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Erscheint Dienstag Donnerstag, SamStag und Sonntag rnit der GrattS-Beilage .Der SonntagS- Gast.'
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Sonntag, 11. Septbr.
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Bekanntmachungen aller Art llnden die erfolgreichste Verbreitung.
1898.
Tsrgcspslrtik.
Halbamtlich wird geschrieben, die Ausdehnung der Maul- und Klauenseuche in der Schweiz habe einen solchen Umfang auch in denjenigen Landesteilen angenommen, die an Deutschland grenzen, daß die zunächst in Betracht kommenden Bundesstaaten sich in die Notwendigkeit versetzt sehen dürften, verschärfte Absperrungs-Maßregeln gegen den Viehverkehr mit der Schweiz zu ergreifen.
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Was alles hat man nicht zu Gunsten der Heimlichkeit des Gerichtsverfahrens angeführt? Ehedem sollte es sich von selbst verstehen, daß die Oeffentlichkeit des Verfahrens ausgeschlossen werden müsse, da sie nur der Sensationslust diene und unnötige Aufregung erzeuge. Heutzutage denkt man anders darüber, und namentlich der Fall Dreyfus ist lehrreich. Der ganze Skandal wäre nicht entstanden, wenn das Licht der Oeffentlichkeit in die Winkel und düstern Gänge dieses Lügengebäudes hätte hineinleuchten können. Alles was von Briefen, die aus dem Schreibtische des deutschen Kaisers gestohlen worden seien, was von Photographien der Briese des deutschen Botschafters gefabelt wird, würde dann als Lug und Trug erwiesen worden sein. Das ist der Fluch der Heimlichkeit. Das gilt auch für die Richtersprüche und die Voraussetzungen, aus denen sie beruhen. Und es gilt dies auch nicht nur für Frankreich, sondern für alle Staaten, wo noch Neigung besteht, die Oeffentlichkeit des Verfahrens ohne Not zu beschränken.
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Die französischen Zeitungen bringen die ersten ausführlichen Berichte über die großen Manöver. Aus Chalons wird gemeldet, daß die Truppen zum ersten Mal mit dem neuen 7,5-Zentimeter-Schnellseuergeschütz der Feldarnllerie manöveriert haben. In den Berichten liest man, daß die Militärpolizei strengstens darüber wachte, daß kein Unbefugter den neuen Geschützen zu nahe kam. Das Publikum, d. h. die Schlachtenbummler, wurde in respektvoller Entfernung von den Geschützen gehalten, und die Zeitungen sprechen den frommen Wunsch aus: „Möge dos Geheimnis lange gewahrt bleiben!" Wenn sie wüßten, wie sehr dies ein „frommer Wunsch" ist! Die Deutschen, vor deren neugierigen Blicken das neue Geschütz gewahrt werden soll, brauchen nur die Illustrierte Zeitung vom 1. September zu schauen, da finden sie das „Geheimnis der Franzosen" abgebildet und eingehend beschrieben.
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Zu all den aufregenden Ereignissen dieses Sommers kommt nun auch noch ein blutiger Aufstand aus Kreta, trotz des Schutzes, den vier Großmächte über die Insel ausüben. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er in letzter Reihe hervorgerufen worden durch die herausfordernde und brüske Haltung der englischen Soldaten, wobei es dahingestellt bleibe, ob das Bombardement das nötige und das richtige Mittel war, um die Ruhe wieder herzustellen; wenn daselbst nach englischen Meldungen nur wenige Personen getötet und verwundet wurden, so hätte man wohl auch ohne das große Mittel der Schiffskanonen auskommen können. Zur Zerstörung von Eigentum dürfte es vielleicht ebenso viel beigetragen haben als die Ausschreitungen der Mohamedaner. Daß die Engländer mit dem Bombardieren leicht zur Hand sind, ist eine bekannte Thatsache. Der wirkliche Grund liegt aber offenbar darin, daß die Geduld der Mohamedaner durch die quälerische Politik der noch bei Kreta vertretenen Mächte aufs äußerste angespannt war, so daß es nur eines Anstoßes bedurfte, um die unter der Asche glühende Flamme hoch aufschlagen zu lassen. Denn unter der Herrschaft der Großmächte befindet sich Kreta seit Jahren in einem Zustande, gegen den der unter türkischer Herrschaft noch als Ideal bezeichnet werden konnte.
