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Donnerstag, 4. August
Bekanntmachungen aller Ln stnden die erfolgreichste Verbreitung.
1898.
Ueb ertragen wurde die neuerrichtcte evangelische Pfarrei Wittlensweiler, Dekanats Freudenstadl, dem Pfarrverweser Friedrich Sandberger daselbst.
Zum Tod Bismarcks
liegen heute folgende Nachrichten vor:
* In Friedrichsruh fand sich im Laufe des Montags ein zahlreiches Publikum ein, aber überall herrscht feierliche Stille. Wagenweise treffen die Kränze ein. Die Totenwache wird durch die Förster gehalten. Ein Doppelposten von der Infanterie ist vor dem Schloßthore bei der Pförtnerbude aufgestellt, während ein Doppelposten der Kürassiere als Ehrenwache beim Schloßeingang steht. Auch Artillerie mit zwei Geschützen wird erwartet.
* Berlin, 1. August. Der „Reichsanzeiger", welcher heute mit schwarzem Trauerrand erscheint, teilt das Telegramm des Kaisers mit, welches er gestern an den Fürsten Herbert Bismarck gesandt: „In tiefer Trauer teilnehmend an dem Schmerz, der Sie Alle um den teuren, großen Toten ersaßt, beklage ich den Verlust von Deutschlands großem Sohn, dessen treue Mitarbeit an dem Werke der Wiedervereinigung des Vaterlands ihm die Freundschaft meines in Gott ruhenden Großvaters, des großen Kaisers Majestät, fürs Leben erwarb und den unauslöschlichen Dank des ganzen deutschen Volkes für alle Zeiten. Ich werde seiner Hülle in Berlin im Dome an der Seite meiner Vorfahren die letzte Stätte bereiten." Der Kaiser ordnete lOtägige Hoftrauer und 8tägige Armeetrauer an. Die Flaggen sämtlicher Reichs- und Staatsdienstgebäude sind auf Halbmast zu hissen bis nach der Beisetzung. Ein längerer Artikel des „Reichsanzeigers" würdigt die Verdienste Bismarcks, in dem das Vaterland den großen Sohn verloren hat. Nach eingehender Schilderung der Verdienste Bismarcks, der nicht nur ein Einiger, sondern auch ein Erzieher des Volkes gewesen sei, schließt der Nachruf des „Reichsanzeigers": „Wenn der Satz wahr ist, daß Staaten erhalten werden durch den Geist und die Kraft, darin sie gegründet sind, so wird der Name Bismarck uns ein Wahrzeichen und eine Verkündigung bleiben für alle Zeiten. Wie einst Bismarck m Frankfurt erklärte, ein Preußen, welches der Erbschaft des Großen Friedrich entsagen könne, bestehe in Europa nicht, so werde ein Deutsches Reich in keiner Zukunft bestehen können ohne Festhalten an dem Vermächtnis seiner Begründer, des ersten hohenzollernschen Kaisers und seines großen Kanzlers."
* Wie der „Lokalanz." aus Friedrichsruh meldet, hat der Kaiser gegenüber dem Fürsten Herbert Bismarck den Wunsch zu erkennen gegeben, daß Bismarck in der Reichshauptstadt beigesetzt werde. Fürst Herbert hat mit unter- thänigsiem Danke für die beabsichtigte große Ehrung geantwortet, daß der Vater schon vor längerer Zeit ausdrücklich gewünscht habe, in Friedrichsruh beerdigt zu werden. Das werde auch geschehen. Darauf stellte der Kaiser das Ersuchen, ihn von allen Anordnungen bezüglich des Begräbnisses vorher zu benachrichtigen.
* Berlin, 1. August. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe reiste heute nachmittag per Extrazug nach Friedrichsruh, um namens des Staatsministeriums seine Trauer um den Heimgegangenen Fürsten Bismarck der Familie gegenüber auszudrücken und einen Kranz am Sterbelager des Verewigten niederzulegen.
* Friedrichsruh, 2. August. In Gegenwart des Reichskanzlers Fürsten v. Hohenlohe fand gestern abend die Verlötung des Sarges statt. Der Reichskanzler reiste sodann ab.
