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Mensur.) Am Fronleichnamstag wurde der Polizei gemeldet, daß in der Wirtschaft zum „Schönblick" zwischen Angehörigen zweier Studentenverbindungen eine Ve- stimmungsmensur ausgefochten werde. Als die Fahnder eintrafen, war die Mensur schon vorbei. Ein Student, der frische Verletzungen hatte, wurde sistiert und gab zu, daß er gefachten habe. Den Namen seines Gegners gab er nicht an. Der Student hatte sich nun wegen Zweikampfs mit tödlichen Waffen vor der Strafkammer zu verantworten. Mitangeklagt wegen Beihilfe waren die Wirtsleute und ein Studentendiener. Den Wirtsleuten wird zur Last gelegt, daß sie in Kenntnis davon, daß geschlagen wurde, ihren Saal hergegeben haben. Der Studentendiener soll das Paukzeug auf den Schönblick hinaufgeschafft haben. Der Student erhielt drei Monate Festungshaft, die übrigen Angeklagten wurden mangelnder Beweise halber freigesprochen.
Gmünd 7. Nov. Heute Nacht ereignete sich im Hause des Fabrikanten Wilhelm Ziegler eine furchtbare Gasexplosion, der die 3 ältesten Söhne, im Alter von 19 bis 22 Zähren, zum Opfer fielen. Der Vater selbst, der, von innerer Unruhe getrieben, nach seinen Kindern hatte sehen wollen, erlitt bei . Betreten des Zimmers schwere Brandwunden. Die Töchter konnten durchs Fenster gerettet werden.
Schwäbisch Gmünd 6. Nov. (E i l- botenlauf.) Begünstigt von schönem Wetter wurde gestern der Eilbotenlauf des Stuttgarter Turngaus ausgeführt. Die 51 Kilometer lange Strecke Stuttgart-Gmünd wurde in zwei Stunden 35 Minuten durchlaufen. Auf den Kilometer kommen durchschnittlich 3 Minuten. Der erste Mann startete um 9 Uhr in Stuttgart und der letzte Läufer traf um 11.35 Uhr auf dem hiesigen Marktplatz ein, wo er von einer großen Menschenmenge begrüßt wurde. Bei der Uebergabe der Urkunde, die der Läufer überbrachte, hielt Eauvertreter Kayser eine kurze Ansprache. Nach sich anschließenden verschiedenen Wanderungen fand im kleinen Stadtgartensaal eine gemütliche Feier statt. Die Wanderer über den Rechberg genossen eine prachtvolle Alpenfernsicht. An dem Eilbotenlauf und den Wanderungen nahmen ohne die Zöglinge über 220 Mitglieder teil.
Bückingen 6. Nov. (Ein Wunderdoktor.) Der 50 Jahre alte verhei-
fehlte ihr etwas, und sie wollte sich nicht eingestehen, was es war.
Das war über sie gekommen seit dem letzten Winter. Früher da hatte sie nicht viel nachgedacht über sich selbst und ihr Leben. Wie ein rauher Herbstwind hatte es sie durchrüttelt, als sie damals mit dem Vater den Streit gehabt, weil sie die Bewerbung des Vetters von Gudow abaelehnt hatte. In ihr unreifes Mädchendasein war der Ernst getreten — und der Gedanke an den Mann. Wie er nicht sein sollte, der, den sie einstmals wählte, das wußte sie. Mochte der Vater sagen, was er wollte: Franz von Gudows Frau wurde sie nicht — nun und nimmermehr.
Aber sie war auch sonst eine andere geworden seit dem letzten Winter — ernster, in sich gefestigter. Sie selbst wußte es nicht. Aber die Leute sprachen darüber, daß das gnädige Fräulein Baroneß gar nicht mehr die „wilde Hummel" war wie früher. Und sie fing an, in ihrem Leben etwas zu vermissen. Sie hatte sich doch sonst nicht so einsam gefühlt im Herrenhause zu Poggenhagen. Die Geselligkeit war ja nie groß gewesen — abgesehen von des Barons Jagdfreunden und den regelmäßigen Spielabenden, zu denen sich ein paar Nachbarn zusammengefunden hatten, bei denen das reihum ging.
ratete Uhrmacher Gebert wurde am Samstag wegen Vergehen gegen das Heilmittelgesetz und unerlaubter chirurgischer Eingriffe verhaftet und ans Landgericht Heilbronn eingeliefert. Gebert hat sich in den letzten Jahren als Wunderdoktor ausgegeben und hat es verstanden, sich einen großen Kundenkreis aus der Frauenwelt aller Stände zu erwerben.
