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Dienstag, 22. Movernber

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Verwendbare Beiträge werden dank­bar angenommen.

I 1898.

L«»sespslitik

Kaiser Wilhelm I. hatte nur Flügeladjutanten aus blauem Blute. Der jetzt regierende Kaiser durchbrach diese Tradition, indem er den Oberstleutnant Mackensen zum Flügeladjutanten ernannte. In der Person des bekannten Afrikareisenden, Majors Morgen, ist der zweite bürgerliche Offizier in die Reihe der Flügeladjutanten ausgenommen worden. Bei dieser Gelegenheit möge erwähnt sein, daß unter Wilhelm II. auch der erste Bürgerliche zum komman­dierenden General (Leutze im 17. Armeekorps) und der erste Bürgerliche zum Botschafter (Stumm in Madrid) ernannt wurde. Alle diese Stellen waren bisher nur dem Adel zugänglich.

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Während in Deutschland die Bekämpfung der großen Warenhäuser von der Regierung ausgenommen werden wird, ist es interessant zu beobachten, wie in Großbritannien auf dem Wege der genossenschaftlichen Thätigkeit der Ar­beiter Warenhäuser entstanden sind, welche zu den be­deutendsten Etablissements der Welt zählen. Das aus der Vereinigung der Arbeiter-Konsum-Genossenschaften hervor­gegangene englischeWholesale" wurde im Jahre 1864 gegründet und erzielt jetzt einen jährlichen Absatz von 300 Millionen Mark. Nach seinem Muster ist seitdem auch ein Warenhaus für Schottland ins Leben gerufen worden, das gemeinsam mit dem englischen Etablissement einkauft. Beide zusammen beschäftigen 13,000 Beamte und verkaufen all­jährlich für nahezu 500 Millionen Mk. Waren. Die Zahl der beteiligten Genossenschafter beträgt 1'/2 Million, sodaß etwa der Bevölkerung von Großbritannien die Waren

von den beiden genossenschaftlichen Magazinen bezieht.

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Im Zeichen der Sprachenverordnungen geschehen in Böhmen die unglaublichsten Dinge. So wird jetzt aus Prag das nachfolgende heitere Stücklein gemeldet: Ein deutscher Gerichtsadjunkt (Referendar) in Tabor suchte mittels einer deutschen Eingabe um Versetzung in die Egerer Gegend an. Das Obergericht Prag verlangte im Sinne der Sprachenverordnungen eine tschechische Eingabe. Der Adjunkt brachte hierauf ein tschechisches Gesuch ein, erhielt dasselbe jedoch wieder zurück, weil das begutachtende Kreis­gericht zu Eger erklärte, daß die dort gerichtsübliche Sprache die deutsche sei. Der betreffende Adjunkt sitzt nun rat­los da ; die deutsche Eingabe weist Prag zurück, die tschechische Eger.

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Am letzten Mittwoch ist di« italienische Kammer von König Humbert eröffnet worden. Nach einem Rückblick auf die jüngsten Unruhen, für deren Teilnehmer eine baldige Begnadigung in Aussicht gestellt wird, nach einer in be­wegten Worten gehaltenen Aufforderung an das italienische Volk, treu zum Königshaus- und zur Regierung zu halten, und nach einem Ueberblick über die auswärtige Politik wurden Reformen auf allen Gebieten angekündigt, namentlich auch eine Besserung der Lage der niederen Klassen in Aus­sicht gestellt. So hört sich das Friedens- und Reform­programm sehr gut an. Wenn man aber die innere Lage und die enormen Schwierigkeiten betrachtet, welche die Regierung zu bewältigen hat. wozu ein absolut fester und unbeugsamer Wille erforderlich ist, so darf man keine allzu große Hoffnung hegen; aber allgemein ist der Wunsch, daß der auf allen Gebieten herrschenden Korruption in Italien endlich gesteuert werden möchte.

