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Dienstag, 18. Kktober

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1898.

Tsrservslitik.

Durch die Veränderung in der obersten Leitung von Kiautfchou sind, wie in einem Berliner Blatt bemerkt wird, zum mindesten teilweise gewisse Klagen als berechtigt an­erkannt, die seit einiger Zeit in der Presse laut geworden waren, deren Begründung sich aber nicht beurteilen ließ. Es wurde insbesondere darüber Beschwerde geführt, daß der wirtschaftlichen Nutzbarmachung von Kiautschou, die doch der Zweck der Erwerbung dieses Gebietes sein mußte, die größten Hindernisse in den Weg gelegt würden; den Deutschen, die dort Land erwerben wollten, sei dies mit der Begründung abgeschlagen worden, daß erst das ganze Gebiet vermessen werden müsse; aus demselben Grunde sei sogar die not­wendige Errichtung eines Hotels, die zwei Deutsche beab­sichtigen, verhindert worden; die Benutzung des Hafens sei verboten worden, weil die Zollverhältnisse noch nicht end- giltig geregelt sind u.s.w. Anderseits wurde über mangelhafte Unterbringung und Ausrüstung der deutschen Soldaten geklagt. Dem Kapitän Rosendahl ist auch von Berichterstattern, die derartige Beschwerden Wiedergaben, guter Wille nachgerühmt worden; eS scheint aber, daß er fast gar keine Erfahrung in ostasiatischen Dingen batte, wohl auch sonst seiner Per­sönlichkeit nach nicht ganz geeignet war, indem er seine Aufgabe zu soldatisch anfaßte. Daß man in Berlin mit seinem Verfahren nicht ganz einverstanden war, schien schon daraus hervorzugehen, daß die ziemlich scharf gehaltenen Berichte des Berichterstatters derFrankfurter Zeitung"

von offiziöser Seite sehr wohlwollend beurteilt wurden.

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Im R uhr gebiet scheinen schwere Kämpfe zu drohen. Die Bergleute wollen streiken. Sie verlangen nicht nur höheren Lohn, sondern auch die Einführung von Arbeiter­inspektoren, die die Sicherheitsvorrichtungen kontrollieren sollen. Diese sollen, wie die letzten großen Unfälle beweisen, sehr mangelhaft sein. Die Grubenbesitzer sind jedoch fest ent­schlossen, diese Forderung abzulehnen. Ein Ausstand der Bergarbeiter soll mit einer Betriebseinschränkung auf den Zechen und einer Herabsetzung der Löhne beantwortet werden. In der Bevölkerung des Jndustriebezirks ist man allgemein der Ansicht, daß man einer bewegten Zeit ent- gegengeht, da man die durch die jüngsten großen Gruben­unfälle gesteigerte Unzufriedenheit der Arbeiter kennt. Durch die Einführung von Arbeiterinspektoren könnte die erbitterte Stimmung leicht gemildert werden, denn tatsächlich tritt

die Lohnfrage bei den meisten unter ihnen hinter die Frage der Grubenkontrolle weit zurück.

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Wie der .Süddeutschen Reichskorrespondenz' mitgeteilt wird, ist die Novelle zum Jnvaliditäts- und Altersversiche­rungsgesetz sertiggestellt und wird in allernächster Zeit dem Bundesrate zugehen. Das Gesetz soll einen wesentlichen organisatorischen Fortschritt zum Besten der Arbeiterbevöl­kerung enthalten und den Beweis liefern, daßvon einem Stillstände der Arbeiterfürsorge im Reiche nicht die Rede sein kann."

