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Dienstag, 29. Wovember
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1898.
Uebertragen wurde die Pfarrei Birkenfeld dem Pfarrer Weidner in Neuneck; die Pfarrei Reineczau dem Pfariverweser Rudolf Vrezger in Oggenhausen; die Schulstslle in Oberholzheim dem Schul- amtSverweser Georg Schrade in Oberreichenbich : ine Lochulstelle in Ober- iflingen dem Unterlehrer Albert Klett in Kohlberg.
Z D«rs Regieirrtiisslttbrltiiriir -es LLsriseirs Isfeptz.
Nach Abschluß des Bündnisses mit Oesterreich war man in Deutschland stets geneigt, in dem Kaiser Franz Joseph, der selbst ein Deutscher ist, auch einen Freund Deutschlands und der Deutschen zu sehen. Die politischen Vorgänge, deren Schauplatz Oesterreich seit mehreren Jahren ist, haben leider diese Anschauung, die uns lieb und wert geworden war, erschüttern müssen. Nicht nur die Ermordung der Kaiserin, sondern auch die den Deutschen gegnerische innere Politik Oesterreichs lassen schwarze Schatten auf das 50jährige Regierungsjubiläum des Kaisers fallen.
So lange Graf Andrassy und später Graf Kalnoky die Kanzler der habsburgischen Monarchie waren, wurden in Oesterreich die deutschgegnerischen Bestrebungen zurückgedrängt. Kalnokys Nachfolger, Graf Goluchowski, kam auf seinen hohen Posten aus verhältnismäßig bescheidener diplomatischer Stellung, vom Gesandtenposten in Bukarest. Die gesamte politische Welt war über seine Berufung geradezu verblüfft und fand keine andere Erklärung dafür, als seine polnische Nationalität und die besondere persönliche Gnade, um nicht zu sagen Zuneigung des Kaisers. Goluchowski gab seiner Amtsführung sofort die neue Richtung auch nach außen, indem er seinen persönlichen Verkehr mit Berlin und Rom aufs unerläßlichste beschränkte, dagegen Paris und Petersburg alljährlich und unter besonders auffälligen Förmlichkeiten besuchte. Daß er im Jahre 1897 in Petersburg zu förmlichen Abmachungen mit Rußland gelangt ist, hat er dieser Tage in einer Mitteilung der .Politischen Korre- spondenz' mit deutlicher Absicht betonen lassen, nachdem es schon vor einem halben Jahre durch die russische Botschaft in Konstantinopel geflissentlich verraten worden war. Die jüngste Anwesenheit des Grafen Murawiew in Wien vom 20. bis 25. Oktober dürfte, wie in diplomatischen Kreisen nicht bezweifelt wird, eine Erweiterung der Petersburger Abmachungen vom Jahre 1897 zum Zweck und zur Folge gehabt haben, so daß Goluchowski von seinem Ziele nicht wehr weit entfernt sein dürste: das Bündnis Oesterreich- Ungarns mit Deutschland gcgenstandlos zu machen durch Rückversicherung seiner orientalischen Interessen bei Rußland.
