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Dienstag, 30. August
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1898.
Die erste theologische Dienstprüsung har u. a. mit Erfolg bestanden : Paul Langbein von Enzklösterle.
^ Anreriktts nette weltS-slitik
wird zu einem Faktor werden, mit dem die übrigen Großmächte rechnen müssen. Noch vor dem spanisch-amerikanischen Kriege hätte man nicht nur in der Alten Welt, sondern im neuen Erdteile selbst ungläubig den Kops geschüttelt, wenn jemand behauptet hätte, die heuligen Amerikaner neigten zum „Militarismus." Heute jedoch tritt diese Richtung als ein bedeutsames Anzeichen der künftigen äußern Politik der Ver. Staaten bereits scharf in den Vordergrund. Die bisherigen Grundsätze der Enthaltungspolitik internationalen Verwickelungen gegenüber sind in das gerade Gegenteil umgeschlagen. Das amerikanische Volk ist sich seiner Kraft, die hauptsächlich in seinen fast unerschöpflichen Machtmitteln besteht, bewußt geworden und trägt infolgedessen das Verlangen, im Rate der Völker eine entsprechende Stellung einzunehmen. Nun wird zwar oft eiugeworfen, daß das an ein höheres Maß von persönlicher Freiheit gewöhnte amerikanische Volk der Verbreitung des Reichsgedankens geradezu feindlich gegenüberstehe; dieser Einwurs wird jedoch sosorr entkräftet, wenn wir den überschwenglichen Nationalstolz der heutigen Amerikaner in Betracht ziehen. Im Interesse seiner nationalen Größe unterzieht sich der Amerikaner den weitestgehenden Anforderungen, ja er würde zur Not selbst einen Teil seiner persönlichen Freiheit dem Gemeinwesen opfern.
Seit Beginn des Krieges mit Spanien sind die amerikanischen Zeitungen ganz aus dem Häuschen. Ein Hauptmerkmal des amerikanischen Volkscharakters ist der Größenwahn geworden. Der Amerikaner betrachtet den Einwanderer als einen ungebetenen Gast, als einen Bettler, den die Not von der heimatlichen Scholle vertrieben, und der an den Fleischtöpfen des gelobten Landes seinen Hunger stillen möchte. Bei jeder Gelegenheit kehrt er seine Geringschätzung alles Europäischen heraus. Die Siege über einen macht- und kraftlosen Gegner, der in bezug auf Verteidigung zu Lande und namentlich zur See weit hinter den modernen Anforderungen zurückgeblieben war, verbürgen für „Onkel Sam" dieselben Ergebnisse m einem etwaigen Konflikt mit einer andern Nation. Selbst in fachmännischen Kreisen, von denen doch ein nüchteres, unbefangenes Urteil erwartet werden dürfte, scheint man oft geneigt zu sein, die Großmächte aus die gleiche Stufe mit der Staatsruine aus der iberischen Halbinsel stellen zu wollen. Den Beweis hierfür liefern die eisensresserischen Reden, die gelegentlich im Kongreß erschallen. Nicht einmal der verstorbene General Sheridan konnte den amerikanischen Eigendünkel überwinden, stellte er doch mit einer verblüffenden Ueberzeugungstreue in seinen Denkwürdigkeiten aus dem deutsch-französischen Kriege die Behauptung aus, daß die amerikanische Strategie (deren Mängel der Schlachtlenker Moltke doch genügend dargelegt) weder m dem französischen noch in dem deutschen Generalstab einen Lehrmeister finden könne.
Solche Anschauungen sind natürlich danach angethan, dem Gedanken einer Weltmachtstellung oder gar der Ober
herrschaft zu Wasser und zu Lande reichlich Nahrung zu geben. Man will jenseits des Ozeans fortan Weltpolitlk treiben. Ein Staat, der dazu vermöge seiner Macht im stände ist, darf die Weltereignisse nicht als Gegenstand mehr oder weniger zurückhaltender Beobachtung oder nur gelegentlicher Benutzung betrachten, sondern er muß sie vom Standpunkt seines Interesses verfolgen und bereit sein, sobald es von diesem Stanüpunkt aus ihm erforderlich erscheint, in sie thätig einzugreisen mit dem ganzen Gewicht, nötigenfalls mit dem Einsatz all seiner Kräfte. Ein solcher Staat muß bereit sein, in das politische Verhältnis der andern Staaten zu einander einzugreifen oder wenigstens die internationale politische Lage zu beeinflussen.
