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Erscheint Dienstag Donnerstag, LamSlag and Lrmniirg mit der GratiS-Beilage »Der Sonntags- Gast."
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Donnerstag, 8. Septbr.
Bekanntmachungen aller Art ftnden die erfolgreichste Verbreitung.
1898 .
Amtliches.
Seine Majestät der König haben allergnädigst geruht, am 16. März d. Js. die Errichtung von Telegraphenanstalten in Aichelberg, Oberkollwangen, Würzbach und Zwerenberg zu verfügen. Diese Telegraphenanstalten erhalten Telephonbetrieb und werden am 15. September d. Js. mit beschränktem Tagesdienst für den öffentlichen Verkehr in Betrieb genommen werden. Damit wird ein Unsallmeldedienst verbunden. Die Bestellbezirke bestehen aus folgenden Wohnplätzen: bei Aichelberg OA. Calw aus Hünerberg, Meistern und Rehmühle; bei Oberkollwangen aus Agenbach, Breitenberg. Glasmühle und Weikenmühle; bei Würzbach aus Naislach und Oberreichenbach; bei Zwerenberg OA. Calw aus Gaugenwald, Hornberg OA. Calw und Martinsmoos. Beim unmittelbaren telephonischen Verkehr des Publikums kommt die ermäßigte Gebühr von 25 Pfg. für je 5 Minuten Sprechzeit zur Anwendung zwischen Aichelberg, Oberkollwangen und Zwerenberg unter sich, ferner zwischen Aichelberg, Oberkollwangen und Zwerenberg einerseits, der Telephonanstalt Calw und den ebenfalls mit Telephon betriebenen Telegraphenanstalten in Neubulach, Neuweiler, Teinach (Ort) und Zavelstein andererseits.
fl Die Alsrirövei;
Die großen Manöver haben begonnen. Es ist dabei angesichts des Abrüstungsvorschlages des Kaisers Nikolaus von Rußland interessant, sestzustellen, wie es gekommen ist, daß die Manöver ihren heutigen weiten Umfang angenommen haben. Bekanntlich ist mitgeteilt, der Zar habe geäußert, mit seinem Abrüstungsvorschlag habe er einen Lieblingsge- danken seines Vaters zur Ausführung gebracht. Nun gerade unter, der Regierung Kaiser Alexander's III. sind in Rußland zuerst die kostspieligen Riesenmanöver eingesührt worden, Rußland, das heute die Abrüstung vorschlägt, hat damals die großen Staaten genötigt, Millionen über Millionen alljährlich für diesen sommerlichen Krieg im Frieden auszugeben. Unter Alexander III. war es auch, daß die russischen Garnisonen an der deutschen Grenze so enorm verstärkt wurden und Generale ungestraft von einem Ritt der Kosacken von der Weichsel bis zum Rhein sprachen, wo sie sich in die Arme der französischen Brüder stürzen wollten. Das Ideale des Abrüstungsvorschlages steht eben zu der rauhen Wirklichkeit in ziemlich schroffem Gegensatz.
Den Manövern ist von Jahr zu Jahr ein erhöhter Wert beigelegt worden, besonders unfern deutschen Manövern, denen Sachverständige und Schaulustige aus aller Herren Länder in großer Zahl beiwohnen. Freilich haben die Manöver nur Bedeutung, wenn nicht mit angenommenen Thatsachen, sondern mit den wirklichen Verhältnissen gerechnet wird. Das geschieht nicht überall. Es sollen nur zwei Beispiele angeführt werden. Gei dem ersten russischen Riesenmanöver in der Umgebung von Kiew war das Brot der Soldaten kaum zu genießen, das Heu für die Pferde so schlecht, daß die Tiere es nicht fressen wollten. Es mußte eine Pause gemacht werden, bis bessere Lebensmittel und Fourage zur Stelle waren. Nach beendetem Manöver wurden die Leistungen der Truppen in hohem Maße gelobt, daß aber im Ernstfälle bei der unzureichenden Ernährung ganz andere Resultate einem energischen Feind gegenüber herauskommen mußten, ist selbstredend. Der zweite Fall betrifft ein vor etwa vier Jahren abgehaltenes großes französisches Manöver bei Schalons. Die Franzosen schweigen ja bekanntlich jede ihrer Armee abfällige Kritik tod, aber damals wurden von den Generalen, von welchen der Eine wehr zu sagen haben wollte, wie der Andere, so grobe Schnitzer gemacht, daß im Ernstfälle eine neue Art von Sedan-Kapitulation unvermeidlich gewesen wäre.