Bad Ueberkingen 6. November. (Mißerfolg.) Trotz der sehr günstigen Witterung des vergangenen Sommers hatte der Versuch des Verbandes der württember- gischen kaufmännischen Vereine, durch Pachtung des Mineralbades Ueberkingen für seine Mitglieder ein eigenes Ferien- und Erholungsheim zu schaffen, einen Mißerfolg aufzuweisen. Der Besuch des Erholungsheims entsprach bei weitem nicht den gehegten Erwartungen und die Pachtverträge, die auf zwei Jahre abgeschlossen wurden, sind jetzt schon wieder aufgehoben worden, doch hat der Verband die Bedingung daran geknüpft, daß seinen Mitgliedern auch im kommenden Sommer die diesjährigen Vergünstigungen weiter gewährt werden für den Fall, daß das Badhotel von dem derzeitigen Besitzer weitergeführt wird.
Von der Alb 6. Nov. (Folgen der Hitze.) Die im Laufe des Sommers im Erdreich aufgespeicherte ungewöhnliche Wärmemenge zusammen mit den sonnigen, milden Tagen des Spätherbstes vermochten es, daß auf den Aeckern zum Ausfallen gekommene Unkrautsamen zum Auskeimen kamen, ja daß die jungen Unkrautpflanzen sogar in großer Masse zum Blühen gelangen. So sieht man nicht selten Aecker, die von blühendem Hederich (Senf) ganz gelb aussehen, wie mitten im Sommer. Im Zusammenhang mit dieser späten Vegetation dürfte eine Verringerung des Unkrautes in dem Ackerland für kommenden Sommer zu erhoffen sein.
Ulm 6. Nov. (Zur Reichstagswahl.) Wie die „Ulmer Ztg." erfährt, hat der Wahlkreisausschuß der Deutschen Partei zu dem Vorschlag der Volks- partei am Samstag dahingehend Stellung genommen, daß die volksparteiliche Kandidatur Vogelfang von der Deutschen Partei unterstützt wird; die Deutsche Partei ihrerseits verlangt als Gegenleistung die Unterstützung durch die Volkspartei bei den Landtagswahlen in
Aber jetzt? Wie war es in San Remo anders gewesen! Diese Ausflüge zu zweien, die gemeinsamen Fahrten nach Nizza und Monte Carlo — und die stillen Stunden im Garten mit der Aussicht auf das blaue Meer! Vor allem die Abende, wenn man gute Bücher las oder Französisch trieb und ernste Gespräche sich an das Gelesene oder gemeinsam Erlebte knüpften. Wie ihr das alles jetzt fehlte! Und ach, die Musik! Jetzt rührte sie keine Taste an; ihr war zu Mute, als sollte das Herz ihr springen vor Weh, vor Sehnsuchtsweh nach dem, was hinter ihr lag. Langsam ritt Alice am Feldrain entlang und ließ die Blicke über die gelbe Fläche von blühendem Raps schweifen, die sich an einer leichten Ackerlehne hinabzog. Der Inspektor schritt an ihrer Seite und wartete, daß sie mit ihm sprechen sollte. Aber sie blieb schweigsam.
„Unser Winterraps steht dieses Jahr besser als vergangenes," sagte er endlich. „Das wird ein hübsches Stück Geld bringen vor der Getreideernte."
Sie nickte. „Mein Vater rechnet sehr damit, Bruhns," sagte sie nachdenklich. „Ich meine, der Boden ist hier gut durchlässig, und wir haben mit Guano reichlich gedüngt. Der Ertrag muß besser werden als voriges Mal auf der lehmigen Koppel auf dem hochgelegenen Schlage."
