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Nordweststurm mehrere Fahrzeuge g e - st randet oder gesunken. Von den Montags aus England ankommenden Wochendampsern ist bisher keiner eingetrof­fen. Im Hafen herrscht Hochwasser. Nach Meldungen aus Cuxhaven ist ein unbekann­ter Dampfer auf Scharhoern gestrandet und gesunken. Aus Helgoland wird tele­graphiert, daß infolge der Stürme und des Hochwassers das Vorland überflutet ist und die Düne stark gelitten hat. In Husum wütet ein außerordentlich starker Sturm. Die Flut stieg 3 Meter über die normale Höhe. Die Deiche erlitten allenthalben starke Beschädigungen. In Dockkoog bestand Gefahr, daß der Damm bersten werde, so daß um 5^/2 Uhr morgens die Feuerwehr zur Hilfeleistung alarmiert werden mußte.

Westerland 6. Nov. Orkanartiger Südweststurm mit schwerer Bran­dung zerstörte in vergangener Nacht zwischen 12 und 2 Uhr das Kurhaus, die einzig vom Brand am 19. September verschont gebliebene Strandhalle, den Musikpavillon, die Strandburghalle und die Wandelbahn. Die elektrische Lichtleitung und die Fernsprechverbindung mit dem Festland sind unterbrochen. Mit dem Wiederaufbau der neuen Anlagen wird demnächst begonnen werden.

Der italienisch-türkische Krieg.

Tripolis 6. Nov. (Agenz. Stef.) Die italienische Artillerie fügte vorgestern der feindlichen Artillerie und Infanterie ernstliche Verluste bei. Es ereigneten sich seitens der Araber Taten offenen Aufruhrs gegen die Türken. So plünderten Araber eine für die Türken be­stimmte Lebensmittelkarawane und stellten sich gegen die Türken, die die Karawane in ihren Besitz bringen wollten, zur Wehr. Die Kapitäne Moiza und Piazza haben bei ihren Erkundungsflügen Bomben auf den Feind geworfen, dessen Oberkommando sie in Suk el Eiama erkundeten. General Bri- nola meldet aus Benghasi, daß er den Platz und die von seiner Division besetzten Orte zur Verteidigung eingerichtet habe. Die ita­lienischen Truppen beherrschen jetzt das Ge­lände bis zum Fuße des Barka-Plateaus.

Tripolis 6. Nov. (Agenzia Ste- fani.) Gegenüber dem Fort Sidi Mesri beim Dorfe Fornasi eröffnete gestern vormit­tag feindliche Artillerie das Feuer, das jedoch von der italienischen Artillerie bald zur Einstellung gezwungen wurde, nachdem durch Flugapparat die feindliche Stellung erkun­det war. Am Nachmittag begannen die Türken aus einer anderen Stellung, östlich der italienischen, das Feuer.

Tripolis 6. Nov. (Agenz. Stef.) Bis 9 Uhr abends wiederholten sich die ge­wöhnlichen Angriffe gegen die italienische Flanke ohne große Energie. Der Feind wurde aus einer in einem Haus gegenüber der italienischen eingenommenen Stellung von zwei durch Gebirgsartillerie unterstütz­ten Erenadierkompagnieen vertrieben. Die Generale Frugoni und Deschaurand sind in Tripolis angekommen. Elfterer hat das Kommando des ersten Armeekorps, letzterer das der zweiten Division übernommen. Acht in einem Haus aufgefundene Personen, fünf davon verwundet, wurden des Ver­dachts der Teilnahme an der Empörung am 23. Oktober vor das Kriegsgericht gestellt. Auf Grund eines Regierungsdekretes wur­den am 4. November die Zivil- und Han­delsgerichte wieder hergestellt.