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Frankreich liegt in nervösen Zuckungen. Der große Arbeiterstreik, der angekündigt war, ist säst schon ganz be­endet, ohne daß er allzugroßen Umfang angenommen hätte, und auch der beschlossene Bahnarbeiterstreik, der leicht ver­hängnisvoll hätte werden können, scheint in den Windeln er­stickt worden zu sein. Zur schnellen Beilegung des Streiks hat zweifellos die Ueberlegung bei den Arbeitern beigetragen, daß die nach Paris gezogenen Truppenmassen, wenn sie überhaupt zur Verwendung kämen, nicht nur die streikende Arbeiterschaft bekämpfen, sondern da es nun ein Auf­waschen ist auch der Republik den Garaus machen würden. Die Generalstäbler, -oder doch wenigstens ein Teil von ihnen, sind unmutig, daß ihnen die Arbeiter keine Veranlassung zum Einschreiten geben und daraus sind denn allerlei be­unruhigende Gerüchte entstanden, deren Richtigkeit nicht kon­trolliert werden kann. Die .Köln. Ztg.' berichtet, die französische Regierung sei nicht nur zu der Ueberzeugung, sondern auch zu den Beweisen gelangt, daß ein militärischer Gewaltakt im Werke sei. Am 15. ds. früh sollte er aus- gesührt werden. Diesmal ist durch den Zufall und durch Benachrichtigung die französische Regierung einer vorhandenen Gefahr entgangen.

L«rn-esir«rehitiehteir.

* Alten steig, 17. Okt. Zum Andenken an den FriedensschlußvomJahr1871 wurde hier auf dem untern Markt­platz eine Linde gepflanzt und ihr der NameFriedenslinde" gegeben. Der Baum, welcher ein schönes Wachstum hatte, stand jedoch schon nach einigen Jahren ab, wie es heißt infolge Beschädigung durch Menschenhand. Es wurde eine zweite Linde gepflanzt, aber auch über ihr schwebte kein günstiger Stern. Während der Zeit von etwa 24 Jahren

batte sie sich zu einem stattlichen Baum mit wohlgesormter Krone entfaltet, zu einer wirklichen Zierde des Marktplatzes. Im Laufe des Sommers 1897 ließ nun der Baum plötzlich die Blätter hängen und starb leider zusehends ab. Eme vorgenommene kräftige Düngung hatte keinen Erfolg und in diesem Frühjahr entwickelten sich keine Triebe mehr. Letzte Woche verrichtete nun die Axt des Baumfällers die letzte Arbeit. Auch diesmal besteht begründeter Verdacht, daß der Baum durch menschlichen Einfluß zum Absterben ge­bracht wurde, man neigt zu der Ansicht, daß über die Wurzeln siedendes Wasser gegossen wurde. Bedauerlicher­weise hat man aber von dem Thäter noch keine Spur, um ihm die wohlverdiente Strafe zudiktieren lassen zu können. Doch ein Sprichwort heißt:Nichts ist so fein gesponnen, es kommt doch endlich an die Sonnen." Hoffentlich bewahr­heitet sich dieses Sprichwort auch noch dem Baumfrevler gegenüber.

* Nagold. ZurNotiz fürZapfensammler! (Einges.) Nach allgemeiner Wahrnehmung wird der Rot­tannensamen Heuer später reif, als in andern Jahren. Es liegt also im eigenen Interesse der Zapfensammler wie auch der Samenhandlungen, die Zapfen Heuer nicht vor 1. Novbr. zu brechen beziehungsweise brechen zu lassen, da Samen aus unreifen Zapfen ein schlechtes Saatgut liefert, und daher für die Forstverwaltung unannehmbar ist.

* Stuttgart, 15. Okt. Zur Vermählung der Prin­zessin Pauline mit dem Erbprinzen v. Wied sind folgende Veranstaltungen vorgesehen: Am 26. Okt. um 7 Uhr: Familientasel im Speisesaal des K. Residenzschlosses und gleichzeitig Marschallstafel in den unteren Fcescozimmern; am 27.: Mittags 12^ Uhr Familienfrühstück und Mar- schallstafcl ebendaselbst, i Vr Uhr Ovation des Stuttgarter Liederkranzes, 6 Uhr große Tafel, 71/2 Uhr Festtheater (1 AktEvangelimann" und BalletVergißmeinnicht"), später Cercle im Sommersaal, am 28.: 1 Uhr Familien­frühstück und Marschalltafel, 6*/? Uhr Festausschuß des württembergischen Offizierskorps im Leibreithaus, Souper. Am 29.: Um 12Va Uhr im Wilhelmspalais Ziviltrauung durch den Minister des K. Hauses, 1 Uhr kirchliche Ein­segnung im alten Marmorsaal des Residenzschlosses und Hochzeitsmahl im weißen Saale. Zu den Festlichkeiten der Prinzessin Pauline und Olga sind von Fürstlichkeiten außer den hier lebenden, die Eltern und Brüder des Bräutigams geladen: Die beiden Königinnen von Holland, das groß-

Spettermis Luftfahrt mit der Wega.