Aeußerlich mag es noch lange Jahre, vielleicht während der ganzen Regierungszeit des Kaisers Franz Joseph fort- bestehen; eine Probe aber würde es nicht aushalten, sofern von Oesterreich Opfer gefordert würden; nicht etwa deshalb, weil Kaiser Franz Joseph seine Armee nicht würde marschieren lassen wollen, sondern weil sich für keinen Krieg eine Mehrheit im österreichischen Reichsrat mehr finden würde, als für einen solchen gegen Preußen und Deutschland. So weit haben es die Hohenwart, Badeni und Thun glücklich gebracht. In den Blättern der heutigen österreichischen Regierungsmehrheit wird systematisch gegen „Preußen" und das deutsche Bündnis gehetzt, als wenn man gar nicht früh genug in aller Form davon loskommen könnte, nachdem man es nicht mehr zu bedürfen glaubt. Es ist jetzt fast- zehn Jahre her, daß der Abgeordnete Türk im offenen österreichischen Reichsrat den Ausspruch thot: „Gott beschütze Deutschland davor, daß es jemals auf die Hilfe Oesterreichs angewiesen sei; sie würde ihm nur ungern und lau gewährt werden." Türk meinte, wie er hinzufügte, nicht die österreichische Armee, sondern die österreichische Politik. Damals stieß der Abgeordnete bei seinen österreichischen Volksgenossen noch auf Widerspruch; heute ist kein Zweifel mehr, daß die jetzige österreichische Politik die Not, in die etwa das Deutsche Reich geriete, nur benützen würde, ihm in den Rücken zu fallen. Man gehe doch die Liste der heutigen österreichischen Minister durch; man wird inne werden, daß kein einziger darunter ist, dessen stiller Herzenswunsch nicht die Zerstörung des jetzigen Deutschen Reiches wäre. Die jetzige Reichsratsmehrheit bekennt fick offen dazu. Diese Thatsache muß man sich vor Augen halten, wenn man verstehen will, warum die einsichtigen und aufrichtigen Freunde des Bündnisses mit Deutschland der jetzigen österreichischen Regierung Widerstand bis aufs äußerste leisten.
Hand in Hand mit dieser Politik nach außen geht die innere, auf die Unterdrückung der Deutschen in Oesterreich gerichtete. Zwar wird es nicht gelingen, die Deutsch-Oesterreicher ihres Volkstums zu entkleiden, aber der gegenwärtige Kampf schlägt der Monarchie dauernd schwere Wunden. Was soll aus einem Staate werden, aus seiner Macht, seinem Ansehen und Kredit, wenn acht Millionen seiner intelligentesten Bewohner für ihre nationale Selbständigkeit keine andere
Rettung kennen, als die Bekämpfung der Staatsgewalt mit allen gegebenen Mitteln?!
So steht das Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs unter keinem glücklichen Stern!
T«rsesr»olttik
Für die Deutschen Palästinas wird der Besuch des Kaiserpaares nicht ganz ohne Nutzen für die Zukunft sein. Zweifellos mißt die türkische Regierung und das höhere Beamtentum dem freundschaftlichen Verhältnis des offiziellen Deutschlands zu dem Osmanenreiche die größte Bedeutung bei. Die Stellung des deutschen Elements im Orient ist bedeutend gekräftigt und jeder Deutsche, der sich wegen irgend eines Anliegens oder beschwerdeführend an die richtige Schmiede wendet, darf sicher sein, gebührend gewürdigt zu werden. Und selbst auf die Türken der untersten Klassen, sowie auf das vielfach unbequeme und anmaßende Kleinbeamtentum haben die denkwürdigen Oktobertage dieses Jahres einen für das Deutschtum günstigen Eindruck hinterlassen — das kommt mancherlei zum Ausdruck. Die in Palästina angesiedeltcn Deutschen verspüren das bereits. Als die ersten Württembergc-r ins Land kamen, erwarben sic den urbar zu machenden Boden pachtweise mit der Bedingung, daß die ihnen zuertcilten Landstellen nach einer Reihe von Jahren in ihr gänzliches Eigentum übergehen sollten. Die Zeit ist längst verstrichen, aber die Umschreibung in den Grundbüchern unterblieb. Vor zwei Jahren nahm sich der „Alldeutsche Verband" der Gelegenheit an und die Reichsregierung sandte auf seine Veranlassung den Grafen Mühlener nach Jaffa, der an Ort und Stelle die Angelegen- heit untersuchte und die Ansprüche der Kolonisten als berechtigt erkannte. Das deutsche Reich wurde dann bei der Pforte vorstellig und diese versprach Erfüllung aller Wünsche, was natürlich nach türkischer Gewohnheit jahrelang unterblieb. Kurz vor Ankunft des Kaiserpaares wandten sich die Kolonisten selbst nun noch einmal nach Konstantinopel, und nun wurden sie sofort befriedigt.
