Erscheint Dienstag Donnerstag, LamStag und Sonntag mit der GratiS-Beilage .Der SonntagS- Gast.'

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Einrückungspreis für Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein­rückung 8 Pfg. bei mehrmal. je 6 auswärts je 8 Pfg. die Ispaltige Zeile oder deren Raum.

Verwendbare Beiträge werden dank­bar angenommen.

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Donnerstag, 26. August

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1898.

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auf

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für den Monat September nimmt jedes K. Postamt, sowie die den Ort begehenden Postboten entgegen.

In Grömbach und in Agenbach OA. Calw ist die Maul- und Klauenseuche ausgcbrochen.

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HI Altensteig, 24. August. Die deutsche Aus­wanderung nach überseeischen Ländern hat bedeutend abge- nommen, weil die Verhältnisse dafür ungünstig geworden sind. Vom Dorfe Auswandernde thun sich in der Fremde besonders hart. Heutzutage können solche Leute aber auch in Deutschland guten Verdienst finden und sich leicht selbst­ständig machen. Die königliche Ansicdelungskommission in Posen hat nun schon über dreitausend deutsche Bauern, Landarbeiter und Handwerker in den Provinzen Posen und Westpreußen angesiedelt. Diese königliche Behörde will an den Ländereien und Häusern, die sie verkauft, nichts ver­dienen. Sie verkauft aber nur an tüchtige, fleißige Leute; solchen gewährt sie billige Preise und große Erleichterungen. Bemittelte Bauersleute, arbeitsame Landarbeiter-Familien, jüngere fleißige Leute vom Lande, die sich ein eigenes An­wesen vorteilhaft erwerben wollen, feien besonders aufmerk­sam gemacht. Es fehlt in den neuen deutschen Gemeinden auch noch an Handwerkern. Schmiede, Schlosser, Schreiner, Wagner, Glaser, Tüncher, Zimmerleute, Maurer, Schuh­macher, Schneider, Sattler, Büttner, Bäcker, Metzger. welche sich auf Landkundschaft verstehen und auch selbst Feldbau treiben wollen, können sich dort vorteilhaft ankaufen und finden ihr gutes Auskommen. Anfragen sind zu richten: An die königliche Ansiedelungskommission in Posen.

* Haiterbach, 21. August. Gestern nachmittag zog

über den östlichen Teil unserer Markung ein Gewitter mit schwerem Hagelschlag, welcher die noch nicht eingeheimsten, Heuer in besonderer Ueppigkeit prangenden Halmfrüchte total vernichtete. Die Hagelkörner waren so groß wie Walnüsse und Taubeneier. Nur ein Teil der Betroffenen ist ver­sichert. (N. Tgbl.)

* Nagold, 21. August. Diesen Herbst wird hier eine

durchgreifende Kanalisierung zur Ableitung des Abwassers in die Nagold durchgeführt. In Oberschwandorf wurde heute Gemeinderat Brenner beerdigt, der an einem Hitz-

fchlag starb. (N. Tgbl.)

* Die Gemeinde Gündringen wurde am vergangenen

Samstag von einem furchtbaren Hagelwetter heimgesucht; die noch im Felde befindlichen Früchte wurden ganz vernichtet. Der Schaden wird um so peinlicher empfunden, als erst im Jabre 1895 ein Wolkenbruch, verbunden mit Hagelschlag, auf der Gemeindemarkung große Verheerungen anrichtete. Auch in den Gemeinden Mühlen, Göttelfingen und Hochdorf

OA. Horb hat am Samstag dasselbe Gewitter durch Hagel­schlag Schaden gebracht, doch in nicht bedeutendem Umfange.

