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Erscheint Dienstag Donnerstag, LaaiStag und Sonntag mit der GratiS-Beilage »Der SonntagS- Gast."
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1898.
Erste Nummer in diesem Quartal!
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Der nun zu Ende gegangene Sommer war an großen Ereignissen nicht arm. Der Tod Bismarcks, des Zaren Friedenswanifest, die endgiltige Besiegung der Mahdlsten, die Beendigung des spanisch-amerikanischen Krieges, das neue Aufflackern des religiösen Fanatismus aus Kreta, die Ermordung der Kaiserin Elisabeth, die Entthronung des Kaisers von China — eines dieser schwerwiegenden Ereignisse schnitt immer dem kurz vorhergegangenen einen Teil des Interesses ab, das jenes hervorgerusen. Wenn aber die äußeren Anzeichen nicht trügen, wird der Gang der Ereignisse in China einen immer größeren Wellenschlag' Hervorrufen und zu einem heftigen Zusammenprall führen.
Nimmt man an, daß die russische Diplomatie an der Herbeiführung der jetzigen Krise in Peking nicht unschuldig ist, so erscheint der russische Abrüstungsvorschlag in - mindestens eigentümlichem Lichte. Man ist ja bezüglich der Vorgänge im äußersten Osten zumeist auf die englischen Darstellungen angewiesen und da England selbst Partei ist, so muß man die über London kommenden Berichte immer als parteiisch gefärbt ansehen.
Indes beginnt sich das Dunkel, das überden jüngsten Ereignissen schwebt, doch schon einigermaßen zu lichten. Von Wert sind besonders die Aussagen des früheren Beraters des Kaisers, Kang-Yu-Wei, der bei den Engländern sichere Zuflucht gefunden hat. Kang-Yu-Wei kam am 24. d. in Shanghai an Bord des englischen Dampfers „Chung Kiang" an. In Woosung wurde er auf Befehl des Admirals an Bord des englischen Kanonenbootes „Esk" genommen. um ihn vor der Rache Li-Hung-Tschangs zu schützen. Die chinesischen Behörden verlangten die Auslieferung, der Kapitän der „Esk" verweigerte sie. Wie die ,Times' aus Shanghai melden, teilte Kang-Yu-Wei, der nach Hongkong abgereist ist, in einer Unterredung mit, er habe Peking am Dienstag verlassen infolge einer geheimen Warnung durch den Kaiser, der in ihn gedrungen sei, sich zu bemühen, daß er die Unterstützung derjenigen erhalte, die an der Wohlfahrt des Landes ein Interesse hätten. Die Partei der Königin-Mutter sei gebunden durch eine geheime Abmachung mit Rußland. Letzteres habe die Absicht, die herrschende Mantschuherrschaft in China aufrecht zu erhalten. Der Einfluß Li-Hung-Tschangs trete jetzt gegenüber demjenigen Aungtus zurück und werde wahrscheinlich abnehmen. Die Gesundheit des Kaisers sei vorzüglich; derselbe sei für den Fortschritt eingenommen, doch überzeugt, daß es unmöglich
sei, die Opposition ohne Englands Beistand zu unterdrücken. Kang-Yu-Wei fügt hinzu, wenn die Opfer des Staatsstreiches nicht geschützt würden, werde es in Zukunft für jeden Eingeborenen unmöglich sein, die englischen Interessen zu unterstützen.