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Des trockneneu Tones sind die entschiedenen Deutschen nunmehr satt. Im österreichischen Abgeordnetenhause brachte Hochenburger von der deutschen Bolkspartei eine Interpellation ein, in der er auf die Gerüchte hinweist, daß die Regierung die Erfüllung der 26 Forderungen der Jungtschechen und feudalen Großgrundbesitzer zugesichert habe, und hinzufügt, daß die Erfüllung dieser Forderungen nur unter abermaliger Schmälerung des Besitzstandes der Deutschen durchführbar wäre. Ihre Anfrage beabsichtigt die deutsche Volkspartei als Anlaß zu benutzen, um wieder mit der Obstruktion einzusctzen; sie wird auf baldige Beantwortung der Anfrage dringen, und falls diese nicht in den nächsten Sitzungen erfolgt oder unbefriedigend ausfällt, sofort zur Obstruktion übergehen.
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Die Hentzi-Denkmalsaffäre wirbelt in Ungarn immer noch viel Staub auf. Hentzi war während der ungarischen Revolution der Kommandant von Ofen und fand bei der Verteidigung der Festung gegen die Ungarn mit allen seinen Leuten den Tod. Ihn ehrte sein König durch ein Denkmal, das er ihm in Ofen vor der Burg errichten ließ. Das war den Ungarn stets ein Dorn im Auge und mehrere Male sind schon Anschläge auf das Monument unternommen worden. Der Kaiser, der mit dem Parlament diesseit und jenseit der Leitha seinen schweren Aerger hat und den „Ausgleich" zwischen Ungarn und Oesterreich gern zu stände gebracht gesehen hätte, wollte den Ungarn sein Entgegenkommen zeigen dadurch, daß — wie es anfangs hieß — das Hentzi- Denkmal nach Wien geschafft werden und an seiner Stelle in Ofen ein Denkmal der ermordeten Kaiserin Elisabeth, die von den Ungarn fast vergöttert wurde, errichtet werden sollte. Darüber war natürlich der Jubel bei Bruder Meiniges ungeheuer; er legte sich schon etwas, als es hieß, das Hentzi-Denkmal sollte in Pest bleiben und vor der Militärschule Aufstellung finden, und er schlug in das Gegenteil um, als der Wortlaut der Verfügung des Kriegsministers in dieser Angelegenheit bekannt wurde, worin Hentzi als ein Muster der Tapferkeit und Treue gepriesen wird. Seitdem giebt es in Budapest heftige Parlamentsszenen, parlamentarische Duelle und Straßenkrawalle, wobei natürlich die Herren Studenten wacker mitthun.
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Ein Konflikt zwischen Militär- und Zivilgerichtsbarkeit in schroffster Form ist die neueste Phase in der an überraschenden Wendungen überaus reichen Dreyfus-Angelegen- heit. Den Anlaß zu dem Streit der beiden juristischen Gewalten hat der. Fall Picquart gegeben. Der Kassationshof hatte die Akten betr. das „Petit Bleu" verlangt. Die
Militärbehörde hat aber erklärt, die Akten erst nach Aburteilung Picquarts herausgeben zu können.
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Die Pariser Friedenskonferenz hat ihre Arbeiten beendet. Spanien ist einfach von den Amerikanern stranguliert worden — Spanien, dessen König unglücklicherweise ein Kind ist! Vor 400 Jahren nannte Spanien das ganze damals bekannte Amerika (mit Ausnahme der Küste von Brasilien) sein. Heute hat es drüben nichts mehr zu suchen und die Gebeine Christofo Colons befinden sich von Havana her auf der Rückfahrt. Spanien, das nach der Eroberung Mexikos und Perus förmlich im Golde erstickte und dessen damaliger König der reichste Mann in der getauften Welt war, kann heute seinen elend aus Kuba heimkehreuden Kriegern, seinen Lehrern und Beamten keinen Sold, keine Gehälter bezahlen.
* Alten steig, 28. Novbr. Die Ziehung der Stuttgarter Rennvereinslotterie, welche morgen stattfinden sollte, wurde auf 14. Dezember 1898 verschoben.
