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Nr. 106.

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Donnerstag, 14. Juli.

Bekanntmachungen aller An ünden die erfolg­reichste Verbreitung.

1898.

TsrsesH-slitik

Deutschlands Ausfuhr nach Australien steigt, sie hatte im vorigen Jahre einen Wert von ca. 38 Millionen Mk. Nach Neusüdwales wurden vor zwei Jahren für 12 Mill. Mark Waren ausgeführt, im vorigen Jahre für 20 Mill.

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Die starke deutsche Flotte vor Manila gilt nicht den Philippinen, sondern den Karolinen. Deutschland wird ruhig Zusehen, wenn Amerika die Philippinen wegnimmt. Aber es würde nicht gleichgültig bleiben, wenn Amerika Miene machen sollte, auch die Karolinen zu erobern, aus die Deutschland wohlbegründete Ansprüche hat. Auf diese An­sprüche konnte es 1885 wohl zugunsten der älteren spanischen Verzicht leisten, während sie bei einem etwaigen Besitzwechsel sofort wieder in Kraft treten müßten. Die Inselgruppe der Karolinen und der benachbarten Dap- und Paulatnseln um­faßt etwa 700 größere und kleinere Eilande, nnt einer Be­völkerung von etwa 40,000 hellbraunen, im Grunde liebens­würdigen, aber noch recht kriegerischen und barbarischen Be­wohnern. Spanien, das die Inselgruppe nur dem Namen nach besaß, hat nicht einmal seinen Handelsverkehr dorthin ausgedehnt, während deutsche Firmen, wie die Jaluit- und die Deutsche Handels- und Plantagengssellscbast, bereits in den siebziger und achtziger Jahren dort Faktoreien und Pflanzungen anlegten, vorwiegend mit Kopra einen gewinn- dringenden Handel betreibend. Aus die dringende Bitte dieser im steten Kriege mit den Eingeborenen lebenden Pflanzer und Kaufleute entschloß die Reichsregierung sich dazu, auf der Insel Jab am 25. August 1885 die deutsche Flagge hissen zu lassen. Der furchtbare Sturm, den diese Besitzergreifung unter den leidenschaftlichen Spaniern erregt, steht wohl noch vielen in lebhafter Erinnerung. Bismarck erklärte sich bereit, den Streithandel dem Schiedsspruch des Papstes zu unterbreiten, und dieser sprach die Karolinen nebst ihren Nachbarinseln am 22. Oktober 1885 den Spaniern zu. Gleichzeitig wurde aber durch den päpstlichen Schieds­spruch Deutschland Freiheit und ausgiebigster Schutz seines Handels, sowie das Recht zur Errichtung einer Schiffs- und Kohlenstation auf der Gruppe zugebilligt. Um die aufge­brachten Spanier vollends zu versöhnen, leistete die Reichs­regierung im folgenden Jahre auch auf diesen Anspruch frei­willig Verzicht, da die neuen australischen Kolonien im Grunde bessere Stützpunkte für unsere Schiffsbewegungen darboten. Es erscheint aber keineswegs unmöglich, daß die Spanier, um sich in Europa Freunde zu erwerben, uns heute das Anerbieten wachen, dieses verbriefte Recht nach unserem Ermessen wieder ausleben zu lassen. Deutschland braucht Ruhepunkte und Kohlenstationen aus dem Wege nach Ostasien, und die Karolinen wären hierfür trefflich geeignet.

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Die bewaffnete Macht Europas zählt in Friedenszeiten rund 3,500,000 Mann. Davon stehen unter Waffen in:

Rußland

891,000

Deutschland

580,000

Frankreich

570,000

Oesterreich

360,000

Italien

240,000

England

200,000

Türkei

180,000

Spanien

80,000

Schweden und Norwegen

57,000

Belgien

52,000

Rumänien

47,000

Portugal

36,000

Griechenland

25,000

Holland

22,000

Serbien

20,000

Dänemark

10,000

550,000 Pferde werden benutzt.