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Frankreich dreysust weiter. Der Bedauernswerte auf der Teufelsinsel ist nun von der Revision seines Prozesses in Kenntnis gesetzt worden und der italienische Graf Casella ist mit neuen Enthüllungen hervorgetreten, die, wenn sie auch nicht vollkommen wahr sind, so doch wenigstens nicht ganz unwahrscheinlich klingen. Danach sollen Esterhazy und du Paty de Clam deutsches Geld genommen haben für gewisse Gefälligkeiten, die ihnen unmöglich wurden, als Dreyfus in den Generalstab eintrat und ihnen durch Pflicht­treue das Geschäft, an dem übrigens noch mehrere General- stabs-Offiziere beteiligt waren, verdarb. Aus Aerger darüber hätten sie ihn beschuldigt und durch ihre Fälschungen systematisch ruiniert. Wahrscheinlich im Laufe dieser Woche noch wird übrigens der Kassationshof seine Arbeiten beenden und zu einer Entschließung kommen.

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Weitere Berteidigungsmaßregeln werden von der britischen Regierung geplant. Der Kriegsminister Lansdowne hielt in Plymouth eine Rede, in der er sagte: Die britische Flotte müsse unwiderstehlich sein und er halte sie für stark genug, um jeder Vereinigung, der man entgegensehen könne, Widerstand zu leisten. Die Zeit sei da, die Herstellung

von neuen Festungsgeschützen nachdrücklich zu fördern, doch habe dies allmählich zu erfolgen. Die Regierung unterziehe die gesamten Verteidigungspläne sorgfältiger Prüfung, ehe sie vom Lande größere Opfer, die nötig sein können, verlange.

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Der Zar scheint den ihm zugehenden offiziellen Be­richten über die Lage der Bevölkerung im Notstandsgebiet keinen Glauben schenken zu wollen. Er hat nämlich, wie der ,Grashdanin' meldet, den Beschluß gefaßt, zwei seiner Flügel-Adjutanten dorthin zu entsenden, um dieWahrheit über den Umfang der Hungersnot und über die Organisation der Volksverpflegung zu ermitteln". Die beiden Adjutanten sollen den Auftrag erhalten haben, mit Uebergehung der Behörden an Ort und Stelle die wahre Sachlage festzu­stellen, Daten über die Hungersnot aus unmittelbaren Quellen zu sammeln und über die Ergebnisse der Unter­suchung dem Zaren direkt zu berichten. Die Blätter be­grüßen diesen Entschluß des Zaren mit lebhafter Freude und erklären, die Hungernden können nunmehr hoffen, daß ihnen wirklich geholfen werde.

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Bulgarien hat an die Pforte eine Note gerichtet, in der es eine erhebliche Vermehrung der Zahl seiner Handelsagenten in der Türkei verlangt. Ferner fordert die bulgarische Regierung, daß die in einem Jrade des Sultans Bulgarien zugesprochene Kathedrale in Kumanowo endlich den Bulgaren übergeben, und daß zwei in Frank­reich bestellten bulgarischen Kriegsschiffen die Passage durch die Dardanellen und den Bosporus gestattet werde. Von Interesse dürfte es sein, zu erfahren, welche Stellung Ruß­land zu der letzterwähnten Forderung einnimmt, nachdem es im vorigen Jahre durch ein entschiedenes Machtwort die vom Sultan bereits erlaubte Durchfahrt eines rumänischen Kriegs­schiffes verhindert hat. Für Bulgarien mag allerdings geltend gemacht werden, daß es formell noch einen integrierenden Teil der Türkei bildet.

