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Donnerstag, 16. Dezember

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1898.

In Zwerenberg ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.

Deirtschev Reichstes

* Berlin, 12. Dez. Bei der ersten Lesung des Etats tziebt Staatssekretär Frhr. von TKielmann zunächst eine kurze Uebersicht des Etatsjahres 1897 und betont bezüglich des Rechnungsjahres 1898, daß, wenn auch vielleicht der Gipfel der günstigen Lage erreicht ist, doch von einem Herabsteigen in der wirtschaftlichen Entwickelung noch nicht die Rede sein wird. Redner erwähnt, daß bisher betreffs der Zuckerprämien eine Verständigung leider noch nicht er­zielt ist. Die verbündeten Regierungen würden aber keine Gelegenheit versäumen, sich wieder an Verhandlungen zu beteiligen, welche ein greifbares Resultat versprechen. Auch bezüglich des Rechnungsjahres 1899 könne von einem wirt­schaftlichen Niedergang nicht gesprochen werden und so werden wir den Mehrforderungen gewachsen sein. Auch der hohe Diskont war kein schlechtes Zeichen. Wenn wir die Einnahmen aus den Matrikularbeiträgen, Ueberschüffen rc. abziehen, verbleibt eine rein wirtschaftliche Einnahme von 904 Millionen Mark, das ist gegen das Vorjahr mehr 54 Millionen Mark; die wirtschaftliche Lage hat sich also bedeutend gehoben.' Abg. Fritzen (Ztr.) begrüßt mit Genugthuung, daß wieder eine größere Summe zur Schulden­tilgung verwendet wird. Die Eisenindustrie und die Berg­werke stehen in andauernder Hausse. Zuzugeben sei, daß von e.nem wirtschaftlichen Niedergang nicht die Rede sei, aber bezüglich des Zuckers müsse man die Verminderung der Ausfuhr bedenken. Erfreulich sei die Aufbesserung der Ge- hälter der Unterbcamten, sowie eine größere Urbersichtlichkeit in der Eiatsaufstellung. Die Mehraufwendung für die Pariser Weltausstellung dürfte auf allen Seiten gebilligt werden. Bezüglich des Pensionsfonds für das Reichsheer könne man sich dem Gefühle nicht verschließen, daß man mit der Pensionierung der Offiziere gar zu schnell vorgehe. Die neue Militärvorlage stehe nicht auf der Tagesordnung, aber selbst wenn Redner aus seinem Herzen keine Mörder­grube machen wollte, müßte er sich jeder Bemerkung darüber enthalten, denn die Begründung der Vorlage sei so dürftig, daß man unmöglich daraus Schlußfolgerungen ziehen könne. Die Aufwendungen für Kiaulschou seien nicht zu bemängeln, denn Kiaulschou sei ein vortrefflicher Stützpunkt unseres Handels in Ostasien; aber die Kosten für die afrikanischen Kolonien erfordern genaue Prüfung im Interesse der Kolonien selbst, die durch die hohen Forderungen diskreditiert würden. Mit der Finanzgebahrung iw. letzten Jahrfünft könne man wohl einverstanden sein; daher stamme die Reichsverdroffen- heit nicht. Aber noch immer sei das Versprechen der Auf­hebung des Koalitionsverbots nicht eingelöst. (Hört, hört!) Noch bestehe das Jesuitengesetz. Hoffentlich werde das Militärgesetz wie auch der Lippe'sche Streit zu einem guten Ende geführt. Die auswärtige Politik könne nur mit hoher Befriedigung angesehen werden, ebenso die Orientrersc des Kaisers. Dir Schenkung der Dormition zeige, daß der Kaiser auch die Interessen der deutschen Katholiken zu würdigen wisse. (Bravo! im Zentrum.) Abg. Richter erklärt, er müsse Verwahrung einlegen gegen einen gewissen Byzantinismus, der anläßlich der Kaiserreise hervorgetreten sei. Bei den Evangelischen habe dir Kaiserreise einen ge­mischten Eindruck hinterlasicn. (Widerspruch.) Die lange Abwesenheit des Monarchen im Ausland könnte vielleicht doch eine Vertretung erfordern. Redner beklagt den späten Zusammentritt des Reichstags und kommt auf die Frage der Ausweisungen zu sprechen. Diese Ausweisungspolitik sei nicht würdig eines großen Volkes. (Beifall, Widerspruch.) Die Nachwirkungen des unglücklichen Telegramms an den Präsidenten Krüger scheinen überwunden zu sein. Hoffent­lich hören wir nun bald von dem Fortgang der Handels- vertragsverhandlungen mit England. Die Einfuhr ameri­kanischer Produktion darf nicht unnötig erschwert werden. Ich begreife nicht die Ausrechtcrhaltung der Viehsperre gegen Dänemark, die Niederlande und Oesterreich. Die Abschaffung der Zuckerprämien ist weit in die Ferne ge­rückt. Dis Militärvorlage konnte von niemand in einem solchen Umfang erwartet werden. Vor den Wahlen und vor der Annahme des Flottengesetzes las man etwas anderes. Der spanisch-amerikanische Krieg beweise für uns gar nichts, höchstens könnten die Sozialdemokraten sagen, auch die Miliz könne über ein stehendes Heer siegen. (Heiter­keit.) Graf Posadowsky führt aus: DieReichs- Verdrossenheit" ist werkwürdig bei der günstigen äußeren und inneren Lage. Im Schoße der verbündeten Regierungen besteht eine Reichsverdroffenheit nicht. Man hat als Grund der Reichsverdroffenheit genannt einen Stillstand der sozialen Gesetzgebung, aber diese ist nicht zum Still­stand gekommen; das ist in einem Kulturstaate unmöglich. Staatssekretär v. Bülow führt in seiner Rede aus: Die