Welche schwere Opfer an Geld und an Menschenleben es im Kriegsfälle kostet, sobald nur em Teil der Ausrüst-, ung auf dem Papier steht oder die Ausrüstungsmittel nicht genügende waren, das hat der amerikanisch-spanische Krieg gezeigt. Wochenlang haben in dem ungesunden Klima von Florida die nordamerikanischen Truppen festgelegen, bevor sie die Expedition nach Kuba antreten konnten, und ein jeder Tag hat Millionen verschlungen. Und wie hat es später bei Sanjago im Sanitätswesen gerade am Allernotwendigsten gefehlt ? Die Manöver sollen darum nicht blos die Kriegsbereitschaft annehmen lassen, sie sollen sie beweisen; und gerade darauf wird bei uns das Gewicht gelegt. Es ist eine Zeit der verantwortungsvollsten Arbeit, und der „blaue Brief" läßt nach dem'Manöver selten an derjenigen Stelle lange auf sich warten, wo es gehapert hat.
Das scharfe Auge des obersten deutschen Kriegsherrn folgt den großen Manövern persönlich, seine Anwesenheit ist für jeden Offizier und Soldaten der äußerste Ansporn, das Tüchtigste zu leisten. Auch hier handelt es sich um die
Ehre unserer Armee, deren Schlagfertigkeit und Tapferkeit uns den Frieden zu sichern berufen ist. Wir wünschen gern, daß die Ausgaben, welche diese Fricdensbürgschaft uns verursachen, vermindert werden könnten, aber kann das beispielsweise geschehen, während an unserer Grenze die russischen Truppen so massenhaft konzentriert sind? Es wird daran zu denken sein, daß nicht wir aus eigenem Antriebe unsere Macht stärker und stärker gestalteten, daß im Gegenteil die schwere Rüstung uns von Außen her aufgezwungen worden ist.
Die höchste Schlagfertigkeit ist unser bester Friedensschutz. Und wir wollen aus die tüchtigen Leistungen unserer Regimenter, wie sie sich nun auch an den Manövern zeigen werden, mehr vertrauen, als auf die zwar wünschenswerte, aber leider so ferne Abrüstung. Heute rufen alle idealen Friedensfreunde nach Abrüstung, als sich aber in den letzten zwei Jahren zweimal Gelegenheit bot, einen Krieg nun wirklich zu verhindern, da schwiegen sie sich aus. Thaten beweisen!
T«* *sespstttik.
Gegen die zu vielen Feste wollen die Industriellen des Regierungsbezirks Köln Vorgehen. Welche Folgen die Lustbarkeiten für den Haushalt der Arbeiter haben, soll daraus erhellen, daß der Belegschaft emer einzigen Grube bei Obxrnhausen in diesem Sommer durch unentschuldigte Versäumnisse ein Lohnausfall von 38 400 Mk. erwuchs. Im
selben Sommer fanden 120 Vereinsvergnügen statt.