Onkel Sam fühlt sich anscheinend allen diesen Notwendigkeiten gewachsen; daher duldet er keine „Einmischung in seine Angelegenheiten", obschon er mit großer Unverfrorenheit sich in die Geschäfte anderer hineindrängt. Auf diese Weise führt sich der „neue Riese unter den Nationen," gestützt auf seinen übrigens lehr jungen Kriegsruhm, in den Rat der Völker ein. Im übrigen pfeift er auf das europäische Konzert. Daß sich ein Volk von angeblich demokratischen Grundsätzen durch eine gewaltthätige Eroberungspolitik einen moralischen Faustschlaa in's Gesicht versetzt, das verursacht jedoch dem praktischen Aankee keine Bedenken. Seine Armee ist sein Abgott. Seine Milizen und Freiwilligen sind in seinen Augen samt und sonders unvergleichliche Helden.
Die europäische Diplomatie wird mit der neuen, sich fühlenden Macht wohl oder übel rechnen müssen, und sie wird dies thun, ohne sie zu unter-, aber auch ohne sie zu überschätzen.
Tagespolitik.
In einem Artikel über Fürst Bismarck's Kolonialpolitik führen die „Hamb. Nachr." aus, daß dieselbe in erster Linie gegen die englische Habsucht gerichtet gewesen sei. „Deshalb erfreute sich auch Bismarck der für ihn sehr ehrenvollen Abneigung der Engländer, denen er, so energievoll wie genial, gezeigt hat, wie man mit England umspringen muß." Das Blatt beklagt die nicht im Sinn Bismarcks gelegene Anerkennung des Protektorats über Zanzibar; das bedeute eine englische Schildwache vor der deutschen Hausthür in Ostafrika; ferner die Bevorrechtuug englischer Gesellschaften in Südwestafrika, dessen Entwicklung durch sie gehemmt werde; ebenso beklagenswert sei die Ueberlassung von Borgu und Gurma an Frankreich, wodurch jede Ausdehnung nach Norden ausgeschlossen und das Hinterland aufgegeben worden sei. Der Artikel schließt: „Mögen wir nie vergessen, daß England dort wie überall, bald offen, versteckt, unser Gegner ist und möge Gott uns vor der Thorheit bewahren, verlockt durch heuchlerische Verheißungen, in dem großen Entscheidungs- kampse zwischen England und Rußland etwa auf Englands Seite zu treten! Wäre England erst von dem russischen Alpdruck befreit, so würde eS sich bald gegen uns wenden und den Dank für die deutsche Hilfe dem vom Kriege erschöpften Reiche in englischer Münze zahlen. Bismarck hatte aus der Geschichte gelernt. Nach Colbert und Napoleon I. war er der einzige, der die englische Politik stets durchschaute.