* Rottweil, 20. Aug. (Strafkammer.) Am Abend des 17. Mai ds. Js. hörten die Forstwächter Herb und Schwarz im Privatwalde des B. Dettling von Hallwangen, auf der Markung Obermusbach gelegen, woselbst 2 Stuttgarter Herrn jagdberechtigt sind, drei Schüsse fallen und zwar in der Richtung des Platzes, an welchem die ledigen Ziegler Johannes und Ludwig Fischer von Hallwangen arbeiteten. Sic begaben sich sofort der Stelle zu, vermochten aber wegen Nebels und inzwischen eingetretener Dunkelheit nichts zu er­mitteln. Nachdem sich Herb am andern Morgen überzeugt, daß der Jagdaufseher die Schüsse nicht abgefeuert hatte, suchte Schwarz unter Zuziehung des Straßenwarts Wurster den Arbeitsplatz der schon geraume Zeit im Verdacht der Wilderei stehenden Gebrüder Fischer ab. Während dieses Geschäftes brachte sein Dachshund einen frisch abgeschossenen Rehlauf herbei. Schwarz ließ den Hund auf dem Platze spüren und als Wurster dis sogen. Feuerplatte am Arbeits­plätze etwas gelüpft hatte, zog der Hund eine Rehhaut mit Kopf, das Eingeweide und 3 Läufe eines Spießböckcbens hervor, das schon vor einigen Tagen geschossen worden sein mußte. Nun nahmen Herb und Schwarz sofort bei den An­geklagten Haussuchung vor, die ein sehr gravierendes Resultat hatte. Außer einem frisch abgeschoffenen Vorderladegewehr fanden die Forstschutzwächter mehrere Rehgeweihe, die nach sachverständigem Gutachten von Tieren herstammten, die vor nicht langer Zeit geschossen sein mußten, ferner in einer Stande einen frischgeschossenen, in 6 Stücke zerlegten Sechser­bock, dem ein Vorder- und Hinterlauf übers Kreuz ab­geschossen war, endlich in einem Kochhafen des Stubenofens 23 Pfund Rehfleisch, das nach dem Gutachten der Sach­verständigen von dem eingangs erwädnten Schießböckchen herrührte. Die beiden Fischer, die sofort festgenommen wurden, leugneten jede Schuld und wollten den Bock ge­funden haben, wie auch früher schon ein von Füchsen oder Hunden zerrissenes schon angefresienes Reh, von dem das Fleisch in dem Kochhafen hergerührt habe. Allein die Ver­handlung ergab mit aller Bestimmtheit, daß der, welcher das Tier, das nach dem Schuß im Feuer niedergestürzt sein muß, an sich nahm, es auch erlegt hat. Das weitere Schutzvor­bringen des Johannes Fischer, er habe mit dem gefundenen Vorverlader^gm Morgen des 17. Mar Raben geschossen, ist vollständig widerlegt durch das Gutachten der Sachverständigen, die bekundeten, daß die Pulverreste im Gewehrlauf so frisch waren, daß sie nicht von einem früheren Zeitpunkt als vom Abend des 17. Mai herrühren konnten. Bezeichnend ist, daß die Mutter der beiden Fischer bei der Festnahme des Johs. Fischer zu diesem äußerte, sie habe es ihm schon oft gesagt, er solle das Jägdeln bleiben lassen, worauf dieser erwiderte, er lasse es nicht bleiben, eine Jagd müsse ihm her und wenn sie 1000 Mark koste. Johannes Fischer, der schon im Jahre 1895 auf der verbotenen Jagd gesehen worden ist und, wie die gefundenen Rehgeweihe ausweisen, später wiederholt gewildert hat, wurde wegen eines Ver­

gehens des gewerbemäßigen unberechtigten Jagens zu der Gefängnisstrafe von 6 Monaten, Ludwig Fischer wegen eines Vergehens des unberechtigten Jagens zu 2 Monaten Gefäng­nis verurteilt; zugleich wurde auf Einziehung des gebrauchten Gewehres erkannt.

* Rottweil, 22. Aug. Wie sich mehr und mehr zeigt, haben wir in unserem Bezirke einen ziemlich reichen Obstertrag in Aussicht nach so manchen mageren Jahren doppelt willkommen. Man mag sagen, was man will: ein guter Obstmost wird niemals durch Rosinenwem ersetzt!

* Reutlingen, 22. Aug. Das am Samstag nieder­gegangene Gewitter brachte für Mägerkingen und die an­grenzenden Alborte schweren Hagelschlag; ein großer Teil der Ernte wurde vernichtet.