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-j-

In einem Privatbriese aus Amerika schreibt ein ehe­maliger Schweizer der Neuen Züricher Ztg., daß man drüben vom Krieg im Innern des Landes wenig spüre, außer etwa in einer kleinen Flauheit des Geschäfts im Grundeigentum. Zur Zeit würden für Kriegszwecke täglich 8 Millionen Mk. ausgegeben, die Ankäufe für Schiffe und Ausrüstungen hätten schon 100 Millionen verschlungen. Der Krieg sei durch Zeitungen und politische Freibeuter, die ein Aufblühen der Geschäfte prophezeit hätten, herbeigeführt worden und selbst Präsident Mac Kinley habe ihn so lange wie möglich zu verhüten gesucht. Nun aber der Krieg einmal Thatsache ge­worden, sei alles ein Herz und eine Seele, und dieAankees packten alles bewundernswert an. hielten es im übrigen für eine Unmöglichkeit, daß die Spanier gewinnen könnten. Dann heißt es aber weiter:Infolge dieses Krieges und

der leicht gewonnenen Erfolge droht sich der Amerikaner ein Größenwahn zu bemächtigen, der nach meinem Dafür­halten große Gefahren in sich schließt. Wie du weißt, be­stand die ganze Kriegserklärung an Spanien darin, daß der Kongreß den Präsidenten beauftragte, mit Hilfe der Flotte und des Heeres die Spanier aus Kuba hinauszuwerfen. Nun sagen die Zeitungen schon: Schmeißt alle Europäer aus Amerika hinaus! Keine europäische Macht soll einen fuß­breit Land auf diesem Kontinente besitzen! Amerika für die Amerikaner! Sie wollen die Einwanderung verbieten, die Einfuhr aller Manusakturwaren aufs nötigste einschränken durch Verruferklärungen und übertrieben bohe Zölle.

* Altenfteig, 12. Juli. Mit dem Beginne der warmen Jahreszeit hört man auch wieder Klagen über In­sektenstiche, wobei der Ausgang nicht selten ein schlimmer, ja tätlicher ist. Beim Lesen derartiger Nachrichten sollte man fast denken, daß eine gcnze Anzahl giftiger Insekten in unseren Gauen heimisch ist. Dem ist nicht so. Manche Insekten führen zwar ein Gift (z. B. Bienengift), aber es ist nicht gefäbrlich und verursacht höchstens eine harmlose Geschwulst. Treten dagegen nach dem Sticke einer sonst barmlosen Fliege und dergleichen die Zeichen einer beginnen­den Blutvergiftung aus, so ist das Tier wohl weniger giftig, als vergiftet. Diese Vergiftung aber erfolgt in den meisten Fällen durch das Sitzen und Saugen der genannten Insekten aus herumliegenden, verwesenden Tierleichen. Sie führen dann beim Stechen oder Saugen Leichengift in die Wunde ein, und wie wenig davon nötig ist. um einen Menschen zu vergiften, kann jeder Arzt am besten sagen und erklären. Es ist nun kaum zu begreifen, wie unvorsichtig gerade die Landbevölkerung in dieser Sache ist, obschon sie bei der Feldarbeit, überhaupt bei den Verrichtungen im Freien, am meisten der Gefahr ausgesetzt ist. An Hecken und Wegen findet man nicht selten tote Katzen und Hunde, Hühner, Mäuse, Maulwürfe, Igel und ähnliche kleine Leichen, die, statt verscharrt, auf diese Weiseaus dem Wege geschafft" wurden. Ganze Scharen von Insekten fliegen auf, sobald man näher kommt, so daß jeder die Gefahr einsehen kann, und man sich nur wundern muß, daß nicht noch mehr Un- glückssälle zu beklagen sind. Die Abhilfe ist doch leicht. Wenn jeder Landwirt seine Leute anweist, jedes Tier, welches verendet oder welches sie draußen auf dem Wege oder Felde tot anffinden, in den Boden einzugraben, so ist die Gefahr schnell verringert. Auch dies ist ein Gebiet, wo der Einzelne machtlos ist, alle zusammen aber viel erreichen können.