orientalische Frage erscheine augenblicklich weniger bedrohlich wie früher; allerdings könnten die armenische und make­donische Frage zum Erisapfel werden. In der nächsten Zeit dürfte aber dort der Friede nicht gestört werden. Deutschland und seine Friedensliebe bieten die Garantie für die friedliche Ausgleichung der Gegensätze. Die erfolgten Ausweisungen seien ein Ausfluß der Souveränität, die wir von niemanden antasten lassen. Die Beziehungen des deutschen Reiches zu den auswärtigen Mächten seien durch die Aus­weisungen nicht getrübt worden. Der Dreibund werde durch die Ausweisungen nicht berührt, lieber einzelne Fälle schwebten mit den amtlichen Stellen Oesterreich-Ungarns vertrauliche Beziehungen. Bülow besprach sodann das Ver­hältnis mit England und sagte: es gebe allerlei Fragen, in denen wir mit England Zusammengehen können ohne Schädigung anderer wertvoller Beziehungen. Ueberall sei das Bestreben, den Frieden zu erhalten. Deutschland werde, auf seine Macht gestützt, welche auf der Spitze des Schwertes beruhe, niemals dort fehlen, wo es sich um Aufrcchterhaltung des Weltfriedens handle. (Lebhaftes Bravo!) Nach der Rede Bülows wurde ein Vrrtagungsantrag angenommen. Schluß 5Vs Uhr. Nächste Sitzung morgen.