* Berlin, 2. August. Das „Armeeverordnungsblatt" enthält nachstehenden Armeebefehl: Die Trauerkunde aus Friedrichsruh von dem Hinscheiden des Generalobersten der Kavallerie mit dem Range eines Generalseldmarschalls Otto Fürsten von Bismarck, Herzog von Lauenburg, des letzten Beraters meines in Gott ruhenden Großvaters in großer Zeit erfüllt mich, mein Heer und ganz Deutschland mit tiefster Betrübnis. Der Verewigte hat sich durch die mit eiserner Willenskraft geförderte Neugestaltung des Heeres in der Geschichte desselben ein unvergängliches Denkmal gesetzt. Ein Held auf dem Schlachtfeld, trat er mit wärmstem Interesse zu jeder Zeit auch für die Wehrhaftigkeit des Vaterlandes ein und erwies sich stets als treuer und aufrichtiger Freund meiner Armee. Es wird den schmerzlichen Empfindungen derselben entsprechen, für lhn, der soviel für die Armee gethan hat, auch ein äußeres Zeichen der Trauer anzulegen, und bestimme ich demgemäß Nachstehendes: 1. Sämtliche Offiziere der Armee legen auf 8 Tage Trauer an. Bei dem Küraffierregiment Seidlitz, Magdeburgisches Nr. 7, dessen Chef der Fürst gewesen, sowie bei dem Garde-Jägerbataillon, bei welchem der Dahingeschiedene in den Dienst getreten ist, währt diese Trauer 14 Tage.
* Nach der Nat.-lib. Korr, hat der Kaiser Befehl an
das Reichsamt des Innern gelangen lassen, alle Vorbereitungen zu einer großen Trauerserer auf dem Königsplatz in Berlin zu treffen. Den Tag, an dem sie stattfinden wird, hat er noch nicht festgesetzt.
* Der Kaiser äußerte gestern von neuem den Wunsch, Bismarck im Berliner Dom beigesetzt zu sehen. Die Erfüllung des Wunsches ist jedoch unwahrscheinlich angesichts des letzten Willens des Fürsten.
* Berlin, 2. August. Es wird, wie nun fest beschlossen ist, Abstand genommen von der Veranstaltung einer großen Trauerseier aus dem Königsplatze in Berlin. Dagegen wird eine solche Feier in der Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche am Donnerstag den 4. d. M. vormittags 10 Uhr stattfinden, wozu die Mitglieder des Bundesrates, des Reichstages, des Landtages, sowie die höchsten Staats- und städtischen Behörden Einladungen erhalten werden.
* Berlin, 1. August. Die Trauerkundgebungen für den Fürsten Bismarck haben Liec in den Straßen einen bedeutenden Umfang angenommen. Neben den offiziellen Gebäuden haben zahlreiche Geschäfts- und Privathäuser Trauerschmuck angelegt. Außer Fahnen in den preußischen und Reichssarben sieht man auch württembergische mit schwarzen Florschleisen und an vielen Stellen ganz schwarze Fahnen. In den Schaufenstern vieler Läden sind Trauerdekorationen hergerichtet worden; die Kunsthandlungen zeigen zahlreiche, zum Teil umflorte Bilder des Verewigten, sowie Darstellungen der- bedeutendsten historischen Ereignisse, denen Fürst Bismarck beizewohnt hat.
* Der amerikanische Botschafter erschien heute im Auswärtigen Amt, um im Aufträge des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika „der schwer getroffenen deutschen Nation und der Familie des dahingeschiedenen Staatsmannes" die Trauer auszudrücken, welche von der Regierung und dem Volke der Vereinigten Staaten beim Heimgang des großen Kanzlers empfunden wird, dessen Gedächtnis für immer mit der Größe des Deutschen Reiches verbunden ist.
* Villa Seefeld, 31. Juli. Unter dem tiefen Eindruck des Dahinscheidens des Fürsten von Bismarck haben Se. M. der König von Württemberg sofort an den Grafen Herbert v. Bismarck ein Telegramm gerichtet, in welchem Allerhöchst dieselben ihm und den sämtlichen Hinterbliebenen Ihr wärmstes und aufrichtigstes Beileid ausgesprochen haben.