Einer der Begleiter Spelterinis giebt in derNeuen Züricher Ztg." folgende Beschreibung der bekannten Fahrt:

Ein tiefblauer, sonniger Himmel lachte am Morgen des 3. Oktober über Sitten. Dumpf dröhnten vom Arsenal her Kanonenschüsse. Ein weithin schallendes Zeichen, daß der Aufstieg der Wega stattfinden werde. Tausende von Personen, Städter und Landbevölkerung, drängten sich zur Place d'Armes. Auf den Dächern, an Telegraphenstangen, auf den Bäumen der Promenade La Plantade, überall wurde es lebendig. Rasch und glatt wurden die letzten Vorbereit­ungen mit militärischer Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit für den Ausstieg erledigt, mein Thermometer außerhalb der Gondel befestigt und der Weidenkorb mit unseren kostbaren Instrumenten an Rolle und Seil hochgezogen.

Das Kommando zum Einsteigen ertönt. Der letzte, der mir die Hand kräftig schüttelt, ist Professor Hergesell- Straßburg.O, wie beneide ich Sie, um diese herrliche Fahrt!" ruft er mir zu für mich eine tröstliche Beruhig­ung. Professor Forel, der unermüdliche Helfer, umarmt und küßt seinen Freund Heim, Professor Riedmatten, eine ehrwürdige Patriarchengestalt, steht mit unserem langjährigen, treuen Beobachter Bührer aus Clärens dicht vor der Gondel und reicht uns zum Abschied ein Körbchen süßer Weintrauben herein. Im Korbe werden mit den photographischen Apparaten rasch noch die beiden registrierenden Barographen unter­gebracht, das große Quecksilberbarometer aufgehängt. 10 Uhr 45 Min. Die Gondel ist frei und wird noch mit der Hand von 10 Mann gehalten. Zum letztenmal drückt man sich die Hände, es ist ein feierlicher Augenblick, der auf die zahl­reiche Zuschauermenge einen tiefernsten Eindruck macht es ist still wie in einer Kirche.ULvüsL tont!" schallt der Befehl des Aeronaut-Ingenieurs Smcouff, welcher mit Spel- terini die Vorbereitungen leitete. Langsam sinkt die Mutter Erde unter uns zurück, tausendstimmige Zurufe dringen zu uns herauf. Unser Chef Spelterini, in voller Uniform und weißer Mütze, grüßt mit verbindlichem Lächeln nach allen Seiten.

Klapp, klapp tönt es neben mir. Unser liebens­würdiger Reisebegleiter, Dr. Biedermann, hat bereits eine

Reihe von Bildern auf der lichtempfindenden Platte fest­gehalten.Höher! zwei Säcke Ballast aus," ruft Spelterini. Nochmals zwei. Noch mehr!" Wir steigen langsam auf 1500, dann 2000 Meter. Welch' wunderbare Pracht! Keiner von uns ist eines Wortes fähig. Unter uns liegt das ganze herrliche Rhonethal, die flankierenden Höhenzüge sind stellenweise in wundervoller Klarheit sichtbar, weiter draußen gegen Süden die Savoyerberge in lückenhaftem Wolkenmeer, die tiefblaue Schale des Genfersees grüßt zu uns herauf. Trinkt, o Augen, was die Wimper hält von dem goldenen Ueberfluß der Welt!" Das arme Wort ist nicht imstande, auch nur ein schwaches Spiegelbild zu geben von all der großartigen Schönheit, die sich von Moment zu Moment dem trunkenen Auge entrollt. Nur die rapid fallende Linie des Registrierbarometers läßt die rasch steigende Bewegung des Ballons erkennen, die mit beispielloser Sanftheit, unter völliger Abwesenheit jeglicher Luftbewegung, eine unendlich angenehme Ueberraschung bietet. Die Wega hat fast genau nordwestliche Richtung; 11 Uhr 44 Minuten, der Barometer markiert bereits 4500 Meter Höhe und die Lufttemperatur ist auf10° 0. gesunken; trotzdem durchaus kein Frost­oder Kältegefühl! Senkrecht unter uns liegt der Glacier de Zanfleuron derDiablerets", wieder ein prachtvolles Bild. Weit draußen vor dem Korbrand, an einem eisernen Galgen aufgehängt, surrt friedlich mein Aspirationsthermometer. Es wird mittels eines durch Uhrwerk getriebenen Ventilators einem Dauerstrom der umgebenden Luft ausgesetzt und dient zur Ermittlung der wahren Lufttemperatur. Die Ablesung der Thermometerskala geschieht durch ein kleines Fernrohr, das, sicher am Korbrand befestigt, mir jeden Augenblick den Stand des Quccksilberfadens abzulesen gestattet.

