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Dienstag, 1. November

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j 1898.

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Aus den Hannen"

entgegen.

Seine Majestät der König haben durch Allerhöchste Ordre vom 29. v. Mts. den Erbprinzen Friedrich zu Wied, Durchlaucht, Allergnädigst zum Sekondelieutenant zu ernennen und L I» suits des Dragoner-Regi­ments König Nr. 26 zu stellen geruht.

T«rse»pslitik.

Das deutsche Kaiserpaar hat den Boden Palästinas betreten. Welche Empfindungen mögen den ernsten Sinn des Kaisers und das fromme Gemüt der Kaiserin bewegen bei dem Gedanken, an denselben Stätten zu wandeln, über die einst der Erlöser der Menschheit schritt? Es dürfte unsere Leser interessieren, etwas Näheres darüber zu er­fahren, wie es in Palästina aussieht. Haifa sowohl, wo der Kaiser landete, als auch Cäsarea und Jaffa werden irl Reisebriefen, die die Köln. Ztg. aus Palästina erhält, an­schaulich geschildert. Lang gedehnt zieht sich Haifa über den sandigen Südstcand deS Busens von Akka, dessen viel- umstürmte Werke als Ruinen an der andern Seite aufragen. Gegen Osten bildet ein Palmenhain den Abschluß, den der Nähr el Mukatta, der alte Kison durchströmt. Nordwest­lich haben die Templer, württembergische Volksgenossen, die vor 30 Jahren religiöse Ueberzeugung in das heilige Land führte, sich eine Kolonie geschaffen. Ihre schönen, rotge­deckten Häuser hinter Vorgärten an den breiten von Baum­reihen begleiteten Straßen muten wie ein Stück der Heimat an. Die schwäbische Eigenart in Sprache und Sitte haben die Templer sich in der Fremde bewahrt. Die Zahl blonder Kinder, die ihre Spiele am Meere und in den Gassen treiben, ist ein Beweis dafür, daß sie dem Klima nicht erliegen. Harte, mühevolle Arbeit hat es gekostet, bis sich die Kolonie soweit entwickelte. Doch die wohlangebauten Felder und die Weingärten, die den Berg hinaussteigen, beweisen die Tüchtigkeit und den Erfolg. Hoch oben auf dem Karmel erheben sich noch das Luftkurhaus, ein Hotel und andere Wohnungen von Deutschen, die auch den guten Weg zum Karmel gebaut haben. Wie zierliches Kinderspiel nehmen sich von dort die sauberen Häuser der Templer aus, während in der alten Stadt die Gebäude nach orientalischer Sitte sich eng zusammenballen, um Schutz gegen die Sonne zu finden. Unter den Eingeborenen ist durch die Schwaben die Kenntnis des Deutschen nichts Seltenes geworden, man hört die Kutscher in ihrer Mundart schimpfen und schellen und sogar mit den Pferden sprechen. Der nördliche Teil der Küste des eigentlichen Palästinas zieht ohne jede Glieder­ung durch Buchten, Vorgebirge und Inseln mehr als zehn deutsche Meilen von Haifa bis Jaffa. Im Altertum und zur Zeit der Kreuzzüge herrschte an einzelnen Stellen regeres Leben. Jetzt sind elende Fellachendörfer die einzigen mensch­lichen Ansiedelungen am Gestade. Dieses wird wiederholt auf lange Strecken von weißschimmernden Dünen begleitet, die der Wind nach dem Innern treibt. Seit dem Frühjahr sind Tausende von Arbeitern beschäftigt, für den hohen Be­such die Wege zu bahnen. Die notwendigen Mittel wurden allmählich angewiesen. Die Strecken wurden an Unternehmer stückweise vergeben, soweit es nicht möglich war, die Be­völkerung zur Frohnarbeit heranzuziehen. Es gab weder Schubkarren noch Schaufeln, noch Erdstampfer. Walzen zum Glätten der aufgeschütteten Steine und Erdmassen mußten von fernher geschafft werden. Als sie endlich da waren, fehlte es an Pferden zur Bespannung, fehlte das Geschirr, und nicht einmal ein Schmied fand sich auf Meilen. In einzelnen Abschnitten mußte man Erde, in anderen Steine mühsam auf große Entfernungen herbeischaffen. Frauen trugen sie in Körben oder den zu mannigfachen Zwecken von den Orientalen benutzten Blechgefässen des russischen Petroleums, die auch neben den weitbauchigen Krügen zur Wasserbeförderung angewandt werden. Auf diese Weise sind über 100 Kilometer fahrbaren Wegs und an 30 Brücken hergestellt worden.