* München, 2. August. Der Prinzregent hat einen Courier mit der Ueberbringnng des Kranzes nach Friedrichsruh beauftragt. Die weiß-blaue Schleife des Kranzes trägt die Inschrift: „Dem großen Kanzler einen letzten Gruß aus Bayerns Bergen. Vorderriß, 2. Aug. 98. Luitpold, Regent von Bayern."
*New-T)ork, 31. Juli. Das hiesige Deutschtum bereitet eine große Trauer-Demonstration für Bismarck vor.
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Ueber die Gefühle, welche Bismarcks Hinscheiden in Deutschland wie im Auslande erwecken, geben nachstehende Zeitungsberichte Ausschluß:
Die Hamburger Nachrichten schreiben: Der Verlust, den Deutschland durch Bismarcks Todesfall erlitten hat, läßt sich auch nicht annähernd abschätzen und bestimmen. Das bloße Dasein des Fürsten war für uns ein Machtfaktor allerersten Ranges. So lange er lebte, so lange sein mächtiges Augenpaar offen stand und die Entwickelung des Reiches beobachtete, hatte jeder Deutsche die Empfindung, daß uns nichts geschehen könne, daß schließlich im letzten Moment der alte Held wieder auf dem Plane erscheinen werde, um etwaiges verderbliches Spiel der Feinde Deutschlands rechtzeitig zu zerstören. Sein Dasein allein aber reichte hin, die Gegner in Bann zu halten, er war von größerer Macht als viele Armeekorps. Und nun ist er tot. Niemals öffnet sich wieder das gewaltige Augenpaar, das einst eine ganze Welt in scheue Ehrfurcht bannte. Wie werden wir es ertragen ! Gott schenke unserem Vaterlonde und den jetzigen Lenkern seiner Geschicke die Kraft, den schwersten Schicksalsschlag, der es betroffen hat, ohne Schaden zu ertragen.
Die Köln. Zeitung: Auch diejenigen, die als nationalgesinnte Männer unmöglich alles billigen konnten, was Bismarck in den letzten Jahren gethan hat, haben doch me vergessen, daß Worte, die einer begreiflichen Bitterkeit entquollen, in deutschen Herzen nimmermehr die Liebe, Verehrung und Dankbarkeit für den Mann, der das Reich gründete, töten durften. An seiner Bahre verstummt der kleine Streit des Tages, und jeder Deutsche neigt gramvoll sein Haupt vor dem stillen Manne im Sachsenwalde, dessen Geist und Lebensfülle einem Jahrhundert die Richtung wies. Und durch die Geschichte wird das Bild des Titanen leuchten,
der das Sehnen der Nation erfüllt und das Deutschtum aus Zerrissenheit und Schmach zur Macht und zur Einheit emporgehoben hat.
Die Frankfurter Zeitung: Mächtig bewegt wird die Volksseele von dieser Todeskunde und durch die ganze Welt geht ein Gefühl der Trauer um den Mann, der das deutsche Volk in das gelobte Land der nationalen Einheit geführt und dem zur Neige gehenden Jahrhundert den Stempel seines Geistes ausgeprägt hat. Eine Herrschernatur im guten und schlimmen Sinne des Wortes — in diesem kurzen Satz läßt sich seines Wesens Wesenheit zusammen- fassen. Er hat den Geist zweier Kaiser nicht minder beherrscht, wie die Parlamente und die europäische Diplomatie, er hat nahezu ein Menschenaltcr lang die Geschicke Deutschlands und der Welt gelenkt. Nicht nach des Regenten Prunk stand sein Sinn, wohl aber nach des Herrschers Macht und diese ist ihm vom Schicksal bescheert worden, wie keinem anderen vor ihm. Die Geschichte von Jahrhunderten kann ihm seines Gleichen nicht entgegenstellen. Mit seiner Herrschaft war es erst vorbei, als ihm eine andere Herrschernatur gegenübertrat, ein gekrönter Wille, den er selbst zuerst in seiner Stärke erkannt und uns in dem Ausspruch: „Dieser Kaiser wird einmal sein eigener Kanzler sein" gekennzeichnet hatte. Noch nie hat Gunst und Liebe des Volkes einen gestürzten Macbthaber so hoch gehoben, wie den ersten Kanzler des deutschen Reiches; in ibm erblickte die Nation die Verkörperung der Macht und Größe, zu der er sie in Krieg und Frieden geführt hatte. An der Verwirrung und Entzweiung der Geister, die riesengroß emporwnchs, als seine starke Hand nicht mehr das Steuerruder leitete, trägt er einen großen Teil der Schuld; noch lauge wird die Nation darunter leiden müssen und darum ist die Klage berechtigt, daß er nicht verstanden habe, den stolzen Bau, zu dem er das sichere Fundament gelegt hatte, zum Segen des deutschen Volkes wohnlich zu gestalten. Hier ist seines Wirkens starke Schattenseite und wenn die Geschichte den Reichsbaumeister krönen wird, muß sie ihm für seine Schatten in dem Bau den Preis versagen.
