Erscheint Dienstag Donnerstag, Samstag und Sonntag mit der GratiS-Beilage »Der SonntagS- Gast.'
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außerhalb desselben ^ l.10.
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Donnerstag, 15. Septbr.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg- l .
reichste Verbreitung. I 1o"o.
Amtliches«
Die Schulaufsicht im Bezirk 'Nagold ist dem Pfarrer Schott in Altensteig-Dorf übertragen worden.
LMP" In Beuren und Sulz ist die Maul- und Klauenseuche wieder erloschen.
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liegen beute noch folgende ergänzende Berichte vor:
* Genf, 12. Sept. Um 2 Uhr begann die Autopsie der Leiche der Kaiserin Elisabeth, wie sie hier vorgeschrieben ist, nachdem der Kaiser, wie gemeldet, die Erlaubnis hiezu gegeben und zugestimmt hatte, daß ganz nach dem hier geltenden Gesetze verfahren werde. Die Autopsie ergab das überraschende Resultat, daß die Waffe 8,5 om eingedrungen ist und das Herz ganz durchbohrt hat, so daß die Spitze an der andern Seite wieder heraustrat. Es ist den Aerzten deshalb ein Rätsel, wie die Kaiserin noch 60—80 Schritte bis zum Dampfer machen konnte, und sie schreiben dies der ganz besonderen Energie und Willenskraft der Kaiserin zu. Die Wunde ist klein und 4 raw im Querschnitt.
* Genf, 12. Sept. Der Mörder Luccheni schrieb in seiner Gefängniszelle einen Brief, den er an den Direktor des Blattes „Don Marzio" m Neapel richten wollte. Das in sehr schlechtem Italienisch geschriebene Schriftstück erweckt keineswegs die Vorstellung, daß man einem Individuum gegenübersteht, das nicht im Vollbesitz geistiger Fähigkeiten ist, die ironischen Redewendungen bittet Luccheni den Direktor des Blattes, zu widersprechen, daß er ein geborener Verbrecher nach der Theorie Lombrosos, oder die That aus Not begangen sei. Den Schluß des Briefes bilden Redensarten, die zu weiteren Mordthaten aufreizen.
* Genf, 12. Sept. Kaiser Franz Josef übermittelte dem Gesandten Küsstein telegraphisch die Genehmigung zur Obduktion der Leiche der Kaiserin. Die Operation wurde von den Aerzten Gosse, Auguste Reverdin und Megewand, welche von dem Gerichte bestellt wurden, außerdem von den Doktoren Gelay und Mayor vorgenommen. Die Aerzte erklärten, der Tod sei der dreieckigen Wunde zuzuschreiben, welche eine innere Blutung zur Folge hatte. Die kleine, kaum bemerkbare Wunde wurde photographisch ausgenommen. Die Aerzte versicherten, die Kaiserin habe nicht gelitten. Das Aussehen derselben ist unverändert. Später wurde die Leiche einbalsamiert. Die Einsargung, wobei der Bundesrat vertreten sein wird, findet am Mittwoch früh 7 Uhr statt; bis dahin ruht die Leiche auf dem Totenbett.
* Wien, 12. Sept. Die „Neue Freie Presse" bringt eine Darstellung der Schreckensthat nach der Erzählung einer Hofdame der Kaiserin. Nach der Besichtigung Genfs wollte' die Kaiserin am Samstag nach Caux zurückreisen und benutzte den Dampfer, während die Herren des Gefolges mit der Eisenbahn fuhren. Die Kaiserin war in heiterster Laune und begab sich auf den Landungsplatz. Die Hofdame sah wie ein Mann seewärts rasch herankam. In der Nähe der Kaiserin schien er zu straucheln, machte eine Bewegung mit der Hand, wie um sich aufrecht zu erhalten, und lief dann weiter. Die Kaiserin machte eine Bewegung rückwärts und sank zusammen. Auf dem Schiffe sank sie neuerlich zusammen und verlor das Bewußtsein. Beim Lösen der Kleider bemerkte man keine Blutspuren. Die Kaiserin erhob sich und sagte: „Was ist geschehen?" Das waren ihre letzten Worte. Das Schiff kehrte um. Die Kaiserin war immer bewußtlos, ins Hotel gebracht gab sie bald den Geist auf.
