Mann auf den Marktplatz gezogen und habe die Freitreppe des Rathauses räumen lassen. D e Situation sei eine sehr ernste gewesen und er habe in Er­wägung gezogen, ob er nicht von der Schießwaffe Gebrauch machen lassen solle. Gemeinderat Kittler habe zu ihm ge­sagt:Neben Sie Besonnenheit!" Er habe ihm darauf zur Antwort gegeben:Beruhigen Sie das Volk!" Kittler habe dann auch eine Ansprache gehalten, worin er die Menge bat, sie möge sich beruhigen, nach Hause gehen und zeigen, daß sie ordnungsliebende Bürger seien. In fünf Jahren brete sich wieder Gelegenheit zur Wahl. Zeuge erhielt den Befehl, in dieRose" zu gehen und Ordnung zu machen. Als er im Begriff stand, in die Parterrelokalitäten einzu­treten, ser ihm von der Straße her ein Pflasterstein auf den Rücken geworfen worden. Im Lokal hätten Gemeinderat Kittler und der Wirt Schaeffler Beschwichiigungsleden ge­halten. Der Angeklagte Buck bestreitet, den Stein nach dem Stationskommandanten geworfen zu haben. Landjäger Sailer schildert die Vorgänge in ähnlicher Weise. Der Vorstand des Oberamts, Regierungsrat Maier, bekundet, daß er am Abend bis nach 10 Uhr in seiner Kanzlei mit der Zusammen­stellung des Wahlresultats beschäftigt gewesen sei. Nach der Kunde von Unruhen auf dem Markiplatze habe er sich dort­hin begeben. Vor dem Rathaus traf ich, so bekundete der Zeuge weiter, den Oberbürgermeister. Das Spritzen hotte schon begonnen. Meine Versuche, die Leute, die auf der Kaiscrstraße zurückgedrängt standen, zu beruhigen, waren vergebens. Meine Worte blieben bei dem Schreien und Pfeifen ungehört. Ein Steinwurf flog mir auf die Brust, die Leute schrieen:Wir sind Bürger, wir lassen nicht auf uns spritzen," und drangen wieder gegen den Marktplatz vor. Da ich mir von dem Enistellen des Spritzens einen Erfolg versprach, gab ich Befehl hierzu. Der Tumult und die Stem- würfe nahmen jedoch ihren Fortgang. Inzwischen hatte Ober­bürgermeister Hegelmaier militärische Hilfe telephonisch ver­

langt. Ich pflichtete der Meinung des Oberbürgermeisters bei, da ich der Ansicht war, daß der Aufstand nur durch energisches Eingreifen bewaffneter Macht unterdrückt werden könne. Als das Militär eingetroffen war, hielt ich meine Funktionen für beendigt. Mir wurden drei Verletzungen bekannt, die durch Bajonettstiche entstanden sind. Damit schloß die Freitags-Verhandlung. (Forts, folgt.)

* Gegen den Gemeinderat Kittler in Heilbronn, der bekanntlich auch bei der letzten Reichstagswahl Kandidat war, wurde wegen Verdachts der Untreue und Unterschlagung von ca. 5000 Mark zum Nachteil des Arbeiter-Konsum­vereins gerichtliche Voruntersuchung eröffnet. Es liegt nabe, daß der Denunziant unter den sich geschädigt glaubenden Mitgliedern des genannten Konsumvereins zu suchen sein wird.

* Am Sonntag mittag ist in der Bruckmannschen Silber­warenfabrik in Heilbronn eine entsetzliche That verübt worden. Der schon seit ca. 20 Wochen kranke und ab­wesende Arbeiter Wilh. Habrrmaier von Bückingen 27 Jahre alt, ledig erschien während der Mittagspause in der Fabrik, um seine Kollegen zu besuchen. Diese fragten ihn, wie es mit seiner Gesundheit gehe.Heute muß noch einer hin fein und du bist der erste", rief plötzlich Haber­maier und stach einem der Arbeiter einen langen Dolch mehr­mals in die Brust. Gleich darauf versetzte er noch einem zweiten Arbeiter drei Dolchstiche. Ehe man einschreiten konnte, schoß sich Habrrmaier mit einem Revolver in den Kopf, so daß der Tod alsbald eintrat. Die beiden Ver­letzten (Friedrich Zeyer von Flankenbach und Jakob Wagner von Neckargartach) sind so schwer getroffen, daß sie kaum mit dem Leben davon kommen dürften. Dem einen wurde die Leber durchbohrt, bei dem andern soll das Herz verletzt sein. Beide sind Familienväter mit 8 bezw. 7 Kindern. Sie befinden sich im Spital. Die Leiche des Thüters wurde nach der Leichenhalle verbracht, wo dieselbe seziert werden wird. Habermaier soll dadurch gegen seine Kollegen ringe- nommen gewesen sein, daß er in dem Wahne lebte, diese hätten, als er noch in der Fabrik arbeitete, etwas in seinen Most gethon, was seine Krankheit verursacht habe. Eine große Menschenmenge hatte sich kurz nach der That vor dem Gebäude ongesawmelt.