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Die Vorgänge in Paris können dazu führen, daß der Exkapitän Dreyfus im erneuten Prozeßverfahren von der Anklage des Landesverrates freigesprochen wird. Ob er aus einem neuen Prozeß auch als ein tadelloser Gentleman hervorgehen würde, bleibt abzuwarten; es hat in Paris eine überaus schmutzige Geschichte gespielt, bei welcher zweifellos auch Dreyfus beteiligt gewesen ist insofern, als er geschwiegen hat. Das hat ihm hinterher auch unendlich viel geschadet. Um alles beurteilen zu können, muß man freilich alles wissen, ob aber dies alles jemals bekannt werden wird, bleibt gewaltig die Frage. Eine unheilbare Blamage wird die Pariser Regierung nötigenfalls mit Gewalt zu verhindern wissen, geradeso, wie sie es verstanden hat, im Panamaskandale die vollste Offenheit zu unterdrücken. Es haben sich zu viele Leute die Finger mit Angelegenheiten beschmutzt, die eines Ehrenmannes und Offiziers absolut nicht würdig sind. Und weil dem so ist, weil ihre Eitelkeit einen tötlichen Schlag erfahren würde, werden die Franzosen in der entscheidenden Stunde auch gar nicht verlangen, daß die Klarheit bis zum allerletzten dunklen Winkel gegeben werde. Bei der Beurteilung der ganzen Angelegenheit ist für uns das Wichtigste die grenzenlose Jntriguensucht, die in den hohen Offizierskceisen herrscht. Und diesen Jntriguen ist, wie schon angedeutet, der verurteilte Dreyfus nicht fern geblieben, er ward, als die Dinge zum Klappen kamen, schließlich als die geeignetste Person befunden, den Sündenbock für die andern zu machen. Von den Geheimnissen der wenig auf Ehre haltenden Klique sollte nichts auszeplaudert werden, und darum wurde Dreyfus so untergebracht, daß ihm alles Schwatzen aus der Schule verwehrt wurde. Aber man sollte doch fragen, besteht denn die Aufgabe eines Offizierkorps in so elenden Machinationen? Noch mehr wie Dreyfus weiß Esterhazy, der weiß eben zu viel, hat sich wahrscheinlich auch so vorgesehen, daß seine Verurteilung von anderer Seite her Enthüllungen zeitigen würde, welche eben die stärkste Kraft der Republik, die Armee, tödlich verletzen würden. Darum hat man Esterhazy bisher einfach laufen lassen. Ob man ihn für immer wird lausen lassen können, das muß die Zukunft lehren. In der heutigen Republik Frankreich ist stets mit sehr großem Nachdruck hervorgehoben worden, das Kaisertum des dritten Napoleon sei schon vor Sedan moralisch gerichtet gewesen, die Katastrophe von Sedan wäre nur der äußere Anlaß für seine Beseitigung gewesen. Die jetzige militärische Skandalgeschichte bedeutet aber für die Republik ein Sedan, wie es ärger in moralischer Beziehung kaum gedacht werden kann.
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Es ist kennzeichnend für den politischen Bildungsgrad des russischen Volkes, daß der Abrüstungsvorschlag des Zaren in Rußland selbst — soweit sich bisher beobachten läßt — keineswegs den tiefgehenden Eindruck erzielte, der sich im Auslande fast allenthalben äußerte. In den Hof- und Diplomatenkreisen dreht sich die Konversation allerdings vorwiegend um das Friedensmanifest; auch unter den Offizieren wie den Beamten, namentlich des Kriegs- und Marme- ministeriums, diskutiert man lebhaft über das Zustandekommen und das voraussichtliche Ergebnis der internationalen Konferenz. Die breite Masse des Volkes trägt jedoch der
Botschaft seines Herrschers gegenüber bereits wieder jenes Gefühl stummen, ergebenen Abwartens zur Schau, mit der es die kaiserlichen Erlasse zumeist aufzunehmen pflegt.