Ulm und Geislingen (evtl, für Geislingen auch Heidenheim). Die Volkspartei des 14. Wahlkreises wird hiezu noch Stellung nehmen.
Ulm 6. Nov. (Militärischer Unfall.) Als die Bespannungsabteilung des 1. Vayr. Fußartillerie-Regiments in Neu-Ulm mit 34 Pferden vom Forts 12 auf dem Rückweg zur Stallung war, scheuten beim Friedhof zwei Pferde, wichen von der Straße ab und jagten den Vorgraben entlang. Zwei Frauen, die im Wege waren, versuchten, den rasenden Pferden zu entkommen, der einen gelang es, die andere, die ein Kind auf dem Arm trug, kam zu Fall und blieb bewußtlos liegen. Auch der Fahrer, der die Pferde nicht mehr bändigen konnte, wurde verletzt und abgeworfen.
Ulm 6. Nov. (Luftfahrt.) Der Ballon „Ulm", der gestern morgen, trotz des Sturmes, um 10.50 Uhr mit 4 Herren hier aufgestiegen war, ist um 2.30 Uhr bei Star- konitz in Böhmen glatt gelandet. Er hat die rund 300 Kilometer lange Strecke mit einer durchschnittlichen Stundengeschwindigkeit von 85 Kilometern zurückgelegt.
Berlin 6. Nov. Der große Kreuzer „Eneisenau" hat Befehl erhalten, nach Wusingreede zu gehen zur Wahrung der deutschen Interessen in Schanghai. Seine Ankunft ist dort am 8. November zu erwarten. Er wird in Nanking durch das Kanonenboot „Tiger" ersetzt, so daß die funkentelegraphische Verbindung Hankau-Kiautschou gesichert bleibt. Der Chef des Kreuzergeschwaders hat vor Han- kau auf dem Kanonenboot „Luchs" seine Flagge gehißt.
Berlin 5. Nov. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Im Auswärtigen Amte sind vor einigen Tagen Telegramm-Meldungen des kaiserlichen Konsulats in Florianopolis über eine Ueber- schwemmungskatastrophe eingelaufen, welche in erster Linie die deutsch-brasilianischen Kolonisten in dem Munizip Blumenau in schwerster Weise betroffen hat. In Gemäßheit der Anregung des Konsuls ist alsbald das Erforderliche veranlaßt worden, um innerhalb des Deutschen Reiches eine Hilfsaktion einzuleiten. Das Nähere wird demnächst der Oefsentlichkeit bekanntgegeben werden.
Hamburg 6. Nov. Auf der Unterelbe sind in vergangener Nacht bei schwerem
Der Inspektor nickte bedächtig und spie in weitem Vogen seinen Kautabak aus. „Wenn das Wetter sich hält, können wir ihn schon Ende Juni mähen. Und wenn's gut geht, bekommen wir hier auf den Morgen gut fünf Doppelzentner Körner und doppelt so viel Stroh. Wollen hoffen, daß die Rapspreise nach der Ernte fest bleiben."
„Und im Herbst soll hier Winterweizen gesät werden?" fragte die Baroneß.
„Ja, das soll wohl sein," bestätigte der Inspektor. „Hier auf dem milden, lehmigen Tonboden soll der wohl gedeihen, besonders wo hier vorher Raps gestanden hat. So gut wie auf unseren schweren Schlägen wird er hier wohl nicht; aber man kann sich den Boden nicht auswählen."
Er kraute sich den Kopf, nachdem er die Mütze abgenommen hatte. „Wenn das gnädige Fräulein Baroneß das machen könnten, daß der Herr Baron ein bißchen mehr in den Boden hineinstecken tät' — dann würde das alles besser aussehen. Wir haben nicht genug Vieh — darum müssen wir künstlichen Dünger in die Erde bringen. Das kostet was, ich glaub's schon; aber es bringt auch andere Erträge. Wir wirtschaften hier zu sehr — nehmen's Fräulein Baroneß nicht übel — zu sehr von der Hand in den Mund."
(Fortsetzung folgt.)