* Geislingen, 21. August. (40. Verbandstag der württembergischen Gewerbevereinr.) Den heute im Saale des Frühlingsgartens abgehaltenen Verhandlungen des Ver­bandstages wohnten namens der kgl. Regierung Ministerial­rat von Mosthaf und Regierungsrat Wendel an. Aus dem von dem Vorsitzenden Professor Gießler vorgetragenen Rechen­schaftsbericht ist zu entnehmen, daß der Verband aus 110 Vereinen mit 16 000 Mitgliedern besteht, darunter 12 500 reine Handwerker, deren Zahl sich aber bis zum Herbst auf 14 000 erhöhen dürfte. Professor Gießler verbreitete sich dann über die Frage der Einteilung der Gewerbevereine in Gaue und Neuorganisation des Verbandsausschusses. Aus Gründen sachlicher Natur ha: das Gesamtkollegium der Zen­tralstelle die Einteilung der 4 Handwerkerkammern nach den politischen Kreisen abgelehnt und eine andere Einteilung vorgeschlagen, die der Verteilung des Gewerbes im Lande mehr Rechnung trägt. Sitze der 4 Handelskammern sollen Stuttgart, Heilbronn, Ulm und Reutlingen sein. Von den Vorsitzenden wird neu vorgeschlagen, jeden Handwerkskammer­bezirk in 3 Gauverbände einzuteilen, von denen jeder 3 Abgeordnete m den Verbandsausschuß delegieren soll. (Definitiv ist übrigens die vorgeschlagene Gaueinteilung noch nicht.) Nach längerer Debatte nahm man den Gießlerffchen Vorschlag an; dagegen sprach eigentlich nur Stadtschultheiß Mayerhauser-Ellwangen, welcher gerne eine Handwerker­kammer mit dem Sitz in Ellwangen gehabt hätte. Als Ort für die nächstjährige Verbandsversammlung wurde Calw ge­wählt und an die Spitze des Verbands Professor Gießler- Stuttgart wieder berufen, als zweiter Vorsitzender Maler­meister Schindler-Göppingen.

* (Verschiedenes.) Sonntag vormittag ertrank der 21jährige Sohn des Metzgers Häußermann von Fl ein beim Baden im Neckar bei Horkheim. In Weinsberg wurde der verheiratete Weingärtner Weik auf dem Felde vom Hitz- schlag betroffen, an dessen Folgen er starb. InLauffen a. N. ertrank im Neckar der im ganzen Zabergäu wohl- bekannte Schieferdecker Taxe von Brackenheim. Er war zur heißesten Mittagszeit ins Bad gegangen und wird wohl das Opfer eines Schlaganfalls geworden sein. Der 22jährige Sohn des Bierbrauereibesitzers C. Schmidt in Bracken^ heim geriet in der neu eingerichteten Dampfbrauerei in die

Die Hage des Wartens.

Von Leopold Sturm.

Nachdruck verboten.

Es waren eigenartige Tage, die der letzten August­woche des Jahres 1870. Die große Schlacht bei Gravelotte war geschlagen, durch welche Marschall Bazaine nicht blos eine Niederlage erlitten, sondern auch mit seiner ganzen Armee in Metz eingeschlossen war. Die Bedeutung des 18. August war nicht sofort aller Welt klar, am wenigsten den Franzosen, sowohl denen in Metz, wie denen außerhalb der starken Moselveste. Sonst hätte der Kriegsminister in Paris wohl kaum die Befehle erteilt, welche von ihm that- sächllch ausgegangen sind.

Die deutschen Armeen, nur diejenige des Prinzen Friedrich Karl von Preußen war vor Metz zurückgeblieben, marschierten auf Paris. Bei uns wartete man auf weitere Erfolge, noch mehr auf baldigen Frieden; waren doch die Opfer der ruhmreichen Kämpfe außerordentlich schwere ge­wesen. Waren die deutschen Truppen erst vor der Millionen­stadt Paris, dann mußte ja alles schnell aus sein.