* Alten steig, 21. Novbr. Von reizenden Herbst­wundern wird der Frkf. Ztg. aus Innsbruck (Tirol) ge­meldet: Herbsttage von seltener Pracht sind jetzt. An den sonnigen Hängen im Norden der Stadt blühen in Menge allerlei Frühlingsblumen, wie Küchenschelle, Primel rc. Reife und blühende Erdbeeren, selbst in Höhe von über 1000 Metern, sind keine Seltenheit. Auf einem abendlichen Gange aus dem Oberinnthal sah ich jüngst am Wege massenhaft leuchtende Johanniskäfer, und ein anderer Herr beobachtete diese für einen Novemberabend höchst auffällige Erscheinung auf dem Wege aus dem Stubenthale heraus. Vorgestern brachte ein Tourist aus dem Hallthal blühende Alpenrosen. In Stuben, das bereits über 4000 Meter hoch liegt, war der Garten des Gasthauses zäk Post noch in voller Blütenpracht. Da leuchteten noch Sonnenblumen, blühten noch die Kapuziner­kresse, Kamillen und andere Blumen. In St. Jakob am Arlberg, wo eigentlich der Obstbau schon aufhört, blüht so­gar noch ein Apfelbaum. Da ist es nicht einmal erstaun­lich, wenn man aus Brixen hört, daß dort die Edelkastanien wieder anfangen zu blühen. Auch auf unserem Schwarz­wald haben, wie wir in letzter Zeit melden konnten, die sonnigen Herbsttage wahre Wunder in der Pflanzenwelt hervorgezaubert. Jetzt bläst aber auf einmal ein anderer

! Wind, der sehr daran gemahnt, daß der Winter im Be­griffe steht, sein strenges Regiment anzutreten. Nachts giebt's starken Frost und die Temperatur erreicht bei Tag trotz schönstem Sonnenschein nicht die Höhe, daß auf der Winterseite der Reif verschwindet. Die Mahnung erscheint angezeigt: Wer bisher noch versäumt, die warmen Kleider hervorzusuchen, möge es schleunigst thun, denn Erkältungen giebt es gegenwärtig gar zu leicht und die Folge davon sind Katarrhe oft recht langwieriger Art, wenn nicht noch Schlimmeres!

* Altensteig, 21. Okt. Jetzt beginnt die Zeit, wo die Kronen der Obstbäume ausgelichtet werden müssen! Da ist es für Obstbaumbesitzer gewiß wünschenswert, zu erfahren, nach welchen Grundsätzen beim Auslichten verfahren werden muß, damit sie diese Grundsätze auf ihre Arbeit an den Bäumen übertragen können. Derpraktische Ratgeber" stellt folgende 6 Sätze auf: Alle Aeste Weg, die tief herunterhängen! Alle kurzen Aststummel müssen weg! Auch solche Aeste müssen weg, die hungerig und schwächlich sind! Kranke, dürre Aeste müssen sämtlich weg! Ferner muß ein Ast beseitigt werden, der zum allgemeinen Aufbau des Krongerüstes eine falsche Stellung hat, auch wenn er gesund ist! Von Nachbarästen unterdrückte Aeste sind zu beseitigen! Es ist höchst lehrreich, wie derpraktische Ratgeber"

diese Grundsätze und Abbildungen erklärt. Wir können Obstbaumbesitzern nur raten, sich die betr. Nummer vom praktischen Ratgeber" im Obst- und Gartenbau anzusehen, sie wird auf Wunsch umsonst zugeschickt vom Geschäftsamt in Frankfurt a. Oder.

*Ich warne Jedermann, meiner Frau etwas zu borgen." So ähnlich lauten die Inserate, in denen irgend ein viel­geprüfter Ehemann warnt, seiner Ehefrau Kredit zu gewähren, da er für nichts aufkomme. Eine solche Pcivatbckanntmachung ist rechtlich insofern bedeutungslos, als sie die Haftung des Mannes für Schulden der Ehefrau, die sich auf den Haus­halt beziehen, nicht beseitigen. Hat die Frau trotz der Warnung zu gewöhnlichen Haushaltungsgeschäften Waren oder Sachen auf Borg entnommen, so muß der Mann der­gleichen Schulden als die seinigen anerkennen. Will er sich dagegen wirklich schützen, muß er die Hilfe des zuständigen Amtsgerichts in Anspruch nehmen, welches dann eine bezüg­liche Bekanntmachung zur Verhütung künftiger Schulden dieser Art erläßt.

* Nordstetten, 18. Nov. In der gestrigen gemein­schaftlichen Sitzung beider bürgerlichen Kollegien wurde endlich die schon längst gewünschte weil als notwendig erkannt und vielfach erörterte Wasserversorgung für den hiesigen verkehrsreichen Ort mit 12 gegen 7 Stimmen beschlossen.