Ltrir-esiractzirLctzteir.
Altensteig, 10. Sept. Die Wirkungen des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb zeigen sich im Geschäftsverkehr insehr hohem Maße heilsam. In Weimar ist z. B. dieser Tage eine Verurteilung erfolgt, welche für weitere Kreise von Interesse ist. Die Tägl. Nachrichten berichten darüber: Der Geschäftsleiter einer Erfurter Firma wurde vom Landgericht wegen unlauteren Wettbewerbs zu einer Geldstrafe von 300 Mk. verurteilt, weil er vor Ostern ds. Js. durch Inserate und Plakate Konfirmanden-Anzüge zum Preise von 6,50 Mk. angekündigt hatte, deren Qualität zwar diesem Preise entsprach, die aber nicht, wie die Inserate besagten, als solide, gute, haltbare Ware gelten konnten. Es hatte sonach eine Irreführung des Publikums durch wissentliche unwahre Angaben thatsächlicher Natur über die Beschaffenheit und Herstellungsart der Ware stattgefunden, welche Z 4 des Gesetzes unter Strafe stellt. Der Straf
antrag war vom Weimarer Gewerbeverein eingereicht worden. Es mag auch noch ein früherer Fall erwähnt sein, der in einer Stadt des Regierungs-Bezirks Magdeburg spielte. Dort hatte ein Kleiderhändler fertige Buckskin-Hosen für einen ganz niedrigen Preis offeriert, zu welchem es ersichtlich unmöglich war, diesen Stoff zu liefern. Zwei Schneidermeister ließen eine solche Hose kaufen, und es ergab sich, daß der Stoff alles Andere eher war, als Buckskm. Aus den gestellten Strafantrag machte der Angeklagte den Einwand geltend, er habe Sommer-Buckskin gemeint. Das Gericht ließ sich aber nicht darauf ein, was d-r schlaue Geschäftsmann gemeint hatte, es hielt sich daran, was er schwarz auf weiß angekündigt hatte und sprach die Verurteilung aus. Zur Stellung des Strafantrages ist bekanntlich Jeder, der sich durch unlautere Konkurrenzpraktiken geschädigt sieht, berechtigt, er kann auch, außer aus Bestrafung, auf Schadenersatz klagen.
* Nagold, 8. Sept. Durch Oberbaurat Leibbrand fand heute und gestern die Uebrrnahme der neuerbauten Straßen Schietingen-Thalheim und Wildberg-Effringen statt.
* Dornstrtten, 7. S:pt. Am letzten Mittwoch ereignete sich ein sehr bedauerlicher Unglücksfall. Glaser Nestle sen., ein sehr tüchtiger und geachteter Geschäftsmann, war mit dem Anstrich eines Hauses beschäftigt. Infolge eines Fehltritts auf dem Gerüst stürzte er so unglücklich zu Boden, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird.
* Stuttgart, 9. Sept. Bei Oberbürgermeister von Rümelin war die letzte Nacht wieder etwas unruhiger, sonst ist der Zustand unverändert.
* Kirchentellinsfurt, 8. Sept. Der hiesige Ort, der den Zigeunern zu ihrem Aufenthalt ganz besonders geeignet erscheint, wird von ihnen sehr häufig und vielfach auch in großer Anzahl besucht. So erhielten wir auch gestern wieder Einquartierung von ihnen. Heute vormittag zechten sie, hauptsächlich die Frauenzimmer, aufs lustigste, woraus man auf den Bettel ging. Zwei Frauenzimmer kamen zu einer alleinstehenden, älteren Frau (Witwe), deren Haus etwas abgelegen ist. Mit Gewalt rissen sie derselben das Portemonnaie aus der Tasche. Die Frau wehrte sich und schrie um Hilfe, worauf sie von den Zigeunerinnen heftig gewürgt wurde. Während des Ringens, das sich in dem Hausöhrn fortsetzte, stürzten sie die Stiege hinunter, wobei die Bestohlene nicht unbedeutend verletzt wurde. As Nach- barsleute zu Hilfe kamen, entfloh das freche Gesindel mit dem Grlde. Sie bestiegen den iw Thals stehenden Wagen, welcher eilends davon fuhr. Der alsbald benachrichtigte Polizeidiener und der Flurschütze sprangen ihnen nach und konnten sie an der Blaulach verhaften. Während der Fahrt hatten sich die Verfolgten umgeklsidet. Die Einlieferung ans Oberamt erfolgte sofort.
