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Erscheint Dienstag Donnerstag, SamSiag und Sonntag «rit der GratiS-Beilage .Der SonntagS- G-st.'

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Dienstag, 11. Kktober

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg- I .

reichste Verbreitung. I 1898.

Uebertragen wurde die zweite Schulüelle in Pfalzgrasen- weiler dem Schullehrer Haspel daselbst und tie Schukstelle in Rohrdorf, nachdem Schullehrer Heinz in Bernloch auf sein Ansuchen derselben enthoben worden, dem Schullehrer Hermann in Oeschingen, Bezirks Rottenburg.

H«rrrptr»erf«riiriirlrtirs der evsrirs. Vrrirder.

Die Generalversammlung de« evangelischen Bundes findet gegenwärtig in Magdeburg statt. Prof. Scholz- Berlin sprach über die Ziele des Bundes: Jenseits der Berge sei man fest entschlossen, alles, was lutherisch sei. auszu­rotten bis auf die Wurzel. Schon strecke Rom seine Fühler bis ins Herz Deutschlands, nach der Reichshauptstadt, hinein, in den Vororten Berlins sei eine rührige Propaganda im Gange. Aber der deutsche Protestantismus werde den Mut nicht sinken lassen. Sein Schild und Schutz sei Christus und der evangelische Glaube. (Lebhafter Beifall.) Wir würden es lebhaft begrüßen, wenn auch hinter uns, wie hinter den Katholikentagen, eine geschlossene politische Macht stände, wenn die politischen Parteien zu uns kommen und mit uns arbeiten wollten. So lange werden wir für uns allein stehen und den Kampf mit Rom allein ausfechten. Und wir werden dabei nicht erlahmen. Es steht uns noch ein neuer Kulturkampf bevor, und er wird uns gewappnet finden. Es giebt noch einen kuror tsntouicus und soll man ihn nicht zu lange reizen. Wir rufen es heute hinüber ins andere Lager: Hütet Euch vor Luthers brennendem Zorne. Denkt, es giebt und wird bei uns stets geben eine durch­greifende Selbsthilfe des deutschen Protestantismus! (Stür­mischer langanhaltender Beifall.) Pfarrer Everling-Crefeld sprach über den Crefelder Katholikentag und übte an ihm und seiner Wallfahrt nach Kevelaer scharfe Kritik. Super­intendent Meyer (Zwickau) hält den Hauptvortrag über die Sammlung der Evangelischen. Anknüpfend an die Palästina­fahrt des Kaisers mit den Vertretern evangelischer Kirchen führte er aus: Eine Sammlung thut uns Evangelischen not. Ueberall schiebt sich der Ultramontanismus in den Vorder­grund, und in unserem öffentlichen Leben, auch in der bureau- kratischen Kleinarbeit geschah so vieles für Rom, daß man wähnen konnte, die Spree gehöre zum Stromgebiete des Tibers und nicht der Elbe. (Heiterkeit.) Der Ultramon­tanismus wird national, man rechnet dabei auf Farbenblinde, welche die päpstlichen Farben für Schwarzweißrot ansehen. Man erstrebt vor allem die Rückkehr der Jesuiten und hofft diese durch ein Tauschgeschäft doch noch zu erlangen. Wir Evangelischen müssen es ertragen, daß die Reformation von dem unfehlbaren Lehrer der Christenheit als Pest hingestellt wird, daß man unsere Ehen und Taufen nicht anerkennt, daß