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Das „Journal de St. Petersbourg" schreibt: Alle Kundgebungen der ausländischen Presse bezüglich des Rundschreibens vom 24. Aug. beweisen übereinstimmend, mit welcher Sympathie das Vorgehen der russischen Regierung in der gesamten Welt ausgenommen worden ist. Man hat dem edlen und hochherzigen Gedanken, welcher diese große That hervorbrachte, hohe Anerkennung gezollt. Die Einmütigkeit dieser Ausnahme beweist in der schlagendsten Weise, bis zu welchem Grad die Erwägungen, welche dem russischen Vorgehen zur Unterlage dienten, dem innersten Empfinden aller Völker und den teuersten Wünschen derselben entsprechen. Man ist überall zu der Ueberzeugung gekommen, daß die fortgesetzten Rüstungen für alle Völker eine drückende Last sind, und daß sie ein Hemmnis für die Entwickelung der öffentlichen Wohlfahrt bilden. Der glühendste Wunsch der Völker ist, mit Ruhe in die Zukunft blicken und sich friedlicher Arbeit hingeben zu können. Sie sind sich darüber klar geworden, daß das System des gegenwärtigen, bewaffneten Friedens seiner Tendenz nach nichts Friedliches mehr an sich hat, als den Namen, und den Ausschreitungen dieses Systems will der Schritt Rußlands ein Ende machen. ^
* Alten steig, 7. Sept. Ein erschreckendes Ungtim trug sich am Montag nachmittag beim Ausrichten der Turn- Halle zu. Kurz vor 5 Uhr brach die Stütze eines Querbalkens und dieser dann selbst, auf welchem ein Teil der zum Ausschlagen des Dachstocks nötigen Hölzer gelagert waren. Die Hölzer stürzten in die Tiefe und mit ihnen die oben stehenden Zimmerleute, während die untenstehenden rasch Schutz suchten unter den auf steinernen Postamenten lagernden Balken. Trotzdem wurden letztere von den Hölzern teilweise getroffen und schwerer verletzt, als die dem Holz nachgestürzten Leute. Der am schwersten Verletzte. Vater von 12 Kindern, ist Martin Braun, Zimmermann von Spielberg; er hat einen Bruch des Schienbeins Md eine^sWmme Knieverrenkung. Verletzt sind ferner: Johs. Seeger, Zimm er- mann von Hochdorf , mit Verrenkung und Quetschung5es rechten Fußgelenks Joh. Georg Güntner, Taalöbne r von chier. Quetschung im Kreuz und Verrenkung eines Fußgelenks; Johs. Bauer, Z imm-rman n von Spiclbera , Quetschung und Verstauchung des linken Handgelenks, Louis Wochele, Bäcker, Armbruch; Ernst Wochele, schwere Kops- und ArmberletzUtlg. Glücklicherweise bestehst bei keinem der Verletzten eine Gefahr für das Leben und es ist der Unfall den Umständen nach günstig abgelaufen. Wie wir hören, fand heute vormittag seitens des Gerichts eine Untersuchung des Unfalls statt.
* Allen st eig, 7. Sept. Einen gefährlichen Schmuck zeigen bereits die Wiesen: die Herbstzeitlose. So unschuldig das Pflänzchen aussieht, ebenso gefährlich ist es durch seinen großen Gistgehalt. Die Knolle der Pflanze enthält ein sehr giftiges Alkoloid, das Kolchicin und zwar in sehr großen Mengen, welches schon in ganz kleinen Losen genommen, das heftigste Erbrechen tzervorruft. Eine Warnung vor dieser Pflanze ist daher jetzt gerade am Platze. (In Norddeutschland müssen die Wiesenbesitzer die Herbstzeitlose unter Strafandrohung jeden Herbst ausroden.)
* Nagold, 3. Sept. Der Sedantag wurde hier in der seit 25 Jahren üblichen Weise begangen: Festzug der Kinder und Vereine in die Kirche, Festpredigt (Dekan Römer), dann Kinderfest im Stadtgarten mit Rede (Lehrer Blum), Deklamationen, Gesang u. s. w. Abends fand Bankett der Vereine statt.
* Glatten, 3. Sept. Auch am heurigen Sedanstag erhielten wie seit Jahren die hiesigen Veteranen aus der Gemeindekasse ein Geschenk von je 3 Mark. Jeder Werktags- und Kleinkinderschüler erhielt die üblichen 20 Pfg.
* Horb, 5. Sept. In der Gemeinde Altheim ist heute früh zl Uhr ein Brand ausgebrochen. Das Wohn- und Oekonomiegebäude nebst Scheuer des Joseph Gekle, Josephs Sohn, brannte bis auf den Grund nieder. Die Entstehungsursache ist völlig unbekannt. Der Gebäudeschaden beträgt 4000 Mk. und der Mobiliarschaden 7500 Mk. Der Abgebrannte, der in guten ökonomischen Verhältnissen sich befindet, ist versichert, jedoch ungenügend.
* Vom vorjährigen Hagelgebiet im Weinsberger Thal und am Kocher. Wer von irgend einer Seite in das vorjährige Hagelgebiet eintritt, das eine Breite von gegen zwei Stunden und eine Länge von wohl 80 Kilometer beträgt, wird sofort durch den Anblick der vielen ge- flickten Dächer und der Unmasse halbdürrer und dürrer