^ Ganz verbissen meldet die „Stuttg. Schw. Tagwacht", das sozialdemokratische Organ, den Tod Bismarcks, indem es schreibt: „Der größte Gewaltmensch des Jahrhunderts, der Vater des Sozialistengesetzes, Millionärezüchter, Besitzer des geschenkten Friedrichsruh und Sachsenwaldes und des zusammengebettelten Gutes Schönhausen, der Millionenkostgänger des Deutschen Reiches, Otto von Bismarck, der Abgott der nationalen Volksausbeuter, ist am Samstag abend rm Alter von 83 Jahren gestorben. Unser Wunsch, daß er noch lange Jahre leben sollte, um seinen Nimbus selbst zu zerstören, ist somit nicht in Erfüllung gegangen. Es geht auch so."
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Sämtliche bedeutenderen österreich-ungarischen Blätter widmen dem Fürsten überaus anerkennende Nachrufe. Das „Neue Pester Journal" schreibt u. a.: Was Fürst Bismarck geschaffen, wird fortdauern und, falls selbst jenseits der Zeitgrenze, bis zu welcher der Sehcrblick erhabener Geisterreicht, die deutsche Emheit in Trümmer fallen sollte, selbst dann dürfte der Verstorbene im Augenblick, da seine einst hochfliegende Seele für immer erlosch, das Wort des Faust wiederholen, dessen letzter Beruf der erste Bismarcks gewesen: „Es kann die Spur von meinen Erdentagen nicht in Aeonen untergehen." Der größte Staatsmann des Jahrhunderts hat am Ende des letzteren seine müden Augen geschlossen. Sein größtes Werk aber, die Einigkeit des großen, mächtigen Deutschland, ist für absehbare Zeiten gesichert. Ganz Europa steht unter dem bewältigenden Eindruck der Trauerbotschaft. Nicht jedes Jahrhundert zeugt einen Bismarck.
Die ganze italienische Provinzialpresse hebt die Verdienste des Fürsten Bismarck rühmend hervor. Die „Perse- veranza" in Mailand sagt: Bismarck sei nach seinem Rücktritt von der Macht der Genius seines deutschen Vaterlandes und lebendes Monument seiner nationalen Epopö gewesen. Die „Nazione" in Florenz nennt Bismarck das größte politische Genie unserer Zeit.
Die schweizerischen Blätter konstatieren übereinstimmend, daß Deutschland durch das rasche unerwartete Ableben des Fürsten Bismarck seinen größten Staatsmann verlor, dessen Einfluß, wie der „Bund" sagt, noch in letzter Zeit eine nicht zu unterschätzende Macht bedeute. Die Erinnerung an den gewaltigen Meister der Staatskunst werde sür die ganze Welt ein bleibender Besitzteil sein. Die „Neue Züricher Ztg." erklärt: Wenn die deutsche Nation jemals die Verdienste Bismarcks vergessen könnte, so würden noch der Haß und die Bewunderung ihrer Feinde lebhaft genug sür ihn zeugen.