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Während Deutschland mit großer Genugthuung wahr­nimmt, daß seit dem Besuche des deutschen Kaisers in Konstantinopel der Deutsche in den Augen der Türken be­deutend an Wert gestiegen ist, ja man darf sagen, dessen aufrichtige Freundschaft und Zuneigung gewonnen hat, können es sich französische, englische und russische Blätter nicht ver­sagen, teilweise mit recht bitterem Hasse die Erfolge der Deutschen zu betrachten. Denn einen großen Erfolg be­deutet der Besuch des deutschen Kaiserpaares in Konstanti­nopel sür uns Deutsche unzweifelhaft, wenn auch nur auf

handelspolitischem Gebiet, denn deutsche Kaufleute und Industrielle werden iw ganzen Reich der Muselmanen von allen Geschäftsleuten mit offenen Armen empfangen, während das Vorgehen der vier Kretamächte gegen die Türken einen weniger erfreulichen Eindruck aus die ganze türk. Bevölkerung gemacht haben dürfte.

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Die parlamentarischen Verhandlungen in Wien wie in Budapest sind gleich unerquicklich und bieten auch nicht den geringsten Hoffnungsschimmer, daß auf gesetzmäßigem Wege der so dringend erforderliche Ausgleich zu Stande kommt. Wie in Wien, so rechnet man jetzt auch in Buda­pest daher mit der alsbaldigen Auflösung des Parlaments und der Erledigung der Staatsfragen auf dem Wege des Dekrets unter Zugrundelegung des berühmten Z 14 der Verfassung. In Wien lassen weder die Deutschen noch ihre Gegner, die Tschechen, einen Zweifel daran, daß sie unter den obwaltenden Verhältnissen nicht nur keinen Wert auf die parlamentarische Erledigung der Geschäfte legen, sondern eine solche direkt zu verhindern beflissen seien. Nur die katholische Bolkspartei, die nicht der deutschen Gemein­bürgschaft angehört, bezeichnet es noch immer als ihre vor­nehmste Aufgabe, für den kulturellen Fortschritt und die Machtstellung der Gesamtmonarchie jederzeit einzustehen und zu diesem Zwecke religiöse, politische, wissenschaftliche und nationale Interessen der Königreiche und Länder unabhängig von ver Regierung nach jeder Richtung hin wahrzunehmen und zu fördern und zu diesem Ende die Regierung zu unter­stützen, soweit sie es mit ihren Aufgaben vereinbaren könne. Leider reicht der Einfluß dieser Partei zur Erreichung des jedenfalls erstrebenswerten Zieles bei weitem nicht aus. so daß die aufreibenden Kämpfe für absehbare Zeit kein Ende finden werden.

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Der große Philosoph Schopenhauer behauptete, daß Eigennutz aus jeder menschlichen Handlung zu ziehen sei, wie Luft aus jedem Körper. Auch der russische Abrüstungs­vorschlag soll keine Ausnahme machen; der gewöhnlichste Eigennutz wird als seine Ursache bezeichnet. Kürzlich war der russische Finanzminister Wrtte in Berlin und Paris. Er versuchte, eine große Anleihe einzuleiten. Da aber die Welt gegenwärtig recht kriegerisch gestimmt ist, so daß große Anleihen zu Zwecken, die anscheinend nicht nur dem Frieden dienen, schwer zu machen sind, so sang inzwischen der Zar das Lied vom Frieden und sein Kanzler Murawrew besuchte die Höfe, um die Stimmung bezüglich der Abrüstung zu sondieren. Das Friedenslied sollte denfaulen Westen" mild und freigebig stimmen, und es sollte die Hast der kriegerischen Rüstungen Europas hemmen, denn Rußland kommt nicht mehr mit; seine Mittel langen nicht aus, um den großen Anforderungen des Krieges und des Friedens zugleich zu genügen. Im Etat für 1898 sind für Heer und Marine in Rußland nahezu 296 Millionen Rubel aus­geworfen. Der Etat für 1899 wird noch dickleibiger, zumal da das Marinebudget ständig wächst, wie es schon in den

letzten acht Jahren sich verdoppelt hat.