Die Wega fliegt weiter nordostwärts, direkt über den Rocher de Nahe gegen Chatel St. Denis; 12 Uhr 45 Mi­nuten, wir sind schon über Montblance-Höhe und es fängt an kälter zu werden;16 Grad 6. rufe ich Professor Heim zu. Unser guter Kapitän reicht mir ein Gläschen Cognak, sonst mundet er trefflich, aber jetzt schmeckt er unangenehm bitter in dieser Höhe und brennt wie höllisches Feuer in der gänzlich ausgetrockneten Kehle. , Doch höher! Wir über­blicken fast die ganze nördliche Schweiz bis hinaus zum Säntis durch lückenhaftes Wolkenmeer, ein gut Stück über

das letztere ragen Rigi, Pilatus und Säntis hervor. Die Berneroberländer Riesen, Jungfrau, Mönch und Finster- aarhorn sind teilweise in Wolken, aber doch erkennbar. ! Uhr 30 Minuten, 6200 Meter! Wir stehen über Oron, das Thermometer zeigt auf20 Grad 0. und das Baro­meter markiert kaum noch 340 Milimeter Luftdruck. In dieser enormen Höhe treiben wir eine volle Stunde lang da­hin. Ich fühle, daß ich zusehends schwächer werde; zeit­weise befällt mich eine starke Schlafsucht, aus der ich mich energisch ausraffen muß. Leichtes Herzklopfen stellt sich ein, ich fühle einen stechenden Kopfschmerz, die schon stark ver­dünnte Lust fordert gebieterisch ihre Rechte. In Höhen von 5000 bis 6000 Meter ist letztere bereits so verdünnt, daß durch die Atmung nicht mehr die zur Erhaltung des Lebens erforderliche Menge Sauerstoff den Lungen zugeführt werden kann, wie die unglückliche Fahrt des sranz. Ballons Le Zenith am 15. April 1875 gelehrt hat.

Auf dieser Fahrt, bei der eine Höhe von 8000 Meter erreicht wurde, haben zwei der Luftschiffer, Sivel und Crocö- Spinelli, wegen Mangels an Sauerstoff ihr Leben eingebüßt. Es ist deshalb eine unerläßliche Forderung, genügenden Sauerstoff zur Einatmung in so großen Höhen mit hinauf zu nehmen. Mit Sauerstoff gesättigte Lust in kleinen Stoff­ballons für diesen Zweck mitzuführen, wie es bei jener un­glücklichen Hochfahrt des Zenith geschah, ist nicht empfehlens­wert. Vielmehr wurden von der Wega mehrere mit je 500 bis 800 Liter reinen Sauerstoffs gefüllte Stahlflaschen mit­genommen, indenendaskostbareLebensgasauf120Atmosphären komprimiert war; sie wurden uns zuvorkommend von dem bekannten Sauerstoff- und Wasserstoffwerk Luzern zur Ver­fügung gestellt. Das Druckreduktionsventil der Flaschen ge­stattet, den Sauerstoff unter beliebiger Pression bis zu zwei Atmosphären ausströwen zu lassen, worüber ein an dem Ventilgehäuse angebrachtes Manometer Auskunft giebt. Ich setze einen langen Gummischlauch an das Ventil und sauge das belebende Gas in langen, gierigen Zügen in die Lungen. Der lästige Kopfschmerz, das zeitweise leichte Herzklopfen nehmen sofort ab, und ich fühle unmittelbar die erfrischende, belebende Wirkung des Gases auf den geschwächten Körper.

(Schluß folgt.)