* Wien, 12. Sept. Nach den bisher getroffenen Dispositionen wird die Einholung der Leiche der Kaiserin am 15. erfolgen; am 16. findet die Aufbahrung und am 17. d. Mts. die Beisetzung statt.
* Wien, 12. Sept. Kaiser Franz Joseph erträgt den schmerzlichen Verlust mit bewundernswürdiger Stärke und in Ergebenheit. Er hat bis jetzt Schönbrunn nicht verlassen, seine Tochter Erzherzogin Marie Valerie und sein Schwiegersohn Erzherzog Franz Salvator weilten am Sonntag während des größten Teiles des Tages bei ihm. Prinzessin Gisela traf mit ihrem Gemahl dem Prinzen Leopold heute ein. Der Kaiser wohnte mit seinen Töchtern heute früh der Messe in der Schönbrunner Schloßkapelle bei. Gestern that der Kaiser die Aeußerung: „Mein Gottvertrauen verliere ich nicht," und sprach den Wunsch aus. im Laufe dieser Woche die Beichte abzulegen. Der Kaiser teilte tiefergriffen ein Stelle aus dem letzten Briefe der Kaiserin mit, in welchem die Verewigte schrieb, daß sie sich gerade jetzt wohl fühle und sich freue, in den allernächsten Tagen nach Wien zu kommen, um an der Jubiläumsfeier teilzunehmen.
* Berlin, 11.Sept. Die Nachricht von der Ermordung der Kaiserin von Oesterreich wurde hier gestern gegen 7 Uhr
abends bekannt und durch zahllose Extra-Blätter bis in die entlegensten Stadtteile getragen, überall das innigste Mitgefühl mit dem herben Schicksale des befreundeten Kaiserhauses und Empörung über die in ihren Motiven zunächst unfaßbare Mordthat erregend. Beides wird auch in den heutigen Morgenblättern einmütig zum Ausdruck gebracht.
* Berlin, 12. Sept. Der „Reichsanzeiger" schreibt: „Seine Majestät der Kaiser fühlt Sich mit den Fürsten und Freien Städten des Reichs wie mit dem ganzen deutschen Volk in innigster Teilnahme an dem namenlosen Unglück geeint, das über den allverehrten Kaiser Franz Joseph und über die Völker des verbündeten Oesterreich-Ungarn hereingebrochen ist. Mit der tief schmerzlichen Trauer um die ihrem Hohen Gemahl und ihrem Lande so jäh entrissene edle Fürstin aus deutschem Blut verbündet sich die allgemeinste Empörung gegen den feigen Mörder, der den Boden der befreundeten Schweiz durch die fluchwürdigste That des Anarchismus entweihen konnte." — D?r Königliche Hof legt Trauer auf vier Wochen an.
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* Das „Fremdenblatt" giebt bei der Trauerkunde aus Genf dem Schmerz des Landes Ausdruck und zeichnet ein Bild der dahingemordetcn Fürstin: eine deutsche Frau, einfach und schlicht auf der einsamen Höhe einer Gekrönten; in ihrem Hause voll Liebe und Güte; frommen Sinnes, dabei begeistert für alles Reine und Edle; eine Schwärmerin für die ewigen Reize der Natur, wie für die erbebenden Gebilde der Kunst; den größten Dichtern eine fein begreifende Jüngerin; den Armen, den Kranken, den Gebeugten eine unermüdliche Trösterin und Helferin; eine Kaiserin, die es nie versuchte, auf Staatsangelegenheiten jenen Einfluß zu gewinnen, den so manche andere Fürstin anstrebt. Nicht an Geist, nicht an politischem Verständnisse fehlte es ihr, um sich an der Politik zu beteiligen; nur ihre vornehme weibliche Art hielt sie davon ab, sich in die Führung des Reiches zu mengen, sie betrachtete sich auf dem Throne als Genossin des Monarchen, aber nie kam ihr der Gedanke, das Gewicht ihrer Stellung zu Gunsten irgend einer Partei, einer Strömung in die Wagschale zu werfen. Wenn eins Kaiserin im Verfassungsstaate konstitutionell sein soll — sie ist es gewesen. Zum Fanatismus muß sich der Wahnwitz gesellen, ein solches Opfer zu erwählen, um eine solche Frau hinzuschlachten.