* Rottweil, 18. Nov. (Strafkammer.) Am 23. Juli d. I. führte der Dienstknecht Christian Schwenk in Wittlens­weiler im Aufträge seines Dienstherrn mehrere Hochzeitsgäste in einer Chaise von Wörnersderg nach Wittlensweiler zurück. Statt, wie es seine Pflicht gewesen wäre, sein Augenmerk fortgesetzt auf die vor ihm liegende Fahrbahn zu richten, drehte er sich während der Fahrt einmal um und sprach mit den Insassen der Chaise. Während dieser Zeit wurde die auf der Straße laufende, 71 Jahre alte taubstumme Johanna Hornberger aus Aach, die einen Korb voll Angersen- blätter auf dem Kopfe heimtrug, von der mit 2 Pferden bespannten Chaise erfaßt, zu Boden geschleudert und über­fahren, so daß sie neben mehrfachen Hautabschürfungen eine Wunde am Hinterkopf erlitt, welche eine längere Arbeits­unfähigkeit zur Folge hatte. Die Unachtsamkeit des Schwenk, der die Hornberger erst gewahrte, als die Pferde so nahe bei ihr waren, daß ein Anhalten nicht mehr möglich war, hat den Unfall verschuldet, der leicht so schwere Folgen hätte haben können. Mit Rücksicht hierauf, andererseits aber auf sein gutes Prädikat und den Umstand, daß die Angehörigen der Verunglückten eine so hochbetagte, taub­stumme Person nicht allein hätten auf der Straße gehen lassen sollen, verurteilte das Gericht den Schwenk zu der Geldstrafe von 100 Mark, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Gefängnisstrafe von 14 Tagen zu treten hat. Es ist dieser Fall eine neue ernste Mahnung für Fuhrleute, in Ausübung ihres Berufes alle Vorsicht walten zu lassen.

* Ulm, 17. Nov. Da das Kriegsministerium in Berlin für Ueberlassung des Wallterrains an die Stadt bis zu 41/2 Millionen Mark verlangt, muß die Stadt darauf denken, einen Teil dieser Kaufsumme auf diejenigen Güterbesitzer abzuwälzen, welche in den neuerschlossenen Bauquartieren Grundstücke haben und sich im Falle der Entfestigung einer Wertsteigerung ihres Besitzes um das fünf- und sechsfache zu erfreuen hätten. Zu dieser Heranziehung der Grund­besitzer bedarf die Stadt eines Spezialgesetzes, das von den Ständen zu verabschieden wäre. Ein Entwurf ist der K. Regierung bereits eingereicht und soll von ihr nunmehr bearbeitet und beim Landtag noch in dieser Session ein­gebracht werden.

* (Verschiedenes.) Bei der Heimkehr vom Biber- acher Martinimarkt verlor ein Mann sein Notizbuch mit 300 Mark Inhalt, den Erlös aus seinem Vieh. Ein Hand­werksbursche fand das Geld. Wie er den Namen des recht­mäßigen Eigentümers aus dem Notizbuch erkannt hatte, brachte er das Geld demselben. Durch 20 Mark, ein gutes Nachtessen und freies Nachtquartier wurde der brave Hand­werksbursche belohnt. Bei dem Sattler M. in Crails­heim war ein taubstummer Mann beschäftigt, Seegras in einem Apparat zu filtrieren. Dieser setzte die Maschine in Bewegung, während ein anderer das Gas einließ. In einem unbewachten Augenblicke nahm das 8 Jahre alte Söhnchen eines Bahnbediensteten eine Hand voll Gras und wollte es auch hineinschieben, brachte aber die rechte Hand zu nahe an die Walze, wobei die Hand schrecklich zugerichtet wurde. Inwieweit die Hand des unglücklichen Kindes wieder her­gestellt werden kann, bleibt abzuwarten. Dieser Vorfall mahnt wieder, Kinder von Maschinen fernzuhalten. In Feuerbach erschoß sich der verheiratete frühere Stein­brecher Bofinger in seiner Wohnung. Der Grund zu dieser