Mit einem Male liefen aber die Nachrichten von den vorrückenden Truppen nur noch spärlich ein; auch die Marsch­route ward, so weit man es zu Hause übersehen konnte, eine andere. Das war doch kein frisches,! flottes Drauf­gehen auf Paris mehr! Hatten sich da unerwartete Hemm­nisse eingestellt? Man sah sich die Augen an den Karten vom Kriegsschauplatz bald blind, aber die gaben auch keine Auskunft. Die Wartenden wurden nervös! Es konnte doch wenigstens etwas passieren!

Trübe Tage de? Harrens! Nach dem schneidigen

Kriegsanfang nun anscheinend ein Stillstand. Die 24 Stunden eines Tages schienen dreimal so lang zu werden. Und eine Depesche kürzer wie die andere! Endlich war wieder von einem Scharmützel die Rede, aber das klang Alles so außerordentlich wortkarg.

Und immer klarer wurde es all' den Civilstrategen, daß die deutschen Armeen wirklich ganz wo anders hin marschierten, als es der Fall sein sollte. Hatte Moltke vielleicht gar einen Schnitzer gemacht? Undenkbar freilich aber wer konnte wissen . . .

Da, mit einem Male . . Viktoria! Ein deutscher Sieg bei Beaumont, weit ab von der Straße nach Paris. Da steckten also auch noch Franzosen, denen es Moltke besorgt hatte. Na, man hatte es ja gleich gesagt, dem kam Keiner durch die Lappen. Nun würde schon Alles gut werden!

Und noch Andere warteten! Das waren die Re­gierung der Kaiserin Eugenie, von Napoleon III. zur Regentin eingesetzt, und der neue Kriegsminister Palikao. Ihr Plan, nach welchem Marschall Mac Mahon mit seiner neugebildeten Armee die auf Paris vorrückenden Deutschen im weiten Bogen umgehen, die Belagerungs-Armee vor Metz mit Bazaine zwischen zwei Feuer nehmen und ver­nichten sollte, war ja ganz untrüglich. So sehr unter­schätzte man noch die Deutschen, überschätzte die Leistungen der eigenen Generale und der zum Teil schon recht marode gewordenen Truppen.

Die deutschen Heerführer hatten es der ausgezeichneten Aufmerksamkeit ihrer Kavallerie zu danken, daß sie von der Bewegung der Armee Mac Mahon's so schnelle Kennt­nis erhielten und demgemäß die berühmte Schwenkung auf

Paris nach der belgischen Grenze zu vornehmen konnten. Sie wußten alles, als Mac Mahon und seine Generale noch ganz vertrauensselig waren.

Selbst leichtsinnig und ausgelassen, schwadronierend und siegessicher waren die französischen Truppen noch in diesen Tagen. Sonst wäre der am Hellen Tage erfolgte Ueberfall des fünften französischen Korps unter General Failly bei Beaumont durch die Deutschen gar nicht möglich gewesen. Und auch nach dieser herben Lehre setzte man noch alle Vor­sichtsmaßregeln außer Acht. Mac Mahon hatte die Er­wartung, nach einem Ruhetage noch immer auf Metz Vor­gehen zu können. Sedan brachte dann die Enttäuschung.

Und noch Einer wartete! Napoleon III! Er hatte die Regentschaft in Paris der Kaiserin Eugenie übertragen, in militärische Dinge mischte er sich nicht ein. Nach den Niederlagen von Metz hatte der Kaiser nicht nach Paris gehen können, seine Ankunft dort würde sofort das Signal zur Revolution gegeben haben. So schloß er sich Mac Mahon's Armee an.

Wie seine Stimmung war. läßt sich denken! Alles Großreden seiner Generale, das Beschönigen ihrer schweren Fehler konnte den tiefgebeugten Mann nicht täuschen, daß das Spiel bald verloren sei, wenn sich kein Glücksstrahl zeige. Ein Erfolg, war er auch noch so klein, hätte die Be- völkerung vielleicht wieder besänftigt, er hoffte in fiebernder Erwartung ihn vom Zuge auf Metz.

Er wartete noch, als schon am ersten September bei Sedan das schwere Geschütz aufspielte, er wartete, bis Alles zusammenbrach, er König Wilhelm I. seinen Deg^n gab.

Die Tage des Wartens waren für Alle vorüber.