Ferner wird den .Times' aus Peking bestätigt, Kang- yu-Wei sei geächtet und Tschang-Mu-Huan, der Rivale Li- Hung-Tschangs in Kanton, sei verhaftet worden unter der Anschuldigung, Kang-Yu-Wei beherbergt zu haben, und werde aller seiner Aemter entsetzt werden. Hierdurch wachse die Macht Li-Hung-Tschangs. Die Beamten begrüßten die Rückkehr der Kaiserin-Mutter zur Herrschaft, das Volk dagegen sei gleichgiltig gegen dieselbe. Nach einer Meldung der .Franks. Ztg.' aus Tientsin sind die Gerüchte vom Tode des Kaisers unbegründet. Die Thore Pekings sind wieder geöffnet worden. Die Krise wird russischen Einflüssen zugeschrieben. Li-Hung-Tschang und die russische Partei sind wieder eingesetzt, die englische Partei ist geschlagen und der Kaiser gezwungen worden, dem Throne zu entsagen. Die Londoner .Daily Mail' meldet aus Peking, der Oberste der Palasteunuchen habe erklärt, der Kaiser sei ernstlich erkrankt, sein Ableben nicht unwahrscheinlich.
lieber Maßnahmen Englands gegen die Pekinger Palastrevolution gehen allerhand noch unverbürgte Gerüchte um. Aus Wei-Hai-Wei berichtet .Reuters Büreau': Das britische Kriegsschiff „Centurion" ist plötzlich mit versiegelten Ordres in See gegangen. Man glaubt, es sei auf dem Wege nach Taku und werde von Tschifu aus von sechs weiteren Kriegsschiffen begleitet werden. Man sieht die Lage als sehr ernst an.
Die Russen würden natürlich etwaige ernste Schritte Englands nicht ruhig hinnehmen. Schon meldet sich die „Nowoje Wremja," die in einer Besprechung der von englischer Seite geplanten Flottendemonstration vor Taku sagt, es sei durchaus notwendig, daß Rußland, Frankreich und Deutschland, welche Schiffe in chinesischen Gewässern hätten, darauf achtgeben, was in Taku nach Ankunft des großen englischen Geschwaders passiere. Die „Nowosti" beschränken sich einstweilen darauf, auf den Vorschlag einiger englischer Blätter hinzuweisen, die in China entstandenen Mißhelligkeiten durch unmittelbare Verständigung zwischen Rußland und England beizulegen.
„Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser", so erklärte der Kaiser bei der Eröffnung des neuen Stettiner Hafens. Was der Kaiser damit sagen wollte, dafür glauben wir eine Erklärung in folgenden Ausführungen aus Heinrich von Treitschkes „Politik" geben zu können: „Man kann behaupten, daß eine große Staatsentwicklung ohne das Meer auf die Dauer unmöglich ist. Jeder Staat großen Stiles, der darnach trachtet, auf eigenen Füßen zu stehen, muß eine Küste
haben. Dadurch erst wird er frei. Dies ist so deutlich, daß man ganze Epochen der Geschichte aus diesem einen Verhältnis heraus erklären kann. Der Gegensatz von Polen und Deutschland hat hier seinen Schlüssel. Da die deutsche Kolonisation an der Küste soweit nach Osten gezogen war, das Hinterland aber slavisch blieb, so ergab sich eine Todfeindschaft, die niemand hindern konnte. Polen mußte darnach trachten, die Mündungen seiner Ströme für sich zu gewinnen, die Deutschen ihrerseits konnten das nicht zulasten. Damit war ein geographischer Gegensatz gegeben, der sich gar nicht ändern ließ. Jedes jugendliche, aufstrebende Volk drängt unbarmherzig vorwärts nach der Meeresküste, Sobald die Ungarn den Dualismus durchgesetzt hatten, 1867, war es das erste, daß sie da§ alte Küstenland für sich forderten und von der Schwäche Oesterreichs auch erlangten. So hatte Ungarn seinen Hafen Fiume. In alledem liegt ein Naturdrang. Das Meer wirkt stärkend auf alle Sitten des Volkes ein; bei seefahrenden Nationen kann vollständige Unfreiheit nur ausnahmsweise auskommen. Von der Natur ist Deutschland stiefmütterlich bedacht. Die Ostsee trägt überwiegend den Charakter des Binnenmeeres. DaS kann man erkennen daran, daß die Einwirkung der See auf die anwohnenden Menschen eine sehr geringe ist. Man ahnt ein paar Stunden von der Küste in Pommern gar nicht, daß man an der See ist. Die Nordsee hat in Deutschland die denkbar schlechteste Küste durch die Watten. Das alles ist so ungünstig wie möglich; aber auch hier kann man sehen, wie der Mensch natürliche Hindernisse zu überwinden vermag. Dieses Deutschland mit seiner widerwärtigen Küste ist einst doch die erste Seemacht gewesen und soll es, so
Gott will, wieder werden."