die evangelischen Soldaten der Berliner Militärlazarette den Händen der barmherzigen Schwestern überlassen werden, denen doch mehr als einmal unbarmherzige Proselytenmacherei an Krankenbetten nachgewiesen wurde. Man schmäht uns als einen Verein von Hetzern, aber wenn unser Bund ein Hetz- bund ist. dann ist das deutsche Reich ein Hetzstaat und der­jenige General der beste, der die Festung um des lieben Friedens Willen den Belagerern ausliefert. (Beifall.) Wenn Rom seine Scharen unter das Kommando des Unfehlbaren stellt, so bedeutet das für uns Protestanten den Befehl unseres Herrn, mobil zu machen und um ihn uns zu sammeln. Viel ernste Arbeit auf den Kanzeln, in der Presse, in Versamm­lungen wird erfordert, um unserem Volke das Verständnis für das innerste Wesen des Christentums zu bringen. Unsere akademische Jugend sollte durch Vorlesungen für Hörer aller Fakultäten über Sinn und Kern des Evangeliums unter­richtet werden. Insbesondere muß sich unsere Fürsorge den Arbeitermassen zukehren und die vor ihnen aufgetürmten Hindernisse für den Glauben aus dem Wege räumen. Wir haben ihnen auseinanderzusetzen, daß auch für ihre Bestreb­ungen der Ultramontanismus rötlich wirken muß. Auch für die politischen Parteien, die deutsch denken und das Heil unseres Vaterlandes suchen, erwächst die Pflicht, entschiedene Stellung gegen die päpstlichen Prätorianer auf deutschem Boden, das Zentrum, zu nehmen. Aber wie vieles bleibt hierbei zu wünschen! Niemand wird leugnen können, daß der Kultur­kampf durch die Verhältnisse geboten war, und daß er wieder kommen wird; denn Ultramontanismus und Protestantismus, römisches und deutsches Wesen sind unversöhnliche Gegensätze. Zu einem Bündnis mit dem Zentrum fehlen jeder anderen Partei die Voraussetzungen, und die Nachwelt wird ein hartes Urteil über den Teil des Liberalismus fällen, der den Knappen des Vatikans die Thür zu politischem Einfluß auf­reißen konnte. (Lebhafter Beifall.) In Bezug auf unsere verschiedenen Landeskirchen sagen wir: Mein Vaterland muß größer sein. Aber wenn sich die Evangelischen sammeln, dann wird und muß auch kommen die eine evangelische Kirche deutscher Nation, und dann: Heil dir, mein deutsches Vaterland! (Langanhaltender Beifall.) Wie in früheren Jahren, so wurden auch diesmal der Haupt­versammlung zweiVorlagen unterbreitet. Die erste, vomKonsi- storialratLeuschner(Wanzleben) begründet, erhebt wie der soeben gehörte Vortrag den Ruf zurSammlung und schließt: Die Ge­neralversammlung des Evangelischen Bundes richtet die Auffor­derung andas deutsch-evangelischeVolk, sich mehrals bisher auf dem Grunde des Evangeliums zusammcnzufinden, mehr als bisher im Glauben an Christus und sein erlösendes Heils­werk eine Brudereinheit zu bilden. Diese Einheit ist mög­

lich trotz aller Verschiedenheit. In unserer Mannigfaltigkeit liegt unser Reichtum und unsere Freiheit. Durch brüderliche Einheit werden wir unüberwindlich sein. Die zweite Kund­gebung fordert auf zur Arbeit auf sozialem Gebiete für unser deutsches Volk. Sie wurde vom Hauptpfarrer Rode (Hamburg) begründet unter einem Hinweise auf den gleich­zeitig in Stuttgart tagenden sozialdemokratischen Parteitag und lautet: Weite Kreise der Arbelterbevölkerung stehen in Gefahr, sich zugleich von der evangelischen Kirche und dem nationalen Staatsleben innerlich abzuwenden. Die Generalversammlung des Evangelischen Bunde- richtet an alle deutsch und evangelisch fühlenden Männer die dringende Bitte, unbeirrt durch herrschende Zeitströmungen in dem Streben nicht müde zu werden, diese Kreise von neuem für die Wahrheit des Evangeliums und für echte Vaterlandsliebe zu gewinnen und durch die That zu beweisen, daß die evan­gelische Kirche ein warmes Herz für die sozialen Nöten unseres Volkes hat. Ein Gebet des Superintendenten Trümpelmann und gemeinsamer Gesang schloß en gegen 2 Uhr die Versammlung.

Lsrservstttik.

Ueber große Heeresverstärkungen, welche beabsichtigt sein sollen, berichtet dasWests. Volksbl." Danach sollen die neuen Jnfanterie-Brigaden zur Formation neuer Armee­korps zusammengezogen werden, und zwar von nicht weniger als sechs Armeekorps. Diese Vermehrung der Infanterie würde eine Vermehrung der übrigen Truppengattungen nach sich ziehen. Sodann sei beabsichtigt, unter Mitverwendung der fünften Eskadrons der Kavallerie-Regimenter 23 neue Kavallerie-Regimenter zu bilden. Diese Maßnahme würde bedingen eine Mehreinstellung an Rekruten von 15 000 Mann. Danach würde also die Heeresverstärkung 30 OM bis 40 OM Mann umfassen.