* Freuden st adt, 10. Juli. Infolge der um diese Zeit ungewohntenSommerfrische" läßt der Zuzug von Sommergästen immer noch zu wünschen übrig. Der baldige Eintritt einer echten Juliwitterung wäre dem Landmann, dem Weingärtner wie auch den Sommergästen landaus landab sehr zu wünschen.

* Unterreichenbach, 10. Juli. Bei prächtigem Wetter zog heute mittag 2 Uhr der aus 20 Vereinen von nah und fern bestehende Festzug, die zum Besuch der Fahnen­weihe des hiesigen GesangvereinsFreundschaft" herbei­gekommen waren, zum «abgelegenen, schön arrangierten Fest­platz, wo ein heiteres, bunt bewegtes Leben sich entwickelte. Rede und Gesang würzten des Tages Bedeutung. Die kirch­liche Weihe der wirklich kunstvoll gestickten Fahne fand im Anschlüsse an den Morgengottesdienst statt. Ein zahlreich besuchter Festball in derLöwenhalle" beschloß die Hauptfeier.

* In Sommenhardt wurde bei der vorgenommenen Schultheißen-Wahl Jak. Fried. Lutz, Bauer und Acciser, zum Ortsvorsteher der Gemeinde gewählt.

* Wildbad, 9. Juli. Es giebt wohl keinen Winkel im großen deutschen Vaterland, wo nicht stille Eisenbahn­wünsche gehegt würden, auch im oberen Enzthal regen sich solche. Die Bewohner der oberhalb Wildbads gelegenen Enztbalorte wünschen sehnlichst, dem allgemeinen Verkehr angeschlossen zu werden. Diese Gegend ist arm an Industrie und Einwohnern. Letztere ernähren sich ausschließlich durch Waldarbeiten. Die Landwirtschaft ist nicht nennenswert. Bedeutend ist nur die Holzproduktion und wäre eine Bahn hauptsächlich auf den Verkehr hieraus angewiesen. Der auch bei Schmalspur kostspielige Bahnbau mit alleiniger Rücksicht aus das obere Enzthal dürfte also, selbst wenn auf spätere Ausnützung vorhandener Wasserkräfte mit Sicherheit gerechnet werden könnte, von der Tagesordnung gesetzt werden. Andere Gesichtspunkte eröffnen sich aber bei Annahme der Fortsetzung der Normalspurbahn von Freudenstadt über Reichenbach, wo die bad. Murgthalbahn einmünden wird, durch das Enzthal nach Wildbad. Durch diese direkte Verbindung des nörd­lichen und südlichen Schwarzwaldes, des Murg- und Enz-

thales, würde nicht nur ein ganz bedeutender Touristen­verkehr, der den Fremdenstädten Wildbad, Freudenstadt und Gernsbach gleichmäßig zu gut käme, hervorgerufen, sondern, wie der Abgeordnete Reichert in der badischen Kammer ganz richtig ausgeführt hat, auch der Durchgangsgüterverkehr im Enzthal würde sich zu nicht geahnten Verhältnissen entwickeln und die Rentabilität dieser Bahn wäre sicher. Hierdurch kämen die oberen Enzthäler auch zu ihrer Bahn.

* Stuttgart, 9. Juli. Das Kgl. Ministerium des Innern hat mit neuester Verfügung angeordnet, daß vom 1. Aug. d. Js. an die Nachweise über die bei den einzelnen Arbeitsämtern nicht befriedigten Nachfragen nach Arbeitern während der Monate März bis November je einschließlich am Abend des Dienstag, Donnerstag und Samstag jeder Woche durch die mit dem städtischen Arbeitsamt Stuttgart verbundene Zentralstelle an sämtliche Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern und an solche kleinere Gemeinden, für welche dies besonders gewünscht wird, versandt werden. Die Nachweise sind dazu bestimmt, sofort nach ihrer Ankunft bei den Gemeindebehörden durch öffentlichen Anschlag zur Kenntnis der stellensuchenden Arbeiter gebracht zu werden. Um sodann Arbeitgebern und Arbeitern in Gemeinden, welche kein Arbeitsamt haben, einen möglichst leichten Verkehr mit dem nächstgelegenen Arbeitsamt zu ermöglichen, ist die Einrichtung getroffen worden, daß die Arbeitsämter den Ortsvorstehern, Herbergen zur Heimat, Verpflegungsstationen und Arbeiterkolonien, welche darum nachsuchen, eine genügende Zahl von Anmeldeformularen, für arbeitersuchende Unter­nehmer wie für stellensuchende Arbeiter zur Verfügung stellen, die von den Beteiligten auszufüllen und von den Ortsvorstehern an das nächstgelegene Arbeitsamt einzu­senden sind.