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Eine Aenderung des Submissionswrsens erstrebt die Leipziger Handelskammer durch folgende Reformvorschläge r 1. die Vergebung von Arbeiten und Lieferungen darf nicht an einen Generalunternehmer, sondern nur an sachkundige Fachleute erfolgen. 2. Bei der Ausschreibung die Lose möglichst klein zu bemessen. 3. Personen, die wegen Bankrotts bestraft sind, sind von der Vergebung auszuschließen. 4. Bei der Vergebung von Arbeiten oder Lieferungen sollen eidlich verpflichtete Sachverständige, denen jeder unmittelbare Wettbewerb verboten sein muß, zugezogen werden, falls auffällige Preisnotierungen bei den Angeboten zutage treten werden.
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Fürst Bismarck hat seiner Zeit den berüchtigten Sansibarvertrag aufs schärfste verurteilt. Am 20. März 1891 gab Bismarck gegenüber Moritz Busch seinem Aerger über diese Dummheit des „neuen Kurses" in lebhaften Worten Ausdruck. Der Fürst mißbilligte Caprivis Ostafrika- Politik. „Man hätte" — so sagte er — „Sansibar den Engländern nicht ausliefern sollen; es wäre viel besser ge-
W_ Lefefrrrcht. M
Liebt die Seele viel, so wird sie groß,
Liebt sie wenig nur. so bleibt sie klein,
Liebt sie nicht, so bleibt sie eben nichts.
Liebe nur kann Wachstum ihr verleih'u.
Der treue Dentschik.
Erzählung aus dem Kaukasus v. Oskar Merres.
(Fortsetzung.)
Als die kleine Kolonne in dem ersten erreichten Dorfe cinbu kleinen Halt machte, war der Graf von der Aufregung über die zu erleidende Schmach angegriffener, als von der unmenschlichen Behandlung. Man dachte daran, daß der Gefangene des erhofften Lösegeldes wegen zu schonen sei und gestattete ihm zur Fortsetzung der Reise den Gebrauch eines Pferdes.
So ging es weiter von Dorf zu Dorf. Der Oberst in gedrückter, trüber Stimmung auf dem kleinen, aber sicheren Gebirgspferd, sein Dentschik anscheinend lustig hinter ihm marschierend, die Guitarre auf dem Rücken, und in Pausen den zu beiden Seiten gehenden Begleitern ein lustiges Liedchen vorsingend.
Endlich erreichte man ein tief im Gebirge und im dichtesten Walde verstecktes Dorf, in welchem der Gefangene bis zu seiner erwarteten Auslösung bleiben sollte.
Hier machte die bisherige Behandlung einer grausamen Vorsicht Platz. Der wertvolle Gefangene wurde mit Ketten an Händen und Füßen gefesselt und an einen schweren Eisen- block geschlossen. Der Diener ward weniger hart behandelt; man legte ihm leichtere Ketten an und erlaubte ihm, seinen Herrn zu bedienen.
Dann forderte man den Gefangenen auf, an seine Freunde wegen des Lösegeldes zu schreiben, das auf den
unerhörten Betrag von einer halben Million Silberruk°el festgesetzt wurde.
Der Graf schauderte vor der Habgier dieser wilden Räuber zurück; er hielt seine Person diesem hohen Betrage nicht gleich und eine so hohe Auslösung beschämender und unmöglicher, als den sicheren Tod.