Am Dienstag sprach auf dem Krefelder Katholikentag Weihbischof Schmitz von Köln: „. . Wenn man heute unsere geistige Befähigung in Zweifel zieht und sich sogar zu der Narrheit versteigt. an unseren Schädeln pathologische Studien vornehmen zu wollen, und über unsere wissenschaftlichen Leistungen ein absprechendes Urteil fällt, so sagen wir, diese Beleidigungen fallen auf ihre Urheber zurück. (Beifall.) Der Glaube berührt unsere geistigen Fähigkeiten nicht. (Stürmischer Beifall.) Ein Windthorst hat treu seinen Rosenkranz gebetet, ein Mallinckrodt ging alle acht Tage zur Beichte und beide sind doch große, geistig bedeutende Männer gewesen. Wer katholisch ist, ist darum noch lange nicht dumm. (Großer, anhaltender Beifall.) Man hat auch unser hinreichendes Interesse für das deutsche Reich und unsere Vaterlandsliebe in Zweifel gezogen. Nun ist es ja so, daß man sich auf Seiten der Gegner sehr schwer eine Vorstellung vom katholischen Gewissen machen kann, welches Beleidigungen um Gottes Willen verzeiht. Wenn wir katholische Bürger unseres deutschen Vaterlandes auf dem Petersplatze in Rom mit den Nationen der ganzen Welt zusammenkommen, und all' diese Nationen die Größe ihres Vaterlandes preisen, dann erfüllt es uns mit Wehmut, wenn sich in der Bewunderung, die unseren hervorragenden Leistungen auf politischem und gesellschaftlichem Gebiete von allen Nationen gezollt wird, ein Befremden darüber einstellt, daß wir Katholiken in Deutschland noch mit Ausnahmemaßregeln behandelt werden. Wir ertragen es nicht, daß der Engländer sich rühmt, die Parität für seine Katholiken zu besitzen, die wir vergeblich anstreben, wir ertragen es nickt, daß der Amerikaner eine weit größere Freiheit für seine Schule besitzt, als wir, wir ertragen es nickt, daß der Holländer die Freiheit seines Klosterlebens lobt und kopfschüttelnd die Nachricht lieft, daß kinderraubenden Zigeunern und Jesuiten der Eintritt in das deutsche Reich verboten ist. (Heiterkeit und stürmischer Beifall.) Das neunzehnte Jahrhundert hat erzählt von einer Gesellschaft, die das Christentum geleugnet hat, das zwanzigste Jahrhundert soll erzählen von einer Gesellschaft, die durch das Christentum gerettet ist." — Die Krefelder Zeitung bemerkt zu den vorstehenden Ausführungen: „Daß ein gut Teil der regelmäßig erhobenen Forderungen, wie das Verlangen nach Parität, Aufhebung des Jesuitenordens usw., mit den religiösen Bedürfnissen der deutschen Katholiken nichts zu thun haben, ist sattsam bekannt. Thatsächlich besitzt die katholische Kirche bei uns alle die Freiheiten, welche zur Befriedigung der religiösen Ansprüche ihrer Bekenner notwendig sind. Ja noch mehr: sic ist freier in ihrer Bewegung, als z. B. in dem katholischen Frankreich, wo sie und die Geistlichkeit verschiedentlich durch gesetzliche und ungesetzliche Maßnahmen in einer Weise bedrängt wurden, wie sie Aeünliches in Deutschland nie erfuhr. J:r Deutschland kommen auf 1000 Bewohner 357 Katholiken und 628 Protestanten. Da die „Parität" auf den Katholikentagen eine so große Rolle spielt, so frage man doch einmal, was in den rein katholischen Staaten von Parität zu beobachten ist. Vor uns liegt das letzte Rundschreiben des Papstes an die Geistlichkeit Italiens (5. Aug. 1898), worin der italienischen Regierung neben anderen
Wochcnrundschau.
Die Diskussion über die bevorstehende Militärvorlage, welche die ganze vergangene Woche ausfüllte, darf man jetzt als abgeschlossen betrachten. Trotz des vielen Widerspruchs, den die angekündigten Forderungen hervorgerufen haben, hat doch die Mehrzahl der Blätter eine im ganzen entgegenkommende Haltung zu der in Aussicht stehenden Vorlage eingenommen. — Wäre in der Politik nur „ein bißchen mehr los", dann würden sich die Zeitungen gewiß nicht in so ausgiebiger Weise eines schon lange zurückliegenden Vorfalls bemächtigen, den der chinesische Berichterstatter eines großen Berliner Blattes, Hauptmann Dannhauer, aufmutzt. Der bekannte Weltreisende Eugen Wolf, der seine Berichte immer dem ,Berl. Tagebl.' schickt, soll sich in China als Vertreter des deutschen