* Ulm, 8. Sept. Die gestern abend versammelten hiesigen Schuhmachcrmeister lehnten mit 26 gegen 20 Stimmen die Errichtung einer Zwangsinnung ab.
* (Verschiedenes.) Die beiden Opfer des bereits
gemeldeten gräßlichen Unglücks in einer Lederfabrik in Back- nang sind beide im Bezirkskcankenhaus, wohin sie verbracht wurden, ihren schweren und qualvollen Verletzungen erlegen. Der eine, Julius Hallwachs von Oppenweiler, hinterläßt eine Witwe mit 4 unmündigen Kindern. Der andere, Wilhelm Scheerer, wollte sich in ein paar Wochen verheiraten. So viel bis jetzt sestgestellt wurde, handelte es sich um einen schlechten Witz des Heizers, der den Arbeitern aus dem Reservekessel „ein bischen warm machen" wollte, aber in der Verwirrung den Hahnen nimmer schließen konnte und so die schreckliche Katastrophe herbeiführte. Bis jetzt befindet er sich noch auf freiem _
* München, 9. Sept. Ein interessanter Brief Ludwig II. von Bayern aus dem Jahr 1883 wird in der „Neuen Bayer. Landeszeitung" veröffentlicht. Dem Könige war mitgeteilt worden, daß die preußische Regierung bereit sei, gegen absprechende Preßäußerungen bezüglich seiner Person einzuschreiten, falls er es wünsche, und daraus schrieb er an eine damals in Berlin wohnhafte hochgestellte Persönlichkeit: „Die gehässigen Auseinandersetzungen der Zeitungen kommen nicht aus meinem Volke. Die mir Haberfeld treiben, wohnen in meiner Hauptstadt. Die Urheber kann aber kein Staatsanwalt fassen und ich will auch keine Majestätsverbrechen schaffen, das bringe ich nicht in Einklang mit meinem 1880- beim Jubiläum meines Hauses gesprochenen Wort: „Freiheit dem Wort!" Solche Prozesse würden auch meine Stellung und Lage nicht verbessern, auch nicht meinen Ruf, von dem ich bescheiden wähne, er werde in Zukunft sich verbessern; die Zeit heilt ja manchen Schaden, vielleicht-auch die Wunden, die man meinem Gefühl und meiner Empfindung geschlagen."
* Chemnitz, 7. Sept. Die gestiegenen Fleischpreise werdenvon der hiesigen Arbeiterbevölkerung derart empfunden,
daß selbst ein politisch farbloses Blatt, das hier erscheint^ dazu bemerkt, bei derartigen Fleischpreisen müsse manche Familie aus üsn Fleischgenuß überhaupt verzichten.
* Berlin, 8. Sept. Aus Kandia wird der „Voss. Ztg." gemeldet: „Heute nacht wurden weitere Häuserviertel in Brand gesteckt. Man befürchtet die Jnbrandsteckung sämtlicher christlichen Häuser, um die Christen zu dauernder Flucht zu zwingen. Die Verluste der Christen erscheinen immer schwerer, bisher über 500 Tote. Die Kriegsschiffe arbeiteten die ganze Nacht hindurch mit Scheinwerfern. Die Lage ist anhaltend äußerst ernst. Wenige der fliehenden Christen retteten mehr als die Kleider, die sie anhaben. Die ganze Familie des englischen Telegraphendirektors Loos wurde teils schwer, teils leicht verwundet, die Magd durch einen Stich in die Brust, der Vater des Direktors durch mehr als zehn Messerstiche. Endlich erscheinende türkische Truppen retteten die Ueberlebenden. Ein Christ, der ins englische Lager fliehen wollte, wurde gräßlich mißhandelt und dann von den Stadtwällen ins Meer geworfen. Das Telegraphenamt mußte gestern abend und die Nacht über seine Arbeit unterbrechen.