Da der Oberst jedoch drn Seinigen eine Nachricht von sich zu geben wünschte, willigte er anscheinend in das dreiste Verlangen, und verlangte Schreibmaterialien.
Diese erhielt er jedoch nicht so bald. Die Zwischenzeit benutzte man vielmehr, ihn zur Erfüllung der habsüchtigen Absichten recht gefügig zu machen.
Man entzog ihm fast alle Nahrung, nahm ihm die Strohmatte, auf welcher er lag, und daLSattelkissen, dessen er sich als Kopfkissen bediente.
Als endlich der Unterhändler wieder erschien, teilte ihm dieser im Vertrauen mit, daß Schamil befohlen habe, ihn sofort niederzumachen, um die Kosten der Unter- Haltung und Bewachung zu sparen, wenn man an der Grenze die Zahlung des Lösegeldes verweigern oder verzögern wolle.
Alsdann erhielt der Oberst Papier und ein nach tartarischem Gebrauch geschnittenes Rohr als Schreibfeder, und man nahm ihm die Fesseln ab, damit er schreiben könne.
Als dieser Brief fertig war, in dem der Oberst bat, man möge ihn seinem Schicksal überlassen, wurde er dem Befehlshaber iw Dorf übergeben, welcher die Weiterbeförderung an einen russischen Grenzposten übernahm.
Der Gefangene selbst wurde nach Abgang des Briefes etwas menschlicher behandelt. Man beschwerte ihn nur mit einer Kette, die an den rechten Fuß und das rechte Handgelenk befestigt war.
Sein Gefangenwärter war ein Greis von etwa sechzig Jahren, von riesenhafter Körpergestalt und wilden, finsteren Gesichtszügen; er war jähzornig, rachsüchtig und geizig.
Zwei seiner Söhne waren im Kampfe mit dem gefangenen Heerführer gefallen, eine Ursache mehr, die ihm die Bewachung desselben verschafft hatte.
Die Familie dieses Mannes, welcher Ibrahim hieß, bestand aus der Witwe eines seiner getöteten Söhne und derem Kinde, einem Knaben von acht Jahren.
Das Weib war so boshaft und gehässig, wie der Alte. Sie sah in dem Gefangenen nur den Urheber des Todes ihres Mannes.
Der Knabe Mamed wurde dagegen bald freundlich und zutraulich zu dem Grafen. Er nannte ihn seinen „Konak", in der Tschetschenzensprache soviel wie Gastfreund, teilte heimlich seine Butterbiffen mit ihm, und war ihm bald eine Quelle der Erheiterung und Zerstreuung.
Es verflossen jedoch einige Monate, ohne daß von außen eine Botschaft über den Gefangenen einlief. .
Während dieser Zeit hatte sich aber Iwan die Zuneigung der Frau errungen, auch sogar des Alten. Er verstand gut zu kochen, vortrefflichen Kislitsch zu bereiten, und führte in die Häuslichkeit seiner Wirtsleute manche Annehmlichkeit ein.
Um ein sorgloseres Vertrauen zu gewinnen, spielte er den Possenreißer, besonders sah ihn Ibrahim gern Kosak tanzen. Dann nahm er ihm seine Fesseln ab, und Iwan mußte tanzen und immer neue Grimmassen dabei machen. Schließlich erlaubte man ihm, frei im Dorf umher zu gehen, und auch die Kinder freuten sich über seine Possen. Da er tartarisch verstand, lernte er auch bald die Sprache der Eingeborenen.
Der Graf wurde öfters genötigt, mit seinem Dentschik russische Lieder zu singen und sie mit der Guitarre zu begleiten. Er that dies aus Gefälligkeit und Zerstreuung und ahnte dabei nicht, daß die Guitarre dazu beitragen würde ihm seine Freiheit wieder zu verschaffen.
Die beiden Gefangenen machten unzählige Pläne, um