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 12. Dez. (248. Sitzung.) Tages- Ordnung: 1) Anfrage des Abg. Schumacher und Genossen, betreffend die Einberufungen zu den Hebungen der Landwehr. 2) Antrag des Abg. Schmidt von Maulbronn und Genossen, betreffend die Getreideverkaufsgenossenschaften und Getreide- lagerhäuser. Der Vizepräsident eröffnet« die Sitzung um 4*/z Uhr. Derselbe teilt mit, daß die beiden Präsidenten gestern vom König in Audienz empfangen worden seien. Se. Majestät lasse den Volksvertretern für ihre Teilnahme huldvoll danken. Der Vizepräsident teilt mit, daß der Abg. Schweickhard mitten aus der Thätigkeit heraus durch den Tod abgerusen worden sei. Das Haus erhebt sich zu seinem ehrenden Andenken von den Sitzen. Die Kammer tritt in die Tagesordnung ein. Abg. Schumacher und Genossen haben folgenden Antrag gestellt:Ist es nicht zu vermeiden, daß die Einberufungen zu den Uebungen der Landwehr vielfach gerade in die Zeit der Heuernte fallen, wodurch die Einberufenen in der allerdringlichsten Zeit den landwirtschaftlichen Arbeiten entzogen werden." Abg. Schock begründete die Anfrage in Abwesenheit des Abg. Schumacher. Kriegsmünster Schott von Schotten­stein versichert, daß man auf die Heuernte soweit menschen­möglich bei der Einberufung Rücksicht nehmen werde. Abg. Schock dankt für diese entgegenkommende Erklärung. Es folgt die Beratung des Antrags Schmidt. Abg. j S ch m i d t - Maulbronn begründet seinen Antrag, welcher dahin geht: die Kammer der Abgeordneten wolle beschließen: Die Kgl. Staatsregierung zu ersuchen, der Kammer der Abgeordneten bis zur nächsten Etatsberatuug Mitteilung darüber zugehen zu lassen, welche Erfahrungen in anderen Landern und neuerdings inWürttemberg mit landwirtschaftlichen G-treideverkaufsgenossenschaften und Getreiüelagerhäusern ge­macht worden und inwieweit in Württemberg Bedürfnis und Möglichkeit derartiger Einrichtungen zu Tage getreten sind. Redner hebt die Nützlichkeit solcher Genossenschaften hervor. Die Landwirte müssen zur Selbsthilfe schreiten, der Staat müsse die Genossenschaften fördern. - Abg. Sommer ist mit dem Vorredner einverstanden und betont, daß die Ge­nossenschaften in seinem Bezirk sehr nützlich wirken. Es müsse auch anerkannt werden, daß die dortigen Bierbrauer die einheimische Gerste gerne kaufen. Abg. Schwarz stellt und begründet den Antrag: Die Kammer wolle beschließen, die Kgl. Regierung zu ersuchen, die Proviantämter und Behörden anzuweisen 1) ihren Bedarf nicht nur direkt bei Produzenten, sondern auch bei Verkaussgenossenschaften zu kaufen. 2) Den Produzenten und Genossenschaften auch bei den Kaufsbedingungeu ein möglichstes Entgegenkommen zu zeigen. Minister v. Pischek bemerkt, daß der An­trag Schmidt offene Thüren einstoße. Die Regierung fördere jetzt schon die Genossenschaften und werde eS auch ferner thun. Der Antrag Schwarz sei unnötig, die Proviantämter kaufen jetzt schon bei den Genossenschaften. Abg. Frhr. v. Gaisberg ist mit dem Abg. Schmidt einverstanden, spricht sich jedoch gegen den Antrag Schwarz aus. Abg. Aldinger schließt sich dem Vorredner an. Abg. Schrempf spricht sich sür den Antrag Schmidt und für denjenigen des Abg. Schwarz aus, bemerkt aber dabei, daß die Genossen­schaften insolange einen schweren Stand haben, als die großen Transitlager in Mannheim und an anderen Orten bestehen. Da liege ein Haupthindernis in der Sache. Trotz der guten Ernte dieses JahreS werde eine Unmasse fremden

Getreides in das Land gebracht. Nachdem noch die Abgg. v. Gaisberg, Schmidt und Schwarz gesprochen hatten, erfolgte di« Abstimmung. Der Antrag Schmidt wird an­genommen, der Antrag Schwarz mit 32 gegen 31 Stimmen abgelehnt. Nächste Sitzung: morgen 4 Uhr.

L«rserr>slitik.