* Berlin, 9. Sept. Aus Paris berichtet man dem Kl. Journ., Kriegsminister Zurlinden trage sich, wie mehrere Blätter versichern, schon jetzt mit Rücktrittsgedanken, da er die Revision des Dreysus-Prozsffes für die auswärtige Politik Frankreichs als gefährdet ansehe und da er im Dossier Schriftstücke gesunden haben solle, die den Generalstab in ein so schlechtes Lickt stellen, daß er ein Vorgehen gegen denselben nicht auf sich nehmen wolle.
* Der Voss. Ztg. wird aus London gemeldet, einer New-Iorker Depesche der Evening News zufolge wurde der englische Kolonialminister Chamberlain nach seiner Ankunft in New-Aork von emem Vertreter der Presse gefragt, ob die Meldung über den Abschluß eines englisch-deutschen Bündnisses wahr sei. Der Minister antwortete, er glaube, es sei eine vollendete Thatsache, aber es werde nicht nachteilig für die Union sein.
Airslsi irdisches.
* London, 9. Sept. Die „Times" meldet aus Kandia von gestern: Die Zahl der getöteten Christen wird aus 800 geschätzt. Die Stadt sei durch Baschibozuks und die türkischen Truppen geplündert worden.
* London, 9. Sept. Aus Kandia wird der „Times" gemeldet, alle Berichte stimmten darin überein, daß die türkischen Truppen sich während der Unruhen schändlich benommen haben. Der Pöbel durchlief die Stadt und rief: „Tod den Engländern!" Die geretteten Christen erzählen, die türkischen Soldaten hätten am meisten massakriert, erst Hütten sie ihre Opfer beraubt und dann erschlagen.
* Aus Petersburg meldet man, die Neubewaffnung der russischen Artillerie mit Schnellfeuergeschützen sei beschlossen.
* Die ungeheure Hitze in New-Aork dauert noch fort. Am Montag kamen 169 Todesfälle in Folge Hitzschlages vor.
Handel rrird Verkehr.
-n. Nagold, 9. Sept. Der für den am 24. v. M. ausgefallenen Jahrmarkt eingesügte heutige Viehmarkt war stark befahren, besonders mit Mastochsen, Kühen und Jungvieh. Fremde Viehhändler aus Baden, Hessen und Norddeutschland waren zahlreich am Platze, so daß sich bald ein lebhafter Handel entwickelte. 10 Wagen Vieh wurden per Bahn auswärts befördert. Die Preise für Mastochsen und für Jungvieh gingen in die Höhe. Fast sämtliche zu Markt getriebenen jungen Tiere wurden rasch verkauft. — Stark befahren war auch der Schweinemarkt und machten Händler aus der Pfalz gute Geschäfte, da die Preise in die Höhe gingen. Rasch wurden alle beigeführten Schweine verkauft, Milchschweine das Paar zu 24—36 Mark, Läufer per Paar zu 44—80 Mark.
* Horb, 7. Sept. (Hopfen). Bei Durchführung der Pflücke ergiebt sich jetzt die schon vorher kaum anzuzweifelnde Thatsache, daß der Ertrag wert gegen das Vorjahr zurücksteht. Kleinigkeiten Frühhopfen wurden bereits zu 110 bis 130 Mk. abgegeben.
* Sulz a. N., 8. Sept. Zufuhr zum Viehmarkt: 29 Paar Ochsen, 110 Stück Stiere, 70 Stück Kühe, 117 Stück Kalbeln, 154 Stück Kleinvieh, 1 Farren, 32 Stück Pferde, '254 Schweine. Handel gut, da sehr viele Handelsleute am Platze. Schweine alle verkauft bei guten Preisen. Notiert wurden: 800—1000 Mk. für 1 Paar Ochsen, 460—750 Mk. für 1 Paar Stiere, 180—380 Mk. für 1 Kuh, 190 bis 390 Mk. für 1 Kalbel, 90-190 Mk. für 1 Stück Klein- Vieh, bis zu 280 Mk. für 1 Fohlen, bis zu 32 Mk. für 1 Paar Milchschweine und bis 85 Mk. für 1 Paar Läuferschw eine.
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.