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Die Verluste der a m er ik a n is ch e n Marine während des spanisch-amerikanischen Krieges sind in der That winzig gewesen. Ihr Verlust belief sich im ganzen auf 16 Tote und 74 Verwundete. In der Schlacht bei Manila hatten die Amerikaner nicht einen Toten, während alle 9 Ver­wundeten schon in den nächsten Tagen wieder Dienst thun konnten. In der Seeschlacht bei San Jago wurde ein Amerikaner getötet, während die 11 Verwundeten schon jetzt wieder im Dienst sind. Beim Angriff auf die Forts von San Jago wurde ein amerikanischer Seemann getötet und 11 verwundet. Davon stehen 7 wieder auf ihrem Posten. Bel Guantanamo wurden 6 Seeleute getötet und 16 ver­wundet, von den letzteren sind 9 wieder im Dienst. Bei dem Angriff auf die Forts von Cienfuegos wurde 1 Mann getötet und 11 verwundet. 9 sind wieder im Dienst und einer ist seitdem seinen Wunden erlegen. Eine schärfere Kritik der spanischen Kriegsführung ist kaum denkbar.

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-n. Ebhausen, 30. Okt. Wegen des gegenwärtigen niedrigen Wasserstands der Nagold infolge der seit einem Vierteljahr anhaltenden Regenlosigkeit und der durch die Stauungen des Wassers in den Floßstuben verursachten Störungen und Unterbrechungen in seinem Fabrikbetrieb, be­absichtigt Hr. Fabrikant Schickhardt hier, um seinen er­weiterten Geschäftsumfang mit Erfolg fortsetzen zu können, in nächster Zeit einen Hilfsmotor mit ca. 30 Pferdekräften neben der Wasserkraft seiner Fabrik ausstellrn zu lassen.

* Rottweil, 28. Okt. Die bei der Gewerbebank

Tuttlingen vor mehreren Jahren vorgekommenen Unregel' Mäßigkeiten, durch welche die Genossenschaft so erheblich ge- schädigt wurde, hattett^in den letzten Tagen ein gerichtliches Nachspiel. Wegen Betrugs und Vergehens gegen 8 140 des Gcnossenschaftsgesetzcs vom 1. Mai 1889, welcher lautet: Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats werden, wenn sie absichtlich zum Nachteile der Genossenschaft handeln, mit Gefängnis und zugleich mit Geldstrafe bis zu 3000 Mk. bestraft" hatte sich vor der hiesigen Strafkammer zu ver­antworten der damalige Gewerbebankkassier Kaufmann Wil­helm Elwert in Tuttlingen. Nach zweitägiger Verhandlung, in welcher 17 Zeugen zu vernehmen waren, wurde Elwert der ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen schuldig erklärt und neben einer Geldstrafe von 300 Mk. zu Monat­licher Gefängnisstrafe verurteilt. Als Sachverständige fun­gierten die Herren Handwerkcrbankdirektor Hack von Rott­weil und Verbandsrevisor Sax von Sindelfingen.

* Reutlingen, 29. Oktbr. Am gestrigen Freitag wurde in dem benachbarten Gönningen Schultheiß Ergenzinger von dort, nachdem das Landgericht Tübingen zwei Tage dort war, verhaftet und unter Bedeckung eines Landjägers nach Tübingen abgeführt. Ergenzinger soll sich Unterschlag­ung von amtlichen Geldern zu Schulden kommen lassen haben. Vor seiner Verhaftung hat er in einem Schreiben an das Oberamt Tübingen sein Amt als Ortsvorsteher niedergelegt.