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* Die Ermordung der Kaiserin Elisabeth durch einen Italiener ist dem hohen und niedern Pöbel sofort Anlaß, gegen die Italiener im allgemeinen zu Hetzen. In Wien kam es zu Ausschreitungen gegen die Italiener, und in mehreren Gasthäusern mußten sich dieselben fluchtartig gegen die Wut der Menge in Sicherheit bringen. Am Sonntag wiederholten sich die Szenen in verschiedenen Vorstädten. — Was kann das italienische Volk gegen die Schandthaten Einzelner? Schurken wie Luccheni giebt es in jedem Volke; keine Nation ist frei von Anarchisten und Meuchelmördern.
* Wien, 13. Sept. Die „Neue Freie Presse" meldet aus Laibach: Exzesse gegen die Italiener haben solche Ausdehnungen angenommen, daß Militär aufgeboten werden mußte. Zwei Kompagnien besetzten die Ziegeleien in Veltsch, tvo es zu einem blutigen Kampf zwischen Slovenen und Italienern kam. Das Militär stellte die Ruhe wieder her, aber die Situation ist noch bedrohlich.
* Altenfteig, 14. Sept. (Landwirtschaftliches Nachbarrecht). Da die Obstzeit wieder gekommen ist, empfiehlt es sich für die Obstkäufer, ans das bestehende Gesetz betr. das landwirtschaftliche Nachbarrecht zu achten. Es ist nämlich häufig der Fall, daß Bäume, der Stadt oder Privaten gehörend, hart an einer Grenze stehen und mit ihrer Krone zur Hälfte auf fremdes Eigentum hinüberragen. Art. 24 des angeführten Gesetzes sagt: „Die Früchte, welche von einem Baum auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks". In der Anmerkung zu diesem Artikel ist gesagt: „Solange die Früchte nicht vom Baume getrennt sind, sind und bleiben sie Eigentum dessen, dem der Baum gehört (resp. nach dem eventuellen Verkauf: des Obstkäufers). Solange und soweit nun der Nachbar dulden muß, daß die Früchte tragenden Zweige in seinen Luftraum hineinragen, wird er auch dem Eingentümer des Baumes gestatten müssen, die Früchte zu holen, auf welche Weise es ihm eben durch Hinübergreifen in den Luftraum möglich fit. Der Eigentümer des Baumes (oder der Käufer des Obstes) darf den fremden Boden nicht betreten, aber er wird sie mit dem Arme oder mit Werkzeugen holen und auf diese Weise sein Eigentumsrecht ausüben können. Die abfallenden Früchte gehören stets demjenigen, aus dessen Grundstücke dieselben fallen, es sollen dadurch Streitigkeiten wegen des»
Betretens (oder Beschädigens) des fremden Grundstücks vermieden werden.
-ii. Ebhausen, 12. Sept. In der Nacht von gestern auf heute ging ein schweres Gewitter über unsere Gegend. Ein Sturmwind ging nicht; aber fürchterliche Blitze und grollende Donnerschläge erschreckten die Bewohner. In dem Wohn- und Oekonomiegebäude des Schreinermeisters I. G. Hauser schlug der Blitz rin und beschädigte es an mehreren Stellen, zündete aber glücklicherweise nicht; auch ein nahestehender Birnbaum wurde vom Blitz zerspalten. Zur selben Zeit spaltete der Blitz auch eine Tanne im hiesigen Gemeindewald Kliemen zwischen hier und Walddorf.
* Nagold, 12. Septbr. Gestern fand in der Stadtkirche das Bezirksmissionsfest statt. Nach dem von Städt- pfarrer Höckh vorgetragenen Rechenschaftsbericht gingen im abgelaufcnen Rechnungsjahr neben verschiedenen Naturalgaben rund 3500 Mark aus dem Bezirk ein. Missionar Walz sprach über Indien. Ihm folgte Pfarrer Wingert vom Missionshaus in Basel, der über China und Afrika berichtete.