Psychologisch interessant ist der Umschwung, der sich in Frankreich zugunsten Deutschlands vollzieht. Verständige Franzosen haben die Hetze gegen Deutschland nie mitgemacht. Aber es gab eine Zeit, in der sie mit ihrer Ansicht sich nicht hervorwagen durften. Der Pöbel hätte ihnen die Fenster eingeworsen. Heute scheuen sich die Zeitungen nicht, offen von ihren Sympathien für den verhaßten deutschen Gegner zu reden. Was soll man aber dazu sagen, wenn ein so verbissener Chauvinist wie Paul de Cassagnac plötz­lich sein deutsch-freundliches Herz entdeckt? Herr Paul de Cassagnac veröffentlicht in derAutorite" einen Artikel, in welchem er die einzige Rettung gegen die englische An­maßung im Anschlietzen Frankreichs an Deutschland findet und zwar man höre und staune! unter Verzichtleistung auf die Wiedergewinnung Elsaß-Lothringens! Herr de Cassagnac schreibt:England will und sucht den Krieg. Wir sind gezwungen, ihn nicht zu wollen, ihn trotz allem zu vermeiden. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, daß Eng­land in seiner Wut über die Vereitlung seiner Absichten soweit geht, uns hinterrücks anzugreifen, wie es schon oft gethan hat in seiner Eigenschaft als Nation von Piraten und Meuchelmördern. Man könnte unsere Schiffe mitten im Frieden in den Häfen angreifen. Man muß alles voraus­sehen und auch annehmen, daß England uns in eine uner­trägliche Existenz stürzen könnte. Wir raten ihm aber, sich in Acht zu nehmen! Lange schon macht uns Deutschland mit einer Zielbewußtheit, die durch nichts verleugnet wird, kaum verhüllte Avancen. In dem Uebersckwange unseres getretenen und noch blutenden Patriotismus gehen wir noch immer so weit, uns zu fragen, ob es nicht besser ist, die Beschimpfungen der Engländer hinzunehmen, als den Deutschen verdanken zu müssen, von ihnen befreit zu werden. Aber in vielen Herzen und gerade in den chauvinistischsten legt man sich bereits die Frage vor, was grausamer für das Vaterland sein würde: auf Elsaß-Lothringen zu verzichten, oder sür alle Zeiten von den Engländern aus den Meeren verjagt zu werden und in einem Augenblicke die so teuer erworbenen Kolonialgebiete' verschwinden zu sehen? Man beginnt erst die beiden Arten von Haß abzuwägen, den gegen die Deutschen, der im Laufe der Zeit etwas erkaltet ist, und den gegen die Engländer, der uner­wartet wieder entzündet hell aufflammt. Würde es nicht' vorzuzieheu sein, sich in ein vor dreißig Jahren grausam verstümmeltes Frankreich zu fügen, als sich der Eventualität auszusetzen, das furchtbare Geschick Spaniens zu teilen? Solche Gedanken, die vor kurzem noch fast wie ein Blas- phem erschienen wären, beschäftigten die Geister, seitdem wir unter dem Damoklesschwerte eines ebenso ungerechten als barbarischen Angriffs seitens Englands stehen; man muß die Kühnheit haben, das laut und offen herauszusagen, während mau cs sich überall in die Ohren tuschelt. An England ist es, darüber nachzustnnen. ob es seinen Wünschen entspricht, uns zu diesem äußersten Schritte einer Annäherung an Deutschland zu zwingen, auf die Rußland seit Kiel eifrig hinarbeitet und gegen die sich bisher der nationale Groll hartnäckig und patriotisch gesträubt hat." Das ist alles recht gut und schön und zeugt von vernünftiger Ueberlegung. Nur in einem Punkte irrt der Artikelschreiber: Deutschland hat Frankreich bisher keine Avancen gemacht: es hat kein Bündnis mit Frankreich gesucht und es hat ihm keine Ver­sprechungen gemacht.

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Ein neuer Zeuge für die Unschuld des Drcysus ist der Abgeordnete Goilleuse. Er erklärte einem Redakteur der Temps, er wisse, daß in dem Kriegsgericht vom Jahre 1894 das Borderau das einzige Schriftstück gewesen sei, welches Dreyfus' Schuld beweisen sollte. Im letzten Augenblick, als das Gericht auf dem Punkte stand, Drryfus freizusprechen, sei eine Mitteilung des damaligen Kriegsministers eingetroffen, worin dieser erklärte, er gebe sein Ehrenwort, daß Dreyfus schuldig sei. Auf diese Erklärung hin wurden die Mit­glieder des Kriegsgerichts von der Schuld Dreyfus' über­zeugt und verurteilten ihn. Der Abgeordnte Goilleuse er­klärt sich bereit, die vorstehenden Angaben vor dem Kassations­hof zu wiederholen.

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Rußland arbeitet mit fieberhaftem Eifer, seine Position in China zu befestigen und immer weiter auszu­dehnen. Sorben ist es ihm gelungen, den Niutfchwang