Konstantinopel 6. Nov. Die Pforte veröffentlicht den Text der bereits angekllndigten Protestnote, die sich gegen die italienischen Grausamkeiten in Tripolis wendet. Die Note ist an alle Re­gierungen gerichtet, die an der Haager Kon­ferenz von 1907 teilgenommen haben. Sie weist auf die Artikel 1 und 2 der Vorschrif­ten betreffend die Kriegsgebräuche hin,

worin die Bevölkerung, die vor der Okku­pation eines Landes freiwillig zu den Waf­fen greift, als kriegführender Teil aner­kannt wird. Durch seine Handlungsweise gegen die Bevölkerung von Tripolis und Benghasi hat Italien, so heißt es in der Note, die von ihm selbst zugelassenen Grund­sätze mit Füßen getreten. Das Gewissen der Welt schreit vor Entsetzen bei den von un­parteilichen Zeugen veröffentlichten Einzel­heiten über die Kriegführung der Italiener, die Bewohner der Dörfer bei Tripolis ohne Unterschied des Alters und des Geschlechtes unbarmherzig niedergeschossen haben, weil einige patriotische Osmanen in Tripolis die um die Stadt kämpfende Armee hatten unterstützen wollen. Der italienische Eene- ralstab, so fährt die Note fort, ließ Tod und Verderben unter die Einwohner säen. Un­schuldige niederschießen und kranke Türken in Masse auf die Schiffe bringen. Die Pforte würde sich für frei berechtigt halten können, die Vorschriften der Haager Akte gegen Italien nicht zu beachten. Sie schlug diesen Weg aber nicht ein. Sie vermied es, die Massen der Italiener aus dem Lande zu weisen,' gab Befehl, die in Gefangenschaft geratenen Italiener gut zu behandeln und sich nicht an den in der Türkei lebenden Ita­lienern zu vergreifen. Die Note betont schließlich, die Pforte erfülle mit ihrem Pro­test nicht nur eine Pflicht der Selbstvertei­digung, sondern auch eine höhere Pflicht, weil die Zivilisation der Gegenwart Gefahr laufe, ein leeres Wort zu werden.

Vermischtes.

(Paraphiert^ Der deutsch-französische Vertrag über die Kongokompensationen wurde neulich als von dem deutschen Staatssekretär Kiderlen-Wächter und dem französischen Botschafter Cambon alspara­phiert" gemeldet, was verschiedene Tages­blätter mit unterzeichnet übersetzten. Dies ist aber nicht richtig, denn unter paraphieren versteht man die Beifügung des Anfangs­buchstabens eines Namens zu den einzelnen Seiten- oder Blattzahlen wichtiger Doku­mente. Dieses Verfahren soll die Auswechs­lung, Einschaltung, auch die Fälschung von Seiten oder Blättern wichtiger Urkunden verhindern. Im Staatsrechnungswesen z. B. ist vorgeschrieben, daß sämtliche Kassentag- bllcher vom Kassenkontrolleur paraphiert werden müssen. Der deutsche Staatssekre­tär und der französische Botschafter haben also den Vertrag über die Kongokompensa­tionen nicht unterzeichnet, sondern die Sei­tenzahlen des Vertrags je mit den An­fangsbuchstaben ihres Namens verstzhen. Darauf weist auch die Meldung hin, daß die Unterzeichnung des Marokko-Abkommens

! noch zu erfolgen hat. §

^ (Die geplante Polarunternehmung mit

! Zeppelinschiffenj unterzieht Professor Wil- ' Helm Sievers (Gießen) in derFrank­furter Zeitung" einer kritischen Betrachtung, die er schon im Oktoberheft vonPetermanns Geographischen Mitteilungen" gegen diese Expedition veröffentlicht hatte. Zwei Dinge greift Professor Sievers heraus. Er wendet sich erstens gegen die von Eeheimrat Her­gesell vorgesehenen Aufstiege von Registrier­ballons in arktischen Gebieten zur Erfor­schung der hier in Höhen von sieben bis acht Kilometern beginnenden Stratosphäre jener rätselhaften Hülle" und diese dann, wenn sie ihre Platzhöhe erreicht haben und gelandet sind, mit dem Luftschiff wieder aufzusuchen. Wenn es überhaupt gelingen sollte, den erhofften Zweck zu erreichen, so würden die Ergebnisse in gar keinem Ver­hältnis zu den aufgewendeten Kosten stehen. Zweitens würden vom Standpunkte der Geographie aus Fahrten in die unbekannten Gebiete der Arktis (etwa vier Millionen Quadratkilometer) allerdinas von großem Werte sein. Derartige Pläne hält Professor Sievers für unausführbar und ihre Aus­