Gesandten ausgegeben und den Einwohnern gegenüber Amtshandlungen vorgenommen haben. An jeder Sage ist eine Sache und wo Rauch aufsteigt, da ist auch Feuer. Also etwas wird wohl daran sein- Wenn in Marokko oder m China ein Ausländer ermordet wird und die resp. Regierungen die Bestrafung des Schuldigen versprechen, so geschieht es in der Weise, daß sie einzelne Unglückliche verhaften und köpfen, damit der Justiz Genüge geschehe; ob die Justifizierten schuldig oder unschuldig sind, darauf kommt es den Häuptlingen in Marokko und den Mandarinen in China nicht im geringsten an. So sind auch wegen einer an deutschen Missionaren begangenen Blutthat zwei angebliche Mörder schon hingerichtet und sieben andere als der Teilnahme „überführt" worden. Man machte es eben, wie es die Mandarinen in China immer machen; statt
nach den wahren Thätern zu forschen, zogen sie alle diejenigen Leute ein, die ihnen persönlich verfeindet waren. Die Reichen ließen sie nach vielen Gelderpressungen laufen, die Armen mußten nach entsetzlichen Torturen ihre Schuld eingestehen und noch andere dazu angeben, „beißen", wie der chinesische Ausdruck dafür lautet, und so hatte man bald einige Delinquenten sich besorgt, die man unter Trompetenschall und Soldatenbegleitung und allgemeinem Jubel der Bevölkerung in die Stadt hineinführte und von denen zu Neujahr sogar noch zwei geköpft wurden. Die wahren Mörder, die der „Sekte vom großen Messer" angehören, gehen noch jetzt in China frei umher und werden sogar von den Mandarinen gewarnt, wenn ihnen Gefahr droht. Unter diesen Umständen müßte man sowohl vom Standpunkt der deutschen Interessen als auch vom Standpunkt der Menschlichkeit aus das Verhalten Eugen Wolfs, der die Wahrheit an das Licht brachte, und der dadurch gewiß den Anstoß gegeben haben wird, die wirklich Schuldigen der verdienten Strafe zu überantworten und das Leben Unschuldiger vor einem grausamen Martertod, wie ihn nur chinesische Barbarei ersinnen kann, zu retten, nur Dank wissen. Daß er dabei in der Form gefehlt hat, kann gern zugegeben werden. Er, der seit vielen Jahren mit Barbaren und Halbbarbaren verkehrt, wird am besten wissen, wie man jenen imponieren kann. — Ein ganz untergeordnetes Ereignis, die Abfahrt des Philippinengouverneurs General Augustin auf einem deutschen Kriegsschiff, hat der englischen Presse Stoff zu heftigen Angriffen gegen Deutschland gegeben. Bekanntlich hat General Dewey diesen Vorgang gebilligt, was die
Engländer aber nicht hindert, ihn als einen groben Neutralitätsbruch hinzustellen. Die guten.Times' aber schreiben in ihrer bekannten Liebenswürdigkeit gegen alles, was deutsch ist: „Die deutsche Marine ist noch nagelneu und beträgt sich daher natürlich wie ein Emporkömmling im wirklichen Leben. Doch kann ein Emporkömmling ja ein herzensguter Mensch sein. Nach wenigen Generationen, wenn die deutsche Marine so lange dauert, können wir von ihren Offizieren erwarten, daß sie sich wie Marineoffiziere benehmen und nicht wie hansische Seeräuber." Der Ton, der au« diesem Ergüsse ohnmächtigen Ingrimms gegen das Deutsche Reich spricht, erinnert an jene Zeit, wo Lord Palmerston von einer deutschen Seeräuberflagge sprach, kommt aber um ein halbes Jahrhundert zu spät. Jetzt haben wir die deutsche Flotte, die unsere Vaterlandsfreunde damals vergebens erstrebten. — Die Folgen des Krieges machen sich in Spanien sehr unliebsam geltend. Ein Minister erklärte, daß es wahren Schrecken Hervorrufen werde, wenn man erfahre, was dieser Krieg gekostet habe. Bis jetzt könne man nachrechnen, daß er 3000 (nicht 2000, wie bisher verlautete) Will. Pesetas verschlungen habe. Die Ausgaben für die Rückführung der Soldaten werden auf 50 Mill. geschätzt. — Die Einverleibung Hawaiis ist von den Bewohnern nicht gerade begeistert ausgenommen worden. Kaum ein Eingeborener ließ sich an dem Tage im Freien blicken, wenn es nicht absolut nötig war. Sehr wenige näherten sich dem Flaggenmast. Diejenigen, die es thaten, konnten den Anblick nicht ertragen, wie ihre Flagge herabgezogen wurde, und wandten die Augen ab. Sie vergossen Thränen.