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Prinz Louis Napoleon ist in Paris angekommen. Ist das etwas Bemerkenswertes? Ja, weil er russischer Oberst ist und mit Erlaubnis des Zaren Urlaub nach Frankreich erhielt. Ec ist weit mehr als sein Bruder, der Prinz Viktor. Der einzige Name, der auch heute noch in Frankreich einen Klang hat. ist der Name Napoleon. Man denkt dabei freilich an den ersten und nicht an den dritten; aber weshalb sollte der vierte nicht sein wie der Heros des Namens? Ein Napoleon aus russischen Händen aber würde jedem Fran­zosen wie die Verheißung einer großen Zukunft erscheinen! So verwickelt und unberechenbar liegen die Dinge heute in Frankreich, und das schlimmste ist, daß sich mit Sicherheit Vorhersagen läßt, daß die schließlich« Entscheidung, die Frank-

Wochenrundschau.

Der während letzter Woche in Stuttgart abgehaltene sozialdemokratische Parteitag findet in der gesamten deutschen Presse eine durchweg ungünstige Beurteilung seiner daselbst entfalteten Thätigkeit; nirgends tritt die Befürchtung zu Tage, daß Deutschlands Sozialdemokratie durch energische Kraftentfaltung es soweit bringen könnte, daß ihr auf ein­mal die Macht in den Schoß fiele; einflußreiche politische Zeitungen, die die Sache gewiß nicht oberflächlich beurteilen, können es sich nicht versagen, über demideologischen Gerede einiger Genossinnen"- in mitleidsvollem Lächeln den Stab zu brechen. Schärfere Beurteilung oder vielmehr Verurteilung findet der Umstand, daß auf diesem Parteitage aus der so­genannten Zuchthausvorlage d. h. aus dem vom Kaiser in seiner Oeynhauser Rede angekündigten Gesetzentwurf für die Bestrafung der Streikhetzer soviel Kapital geschlagen wird, während die wichtige Frage der Teilnahme an den preuß. Landtagswahlen an einen Ausschuß verwiesen, also einst­weilen beiseite geschoben wurde. DieZuchthausvorlage" ist aber noch nicht einmal in ihren Grundzügen festgestellt, und überhaupt steht fest, daß in dem angekündigten Gesetz das Koalitionsrecht der Arbeiter nicht einmal irgendwie ge­schmälert, wie viel weniger also aufgehoben werden soll, daß vielmehr nur eine Verschärfung des 8 240 eintreten soll, der die Arbeitgeber in gleichem Maße betrifft wie die Arbeiter. Aber es mußte eben Stoff gesammelt werden, um die Ein­heitsposaune blasen zu können und die durchweg auf dem ganzen Gebiet der Erörterungen grell zu Tage tretenden Meinungsverschiedenheiten in den Hintergrund zu drängen. Hervorragende Genossen wie Vollmar gaben unverhohlen zu erkennen, daß die deutsche Sozialdemokratie nicht die Macht habe und weder ökonomisch noch politisch reif genug sei, die Macht, wenn sie ihr,plötzlich in den Schoß fallen sollte, auch nur einigermaßen festzuhalten." Die Tagesgeschichte nährt sich von alten Resten, von denen der Dreyfusschwindel und die Palastrevolution in Peking mit fast täglich frischer Sauce dem zeitungslesenden Publitum serviert werden. Mit