* Stuttgart, 12. Juli. Das Hoftheater kostet Se. Majestät den König vieles Geld. Es kostete ihn lange Zeit jedes Jahr 300- bis 400,000 Mark. Seitdem aber Baron von Puttlitz di» Leitung der Hofbühne übernommen hat, haben sich die Verhältnisse wesentlich günstiger gestaltet. Es ist ihm gelungen, durch Zuziehung guter Kräfte das Publikum mehr als jemals für das Theater zu interessieren, so daß die Einnahmen sich wesentlich vermehrt haben. Im vorletzten Spieljahr sollinfolgedessenderZuschlußnurnochlOO150,000 Mark betragen haben.

* Cannstatt, 10. Juli. In unseren Weinbergen sieht es höchst traurig aus; infolge der empfindlich kühlen Witterung und des anhaltenden Regenwetters kann die Blüte nicht vor sich gehen und die Stöcke, die recht gut behängen wären, zeigen neben blühenden und verblühten Trauben eine Menge Ansätze, die völlig kahl sind, weil die Früchte abfallen. Es steht heute schon unumstößlich fest, daß der Herbst nur ein sehr geringer werden kann, auch wenn sich das Wetter bessern sollte, wozu übrigens gar keine Aussicht vorhanden ist. Leider nimmt auch die Kartoffelkrankheit sehr überhand und ganze Reihen werden schwarz und faulen.

* Heilbronn, 11. Juli. Wie die Neckar-Ztg." ver­nimmt, wurde Kommissionär Wächter am letzten Samstag wegen Beteiligung am Aufruhr und Aufreizung hierzu durch den Untersuchungsrichter in Haft genommen.

* Ebingen, 11. Juli. Gestern traf in Thailfingen aus Basel telegraphisch die Nachricht ein, daß in Kamerun der vor vier Jahren dahin abgegangene Missionar Gotthilf Gonser, Sohn des Mehlhändlers Gonser in Thailfingen, ge­storben sei. Derselbe, noch nicht 30 Jahre alt, war seit zwei Jahren verheiratet und erkrankte im vorigen Jahre an dem gefährlichen Schwarzwasserfieber.

* (Verschiedenes.) JnWeipertshosen feierte der Mesner Berger mit seiner Ehefrau das Fest der goldenen Hochzeit. In Sindelfingen wollten zwei Kinder Holz spalten, wobei das eine dem andern das Holz hielt. Infolge eines unglücklichen Schlages wurden dem Kinde drei Finger verstümmelt. In Ludwigsburg ist der 21 Jahre alte Metzger Friedrich Scheu von Bissingen, OA. Kirchheim, welcher sich in der Strafanstalt Hohenasperg be­fand, entwichen. Der ledige Bürstenmacher Josef Wild von Lützenhardt wurde wegen Widerstands gegen einen Forstbeamten von dem Schwurgericht in Rottweil zu der Gefängnisstrafe von 1 Monat und 16 Tagen verurteilt. In Oehringen hat sich ein entlaufener Schmiedlehrling, weil er nicht mehr in seine Stelle zurückkehren wollte, einen 5 c-M langen Stahlstift in den Unterleib gestoßen; derselbe ist an der Verletzung gestorben.

* Pforzheim,11. Juli. Edelsteinhändler G., welcher nach seiner Angabe am 30. Juni um ca. 40 000 Mark an Edelsteinen bestoblen worden sein soll, ist unter dem Ver­dachte, den Raub fingiert zu haben, verhaftet worden.