* Erzgrube, 9. Sept. Heute mittag um halb 12
Uhr ereignete sich hier ein schweres Unglück. Zwei Brüder von Spielberg, OA. Nagold, führten Floßholz zu der Wasserstube, welche an der von hier nach Schernbach führenden Straße liegt. Das Holz holten sie im Staatswald Dornstetten zu. Der ältere Bruder hatte zwei Pferde vor seinem Wagen, der jüngere eines, ein schönes, junges Tier; erster» fuhr voraus. Als nun dec jüngere am Schulhaus angekommen war, wollte er sperren, da der Weg von da bis zu seiner Einmündung in die Nagoldthalstraße steil abfällt. Die Sperre versagte aber und der schwergeladene Wagen schoß mit dem Pferde in rasendem Laufe abwärts. Der Fuhrmann konnte sich noch retten, ebenso kam auch der vorausfahrende ältere Bruder mit seinem Fuhrwerk noch ans die Seite, das Roß aber wurde von seiner schweren Last auf einen unten an der Straße stehenden leeren Wagen hinaufgejagt, denselben durch die ungeheure Gewalt des herabsausenden Fuhrwerks über die Strrßenböschung hinabwerfend, wobei zwei starke Randsteine wir Holz zerbrachen. Auch das Pferd fiel über die dort etwa 3V- Meter hohe Straßenmauer hinab und brach den Fuß, so daß es getötet werden mußte. Die zwei Wagen sind vollständig zerbrochen. Sehr zu bedauern sind die beiden fleißigen und sparsamen Brüder, die durch den Unglücksfall ihr wertvollstes Pferd verloren haben. Der Verlust ist um so schwerer, als sie nun im Laufe dieses Sommers um drei Pferde gekommen sind. (Gr.)
* Vom Lande, 11. Sept. Als ein böses Omen für die nächstjährige Obsternte bezeichnen unsere Bauern das Blühen vieler Apfelbäume. Nicht nur einzelne Blütensträußchen, sondern das Blühen des ganzen Baumes kann man hauptsächlich an Linken beobachten.
* Vor dem Schwurgericht Rottweil wurde gegen den 61 Jahre alten Weber und vormaligen Gerichtsvollzieher Johannes Baumgärtner von Altheim, OA. Horb, wegen Amtsunterschlagung und anderer Verbrechen verhandelt. Der Angeklagte ist, nachdem er zuvor viele Jahre hindurch Gemeinderatsmitglied gewesen war, im August 1893 zum Gerichtsvollzieher für die Gemeinde Allheim bestellt und als solcher in Pflichten genommen, wegen gänzlicher Unbrauchbarkeit jedoch im Februar 1897 seines Dienstes wieder enthoben worden. Derselbe hat im Verlaufe seiner Amtsführung in der Zeit vom Januar 1895 bis Anfangs Januar 1897 in sechs Fällen Gelder im Betrag von zus. 60—70 Mk., welche ihm aus Anlaß der Vollziehung von Pfändungsaufträgen behufs der Ablieferung an die die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger von deren Schuldnern übergeben waren, an erstere nicht ausgefolgt, vielmehr bewußt rechtswidrig für sich verwendet und außerdem in 45 Fällen die von ihm aufgenommenen Pfändungsprotokolle der bestehenden Vorschrift zuwider den Schuldnern weder vorgelesen noch zur Einsicht vorgelegt, vielmehr aus Bequemlichkeit die am Schluffe der Protokolle unmittelbar unter dem gedruckten Vermerk „auf Vorlegung zur Durchsicht genehmigt und unterzeichnet" enthaltenen Unterschriften der Schuldner jeweils ohne Vorwissen der letzteren, also fälschlich, selbst angefertigt. Baumgärtnrr wurde deshalb von der Strafkammer Rottweil am 1 A> April d. I. wegen sechs Vergehen der Unterschlagung im Amt und 45 Vergehen der falschen Beurkundung zu der Gefängnisstrafe von ein Jahr und drei Monaten verurteilt. In dem Falle, in welchem sich Baumgärtner nunmehr vor den Geschworenen zu verantworten hatte, handelte es sich um ein Verbrechen der erschwerten Amtsunterschlagung und um ein Verbrechen der gewinnsüchtigen falschen Beurkundung im Amt. Der Angeklagte war im September 1896 von den Rechtsanwälten Dr. Schmal und Schneider in Stuttgart Namens des Viehhändlers Hermann