führung erklärt er für ein tollkühnes Wag­nis. Zu meiner Ueberraschung, so fährt Sievers fort, sehe ich nun, daß Herr Eeheim­rat Hergesell wirklich daran denkt, mit dem Luftschiff von Spitzbergen nach Grönland, dem Norden undin die Nähe der Bering- Straße" zu fahren. Ich glaube nicht daran, daß diese Fahrten ausgeführt werden und bin überzeugt, daß sie, im Falle es doch ge­schehen sollte, mit einer Katastrophe enden werden. Stehe ich mit meiner Ansicht in der Eelehrtenwelt ganz allein? Das kann ich mit Sicherheit verneinen. Abgesehen davon, daß mir in der letzten Zeit namhafte Fachleute ihre Zustimmung zu meiner Auf­fassung der Sachlage ausgesprochen haben, schrieb mir ein hochangesehener Polarfahrer folgenden Brief:P. P. Sie haben mir mit Ihrer Kritik der Spitzbergen-Ballon-Fahr- ten aus der Seele gesprochen. Ich glaube auch gar nicht, daß es dazu kommt! Well­mann! Vollkommen richtig. Man könnte beinahe sagen Androe. gez. Julius von Payer." Den berühmten Entdecker von Franz Josephs Land wird auch wohl selbst Herr Eeheimrat Hergesell als eine Autori­tät ersten Ranges in polaren Dingen aner­kennen müssen. Was nun die Ausführbar­keit der Fahrt überhaupt und deren Zeit­punkt betrifft, so bin ich doch überrascht, daß Herr Hergesell die Unternehmung erst dann antreten will, wenn die Luftschiffe gegen Betriebsstörungen jeglicher Art geschützt wären, zu Dauerfahrten von mindestens 48 Stunden geeignet seien, bedeutend größere Geschwindigkeiten hätten und endlich einer sicheren Navigation sich erfreuen könnten. In fachwissenschaftlichen Kreisen und im großen Publikum bestand zweifellos bisher die Meinung, daß die Unternehmung bald zu erwarten sei, wenn nicht 1912, so doch spätestens 1913. Da muß ich denn doch sagen, daß wir noch lange nicht so weit sind, um die Luftschiffe gegen Stürme betriebs­sicher machen zu können. Sollte Herr Her­gesell nur an einer Reihe von Beispielen beweisen, daß das möglich ist, so werde ich mich gern für besiegt erklären. Solange das aber noch nicht zu beweisen ist, halte ich meine Zweifel und die daraus hervorgehende Warnung, sich nicht unbesonnen in Gefahren zu begeben, aufrecht. Das Unternehmen ist ein nationales, da es sich um ein Zeppelin- Schiff handelt. Daß das Ausland förmlich auf die Freude wartet, daß die Unterneh­mung einen Mißerfolg erleide, weiß jeder Kenner der Verhältnisse. Diejenigen also, die es wagen sollten, mit ungenügenden Ver­kehrsmitteln das Unternehmen einem der­artigen Risiko auszusetzen, würden die deut­sche Wissenschaft und den deutschen Namen schädigen und eine Verantwortung auf sich laden, die nicht hoch genug veranschlagt wer­den kann. Es steht mehr auf dem Spiel als der wissenschaftliche Name und die Pläne des Herrn Geheimrats Hergesell.

(Verlust eines deutschen Briefbeutels mit Sendungen für Porto Alegre.j Nach einer Mitteilung der Postverwaltung von Uruguay ist bei der Ausschiffung der am 22. September mit dem italienischen DampferPrincipessa Mafalda" in Monte­video eingetroffenen deutschen Briefpost von der Bahnpost Frankfurt-Basel für Porto Alegre (im brasilianischen Staate Rio Grande do Sul) einer der 14 Briefbeutel mit Sendungen aus Deutschland vom 1. bis 6. September ins Meer gefallen und hat wegen hohen Seegangs und starker Dunkel­heit nicht wieder beigebracht werden können.

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(rar ankerttsrbkrei. baden in allen besseren OetaUxercbMen.

Fabrikanten.

Otto Ltolsvr, ttsildronn s. bi. u. frlsäriebslylrl I. 8.