*Heidenheiw, 12. Dez. S. M. der König hat dem Bauern und Steinbruchbesitzer Anton Phanon in Stein­heim bei Heidenheim die Verdienstmedaille des Kronenorüens verliehen. Diese selten ausgetcilte Auszeichnung hat ihren Grund darin, daß Pbarion mit außeroidentlichem Geschick die Ausgrabung und Bewabrung der in sein m Steindruck! gefundenen V-rsteinerungen leitet. Seit Jahren besitzt dieser unter den wissenschaftlichen Sammlern wegen seiner präch­tig« n und riesigen Exemplaren berühmte Steinbruck! einen Weltruf, und sein Eigentümer, der einfache Bauer Pharion, der die ersten Versteinerungen darin entdeckte, hat sich im Umgang mit Gelehrten und Forschern selbst ein nicht zu verachtendes mineralogisch s W sscn gesammelt und sich zu einem ausgezeichneten Konservator ausgebildet. Man darf annehmen, daß die ilrm zu teil gewordene Auszeichnung auf die Universität Tübingen und auf Stuttgarter Gelehrten­kreise zurückzuführrn ist, da Pbarion trotz auswärtigen höheren Angeboten oft seltene Stücke deutschen und württem- bergischen Sammlungen überlassen hat.

* (Verschiedenes.) Der Landlagsabgeordnete Schwcickhardt in Tübingen erlitt einen Schlaganfall und starb. Ein Kutscher des Fabrikanten Kaltschmid in Ober-Riexingen, welcher ein Füllen an der Leine im Freien tummeln ließ, bekam von dem Tiere einen Schlag auf Kopf. Stirne und die Brust, infolgedessen der Verletzte schon nach 10 Minuten starb.

* (Konkurse). Paul Ballborn, Kaufmann, Inhaber der Firma W. Vayhingers Nachfolger, Südfrüchten- und Delikatessengeschäft in Stuttgart. Gottlieb Luther, Schreine» meister in Göppingen.

* Berlin, 11. Dez. DerLokalanzeiger" meldet aus Petersburg: In der Nähe von Tagunrog fuhr bei starkem Nebel ein Kourierzug in eine Kolonne von 60 Bahnar­beitern, die, um einen Warenzug vorbeizulassen, auf ein Nebengeleise getreten waren. Sechs Arbeiter wurden getötet, viele verstümmelt.

* Königsberg i. Pr., 13. Dez. Infolge des an­haltenden Nordweststurms steigt der Pegel. Am Pillauer Bahnhof beginnt das Wasser die Straßen zu überfluten. Die Mannschaften der Feuerwehr legen längs den Häusern Balken, um den Anwohnern der überschwemmten Straßen den Verkehr zu ermöglichen.

Aitslci irdisches

* Am Samstag den 10. Dezember abends 8*/z Uhr ist endlich in Paris der spanisch-amerikanische Friedensvertrag unterzeichnet worden. Siebzig Tage haben dir Verhandlungen gewährt, und sie hätten viel früher zum Abschluß geführt, wenn die Spanier gleich von Anfang an sich zur Resig­nation be qurmt hätten, der sie schließlich doch nicht entgehen konnten. Die Unterzeichnung geschah mit einer gewissen Feierlichkeit. Die Sitzung begann um 3 Uhr nachmittags, und zuerst ließen sich sämtliche Kommissäre, Spanier wie Amerikaner, um den Beratungstisch herumsitzend, photo­graphieren. Dann stellten die Sekretäre, jeder Teil für sich, den Text in beiden Sprachen fest und inzwischen nahmen die Kommissäre den Thee ein. Nach sieben Uhr war die Arbeit der Sekretäre beendet; der spanische Text wurde in einer roten, der englische in einer blaugrauen Mappe herbeigebracht. Der spanische Text, in zwei Exem­plaren ausgefertigt, wurde in Gegenwart der amerikanischen Kommissäre zuerst unterzeichnet von Montero Rios, dem Präsidenten der spanischen Delegation, und dann von den übrigen spanischen Kommissären. Der englische Text, gleich­falls in zwei Exemplaren ausgefertigt, wurde zuerst von Day, dem Präsidenten der amerikanischen Delegation, und dann von den übrigen spanischen Kommissären unterzeichnet. Montero Rios gab dann den spanischen Text an die Ameri­kaner, die ihn in der gleichen Reihenfolge Unterzeichneten, während ebenso die Spanier den englischen Text Unter­zeichneten. Das Geschäft nahm zwanzig Minuten in An­spruch und vollzog sich in der großen Galerie des französischen Ministeriums des Auswärtigen, wo die Kommission stets ihre Sitzungen gehalten hat; der Raum war mit Oellampen erleuchtet. Die Dokumente bestehen aus zwei Heften in Pergament, Format Groß-Oktav; die einzelnen Blätter werden durch seidene Bänder, das spanische in den spanischen und dos englische in den amerikanischen Farben zusammen- gehaltcn. Die Unterzeichnung geschah mit gewöhnlichen Stahlfedern in Bambushaltern, wie sie im Auswärtigen Amte üblich sind; einige Kommissäre benutzten auch eine Gansfeder. Jeder Kommissär bestätigte seine Unterschrift mit seinem Siegel in rotem Lack; aus Höflichkeit für Frank­reich nahm man dazu trikolore Bändchen. Der Unterzeichnete Vertrag wird jetzt so schnell wie möglich, das eine Exemplar nach Madrid, das andere nach Washington geschickt; an beiden Orten wird dann der Vertrag veröffentlicht werden. Um den genauen T xt kennen zu lernen, wird man sich also noch einige Tage gedulden müssen.

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