* Stuttgart, 28. Okt. Das Festspiel der württ. Offiziere führte eine bedeutende Zahl auswärtiger Gäste in die jetzt festlich geschmückte Residenz. Der Schauplatz der Spiele war das K. Reithaus, an dessen Schmalseite gegen Norden die Königsloge erbaut wurde. Ihr gegenüber leuch­tete eine aus Glühlämpchen zusamengestellte vielfarbige Krone. Der mächtige Raum zeigte überall festlichen Schmuck und die taghelle Beleuchtung gab ihm ein imponierendes Aussehen. Nach V?7 Uhr erschienen die Majestäten und das Brautpaar samt den zahlreichen fürstlichen Gästen. Bei Eintritt der allerhöchsten und hohen Herrschaften erhob sich das tausendköpfige Publikum und die Musik intonierte die Königshymne. Üm nicht abzufallen gegen den Glanz der Reiterspiele, die vor einem Jahrzehnt anläßlich der Ver­mählung des damaligen Prinzen Wilhelm, jetzigen Königs, mit der Prinzessin Charlotte stattfanden, und die heute noch in der Erinnerung fortleben, mußte da« württ. Offizierkorps seine ganze Kraft aufbieten, damit für sein diesmaliges Unternehmen ein schönes Gelingen gesichert war. Besonderer Preis ist auch den Damen zu zollen, die gewetteifert haben, zu kriegerischer Rauheit und männlicher Kraft die Lieblich­keit weiblicher Grazie zu gesellen. Den Aufführungen lag als leitende Idee zu Grunde, die Entwicklung des württ. Heeres in einer Reihe von Bildern und Episoden darzu- stellrn. Das erste Bild versetzte uns in das Jahr 1638, wo Württemberg seine erste reguläre Truppe in derHerzog!, württembergischen Garde zu Fuß" besaß. Hieran schloß sich derherzoglich wirttembergische Kriegsobrist" von 1658, dargestellt durch den Kommandeur des Dragonerregiments König" von Markloff, der seine Huldigung an das Braut­paar durch einen schwungvollen Prolog zum Ausdruck brachte. Nach diesem Akte sprengte die herzogliche Leibgarde zu Pferd von 1695 in ihren reizenden Uniformen in die Arena. Auf acht Rappenpaaren und Füchsen ritten die Offiziere Quadrille. Nun folgte eine hochinteressante historische Szene: Die Rück­kehr aus den Türkenkriegen und die Rast des Infanterie- Regiments Alt-Württemberg. Die tapferen Schwaben hatten große Beute gemacht: Feldabzeichen, Munition, Kanonen und last not Isast reizende Türkinnen. Auf einer Kanone saß als Gefangene eine OdaliSke und in ihrem Gefolge kamen noch weitere Mitglieder eines Harems. Man war geblendet von der Farbenpracht dieser überaus lebensvoll gestalteten Episode. Kaum waren die funkelnden Augen­sterne der lieblichen Frauen untergegangen, so vernahm man Waffengeklirr und die Kreisdragoner des Regiments Wirtemberg von 1732 rückten an, in ihrer Mitte die Pagen, die ein äsu äs ross aufführten. Die nächste Nummer bildete eines der interessantesten militärischen Schauspiele das man sehen kann: das Herzog!. Wirt. Artilleriecorps von 1760, das eine Spring-Quadrille aufführte und dabei eine geradezu wunderbare Gewandtheit im Uebersetzen bekundete. Ueber das Exerzierreglement zu Beginn unseres Jahrhunderts instruierten uns die Marschübungen des Fuß-Jäger-Bataillons König" von 1808. Eine reizende Abwechslung brachten hierauf die Louis-Jäger, deren kleidsame Uniformen uns immer wieder entzücken, in das Programm durch eine flotte Quadrille. Großen Beifall erntete auch die kgl. württ. reitende Gardebatterie aus dem Jahre 1814 mit einer präzis durchgeführten Fahrquadrille. Nun war es an der Zeit, auch dem lebenden Geschlecht« zu seinem Rechte zu verhelfen und zu diesem Behuf; traten Biloer aus dem großen Jahre