der Zähigkeit gut gegerbten Rindleders hält der Sultan seine Souveränetätsansprüche auf Kreta aufrecht und wenn die vier Schutzmächte mit ihrem Ultimatum und ihren Droh­ungen gegen den Beherrscher aller Gläubigen Ernst machen wollten, was natürlich niemand glaubt, dann könnte das Programm der Kaiserreise nach Palästina eine recht empfind­liche Störung erleiden. DieHohenzollern" könnte alsdann entweder in das Marmarameer nicht hinein oder wenn die großmächtige Blockade später eintritt, aus demselben nicht wieder heraus und der Besuch unseres Kaisers in Konstan­tinopel müßte entweder ganz unterbleiben oder auf dem Landwege erfolgen. Na, ganz so schlimm wird die Störung wohl nicht werden und es muß auch ertragen werden, daß die dänisch-evangelische Kirchenbehörde zur Kaiserreise keinen Vertreter stellt, diese Unterlassung wird mit dem Hinscheiden der Königin Luise begründet; in Wirklichkeit liegt die Sache wohl so, daß Dänemark auch nicht einmal indirekt dem Deut­schen Reiche den Charakter einerprotestantischen Vormacht" zuerkennen will und daß man in Rußland überhaupt das protestantische Auftreten in Palästina nicht besonders gern sieht. Die Prinzessin Heinrich wird ihrem Gatten in Kiautschou einen Besuch machen; der Kaiser wünscht es, weil der Prinz noch längere Zeit im fernen Osten weilen wird. Der Besuch, den Prinz Heinrich beim Kaiser in Peking ge­macht hat, ist insofern ergebnislos, als dieser Kaiser entweder schon nicht mehr lebt oder doch gänzlich beiseite geschoben ist. Fremdenhatz ist wieder Trumpf in China und die Pächter" mögen sich vorsehen, daß sie ihrer Pacht in Ruhe froh werden. Nicht von China her droht die Hauptgefahr für ihren Besitz, sondernvon der Eifersuchtder Mächte untereinander. Die Pariser Friedenskonferenz zur völligen Herstellung geordneter Beziehungen zwischen Nordamerika und Spanien wickelt ihre Geschäfte sehr langsam ab und obwohl die an der Konferenz teilnehmenden Herren Verschwiegenheit über die Verhandlungen auf Ehrenwort gelobt haben, erfährt man doch mit Bestimmtheit, daß die Amerikaner mit einer Flotten- drmonstration an den spanischen Küsten drohen, falls die

Spanier nicht ihren Ansprüchen auf die Philippinen ent­sagen. Eine solche Kundgebung müßte in Spanien sehr unangenehm empfunden werden; als Erinnerung an seine Flotte hat Spanien nur noch das Meer, auf dem sie geschwommen. Einige alte und unbrauchbare Fahrzeuge, die noch bei den Antillen zurückgeblieben waren, will man an den Meistbietenden der süd- oder mittelamerikanischen Raubstaaten losschlagen. Frankreich hat seinen neuen Thronanwärter in der Person des Prinzen Louis Napoleon. Eigentlich käme diese Rolle seinem älteren Bruder, dem Prinzen Viktor Napoleon, zu aber weder der eine noch der andere dürfte in die Lage kommen, den Thron des Onkels und des Großonkels zu besteigen. Denn wenn es in Frankreich einen antirepublikamschen Krach geben sollte, dann stehen andere der Krippe näher und gründen eine neue Dynastie. Die moralischen Defekte, die die meisten stillen Prätendenten aufzuweisen haben, bilden in Frank­reich kein Hindernis, um die höchste Staffel zu erreichen. Ein Land, das den Wilson-, Panama- und Dreyfusskandal unerschüttert ertragen hat, erträgt unter Umständen auch einen gerichtsnotorischen Fälscher und Meineidigen als Kaiser"; es braucht ja nicht gerade ein Esterhazy zu sein, den Prinz Henry von Orleans öffentlich abgeküßt hat. Nobel, dem die Welt die Wohlthat der Dynamiterfindung verdankt, hat sein Millionenvermögen bekanntlich der all­gemeinen Friedenssache vermacht und die Erbschaftskuratoren haben kein Bedenken getragen, dem Zaren, dem Friedens­apostel xar sxosllönos, zehn Millionen aus der Erbschafts­masse zu Friedenszwecken zur Verfügung zu stellen. Die Baronin Bertha von Suttner, die Verfasserin des Aufrufs Die Waffen nieder!" soll darüber sehr ungehalten sein. Auch Dr. Löwenfeldt in Genf, der nachgewiesen hat, daß der Zar ihm die Idee der Abrüstung verdanke, erhebt An­spruch auf die Nobelschen Millionen. Indessen soll ver­bürgten Nachrichten zufolge die Abrüstungsidee gar nicht so gar neu sein und anderen Nachrichten zufolge wird die Idee auch noch für lange Zeit eben eine Idee bleiben.