* Stuttgart, 24. Nov. Die Kammer der Standesherren hat nunmehr das von der zweiten Kammer beanstandete Recht der Krone zur Ernennung neuer erblicher Mitgliederder ersten Kammer wiederhergestellt. Begründet wird dieser Beschluß im Wesentlichen mit der Befürchtung des „Aussterbens" der ersten Kammer. Aus diesem Anlaß weist der „Schwäb. Merkur" darauf hin, daß in 80 Jahren (1819—1898) nur drei, genau genommen nur zwei Stimmen (eine wird als ruhend behandelt) durch Aussterben erloschen sind. Das Blatt hält es nicht für wahrscheinlich, es werde in absehbarer Zeit eine erheblichere Zahl standesherrlicher Stimmen erlöschen. „Sollte aber auch — heißt es dann weiter — die eine oder andere noch wegfallen, so kann darin, die Zuführung anderer Elemente vorausgesetzt, keine Verschlimmerung der Position der erster Kammer erblickt werden, sondern eher eine Verbesserung; denn was der ersten Kammer bisher in der öffentlichen Meinung so geschadet hat, das war eben das Ueberwiegen, um nicht zu sagen die thatsäch- liche Alleinherrschaft des hohen Adels."
* Plochingen, 25. Novbr. Während des PassierenS des kaiserlichen Hofzugs am Donnerstag abend war die Strecke Göppingen—Plochingen polizeilich bewacht. Diese Vorsichtsmaßregel dürfte wohl damit Zusammenhängen, daß seitens der italienischen Regierung die württembergische verständigt worden ist, daß von Italien der als Anarchist geltende Umberto Zanardi, 23 Jahre alt, nach Württemberg gereist ist. Nach'Zanardi wird eifrigst gefahndet.
* Göppingen, 25. Nov. Auf gestern abend hatte der Handels- und Gewerbeverein seine Mitglieder und alle Interessenten zu einer Besprechung über „große Warenbazare und deren Auswüchse" in den Schockcnseesaal eingeladen. Namentlich unsere Detailleure hatten der Einladung zahlreich entsprochen. Der erste Vorstand Fabrikant Fritz Müller gab zunächst ein dreiviertelstündiges Referat und leitete hienach eine Debatte ein. Dieselbe gestaltete sich sehr lebhaft und zog die Verhandlungen bis zur Mitternachtsstunde hin. Folgende Resolutionen sind das Ergebnis: 1) Durch die großen Warenhäuser und Bazare, Versandhäuser und ähnliche Unternehmungen werden die mittleren und kleineren Handels- und Gewerbetreibenden ganz empfindlich geschädigt. 2) Die maßlose Vergrößerung und Vermehrung der großen Warenbazare ist zu verhüten auf der Grundlage einer ausgleichenden Gerechtigkeit, nach welcher der besagte wichtige Mittelstand erhalten und demselben der Wettbewerb ermög- licht bleibt. 3) Dies ist zu erreichen: a) durch eine progressive Umsatzsteuer, verbunden mit progressiver Ertragssteuer (womöglich mit Deklarationszwang), welche durch das Reich bezw. durch die Einzelstaaten festgelegt und durch und für die Gemeinde zu erheben sind; b) durch Zusammenschluß der Handels- und Gewerbetreibenden zu zweckmäßigen, genossenschaftlichen Organisationen (Einkaufsgenossenschaften u. dergl). Die Resolutionen wurden einstimmig angenommen.
* (Verschiedenes.) Einem 17jährigen Dienstmädchen in Dettingen a. Alb wurde von einer im Gang befindlichen Dreschmaschine die rechte Hand abgerissen; der ganze Arm ist jämmerlich zerfleischt. Voriges Jahr wurde der Vater der Verunglückten von dem gleichen Unglück betroffen. — In Wellen dingen verunglückte die Witwe Regina Bücher dadurch, daß sie von einem Stück Vieh niedergerissen und getreten wurde. Den schweren inneren Verletzungen ist sie noch am gleichen Tage erlegen. — In große Aufregung versetzt wurde am letzten Freitag die Stadt Bracken heim. Es brannte in einer der winkeligsten Gegenden, hinter dem alten Schulhaus, und eine Zeit lang sah die Lage äußerst bedrohlich aus. Doch gelang eS der dortigen Feuerwehr mit Hilfe derjenigen der Nachbarorte,